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Wie Frauen- und Genderrechte global infrage gestellt werden (Nr. 20/2022)

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Internationale Tagung am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF)

Vierzig Jahre nachdem die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau verabschiedet hat, haben die meisten Staaten das Dokument zwar unterzeichnet, doch verwirklicht ist Geschlechtergleichheit noch lange nicht. Die ZiF-Forschungsgruppe „Global Contestations of Gender and Women‘s Rights“ (Weltweite Anfechtungen von Frauen und Geschlechterrechten) hat sich zehn Monate lang am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld damit befasst, warum diese Gleichheit der Geschlechter in den letzten Jahren sogar wieder verstärkt angefochten wird. Auf ihrer Abschlusskonferenz mit dem Titel „Conflicts over Women’s and Gender Rights: Ambivalences and Contradictions“ (Konflikte um Frauen- und Geschlechterrechte: Ambivalenzen und Widersprüche), stellen die Forscher*innen nun ihre Ergebnisse vor. Die Tagung findet vom 10. bis 12. März in hybrider Form statt. Zum öffentlichen Rahmenprogramm gehören eine Filmvorführung und eine Buchvorstellung.

Fotos der Personen Alexandra Scheele, Heidemarie Winkel, Julia Roth
Sie leiteten die ZiF-Forschungsgruppe zu Geschlechterrechten und richten jetzt die Abschlusstagung aus (v.li.): Die Bielefelder Wissenschaftlerinnen Prof’in Dr. Julia Roth, PD Dr. Alexandra Scheele und Prof’in Dr. Heidemarie Winkel. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller

Geleitet wurde die Forschungsgruppe von den Soziologinnen Privatdozentin Dr. Alexandra Scheele und Professorin Dr. Heidemarie Winkel sowie der Amerikanistin und Genderforscherin Professorin Dr. Julia Roth von der Universität Bielefeld. Die Gruppe führte insgesamt 20 interdisziplinäre Fellows aus 14 Ländern am ZiF zusammen. Gemeinsam analysierten die Forschenden die spezifischen Mechanismen und Muster von Auseinandersetzungen um Frauen- und Genderrechte in unterschiedlichen Zusammenhängen weltweit.

„Wir haben uns vor allem mit der theoretischen Aufarbeitung der Ursachen und Strukturen von Geschlechterungleichheit, wie zum Beispiel dem globalen Kapitalismus, dem Neoliberalismus, Nationalismen, autoritären Staaten und fundamentalistischen Religionen befasst“, berichtet Alexandra Scheele. Dabei konzentrierte sich die Gruppe auf die Auswirkungen der Ungleichheit auf Arbeitsteilung, Staatsbürgerschaft und Religion. Auch die Veränderung von Gleichheitskonzepten war ein wichtiges Thema. „Hier haben wir sehr von der internationalen Zusammensetzung der Gruppe profitiert“, so Heidemarie Winkel. „Aus der Perspektive einer pakistanischen, brasilianischen oder nigerianischen Forscher*in stellen sich oft noch einmal ganz andere Fragen als aus europäischer Sicht.“

Auf ihrer Abschlusskonferenz wird die Gruppe die zentralen Muster und gemeinsamen Elemente in den Konflikten um Frauen- und Genderrechte näher beleuchten, um die Mechanismen dieser Auseinandersetzungen besser zu verstehen. „Vor allem die Ambivalenzen, Widersprüche und Spannungen zwischen dem, was in den Kämpfen um Gleichberechtigung erreicht wurde, und den aktuellen Rückschlägen und Angriffen interessieren uns sehr“, erklärt Julia Roth.

Die Konferenz findet auf Englisch in hybrider Form statt. Journalist*innen sind herzlich eingeladen, über die Tagung zur berichten, eine Anmeldung ist erforderlich bei: marina.hoffmann@uni-bielefeld.de.

Das Rahmenprogramm der Tagung bilden zwei öffentliche Veranstaltungen:
- Im Bielefelder Kino „Lichtwerk“ wird am 8. März um 17 Uhr der Film „God exists, her name is Petrunya“ von Teona Strugar Mitevska gezeigt (Macedonia, 2019). Die Regisseurin wird beim anschließenden Gespräch zugeschaltet sein.
- Die Leiterinnen der Forschungsgruppe stellen am 9. März im ZiF das von ihnen herausgegebene Buch“ Global Contestations of Gender Rights“ (Transcript Verlag 2022) vor.

Das Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld ist eine unabhängige, thematisch ungebundene Forschungseinrichtung und steht Wissenschaftler*innen aller Länder und aller Disziplinen offen. ZiF-Forschungsgruppen sind längerfristige, interdisziplinäre Projekte und stehen im Mittelpunkt der Arbeit des ZiF. Neben regelmäßigen Arbeitstreffen veranstalten die Forschungsgruppen Konferenzen, Workshops und Vorträge.

Weitere Informationen: 

Website der Forschungsgruppe
„Wie werden Frauen- und Geschlechterrechte angegriffen?“ (Pressemitteilung vom 18. März 2021)
„Die neuen Anfechtungen der Frauen- und Geschlechterrechte“ (Pressemitteilung vom 28. September 2020)

Kontakt:
Marina Hoffmann, Universität Bielefeld
Zentrum für interdisziplinäre Forschung
Tel. 0521 106-2768
E-Mail: marina.hoffmann@uni-bielefeld.de

 


Podiumsdiskussion zu Putins Geo- und Geschichtspolitik (Nr. 21/2022)

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Veranstaltung am 7. März im Zentrum für interdisziplinäre Forschung

Nach dem Angriff auf die Ukraine soll eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Putins Geo- und Geschichtspolitik“ dazu beitragen, die Position des russischen Staatspräsidenten einzuordnen und mögliche Konsequenzen für die Weltpolitik auszuloten. Veranstalter sind die Universität Bielefeld und ihr Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF). An der öffentlichen Diskussion am Montag, 7. März, um 19 Uhr im Plenarsaal des ZiF nehmen fünf Expert*innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft teil. Moderiert wird das Gespräch von der Historikerin und Prorektorin Professorin Dr. Angelika Epple. Die Veranstaltung kann vor Ort und online verfolgt werden.

Bilder Personen vor unscharfem Hintergrund des ZiF-Gebäudes (oben, v. li.): Prof’in Dr. Angelika Epple (Moderation), Prof. Dr. Andreas Vasilache, Prof. Dr. Frank Grüner sowie (unten v. li.) Gabriele Woidelko, Prof. Dr. Andreas Zick und Prof’in Dr. Gwendolyn Sasse.
Sie diskutieren über Hintergründe und geopolitische Folgen des Angriffs auf die Ukraine (oben, v. li.): Prof’in Dr. Angelika Epple (Moderation), Prof. Dr. Andreas Vasilache, Prof. Dr. Frank Grüner sowie (unten v. li.) Gabriele Woidelko, Prof. Dr. Andreas Zick und Prof’in Dr. Gwendolyn Sasse. Bildmontage: Universität Bielefeld
„Die Universität Bielefeld ist tief betroffen von den aktuellen Geschehnissen in der Ukraine“, sagt Angelika Epple, Prorektorin für Forschung und Internationales der Universität Bielefeld.  „Wir wollen einen Beitrag zur Orientierung in der aktuellen Nachrichtenflut leisten. Deshalb organisieren die Universität und das ZiF kurzfristig die Podiumsdiskussion zur Geo- und Geschichtspolitik von Wladimir Putin.“ 

Die Podiumsdiskussion setzt bei Putins Rede an die russische Nation vom 21. Februar 2022 an. Konkret wird Putins Geo- und Geschichtspolitik im Zentrum stehen: Wie kann seine Position eingeordnet werden? Welche Konsequenzen für die Zukunft sind durch die aktuelle Situation zu befürchten? Und welche Implikationen für die Weltpolitik zeichnen sich ab?

Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld, und Professorin Dr. Véronique Zanetti, geschäftsführende Direktorin des ZiF, führen in ihrer Begrüßung in das Thema des Abends ein.

Professorin Dr. Angelika Epple moderiert die Podiumsdiskussion. An der Diskussionsrunde im ZiF-Plenarsaal nehmen teil:

  • Politikwissenschaftler Professor Dr. Andreas Vasilache von der Universität Bielefeld. Vasilache forscht an der der Fakultät für Soziologie und ist Direktor des Zentrums für Deutschland- und Europastudien (ZDES/CGES), das von der Universität Bielefeld und der Staatlichen Universität St. Petersburg getragen wird. Er ist Fachmann für internationale Beziehungen und Sicherheitspolitik und hat jahrelange Erfahrung in der Wissenschaftskooperation mit dem postsowjetischen Raum.
  • Historiker Professor Dr. Frank Grüner von der Universität Bielefeld. Er leitet die Arbeitsgruppe zu Osteuropäischer Geschichte in der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie. Er ist Experte für die Geschichte des russischen Imperiums und der Sowjetunion sowie für russisch-europäische und russisch-asiatische Austauschbeziehungen.
  • Historikerin und Slawistin Gabriele Woidelko von der Körber-Stiftung. Sie leitet den Bereich Geschichte und Politik in der Stiftung. Von 2016 bis 2018 verantwortete sie dort zudem das Fokusthema „Russland in Europa“. 
  • Sozialpsychologe Professor Dr. Andreas Zick von der der Universität Bielefeld. Er ist Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) und Professor für Sozialisation und Konfliktforschung an der Fakultät für Erziehungswissenschaft. Zick forscht zu Diskriminierung, Gewalt, Menschenfeindlichkeit und Vorurteilen. Er spricht sich dafür aus, eine europäische Friedensmission zu initiieren, um eine weitere Eskalation im Krieg in der Ukraine zu verhindern. 
  • Politikwissenschaftlerin und Slawistin Professorin Dr. Gwendolyn Sasse vom Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS). Sie ist Wissenschaftliche Direktorin des ZOiS und Einstein-Professorin für Vergleichende Demokratie- und Autoritarismusforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Gwendolyn Sasse forscht unter anderem zu postkommunistischen Transformationsprozessen unter besonderer Berücksichtigung der Ukraine, zu Krieg und ethnischen Konflikten in Osteuropa sowie zu Migration in und aus Osteuropa.

Interessierte sind herzlich eingeladen, die Diskussion im Zentrum für interdisziplinäre Forschung und online via Zoom zu verfolgen. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Plätze im ZiF sind aufgrund der Corona-Pandemie begrenzt. Für die Teilnahme vor Ort ist eine Anmeldung erforderlich bei: trixi.valentin@uni-bielefeld.de. Der Link zum Livestream via Zoom ist: https://us02web.zoom.us/j/87345882018

Das Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld ist eine unabhängige, thematisch ungebundene Forschungseinrichtung und steht Wissenschaftler*innen aller Länder und aller Disziplinen offen.

Weitere Informationen:

  • Website zur Podiumsdiskussion „Putins Geo- und Geschichtspolitik“
  • Statement des Rektorats der Universität Bielefeld zum Krieg in der Ukraine (25.02.2022)

Sogar vorgetäuschtes persönliches Feedback hilft beim Lernen (Nr. 22/2022)

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Studie in „Scientific Reports“ belegt Einfluss von sozialem Kontext

Clever, langweilig, extravagant, pingelig: Solche Wörter oder andere Inhalte zu lernen und zu erinnern, fällt leichter, wenn die Lernsituation in einen sozialen Kontext eingebettet ist – wenn sich die Begriffe also auf einen selbst beziehen und die jeweilige Person annimmt, dass sie von jemand anderen kommen. „Auf den ersten Blick ist das vielleicht gar nicht so verwunderlich, aber wir konnten diesen Effekt in Versuchen mit Hirnstrommessungen nun tatsächlich nachweisen“, sagt Professorin Dr. Johanna Kißler von der Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft an der Universität Bielefeld. Sie hat die Studie betreut, die am Institut CITEC der Universität Bielefeld entstanden ist und jetzt in der Fachzeitschrift Scientific Reports erscheint. Die anderen Studienautor*innen forschen inzwischen an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Fotos der Personen, links: Professorin Dr. Johanna Kißler von der Universität Bielefed, rechts: Dr. Sebastian Schindler von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Prof’in Dr. Johanna Kißler und Dr. Sebastian Schindler haben gezeigt, dass der soziale Kontext wichtig fürs Erinnern ist. Für den Nachweis nutzen die Forschenden Hirnstrommessungen. Foto li.: Universität Bielefeld, Foto re.: Patrick Halli Foto: Foto li.: Universität Bielefeld, Foto re.: Patrick Halli
Die neu veröffentlichte Studie ist Teil einer Serie von Untersuchungen. Ausgangspunkt dieser Serie war es, die Effekte von virtueller Kommunikation auf Gehirn- und Verhaltensreaktionen zu untersuchen. „Vieles spielt sich inzwischen – nicht erst seit Corona, aber dadurch verstärkt – virtuell ab“, damit erklärt Erstautor Dr. Sebastian Schindler von der Universität Münster den Fokus auf diese Kommunikationsform. Die Forschenden wollten herausfinden, welchen Einfluss der soziale Kontext auf die Gedächtnisleistung hat und ob es sich dabei um messbare Langzeiteffekte handelt.

Dafür teilten sie die Versuchspersonen in drei Gruppen ein. In der ersten sollten die Teilnehmenden vor einer Kamera etwas über sich erzählen. Zuvor wurde ihnen gesagt, dass sich währenddessen im Nebenraum jemand einen Eindruck über sie bildet und daraufhin Adjektive aussucht, die ihre Persönlichkeit beschreiben sollen und die ihnen anschließend auf einem Monitor präsentiert werden. Die Versuchspersonen konnten dann per Tastendruck entscheiden, ob das jeweilige Wort auf sie zutrifft oder nicht. „Wichtig hierbei ist, dass die Adjektive, also das Feedback, das die Versuchspersonen erhielten, Fake waren“, sagt Professorin Johanna Kißler. „Alle bekamen die gleichen Wörter.“ Auch den Personen der zweiten Gruppe wurden diese Begriffe gezeigt, allerdings mit der expliziten Aufforderung, sie zu lernen und dem Hinweis, dass es darüber eine Woche später einen Test geben würde. Das wurde den Teilnehmenden der dritten Gruppe nicht mitgeteilt. Sie sahen lediglich die Adjektive auf dem Monitor und sollten entscheiden, ob das Wort für sie eher abstrakt ist oder ob sie es als selbstbeschreibend empfinden. Während des Versuchs maßen die Forschenden die Hirnströme der Personen in allen drei Gruppen.

Forschende weisen langanhaltenden Effekt nach
„So konnten wir nachweisen, dass ein sozialer Kontext einen riesigen Effekt auf die Gehirnantworten hat“, fasst Schindler zusammen. „Wir konnten sehen, dass in der Feedbackgruppe die Hirnantworten schnell hoch gingen, bei den Personen der expliziten Lerngruppe aber erst spät. Das interpretieren wir so, dass Lernen dann ein mühevoller Prozess ist, wenn der Lernstoff einen nicht selbst betrifft. Ist etwas für eine Person hingegen sozial relevant, lernt sie quasi automatisch.“

In einem weiteren Schritt untersuchten die Psycholog*innen, ob es sich um langanhaltende Effekte handelt. Dafür wurden den Versuchsteilnehmenden nach einer Woche erneut Eigenschaftswörter gezeigt und sie mussten angeben, ob sie diese im ersten Versuch gesehen haben. Das Ergebnis: Die Personen aus der ersten Gruppe erkannten das Material viel besser wieder als jene aus den beiden anderen Gruppen, obwohl sie nichts von dem Test wussten. Einen Preis hat die bessere Gedächtnisleistung der Feedbackgruppe allerdings: „Ihre Antworten waren sehr viel stärker ins Positive verzerrt“, erklärt Johanna Kißler. „Die Teilnehmenden aus dieser Gruppe haben also gedacht, dass sie im ersten Teil des Experiments mehr positives Feedback bekommen haben als es tatsächlich der Fall war.“

In zweiter Phase waren Versuchspersonen über Vortäuschung informiert
Bemerkenswert sei das Ergebnis auch vor dem Hintergrund, dass die Forschenden den Personen, die ein Feedback erhielten, nach dem Ende der ersten Versuchseinheit mitteilten, dass dieses vorgetäuscht war. „Obwohl ihnen also klar war, dass die Adjektive rein zufällig und nicht persönlichkeitsbeschreibend waren, haben sie eine Woche später trotzdem die besten Ergebnisse bei deren Wiedererkennung erzielt“, sagt Sebastian Schindler. Dass es nicht daran gelegen haben kann, dass zu den Eigenschaftswörtern ein Selbstbezug hergestellt wurde („Trifft das Adjektiv auf mich zu?“), zeigt der Vergleich mit der dritten Gruppe: Beim Wiedererkennungstest nach einer Woche schnitt diese am schlechtesten ab. „Wenn etwas als sozial relevant wahrgenommen wird, hat dies also einen positiven Einfluss aufs Lernen“, erläutert Kißler. „In unserer Studie erwies sich die Bewertung durch eine andere Person als entscheidender Faktor – obwohl diese nicht einmal real war.“

Relevant sind die Ergebnisse der Studie, die der bis 2019 laufende Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) finanziert hat, unter anderem für den Bildungsbereich, denn: „Wir konnten zeigen, dass Lernen besser funktioniert, wenn es sozial kontextualisiert ist. Inhalte, die so gelernt werden, sind länger haltbar“, sagt Schindler.

Originalveröffentlichung:
Sebastian Schindler, Ria Vormbrock, Johanna Kißler: Encoding in a social feedback context enhances and biases behavioral and electrophysiological correlates of long-term recognition memory. Scientific Research, https://doi.org/10.1038/s41598-022-07270-9, online veröffentlicht am 28. Februar 2022.

Weitere Informationen:
Website der Arbeitsgruppe von Prof’in Dr. Johanna Kißler

Kontakt:
Prof’in Dr. Johanna Kißler, Universität Bielefeld
Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft
Telefon: 0521 106-4454 (Sekretariat)
E-Mail: johanna.kissler@uni-bielefeld.de

Gesundheitswissenschaftler*innen positionieren sich gegen Ukraine-Krieg (Nr. 23/2022)

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Europaweit getragene Stellungnahme unter Bielefelder Federführung

Welche Rolle spielen Fakultäten für Gesundheitswissenschaften und Public-Health-Fakultäten in Zeiten von bewaffneten Konflikten und Kriegen, wie aktuell in der Ukraine? Das Netzwerk dieser Einrichtungen in der europäischen Region (Association of Schools of Public Health in the European Region; ASPHER) verurteilt den Angriffskrieg gegen die Ukraine und zeigt auf, welche Maßnahmen jetzt von den Mitgliedern des Netzwerks ergriffen werden können, um die Gesundheit der betroffenen Bevölkerungen zu schützen und wiederherzustellen. Das Statement ist federführend an der Universität Bielefeld unter der Leitung von Professor Dr. Oliver Razum von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften entstanden. Die ASPHER-Gemeinschaft richtet darüber hinaus eine Task Force ein, etwa um die gesundheitliche Lage in der Ukraine überwachen zu können. Zudem soll sie Wissen und Ressourcen zusammentragen und verbreiten, die für Gesundheitspersonal vor Ort unter Konflikt- und Kriegsbedingungen von Bedeutung sind.

Unter der Federführung des Teams von Prof. Dr. Oliver Razum von der Bielefelder  Fakultät für Gesundheitswissenschaften ist eine europaweit unterstützte Stellungnahme von Gesundheitswissenschaftler*innen zum Ukrainekrieg  entstanden. Foto: Universität Bielefeld / M.-D. Müller.


Die ASPHER-Stellungnahme wird europaweit von Gesundheitsexpert*innen unterstützt. Auch in Deutschland schließen sich Fakultäten für Gesundheitswissenschaften und Public-Health-Institutionen an. Dazu zählen Vertreter*innen der Berlin School of Public Health und dem Institut für Public Health der Charité, der Technischen Universität Berlin, der Alice Salomon Hochschule Berlin sowie die Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf. Die ASPHER lädt Partnerinstitutionen dazu ein, das Statement in weitere Sprachen zu übersetzen, damit möglichst viele Public-Health-Akteur*innen erreicht werden können. Aktuell liegt das Statement in Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Rumänisch und Portugiesisch vor und wurde für das Fachmagazin Public Health Reviews bereits akzeptiert. Das Statement in deutscher Sprache ist hier zu finden.

Kontakt für Medienvertreter*innen:
Prof. Dr. Oliver Razum, Universität Bielefeld
Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Tel. 0521 106-3837
E-Mail: oliver.razum@uni-bielefeld.de  

Liste der Kooperationspartner in Deutschland:
•    Prof. Dr. Oliver Razum, Dr. Yudit Namer, Lisa Wandschneider, Fakultät für Gesundheitswissen-schaften, Universität Bielefeld
•    Prof’in Dr. phil. Dagmar Starke, kommissarische Leitung, Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf
•    Prof. Dr. med. Reinhard Busse, Fakultät Wirtschaft und Management, Technische Universität Berlin
•    Dr. Nina Adelberger, Geschäftsführung Berlin School of Public Health, Charité Universitätsmedizin Berlin
•    Prof. Dr. Dr. Tobias Kurth, Direktor Institut für Public Health, Charité Universitätsmedizin Berlin
•    Prof. Dr. Raimund Geene, Alice Salomon Hochschule Berlin
•    Prof. Dr. med. Till Bärnighausen, Heidelberg Institute of Global Health (HIGH), Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Universität Heidelberg
•    Prof’in. Dr. Eva Rehfuess, Ludwig-Maximilians-Universität München und Pettenkofer School of Public Health München

Studienprüfungen in Corona-Zeiten (Nr. 41/2020)

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Der Prüfungszeitraum an der Universität Bielefeld hat begonnen

Seit Mitte Juni finden an der Universität Bielefeld die großen Prüfungen des Sommersemesters 2020 statt. Aufgrund der Corona-Hygienebestimmungen mussten insbesondere für große Prüfungen mehr und große Räumlichkeiten gefunden werden. Mit einem hohen koordinatorischen Aufwand werden darum aktuell Sporthalle, Mensa, Stadthalle und Lokschuppen gebucht, zeitweise sogar parallel.


„Rund 220 Prüfungen mit mehr als 50 Teilnehmenden müssen gerade anders abgenommen werden als bisher“, erklärt Bastian Doht vom Dezernat Studium und Lehre. Er koordiniert das Thema Prüfungen in externen Räumen dezernatsübergreifend, vor allem mit Kolleg*innen des Facility Managements und des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. „Der größte Hörsaal der Universität, Hörsaal H4, fasst gerade 32 Prüflinge unter Corona-Hygienebedingungen, sonst sind es 404 Plätze.“

In der Sporthalle der Universität ist Platz für 140 Prüflinge. Foto: Universität Bielefeld
In der Sporthalle der Universität ist Platz für 140 Prüflinge. Foto: Universität Bielefeld
Als neue Prüfungsräume kommen jetzt nach und nach größere Räume in Bielefeld zum Einsatz. Zunächst die Sporthalle der Universität für 140 Personen, später die Mensa im Gebäude X für 194 Personen, dann die Stadthalle mit 200 und schließlich der Lokschuppen mit 120 Prüflingen. Neu ist die Zusammenarbeit mit der Stadthalle beim Thema Prüfungen, mit dem Lokschuppen bestand bereits ein Vertrag für die Zeit der Audimax-Bauarbeiten.

Thematisch ziehen sich die Prüfungen durch alle Fächer: von Rechtswissenschaften bis Mathematik, von Soziologie bis Sportwissenschaft. Einige Prüfungen müssen parallel in mehreren großen Räumen stattfinden. Die größte Prüfung ist mit 500 Personen angemeldet und wird gleichzeitig in der Sporthalle der Universität, der Mensa und der Stadthalle stattfinden.

Auch die Mensa wird für die Prüfungen vorbereitet. Jede*r Teilnehmende bekommt in einem vorherigen Anmeldeverfahren einen Tisch mit einer Nummer zugewiesen. Foto: Universität Bielefeld
Auch die Mensa wird für die Prüfungen vorbereitet. Jede*r Teilnehmende bekommt in einem vorherigen Anmeldeverfahren einen Tisch mit einer Nummer zugewiesen. Foto: Universität Bielefeld
So laufen die Prüfungen ab: Zunächst unterschreibt die*der Lehrende ein Hygiene-Schutzkonzept für die Prüfung und setzt die Vorgaben um. Für jede Klausur gibt es dann ein zentrales Anmeldeverfahren. Die*Der Studierende meldet sich an und bekommt später eine Mitteilung zu den Hygiene-Regeln und einen nummerierten Einzelplatz zugewiesen, der am Prüfungstag für ihn reserviert ist. Allein vier Mitarbeitende sind zentral mit dieser Organisation befasst. Vor Ort sorgen dann Mitarbeitende dafür, dass die Menschenmengen geleitet und geführt werden.

Zwischen Datenschutz und Vertrauen – wenn das Auto zu viel weiß (Nr.4/2022)

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Internationale Tagung am Zentrum für interdisziplinäre Forschung

Chatbots, intelligente Staubsauger, autonome Fahrzeuge: Smarte Produkte können das Leben in vielen Bereichen leichter machen und sind dabei, sich zu einem Milliarden-Markt zu entwickeln. Doch wo diese Technik im Einsatz ist, sammelt sie Daten –über Lebensgewohnheiten, Wohnungsgröße, Fahrstil und vieles mehr. Wer bekommt diese Daten? Und was wird mit ihnen gemacht? Können Nutzer*innen solchen Produkten vertrauen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Tagung „Smart Products, Privacy and Trust“ (Smarte Produkte, Privatsphäre und Vertrauen) vom 14. bis zum 16. März am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld. Veranstalter ist die interdisziplinäre Forschungsgruppe „Ökonomische und rechtliche Herausforderungen im Kontext intelligenter Produkte“. Die Tagung wird in hybrider Form abgehalten.  

Prof. Dr. Herbert Dawid, Prof’ in Dr. Sabine Gless, Prof. Dr. Gerd Muehlheusser, Portraits der Personen
Die ZiF-Forschungsgruppe wird geleitet von (v.li.): Ökonom Prof. Dr. Herbert Dawid, Juristin Prof’ in Dr. Sabine Gless und Ökonom Prof. Dr. Gerd Muehlheusser. Foto links: Universität Bielefeld/P. Ottendörfer, Foto Mitte: Universität Basel, Foto rechts: Universität Hamburg 
Die Forschenden bearbeiten das Thema aus verschiedenen Perspektiven. „Die Frage nach dem Vertrauen in diese relativ neue Technik muss aus dem Blickwinkel der technischen Möglichkeiten, des Marktes, aber auch der rechtlichen Bedingungen und der Psychologie angegangen werden“, sagt der Ökonom Professor Dr. Herbert Dawid (Universität Bielefeld). Er leitet die ZiF-Forschungsgruppe zusammen mit der Juristin Professorin Dr. Sabine Gless (Universität Basel) und dem Ökonom Professor Dr. Gerd Muehlheusser (Universität Hamburg). 

Wie Systeme technisch sicher und datensparsam eingerichtet werden können, wird in den Vorträgen der Tagung ebenso diskutiert wie Zertifizierungsmöglichkeiten. „Schon die Frage, wieviel Transparenz nötig ist, um bei Nutzer*innen Vertrauen zu erzeugen, ist nicht leicht zu beantworten“, erklärt Sabine Gless. „Manche nehmen die Datenspeicherung für mehr Bedienungsfreundlichkeit in Kauf und bei ihnen müsste erst einmal das Bewusstsein dafür geweckt werden, dass es hier Probleme gibt. Andere sind sehr misstrauisch und verlangen strikte Regelungen.“

Zudem gibt es große Unterschiede zwischen den Geräten und Verfahren, die als „smart“ bezeichnet werden. „Ein Auto, das selbst die Spur halten kann und Daten über den individuellen Fahrstil sammelt, ist etwas ganz anderes als ein Algorithmus, der bei Gerichtsverhandlungen zum Einsatz kommen könnte“, so Gerd Muehlheusser. „Noch einmal eine ganz andere Herausforderung ist es, Firmen zu ermöglichen, untereinander Daten zu teilen, um ihre Produkte zu verbessern, ohne Datenschutz und Firmengeheimnisse zu vernachlässigen.“

Sicher ist nach Ansicht der Forschenden: Auf die Dauer werden sich smarte Produkte nur etablieren können, wenn diese Fragen geklärt werden und Nutzer*innen darauf vertrauen können, sich mit der intelligenten Technik keine digitalen Spione ins Haus zu holen oder am Arbeitsplatz mit heimlichen digitalen Aufpassern konfrontiert zu sein. „Mit dieser Tagung möchten wir Wege aufzuzeigen, wie ein vertrauenswürdiger Umgang mit den Daten, die smarte Produkte generieren und sammeln, aussehen könnte“, sagt Herbert Dawid. 

Die Tagung findet im hybriden Format in englischer Sprache statt. Journalist*innen sind herzlich eingeladen, über die Veranstaltung zu berichten. Eine Anmeldung ist erforderlich bei: smart-products@uni-bielefeld.de. Die Tagungsleiter*innen stehen für Medienanfragen zur Verfügung.

Weitere Informationen: 

Kontakt:
Nadine Sutmöller, Universität Bielefeld
Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF)
Telefon 0521 106-12836
E-Mail: smart-products@uni-bielefeld.de 


Gesundheitswissenschaftler*innen positionieren sich gegen Ukraine-Krieg (Nr. 23/2022)

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Europaweit getragene Stellungnahme unter Bielefelder Federführung

Welche Rolle spielen Fakultäten für Gesundheitswissenschaften und Public-Health-Fakultäten in Zeiten von bewaffneten Konflikten und Kriegen, wie aktuell in der Ukraine? Das Netzwerk dieser Einrichtungen in der europäischen Region (Association of Schools of Public Health in the European Region; ASPHER) verurteilt den Angriffskrieg gegen die Ukraine und zeigt auf, welche Maßnahmen jetzt von den Mitgliedern des Netzwerks ergriffen werden können, um die Gesundheit der betroffenen Bevölkerungen zu schützen und wiederherzustellen. Das Statement ist federführend an der Universität Bielefeld unter der Leitung von Professor Dr. Oliver Razum von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften entstanden. Die ASPHER-Gemeinschaft richtet darüber hinaus eine Task Force ein, etwa um die gesundheitliche Lage in der Ukraine überwachen zu können. Zudem soll sie Wissen und Ressourcen zusammentragen und verbreiten, die für Gesundheitspersonal vor Ort unter Konflikt- und Kriegsbedingungen von Bedeutung sind.

Unter der Federführung des Teams von Prof. Dr. Oliver Razum von der Bielefelder  Fakultät für Gesundheitswissenschaften ist eine europaweit unterstützte Stellungnahme von Gesundheitswissenschaftler*innen zum Ukrainekrieg  entstanden. Foto: Universität Bielefeld / M.-D. Müller.


Die ASPHER-Stellungnahme wird europaweit von Gesundheitsexpert*innen unterstützt. Auch in Deutschland schließen sich Fakultäten für Gesundheitswissenschaften und Public-Health-Institutionen an. Dazu zählen Vertreter*innen der Berlin School of Public Health und dem Institut für Public Health der Charité, der Technischen Universität Berlin, der Alice Salomon Hochschule Berlin sowie die Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf. Die ASPHER lädt Partnerinstitutionen dazu ein, das Statement in weitere Sprachen zu übersetzen, damit möglichst viele Public-Health-Akteur*innen erreicht werden können. Aktuell liegt das Statement in Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Rumänisch und Portugiesisch vor und wurde für das Fachmagazin Public Health Reviews bereits akzeptiert. Das Statement in deutscher Sprache ist hier zu finden.

Kontakt für Medienvertreter*innen:
Prof. Dr. Oliver Razum, Universität Bielefeld
Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Tel. 0521 106-3837
E-Mail: oliver.razum@uni-bielefeld.de  

Liste der Kooperationspartner in Deutschland:
•    Prof. Dr. Oliver Razum, Dr. Yudit Namer, Lisa Wandschneider, Fakultät für Gesundheitswissen-schaften, Universität Bielefeld
•    Prof’in Dr. phil. Dagmar Starke, kommissarische Leitung, Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf
•    Prof. Dr. med. Reinhard Busse, Fakultät Wirtschaft und Management, Technische Universität Berlin
•    Dr. Nina Adelberger, Geschäftsführung Berlin School of Public Health, Charité Universitätsmedizin Berlin
•    Prof. Dr. Dr. Tobias Kurth, Direktor Institut für Public Health, Charité Universitätsmedizin Berlin
•    Prof. Dr. Raimund Geene, Alice Salomon Hochschule Berlin
•    Prof. Dr. med. Till Bärnighausen, Heidelberg Institute of Global Health (HIGH), Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Universität Heidelberg
•    Prof’in. Dr. Eva Rehfuess, Ludwig-Maximilians-Universität München und Pettenkofer School of Public Health München

Personalnachrichten aus der Universität Bielefeld (Nr. 25/2022)

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•    Professorin Dr. Christine Bratu neue Gendergastprofessorin
•    Professorin Dr. Sabine Oertelt-Prigione leitet die neue Expert*innengruppe "Gender und Covid-19" der EU-Kommission
•    Professor Dr. Dr. hc. Helmut Satz zum Mitglied der Polnischen Akademie der Künste und Wissenschaften ernannt


Prof'in Dr. Christine Bratu, Foto: Christine Bratu
Prof'in Dr. Christine Bratu,
Foto: Christine Bratu
Professorin Dr. Christine Bratu (40) übernimmt im Sommersemester 2022 in der Abteilung für Philosophie der Universität Bielefeld die Gender-Gastprofessur. Sie hat an der Georg-August-Universität Göttingen eine Professur für Philosophie mit einem Schwerpunkt in der Genderfor-schung, davor war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ludwig-Maximilian-Universität München. Sie ist im Vorstand des Göttinger Centrums für Geschlechterforschung und der Society for Women in Philosophy (SWIP) Germany. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der analytischen feministischen Philosophie und in der politischen Philosophie. Christine Bratu wird im Rahmen ihrer Gastprofessur in Bielefeld verschiedene interdisziplinär angelegte Ver-anstaltungen unter dem Thema „The Subjection of Women 2.0: Zeitgenössische Sozialkritik aus der Perspektive der analytischen feministischen Philosophie anbieten. Die öffentlichen Vorträge tragen die Titel: „#ustoo: Zur moralischen Schädigung von Diskriminierung“ (8. Juni) und „Der 48-Stunden-Tag in Akademia: Wie sich die Vereinbarkeit von Sorge- und akademischer Arbeit wirklich herstellen lässt“ (6. Juli). Außerdem bietet sie zwei Seminare an.
Mit der Einrichtung einer Gender-Gastprofessur als fakultätsübergreifende „Wanderprofessur“ setzt die Universität Bielefeld gemeinsam mit den Fakultäten seit 2011 ein Zeichen für die Stärkung von genderspezifischen Inhalten in Forschung und Lehre.


Prof'in Dr. Sabine Oertelt-Prigione, Foto: Universität Bielefeld
Prof'in Dr. Sabine Oertelt-Prigione,
Foto: Universität Bielefeld
Professorin Dr. Sabine Oertelt-Prigione (44) leitet die neue Expert*innengruppe "Gender und Covid-19" der EU-Kommission. Die EU-Kommission hat die zwölfköpfige Gruppe im Februar eingerichtet. Sie verfolgt das Ziel, Informationen über geschlechtsspezifische Auswirkungen der Pandemie auf Forschung und Innovation zusammenzuführen. Sie wird sich sowohl mit inhaltlichen Anliegen befassen, beispielsweise wie klinische Studien unter Berücksichtigung genderspezifischer Aspekte künftig ausgestaltet sein sollten, als auch die Rahmenbedingun-gen im universitären Kontext und unter Einbeziehung von Gleichstellungsaspekten beleuch-ten. Das Hauptziel der Gruppe wird die Erstellung eines Berichts mit politischen Ratschlägen sein, die im Forschungsrahmenprogramm „Horizon Europe“ berücksichtigt werden sollten. „Horizont Europa“ ist das wichtigste Förderprogramm der EU für Forschung und Innovation. Es erleichtert die Zusammenarbeit und stärkt die Wirkung von Forschung und Innovation auf die Entwicklung, Unterstützung und Umsetzung der EU-Politik bei gleichzeitiger Bewältigung glo-baler Herausforderungen. Sie unterstützt die Schaffung und bessere Verbreitung exzellenter Kenntnisse und Technologien. Sabine Oertelt-Prigione ist seit 2021 Professorin für Geschlechtersensible Medizin an der neuen Medizinischen Fakultät OWL.


Prof. Dr. Dr. hc. Helmut Satz, Foto Universität Bielefeld
Prof. Dr. Dr. hc. Helmut Satz,
Foto: Universität Bielefeld
Die Polnische Akademie der Künste und Wissenschaften in Krakau hat den Bielefelder Physiker Professor Dr. Dr. hc. Helmut Satz (83) als ausländisches Mitglied ernannt. Die Ernennungsurkunde wurde ihm im Januar vom Botschafter der Republik Polen übergeben. Satz ist seit 1971 Professor für Theoretische Physik an der Universität Bielefeld und seit 2001 emeritiert. Neben seiner Tätigkeit in Bielefeld war er mehrere Jahre am Brookhaven National Laboratory in New York, am Europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf sowie an der Technischen Universität Lissabon tätig. Satz war in Bielefeld maßgeblich am Aufbau der hiesigen Elementarteilchenphysik beteiligt und hat dabei von Anfang an enge Kontakte zu Kolleg*innen in Polen entwickelt, insbesondere mit den Universitäten in Krakau und in Breslau, was zu einer engen Zusammenarbeit zwischen den dortigen Theoretiker*innen und der Bielefelder Gruppe geführt hat – Kontakte, die zu vielen gemeinsamen Forschungsarbeiten geführt haben und die auch heute weiter bestehen. In Würdigung dieser Zusammenarbeit wurde Satz 2014 der Ehrendoktor der Universität Breslau verliehen.



Forschende diskutieren in Bielefeld über „Polarisierte Welten“ (Nr. 26/2022)

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Deutsche Gesellschaft für Soziologie richtet ihren 41. Kongress aus

Der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) ist die älteste und größte Soziologiekonferenz im deutschsprachigen Raum. Im Herbst kommt der 41. DGS-Kongress nach Bielefeld. Die DGS richtet die Konferenz gemeinsam mit der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld aus. Der Titel: „Polarisierte Welten“. Rund 200 Vorträge, Workshops und weitere Veranstaltungen werden dazu organisiert. Nachdem die beiden vorhergehenden Kongresse digital ausgerichtet wurden, planen die Veranstalter*innen diesmal wieder einen Kongress mit Begegnungen und Diskussionen vor Ort. Mehr als 2.500 Wissenschaftler*innen werden vom 26. bis 30. September in der Universität Bielefeld erwartet. Das Vorprogramm steht nun fest. Forschende können sich an den unterschiedlichen Formaten beteiligen und jetzt ihre Konzepte einreichen.

„Die Kontroversen rund um die Coronapandemie führen deutlich vor Augen, wie sehr unsere Gesellschaft durch Polarisierungen geprägt wird. Auf dem Kongress beleuchten wir Polarisierung aus unterschiedlichen Perspektiven“, sagt Professorin Dr. Diana Lengersdorf von der Universität Bielefeld, Sprecherin des Organisationsteams.

Prof‘in Dr. Diana Lengersdorf, Foto der Person
Prof‘in Dr. Diana Lengersdorf ist Sprecherin des Organisationskomitees des 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie an der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld/A.-C. Kardinal

„Polarisierung trennt Menschen, aber sie führt auch zu Zugehörigkeiten. Das ist doch verzwickt“, so Lengersdorf. Polarisierung kann politische Orientierung ebenso wie religiöse Zugehörigkeit, kulturelle Praktiken oder Konsumstile umfassen. „Wir diskutieren auf dem Kongress: Wie entstehen Polarisierungen, wie verlaufen sie und mit welchen Folgen sind sie verbunden? Aber auch: Was läuft ihnen zuwider, irritiert oder hebt sie auf?“ Mit vielfältigen Perspektiven wollen die Forschenden Antworten auf diese Fragen finden. Der Kongress richtet sich aber nicht nur an Soziolog*innen, sondern auch an Wissenschaftler*innen aus Disziplinen wie Erziehungswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Medizin, Psychologie, Rechtswissenschaft, Data Science oder auch Digital Humanities (Digitale Geisteswissenschaften).

Vorprogramm steht fest
Der Kongress wird am 26. September in Präsenz im Saal der Stadthalle Bielefeld eröffnet, Professorin Dr. Mirjam Wenzel hält die Eröffnungsrede. Die Direktorin des jüdischen Museums in Frankfurt am Main ist ausgewiesene Expertin für die Digitalisierung von Museen und widmet sich stark der Vermittlung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Im Zentrum ihrer Arbeit steht die deutsch-jüdische Kunst- und Kulturgeschichte. Auf dem Programm zur Eröffnung steht außerdem die Verleihung des Preises für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der öffentlichen Wirksamkeit der Soziologie.

Zum Kongress gehört auch ein Rahmenprogramm, das für alle Interessierten geöffnet ist. Beteiligt sind unter anderem die Universitätsgesellschaft und das Zentrum für Ästhetik der Universität Bielefeld. Zum Programm gehört eine Exkursion zur Gedenkstätte Stalag 326 in Schloß Holte-Stukenbrock. Für eine Vortragsveranstaltung zu Sozialem Protest und Sozialen Bewegungen kooperieren die Bielefelder Graduiertenschule für Geschichtswissenschaft und Soziologie und die Volkshochschule Bielefeld. Ebenfalls Teil des Rahmenprogramms ist ein Museumsrundgang zur Bielefelder Stadtgeschichte im Historischen Museum der Stadt Bielefeld. Der Rundgang wird von Studierenden und Promovierenden der Fakultät für Soziologie erarbeitet. Neben weiteren Veranstaltungen steht auch eine neue Ausgabe der Science-Show „Brainstorm: Wissenschaft trifft Improtheater“ auf dem Programm, dafür kooperieren die Kongressveranstalter*innen mit dem Wissenschaftsbüro der Stadt Bielefeld.

Prof’in Dr. Mirjam Wenzel, Direktorin des jüdischen Museums in Frankfurt am Main, Bild der Person
Mit ihrem Vortrag eröffnet Prof’in Dr. Mirjam Wenzel am 26. September den Kongress. Sie ist Direktorin des jüdischen Museums in Frankfurt am Main und Expertin für die Digitalisierung von Museen. Foto: Sandra Hauer, Jüdisches Museum Frankfurt

Call for Papers – Termine
Wissenschaftler*innen, die sich mit eigenen Beiträgen an dem Kongress beteiligen wollen, können sich für verschiedene Formate bewerben. Die Abgabefrist hängt vom Format der Veranstaltung ab. Noch bis zum 31. März sind Bewerbungen für Plenarveranstaltungen möglich – per E-Mail bei den jeweiligen Juror*innen. Bis zum 11. Mai läuft die Frist für Vorschläge für Veranstaltungsbeiträge wie Abstracts für Plenar-, Sektions- und Ad-hoc-Veranstaltungen. Nominierungen für den Preis für herausragende Abschlussarbeiten, den Dissertationspreis, René-König-Lehrbuchpreis und Thomas A. Herz-Preis für qualitative Sozialforschung werden bis zum 12. Mai entgegengenommen. 

Mitausrichterin des Kongresses: die Fakultät für Soziologie
Mit insgesamt elf Arbeitsbereichen und mehreren interdisziplinären Forschungsinstituten zählt die Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld zu den größten sozialwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa. Erster Professor der Gründungsfakultät war Niklas Luhmann, einer der bedeutendsten deutschen Soziologen und Vertreter der soziologischen Systemtheorie. Die Fakultät ist mit einer Reihe von interdisziplinären Forschungsinstituten verbunden: dem Institut für Weltgesellschaft (IW), dem Interdisziplinäres Zentrum für Geschlechterforschung (IZG), dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG), dem Centre for German and European Studies und dem Sonderforschungsbereich 1288 „Praktiken des Vergleichens“.

Weitere Informationen:

Website des Kongresses
Übersicht der Termine
Hinweise zum Call for Papers

Kontakt:
Prof’in Dr. Diana Lengersdorf, Universität Bielefeld
Fakultät für Soziologie
Telefon: 0521 106-4395 
E-Mail: diana.lengersdorf@uni-bielefeld.de

Universität Bielefeld kooperiert mit Max Rubner-Institut (Nr. 27/2022)

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Zusammenarbeit mit Bundesinstitut für Ernährung und Lebensmittel

Mit einem Auftaktkolloquium wird die Ende 2021 getroffene Kooperationsvereinbarung zwischen der Universität Bielefeld und dem Max Rubner-Institut (MRI) begründet: Am 28. März tauschen sich die Wissenschaftler*innen beider Kooperationspartner digital zu Themen rund um Ernährung und Lebensmittel aus und suchen nach gemeinsamen Forschungsinteressen. Das MRI ist das Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel. 

Außenaufnahmen des CeBiTec-Gebäudes
Das Centrum für Biotechnologie (CeBiTeC) ist zentral für die neue Kooperation mit dem Max Rubner-Institut. Foto: Universität Bielefeld/S. Jonek
Nimmt die Belastung von Schadstoffen in Fisch, Fleisch und Getreide ab? Wie lässt sich die Qualität von Lebensmitteln verbessern und nachhaltig sichern? Etwa 200 Wissenschaftler*innen an vier Standorten des Max Rubner-Instituts forschen zu diesen und vielen weiteren Fragen. Das Institut erarbeitet wissenschaftliche Entscheidungshilfen für die Ernährungs-, Landwirtschafts-, Fortwirtschafts- und Verbraucherschutzpolitik. 

Am Standort Detmold ist als Teil des MRI das Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide unter der Leitung von Dr. Bertram Matthäus angesiedelt. Es forscht zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit und Qualität von Getreide, Kartoffeln, Ölpflanzen, Pseudocerealien wie Buchweizen oder Quinoa und Leguminosen (Hülsenfrüchtler) wie Bohnen und Erbsen. Von der Produktion über Ernte und Verarbeitung bis hin zur Lagerung, Vermarktung und Verwendung werden verschiedene Sicherheits- und Qualitätsaspekte dieser Lebensmittel betrachtet. Insbesondere die Nachhaltigkeit der jeweiligen Schritte steht dabei im Fokus des Interesses. 

Außenaufnahmen des Max Rubner-Instituts Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel
Das Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide mit Sitz in Detmold ist Teil des Max Rubner-Instituts. Foto: Max Rubner-Institut
Grundlagenforschung trifft auf angewandte Aspekte rund um Ernährung und Lebensmittel
Die Forschungsfelder der Universität Bielefeld am Centrum für Biotechnologie (CeBiTec), den naturwissenschaftlichen Fakultäten und der Medizinischen Fakultät OWL bieten zahlreiche thematische Anknüpfungspunkte und sollen Forschung und Lehre stärken. Die Grundlagenforschung wird mit angewandten Aspekten der nachhaltigen Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Gesundheitsforschung verbunden. So ging beispielsweise ein von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gefördertes Forschungsprojekt folgender Frage nach: Wie kann man nachweisen, dass ein als „Bio-Weizen“ gekennzeichnetes Produkt auch tatsächlich biologisch angebaut wurde? In Zusammenarbeit des MRI und der Universität Bielefeld sowie weiterer Partner gelang es, biochemische Hinweise – sogenannte Biomarker – für biologische wie auch konventionelle Anbaumethoden zu identifizieren. Die Befunde wurden publiziert und auf mehreren Fachtagungen und der Agrarmesse Internationale Grüne Woche in Berlin präsentiert.

Die Produktion von Lebensmitteln wandelt sich
Gesunde und nachhaltig produzierte Lebensmittel sind eine wichtige Grundlage des Lebens. „Der weltweite Klimawandel und begrenzte Ressourcen bedrohen diese Grundlage und führen zu einem Umdenken in der Lebensmittelproduktion. Von der Pflanzenzüchtung bis zum zubereiteten Lebensmittel werden neue Ansätze gebraucht, um diese Herausforderung zu meistern“, sagt Prof. Dr. Karsten Niehaus, Leiter der Arbeitsgruppe Proteom- und Metabolomforschung am CeBiTec. Das MRI mit seiner großen Erfahrung im Bereich der Lebensmittelsicherheit und die Universität Bielefeld mit einer breit aufgestellten Grundlagenforschung könne dazu einen signifikanten Beitrag leisten. „Zusammen mit Pflanzenzüchtern und der Lebensmittelindustrie bietet der Standort OWL hier eine große Chance“, so Niehaus. Auch Vertreter*innen des Think Tank für OWL werden an der Veranstaltung teilnehmen. Ziel des Think Tanks für OWL ist, Unternehmen und Ausgründungen einen niedrigschwelligen Zugang zu Spitzenforschung auf dem Campus Bielefeld zu ermöglichen.

Weitere Informationen:
Website der Technology Platform Genomics des CeBiTec
Website des Instituts für Sicherheit und Qualität bei Getreide am Max Rubner-Institut

Kontakt:
Prof. Dr. Karsten Niehaus, Universität Bielefeld
Centrum für Biotechnologie (CeBiTec)
Telefon: 0521 106-5631  

Fossile Rohstoffe effizienter nutzen (Nr. 28/2022)

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Studie in Nature Communications / Neue DFG-Forschungsgruppe knüpft an die Arbeit an

Fossile Rohstoffe werden nicht nur zur Energiegewinnung genutzt, sondern auch, um Chemikalien oder pharmazeutische Produkte herzustellen. Solche chemischen Reaktionen laufen jedoch nicht von alleine ab, sondern benötigen Katalysatoren. Besonders effiziente Katalysatoren gibt es in der Natur: Dort sorgen Enzyme zum Beispiel dafür, dass Reaktionen mit Sauerstoff auch bei niedrigen Temperaturen gezielt funktionieren. Wissenschaftler*innen der Fakultät für Chemie der Universität Bielefeld versuchen, natürliche Katalysatoren zu imitieren. Für das Enzym Methan-Monooxygenase ist ihnen nun ein wichtiger Schritt gelungen: Sie konnten erstmals in einem synthetisch nachgebauten Molekül ein zentrales Zwischenprodukt untersuchen. Dies wurde in der Katalyse des Enzyms bisher nur theoretisch vorhergesagt, aber noch nicht beobachtet. Die Studie ist im Fachmagazin Nature Communications erschienen. An die Untersuchung wird künftig eine neue Forschungsgruppe anknüpfen, deren Bewilligung gestern (28.03.2022) von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bekanntgegeben wurde. 

Bilder von zwei Personen: Prof. Dr. Thorsten Glaser, Fakultät für Chemie/Anorganische Chemie; Prof. Dr. Thomas Huser, Fakultät für Physik/Biomolekulare Photonik
Der Chemiker Prof. Dr. Thorsten Glaser und der Physiker Prof. Dr. Thomas Huser von der Universität Bielefeld erforschen biomimetische Katalysatoren. Foto li.: Universität Bielefeld, Foto re.: Universität Bielefeld /M.-D. Müller Foto: Foto li.: Universität Bielefeld/M. Brockhoff, Foto re.: Universität Bielefeld /M.-D. Müller
Die neue Studie entstand in Kooperation mit Forschenden der Bielefelder Fakultät für Physik sowie der Technischen Universität Berlin und des Max-Planck-Instituts für chemische Energiekonversion.

„Das Ziel ist, fossile Rohstoffe effizienter und nachhaltiger nutzen zu können“, sagt Professor Dr. Thorsten Glaser von der Fakultät für Chemie der Universität Bielefeld. Er leitet die Arbeitsgruppe Anorganische Chemie I. Glaser wird Sprecher der neuen DFG-Forschungsgruppe „Bioinspirierte Oxidationskatalyse mit Eisenkomplexen“ (FOR 5215). Die Gruppe beschäftigt sich mit der effizienten Nutzung nicht erneuerbarer Kohlenwasserstoff-Ressourcen.

In der nun erschienenen Studie befassen sich Glaser und seine Kolleg*innen mit der effizienten Nutzung von Methan. Der Stoff ist Hauptbestandteil von Erdgas und wird aktuell vor allem zur Energiegewinnung genutzt, zum Beispiel in Gasheizungen. Dabei reagiert Methan mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid und Wasser. „Durch solche Verbrennungsprozesse entsteht Energie, aber die Methanmoleküle werden im Grunde verschwendet. Viel sinnvoller ist es, zur Energiegewinnung auf erneuerbare Ressourcen wie Windkraft und Sonne zurückzugreifen – und Methan sowie andere endliche Rohstoffe zu nutzen, um wichtige Chemikalien oder Pharmazeutika herzustellen“, sagt Glaser.

Denn Methan kann auch auf eine andere Weise mit Sauerstoff reagieren, zum Beispiel zu Methanol oder Formaldehyd. Bei solchen Reaktionen muss der Sauerstoff jedoch an ganz bestimmten Stellen in die chemische Struktur eingefügt werden. Das gelingt nur mit Hilfe von Katalysatoren. Katalysatoren setzen die Aktivierungsenergie von chemischen Reaktionen herab – und sorgen dafür, dass Stoffe auch bei niedrigeren Temperaturen miteinander reagieren oder überhaupt eine Reaktion stattfindet. „Für die Herstellung von Chemikalien ist es daher wichtig, Katalysatoren zu entwickeln, die ausgewählte und effiziente Reaktionen mit Sauerstoff ermöglichen“, sagt Glaser.

Katalysatoren aus der Natur nachahmen
Dazu schauen sich Glaser und sein Team Vorgänge in der Natur genauer an. „Enzyme sind hervorragende Katalysatoren, die bei normalen Temperatur- und Druckbedingungen gezielte Reaktionen hervorrufen können“, so Glaser. Dazu zählt die Methan-Monooxygenase: In speziellen Bakterien treibt dieses Enzym die Reaktion von Methan und Sauerstoff zu Methanol an. „Wir versuchen, die Methan-Monooxygenase synthetisch nachzuahmen“, sagt Glaser.

Die Methan-Monooxygenase besitzt zwei Eisenzentren. Daran bindet der Sauerstoff und wird aktiviert. So entsteht schließlich ein Zwischenprodukt, das mit Methan zu Methanol reagiert, während die Eisenzentren in ihren ursprünglichen Zustand zurückgelangen und der Zyklus von vorne beginnt. „Wir konnten für unsere Studie in Nature Communications nun erstmals dieses Hydroperoxo-Zwischenprodukt nachweisen“, sagt Dr. Stephan Walleck, der in der Arbeitsgruppe Anorganische Chemie I forscht und Erstautor der Studie ist. 

Die Wissenschaftler*innen hatten schon vorher ein spezielles Ligandensystem entwickelt: ein komplexes organisches Molekül, das zwei Eisenionen binden kann und deren Eigenschaften sich zudem präzise einstellen lassen. „Mit diesem System sind wir zwar noch nicht in der Lage, Methan zu Methanol katalytisch zu oxidieren, aber wir können schon Methan-ähnliche Kohlenwasserstoffe verarbeiten. Nun haben wir die Stellschrauben des Systems so angepasst, dass der Katalysezyklus angehalten werden kann – und mit diesem Trick das theoretisch vorhergesagte Zwischenprodukt auch tatsächlich beobachtet“, sagt Walleck. „Das ist vorher noch nie gelungen, weder im Enzym, noch in den nachgebauten Molekülen.“

Beobachtung mit spektroskopischen Methoden
Um das Hydroperoxo-Zwischenprodukt genauer zu beobachten, haben die Wissenschaftler*innen unterschiedliche Methoden verwendet – zum Beispiel Resonanz-Raman-Spektroskopie, bei der eine Probe mit Laserlicht bestrahlt und die reflektierte Strahlung gemessen wird. Dafür haben Glaser und seine Kolleg*innen eng mit Forschenden der Arbeitsgruppe Biomolekulare Photonik an der Fakultät für Physik zusammengearbeitet. „Diese Kooperation war wichtig für den Nachweis des Zwischenprodukts“, so Glaser. Professor Dr. Thomas Huser, der die Arbeitsgruppe an der Fakultät für Physik leitet, ergänzt: „Es war uns eine Freude, unsere Kolleg*innen in der Chemie mit Hilfe der Resonanz-Raman-Spektroskopie zu unterstützen. Dies ist ein wirklich gelungenes Beispiel der Zusammenarbeit zwischen der Fakultät für Chemie und der Fakultät für Physik.“

Zudem haben die Bielefelder Forschenden für ihre Studie mit Professor Dr. Peter Hildebrandt von der Technischen Universität Berlin kooperiert, sowie mit Dr. Eckhard Bill vom Max-Planck-Institut für chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr. Neben der Resonanz-Raman-Spektroskopie kamen Analyseverfahren wie die Mößbauer-Spektroskopie oder UV/VIS-Spektroskopie zum Einsatz.

„Das synthetisch nachgebaute System hilft uns dabei, die einzelnen Stufen des Katalysezyklus besser zu verstehen. Gleichzeitig sind wir aber auch unserem Ziel, Methan selbst effizient verarbeiten zu können, einen Schritt nähergekommen“, sagt Glaser. „Dies werden wir in der neuen DFG-Forschungsgruppe weiter vorantreiben.“

Originalveröffentlichung:
Stephan Walleck, Thomas Philipp Zimmermann, Henning Hachmeister, Christian Pilger, Thomas Huser, Sagie Katz, Peter Hildebrandt, Anja Stammler, Hartmut Bögge, Eckhard Bill, Thorsten Glaser: Generation of a μ-1,2-hydroperoxo FeIIIFeIII and a μ-1,2-peroxo FeIVFeIII Complex. Nature Communications, https://doi.org/10.1038/s41467-022-28894-5, veröffentlicht am 16. März 2022.

Weitere Informationen:
DFG fördert neun neue Forschungsgruppen“ (Pressemitteilung der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom 28.03.2022)

Kontakt:
Prof. Dr. Thorsten Glaser, Universität Bielefeld
Fakultät für Chemie
Telefon: 0521 106-6105
E-Mail: thorsten.glaser@uni-bielefeld.de

Neue Methode für bessere Analyse von Virengenomen (Nr. 29/2022)

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Forschende stellen Ansatz vor, um Gensequenzen zu rekonstruieren

Oft unterscheiden sich Varianten von SARS-CoV-2 nur in winzigen Details. Deshalb ist eine möglichst exakte Darstellung des Genoms wichtig, um Virenstämme miteinander vergleichen zu können. Bei herkömmlichen Methoden treten häufig Ablesefehler auf, die das Ergebnis verfälschen können. Dieses Problem wollen der Bioinformatiker Professor Dr. Alexander Schönhuth von der Universität Bielefeld und sein Team mit ihrem neuen Verfahren lösen. Die Methode Strainline ermöglicht es, Sequenzen von Virengenomen auf neue Weise zu rekonstruieren. Unter anderem werden Ablesefehler frühzeitig erkannt und korrigiert. Als weitere Methode mit ähnlichem Ansatz hilft Phasebook darüber hinaus dabei, auch menschliche Chromosomensätze besser analysieren zu können. Studien zu den beiden Verfahren haben die Forschenden in der Fachzeitschrift Genome Biology veröffentlicht.

Bild der Person: Prof. Dr. Alexander Schönhuth, Technische Fakultät / AG Genome Data Science
Prof. Dr. Alexander Schönhuth befasst sich an der Technischen Fakultät der Universität Bielefeld mit datenwissenschaftlichen Methoden für die Analyse von Virenerbgut und anderen Genomen. Foto: Universität Bielefeld/S. Jonek
Wie lassen sich neue Virenstämme von SARS-CoV-2 frühzeitig erkennen? Eine Möglichkeit ist es, das Abwasser einer Stadt zu untersuchen, in dem Coronaviren ihre Spuren hinterlassen. Kurz gesagt wird dazu die Viren-RNA mit einem Gerät in kleine Stücke zerschnitten und analysiert. Aus diesen Stücken werden anschließend die Genome der Viren rekonstruiert – bislang allerdings mit einer recht hohen Fehlerrate.

Solche genetischen Analysen werden in der Regel mit sogenannten Nanopore-Sequenziergeräten durchgeführt. Der Vorteil: Sie sind günstig und handlich – und können lange Gensequenzen ausgeben. „Eine Sequenz kann bis zu 10.000 Basen umfassen“, sagt Professor Dr. Alexander Schönhuth von der Technischen Fakultät und dem Institut für Bioinformatik-Infrastruktur (BIBI) der Universität Bielefeld. Das Genom von SARS-CoV-2 besteht aus etwa 30.000 Basen – entsprechend entstehen durch die Sequenzierung nur wenige Teile, die aber viele Informationen umfassen.

Fehlerhafte Gensequenzen müssen korrigiert werden
„Das Problem ist, dass die Methode sehr fehleranfällig ist“, sagt Schönhuth, Erstautor der Studie. Um etwa neue Varianten zu erkennen, kommt es auf Details an – und die stimmen nicht immer: Vereinfacht gesagt kann es zum Beispiel passieren, dass Basen bei der Analyse verzögert und dadurch doppelt abgelesen werden. „Die Fehlerrate beträgt bis zu zehn Prozent.“ Das ist viel, wenn es auf winzige Unterschiede ankommt.

Für eine Analyse müssen die Teile deshalb nicht nur wieder zusammengesetzt, sondern auch korrigiert werden. Für Forschende ist die Arbeit mit den Gensequenzen der Viren-Varianten wie das Lösen eines Puzzles: „Wir haben viele große Teile, aber wir wissen gar nicht, wie viele Puzzles es eigentlich gibt“, sagt Alexander Schönhuth. Das liegt daran, dass nicht klar ist, wie viele Varianten von SARS-CoV-2 das Material überhaupt enthält. „Manche Teile sind zudem verschwommen oder haben Fehler im Bild.“

Die Methode Strainline korrigiert solche Fehler frühzeitig. Schönhuth hat sie gemeinsam mit den Doktorand*innen Xiao Luo und Xiongbin Kang aus seiner Arbeitsgruppe Genominformatik entwickelt. Zugrunde liegt der Methode die Idee, die Genome nicht als Buchstabenketten, sondern in Form einer grafischen Anwendung darzustellen, die Verbindungen zwischen Genomen als Knotenpunkte zeigt und auch Auffälligkeiten schnell herausfiltert.

Algorithmus ermittelt, welche Genabschnitte zueinander gehören
Auf ähnliche Weise funktioniert auch die Methode Phasebook, die das Forschungsteam ebenfalls entwickelt hat. Sie eignet sich für sogenannte diploide Chromosomensätze, bei denen in den Zellen jedes Chromosom doppelt vorhanden ist. Menschen und auch andere Wirbeltiere besitzen einen solchen doppelten Chromosomensatz, bei dem je ein Teil von der Mutter und ein Teil vom Vater stammt.

„Um im Bild zu bleiben: Wir haben hier einen großen Karton mit sehr vielen Puzzleteilen“, sagt Schönhuth. „Wir wissen, dass sich daraus zwei Puzzles ergeben, aber wir wissen nicht, welches Teil zu welchem Puzzle gehört, weil wir keine Abbildung haben, die uns das zeigen würde.“ Die Teile genau zuordnen zu können, ist aber entscheidend – etwa für die Funktionelle Genomik, die Präzisionsmedizin und viele andere Disziplinen.

Ähnlich wie Strainline setzt Phasebook darauf, Analysefehler in langen Sequenzen schon frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren. Außerdem ermöglicht die Methode durch einen Algorithmus eine bessere Zuordnung der Teile. „Viele andere Methoden verwenden stattdessen ein sogenanntes Referenzgenom“, sagt Schönhuth. „Dieses stammt aber von einem Europäer und funktioniert nicht so gut, wenn man beispielsweise das Genom von Menschen in Afrika oder Südamerika analysieren möchte.“ Mit Phasebook lässt sich laut Schönhuth auch ohne ein solches Referenzgenom rekonstruieren, welcher Teil der genetischen Ausstattung von der Seite der Mutter und welche von der Seite des Vaters stammt.

Verfahren sind in frei verfügbarer Software integriert
Strainline und Phasebook sind als Open-Source-Anwendungen konzipiert. Dadurch haben Forschende und Interessierte kostenlosen Zugriff auf die Softwares. Beide Methoden sind in Zusammenhang mit dem von der EU geförderten Promotionsnetzwerk Alpaca zur Pangenomik und dem ebenfalls von der EU geförderten Verbundprojekt Pangaia entstanden. Pangaia hat das Ziel, eine computergestützte Analyse großer Datensätzen zur Genomanalyse zu entwickeln. Sowohl das Promotionsnetzwerk wie auch das Verbundprojekt werden von der Universität Bielefeld geleitet. Schönhuth ist Koordinator von Alpaca und ist mit seiner Arbeitsgruppe Genominformatik an Pangaia beteiligt.

Alexander Schönhuth ist seit 2020 als Professor für Genome Data Science (Genom-Datenwissenschaft) an der Technischen Fakultät tätig. Außer am Institut für Bioinformatik-Infrastruktur (BIBI) forscht er auch am Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) der Universität Bielefeld. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Arbeit ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Erforschung von Krankheiten, deren Ursachen bislang unklar sind. Mit dieser Forschung will er ermöglichen, Krankheiten gezielter und individueller behandelt zu können.

Originalveröffentlichungen:
Xiao Luo, Xiongbin Kang, Alexander Schönhuth: Strainline: full-length de novo viral haplo-type reconstruction from noisy long reads, Genome Biology, https://doi.org/10.1186/s13059-021-02587-6 online erschienen am 20. Januar 2022
Xiao Luo, Xiongbin Kang, Alexander Schönhuth: phasebook: haplotype-aware de novo assembly of diploid genomes from long reads. Genome Biology, https://doi.org/10.1186/s13059-021-02512-x, online erschienen am 27. Oktober 2021

Weitere Informationen:
• Website des Pangaia-Projekts
Website des Promotionsnetzwerks Alpaca
Website zur ZiF-Arbeitsgemeinschaft „Computergestützte Pangenomik“
• Freier Zugriff auf die Open-Source-Anwendungen Strainline und Phasebook

Kontakt:
Prof. Dr. Alexander Schönhuth, Universität Bielefeld
Technische Fakultät
Telefon: 0521 106-3793
E-Mail: gds@cebitec.uni-bielefeld.de 

Waghalsige Feuersalamander-Larven leben in Bächen (Nr. 49/2020)

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Sonderforschungsbereich NC³: neue Studie von Verhaltensforschenden

Feuersalamander-Larven, die in Bächen leben, sind risikofreudiger als solche, die in Tümpeln aufzufinden sind. Ebenso hängt von der Größe einer Larve ab, wie risikobereit sie sich verhält. Das haben Biolog*innen der Universität Bielefeld in einer neuen Studie festgestellt. Die Studie gehört zu einem Teilprojekt des Transregio-Sonderforschungsbereichs NC³, das die individuelle Nischenwahl von Feuersalamander-Larven vergleicht. Der Artikel erscheint in der Augustausgabe von „Ethology“, dem ältesten Magazin für Verhaltensbiologie.

„Die Entwicklung, das Aussehen und das Verhalten von Lebewesen sind erheblich beeinflusst von den Umweltbedingungen und den Erfahrungen, die die Lebewesen in frühen Lebensstadien machen“, sagt Professorin Dr. Barbara Caspers aus der Verhaltensökologie der Fakultät für Biologie. „Die Ergebnisse aus der Studie zeigen, dass sich auch die Larven von Feuersalamandern an ihren jeweiligen Lebensort anpassen. Es ist das erste Mal, dass bei solchen Verhaltenstests die Gewässertypen einbezogen wurden, in denen die Larven aufwachsen“, berichtet Caspers. Die Verhaltensforscherin leitet das Teilprojekt A04 des Transregio-Sonderforschungsbereiches (SFB/TRR) NC³.

Prof'in Dr. Barbara Caspers
Prof'in Dr. Barbara Caspers
Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Unter Leitung von Caspers haben drei Nachwuchsforschende das Verhalten der Feuersalamander-Larven erforscht: die Doktorandin Pia Oswald von der Universität Bielefeld und die Bachelorstudenten Benjamin Tunnat, ebenfalls von der Universität Bielefeld, und Luca Hahn von der Universität Köln. „Wir haben uns die Frage gestellt, wie sich das Risikoverhalten von Feuersalamander-Larven, die in Tümpeln leben, von denen unterscheidet, die in Bächen ihren Lebensraum haben“, sagt Pia Oswald. „Außerdem wollten wir klären, ob die Größe der Larven eine Rolle spielt.“

Wie sich unterschiedliche Lebensräume auswirken

Ein Feuersalamander-Weibchen kann bis zu 70 vollständig entwickelte Larven pro Fortpflanzungsperiode ablegen. Von ihnen wächst jedoch nur ein geringer Anteil zu ausgewachsenen Salamandern heran. „Die Larven sind meist in klaren Quellbächen zu finden, in einigen Fällen auch in Tümpeln“, sagt Oswald. „Tümpel bringen allerdings einige Herausforderungen mit sich. Die Larven sind zum Beispiel starken Temperaturschwankungen und mehr Raubfeinden ausgesetzt. Zudem bringen trockene Sommer, wie wir sie derzeit erleben, das Risiko mit sich, dass das Gewässer austrocknet.“ 

Pia Oswald
Doktorandin Pia Oswald
Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Um die Daten für die Studie zu erheben, besuchten Oswald und die Studenten in den Frühjahren 2018 und 2019 das Waldgebiet Kottenforst in Bonn. Dort leben zwei Ökotypen von Larven – die einen im Bach, die anderen in Tümpeln. „Der Begriff Ökotyp bezieht sich darauf, dass sich der Unterschied zwischen Bach- und Tümpel-Salamandern auch genetisch zeigt“, sagt Oswald.
Um zu erfahren, ob sich Larven aus Bächen und Tümpeln in ihrer Risikobereitschaft unterscheiden, führten die Forschenden zwei Verhaltenstests mit jeweils 100 Larven durch: 50 Larven aus dem Bach und 50 aus Tümpeln. Sie setzen die Larven in eine Petrischale, deren eine Hälfte verdunkelt war. Im ersten Test 2018 starteten die Larven im Dunkeln und es wurde ermittelt, ob sie das dunkle Versteck verließen und wenn ja, wie lange. Im zweiten Test 2019 starteten die Larven außerhalb der Versteckmöglichkeit, sodass die Larven aktiv in das Versteck schwimmen mussten.

Die Auswertung hat die Biolog*innen überrascht. „In dem ersten Test war die Größe der Larve der ausschlaggebende Faktor für unterschiedliches Verhalten. Größere Larven verließen die Dunkelheit durchschnittlich häufiger und länger als die kleineren Larven. Es spielte in dem Test allerdings keine Rolle, aus welchem Gewässertyp die Larven stammen“, sagt Oswald. „In dem anderen war der erklärende Faktor, aus welchem Gewässertyp die Larven stammen. Die Larven aus dem Bach schwammen seltener in das Versteck und gingen damit ein größeres Risiko ein. Die Größe hatte in diesem Test keinen Einfluss“, sagt Oswald. „Das macht deutlich, dass unterschiedliche Verhaltenstests unterschiedliche Aspekte zum Vorschein bringen.“

Aufbauend auf ihrer Forschung wollen Oswald und ihre Kolleg*innen nun untersuchen, ob die Larven sich an den jeweils anderen Gewässertyp anpassen können. „Was passiert also, wenn wir Larven aus einem Tümpel in einen Bach setzen? Ändern sie ihr Verhalten und werden sie risikofreudiger, indem sie zum Beispiel ihr Umfeld stärker auskundschaften? Oder ist das Verhalten der Larven genetisch bestimmt?“

Der Transregio SFB NC³
Warum wählen Tiere ganz individuell ihren eigenen, unverwechselbaren Platz im Ökosystem, ihre ökologische Nische? Wie passen sie sich an sie an? Wann formen sie ihre Nische selbst? Und wie können wir diese Prozesse verstehen? Das sind die zentralen Fragen des Transregio-Sonderforschungsbereichs (SFB/TRR) 212 mit dem Kurznamen „NC³“. Darin verknüpfen 40 Forschende der Universitäten Bielefeld, Münster und Jena Verhaltensbiologie und Evolutionsforschung mit theoretischer Biologie und Philosophie. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert NC³ seit Januar 2018 für zunächst vier Jahre mit rund 8,5 Millionen Euro. Sprecher ist Verhaltensforscher Professor Dr. Oliver Krüger von der Universität Bielefeld.

Originalveröffentlichung:
Pia Oswald, Benjamin A. Tunnat , Luca G. Hahn & Barbara A. Caspers: There is no place like home: Larval habitat type and size affect risk-taking behaviour in fire salamander larvae. Ethology, https://doi.org/10.1111/eth.13070, erschienen am 18. Juni 2020

Kontakt:
Prof’in Dr. Barbara Caspers, Universität Bielefeld
Fakultät für Biologie
Telefon: 0521-106 2825
E-Mail: barbara.caspers@uni-bielefeld.de
 
 
Die neue Studie zeigt: Larven von Feuersalamandern (oben) zeigen unterschiedliches Verhalten, abhängig von ihrer Größe und Lebensumfeld. Etwa acht bis zwölf Wochen brauchen die Larven, um sich zu Feuersalamander-Lurchen (unten) zu entwickeln. Foto: Universität Bielefeld
Die neue Studie zeigt: Larven von Feuersalamandern (oben) zeigen unterschiedliches Verhalten, abhängig von ihrer Größe und Lebensumfeld. Etwa acht bis zwölf Wochen brauchen die Larven, um sich zu Feuersalamander-Lurchen (unten) zu entwickeln.
Foto: Universität Bielefeld

Personalnachrichten aus der Universität Bielefeld (Nr. 50/2020)

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•    Professorin Katharina Kohse-Höinghaus als „Distinguished Scientist“ geehrt
•    Professor Michael Röckner in die Academia Europaea aufgenommen
•    Professor Wolfgang Greiner in Wissenschaftlichen Beirat in Ungarn berufen
•    Professor Gernot Akemann erneut Mitglied des Wissenschaftlichen Direktoriums des ZiF


Prof. Dr. Katharina Kohse-Höinghaus Foto: Uiversität Bielefeld
Prof. Dr. Katharina Kohse-Höinghaus
Foto: Uiversität Bielefeld
Professorin Dr. Kohse-Höinghaus (68) ist von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) ein President's Distinguished Scientists International Fellowship 2020 verliehen worden. Die Ehrung als „Distinguished Scientist“ erfolgte im Rahmen des „President’s International Fellowship Program“ (PIFI) der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (Chinese Academy of Sciences - CAS). Für dieses Programm werden pro Jahr circa 30 herausragende internationale Wissenschaftler*innen ausgewählt. Professorin Kohse-Höinghaus wird in China auf Vortragsreise gehen und Postdocs in ihrem Fachgebiet der Verbrennungschemie betreuen, sobald die Situation eine Reise nach China wieder zulässt. Professorin Kohse-Höinghaus ist Senior-Researcherin und Ehrensenatorin der Universität Bielefeld. Sie leitete seit 1994 den Arbeitsbereich Physikalische Chemie an der Universität Bielefeld und engagiert sich seit mehr als 20 Jahren in hochrangigen wissenschaftlichen Organisationen. Sie ist unter anderem Trägerin des Chinesischen Staatspreises für internationale Wissenschaftler*innen, des Friendship Award der Volksrepublik China und von Ehrenprofessuren mehrerer chinesischer Universitäten.

Prof. Dr. Michael Röckner
Prof. Dr. Michael Röckner
Foto: Universität Bielefeld
Professor Dr. Michael Röckner (64), Fakultät für Mathematik der Universität Bielefeld, ist in die Academia Europaea berufen worden. Die Academia Europaea ist eine europäische, nichtstaatliche Vereinigung. Die Mitglieder sind Wissenschaftler und Gelehrte, die sich gemeinsam für die Förderung von Lernen, Bildung und Forschung einsetzen. Sie wurde 1988 gegründet und hat etwa 3800 Mitglieder, darunter führende Experten und zahlreiche Nobelpreisträger aus den Bereichen Physik und Technik, Biowissenschaften und Medizin, Mathematik, Literatur- und Geisteswissenschaften, Sozial- und Kognitionswissenschaften, Wirtschaft und Recht. Röckner ist seit 1994 Professor für Mathematik mit dem Schwerpunkt Stochastische Analysis an der Universität Bielefeld. Er ist Sprecher des Sonderforschungsbereichs zur mathematischen Erforschung des Zufalls an der Universität Bielefeld und war  2017/2018  Präsident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV).

Professor Dr. Wolfgang Greiner (55) ist in den internationalen wissenschaftlichen Beirat des Forschungszentrums für Gesundheitsökonomie (HECON) des universitären Forschungs- und Innovationszentrums (EKIK) an der Universität Óbuda, Ungarn berufen worden. Das primäre Ziel von HECON ist die Entwicklung einer integrierten Forschungs- und Bildungsstrategie für Gesundheitsökonomie und Health Technology Assessment. Wolfgang Greiner lehrt und forscht seit 2005 „Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement“ an der Universität Bielefeld.

Professor Dr. Gernot Akemann (54), Fakultät für Physik der Universität Bielefeld, ist im Juli vom Rektorat für eine weitere vierjährige Amtszeit zum Mitglied des Wissenschaftlichen Direktoriums des Zentrums für interdisziplinäre Forschung (ZiF) ernannt worden. Das Wissenschaftliche Direktorium ist verantwortlich für das wissenschaftliche Programm des ZiF.

Studierende erleben Probleme mit Gesundheitshinweisen zu Corona (Nr. 51/2020)

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Onlinebefragung zu digitaler Gesundheitskompetenz in der Pandemie

Fast 15.000 Studierende haben sich deutschlandweit an einer Onlinebefragung zur digitalen Gesundheitskompetenz in Zeiten von Corona beteiligt. Wissenschaftler*innen der Universität Bielefeld und der Hochschule Fulda fragten nach Informationssuche und -zufriedenheit, dem Umgang mit den digitalen Informationen sowie der psychischen Gesundheit während der Pandemie. Der Großteil der Studierenden verfügt der Studie zufolge über ausreichend digitale Gesundheitskompetenz. Doch mehr als 42 Prozent der Befragten berichten von Schwierigkeiten, die Qualität der Gesundheitsinformationen zum Coronavirus zu bewerten.


„Viele Studierende mit geringer Gesund-heitskompetenz erleben die oft widersprüch-lichen Informationen zu Corona als psychi-sche Belastung“, sagt Professor Dr. Kevin Dadaczynski von der Hochschule Fulda. Foto: HPS Conference
„Viele Studierende mit geringer Gesund-heitskompetenz erleben die oft widersprüchlichen Informationen zu Corona als psychische Belastung“, sagt Professor Dr. Kevin Dadaczynski von der Hochschule Fulda. Foto: HPS Conference
Wie suchen und finden Studierende digitale Gesundheitsinformationen im Kontext der Corona-Pandemie? Wie gehen sie mit der Masse an Gesundheitsinformationen um, auch mit dem Nebeneinander von vertrauenswürdigen Informationen und Desinformation im Internet? Und welche Belastungen resultieren für sie aus dem Informationsangebot? Um das herauszufinden, haben Wissenschaftler*innen des Interdisziplinären Zentrums für Gesundheitskompetenzforschung (IZGK) der Universität Bielefeld und des Public Health Zentrums (PHZF) der Hochschule Fulda von Ende März bis Mitte April Studierende in ganz Deutschland online befragt. Nun liegen erste ausgewählte Ergebnisse von 14.895 Studierenden aus 130 Hochschulen vor.

Wie zu erwarten war, informieren sich die Studierenden zur Corona-Pandemie vor allem im Internet. Etwa 95 Prozent geben an, in den vier Wochen vor der Befragung Informationen zum Coronavirus im Netz gesucht zu haben. Jeweils über 80 Prozent der Befragten recherchieren über Suchmaschinen, Nachrichtenportale und Webseiten von Behörden wie zum Beispiel das Robert Koch-Institut. Fast 40 Prozent suchen in sozialen Medien. Die häufigsten Suchanfragen betreffen die Ausbreitung des Virus, die Einschränkungen des Lebensalltags, aktuelle Situationseinschätzungen sowie Verhaltensempfehlungen zum Schutz vor dem Virus. Mehr als die Hälfte der Studierenden zeigt sich mit der Informationslage sehr zufrieden oder zufrieden. Dabei weisen Frauen eine geringere Zufriedenheit auf als Männer.

Insgesamt hohes Maß an Gesundheitskompetenz
Den meisten Studierenden fällt der Umgang mit digitalen Gesundheitsinformationen zum Thema Coronavirus leicht. Sie finden die gesuchten Informationen, verstehen sie, können sie bewerten und anwenden, also auf dieser Basis Entscheidungen für die Gesundheitsförderung, Prävention und Versorgung im Lebensalltag treffen. „In der aktuellen Pandemie ist eine ausreichende
Gesundheitskompetenz entscheidend“, betont Professor Dr. Kevin Dadaczynski von der Hochschule Fulda. „In den sozialen Medien – und nicht nur dort – gibt es eine Fülle von qualitativ unterschiedlichen Informationen zum Virus. Für Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz kann diese Menge an oft widersprüchlichen Informationen psychosozial belastend und damit riskant für die Gesundheit sein“, sagt Dadaczynski.

„Studierende mit einer hohen digitalen Gesundheitskompetenz fühlen sich psychisch wohler als solche mit geringerer Kompetenz“, sagt Dr. Orkan Okan von der Universität Bielefeld. Foto: privat
„Studierende mit einer hohen digitalen Gesundheitskompetenz fühlen sich psychisch wohler als solche mit geringerer Kompetenz“, sagt Dr. Orkan Okan von der Universität Bielefeld. Foto: privat
Hinweise auf Unterstützungsbedarf
Am häufigsten berichten Studierende über Schwierigkeiten, die Zuverlässigkeit digitaler Gesundheitsinformationen zu beurteilen
(42,3 Prozent) oder zu bewerten, ob mögliche kommerzielle Interessen hinter den recherchierten Informationen stehen. Neben Schwierigkeiten, die gesuchte Information im Internet ausfindig zu machen, hat ein Teil der Studierenden Probleme, das eigene Anliegen passgenau und verständlich zu formulieren, wenn sie selbst Nachrichten zum Coronavirus verfassen, und zu beurteilen, welche Personen die in sozialen Netzwerken oder Foren geposteten Nachrichten mitlesen können. Im Internet gefundene Informationen im Lebensalltag anzuwenden, bewerten 80 Prozent der Studierenden als (sehr) einfach, während 20 Prozent angeben, dass ihnen dies schwer oder sehr schwer fällt.

Geringere digitale Gesundheitskompetenz bei Frauen
Bedeutsam erscheinen den Wissenschaftler*innen die festgestellten Geschlechterunterschiede. Insgesamt weisen Frauen gegenüber Männern eine geringere digitale Gesundheitskompetenz auf, die sich insbesondere in den Handlungsbereichen Suchen und Finden sowie Beurteilung der Qualität von digitalen Gesundheitsinformationen zeigt. Diese könnte laut den Forschenden damit zusammenhängen, dass weibliche Studierende sich durch Informationen zum Thema Coronavirus möglicherweise stärker verunsichern lassen, dass sie ein höheres Gesundheitsbewusstsein aufweisen, aber vielleicht auch kritischer gegenüber den verfügbaren Informationen sind.

Gesundheitskompetenz beeinflusst psychisches Wohlbefinden

Die Studie liefert zudem Hinweise für den Zusammenhang von Gesundheitskompetenz und psychischem Wohlbefinden: Studierende mit einer hohen digitalen Gesundheitskompetenz weisen auch ein höheres psychisches Wohlbefinden auf. Rund 20 Prozent der Studierenden geben an, schon einmal nach Informationen zum Umgang mit psychischen Belastungen gesucht zu haben. „Dies steht im Einklang mit internationalen Studien bei Studierenden und der Allgemeinbevölkerung in der Coronakrise, die bereits die Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit aufzeigen konnten“, sagt Dr. Orkan Okan von der Universität Bielefeld.

Die Onlinebefragung zeigt die Selbsteinschätzung der Studierenden und deutet auf ihre selbst wahrgenommenen Herausforderungen und Belastungen hin. Rückschlüsse auf ihr tatsächliches Verhalten können daraus nicht gezogen werden. Doch eine hohe digitale Gesundheitskompetenz hilft nach Ansicht der Wissenschaftler*innen dabei, proaktiv mit gesundheitsrelevanten Informationen umzugehen und informierte Entscheidungen zu treffen. Die Wissenschaftler*innen raten dazu, bestehende hochschulische Beratungs- und Unterstützungsstrukturen zu stärken, um Studierende, deren Gesundheit belastet ist, im Umgang mit Gesundheitsinformationen und weiteren Belastungen aufzufangen. Sie sehen auch die Informationsanbieter*innen und Betreiber*innen von sozialen Medien in der Pflicht. Diese müssten aufgefordert werden, vertrauenswürdige Informationen bereitzustellen und Maßnahmen gegen die Verbreitung von Des- und Fehlinformationen über ihre Webseiten und Portale zu unternehmen. Denkbar und im Einklang mit bestehenden Empfehlungen sei eine Art „Digital Detox“– also ein zurückhaltender Gebrauch digitaler Medien, um so auch die Konfrontation mit widersprüchlichen Inhalten zu begrenzen.

Zu dem Studienteam gehören Professor Dr. Kevin Dadaczynski und Professorin Dr. Katharina Rathmann (Hochschule Fulda, Public Health Zentrum Fulda), Dr. Melanie Messer (externe Lehrende an der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft, Bremen) und Dr. Orkan Okan (Universität Bielefeld, Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung).

Originalveröffentlichung:
Kevin Dadaczynski, Orkan Okan, Melanie Messer, Katharina Rathmann: Digitale Gesundheitskompetenz von Studierenden in Deutschland während der Corona-Pandemie. Ergebnisse einer bundesweiten Online-Befragung, https://fuldok.hs-fulda.de/opus4/843, veröffentlicht am 13. August 2020.

Kontakt:
Dr. Orkan Okan, Universität Bielefeld
Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung
Telefon:  0521 106-6056
E-Mail: orkan.okan@uni-bielefeld.de

Prof. Dr. Kevin Dadaczynski, Hochschule Fulda
Public Health Zentrum Fulda
Telefon: 0661 9640-6073
E-Mail: kevin.dadaczynski@pg.hs-fulda.de


Digitale Thementage: Unterstützung bei Zweifeln im Studium (Nr. 52/2020)

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Programm von Universität und Fachhochschule bietet Beratung und Informationen

Wer im Studium die Orientierung verloren hat und sich die Frage stellt, wie oder ob es weiter gehen kann, erhält von der Universität Bielefeld und der Fachhochschule Bielefeld ein umfangreiches Unterstützungsangebot: Die digitalen Thementage „Auf der Suche nach Plan B?“ richten sich an alle Studierenden, die aktuell Zweifel im Studium erleben. Vom 31. August bis zum 2. September erwartet die Teilnehmenden ein breites Online-Programm aus Informationsveranstaltungen, Beratungsangeboten und Workshops rund um das Thema Studienzweifel.

Die Studienberatungen und Career Services der Universität und der Fachhochschule Bielefeld haben dabei auch Informations- und Beratungsangebote der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld, der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld und der Agenturen für Arbeit Bielefeld und Minden in das Programm mit aufgenommen. Angesprochen sind Studierende, die an ihrem Studium oder Studiengang zweifeln, über einen Hochschulwechsel nachdenken, oder sich nach einem Studienabbruch neu orientieren möchten.

Da die Gründe für Studienzweifel und Ausstiegsgedanken vielfältig sein können, kommen die Angebote aus verschiedenen Bereichen: So bieten die unterschiedlichen Formate zum einen Entscheidungs- und Orientierungshilfen bei Studienzweifeln an. Sie geben Tipps und Tools für einen erfolgreichen und motivierten Verbleib im Studium oder für einen Fach- oder Hochschulwechsel. Zum anderen werden auch Möglichkeiten eines Ausstiegs oder Umstiegs in die Berufsausbildung thematisiert. Dabei berichten Studienaussteiger*innen von ihren eigenen Erfahrungen. In individuellen Gesprächen können die Teilnehmenden den Berater*innen außerdem während und nach den Thementagen Fragen stellen und sich austauschen. Ziel ist es, den Studierenden zu zeigen, dass es auch in scheinbar festgefahrenen Situationen verschiedene Lösungswege zu entdecken gibt.

Die Thementage finden online statt. Interessierte melden sich vorab per Mail an neustart@fh-bielefeld.de für eine Veranstaltung an und bekommen die Zugangsdaten zugeschickt.

Weitere Informationen:
Zu Programm und Anmeldung informieren die Einrichtungen auch auf ihren Seiten:
•    Universität Bielefeld
•    Fachhochschule Bielefeld

Ultraschnelle Magnetisierungsdynamik erfassen: neues Verfahren (Nr. 53/2020)

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Internationale Forschungsgruppe um Bielefelder Physiker veröffentlicht Studie

Computerspeicher werden immer schneller – und viele arbeiten mit Magnetismus. Daten werden gespeichert, indem die Ausrichtung von sogenannten Magnetdomänen verändert wird. Dabei entsteht eine elektromagnetische Strahlung, die Rückschlüsse darauf zulässt, wie sich der Magnetzustand verändert hat. Wenn Daten in einem Magnetspeicher ultraschnell in Billionstel von Sekunden geändert werden, sind herkömmliche Messmethoden allerdings zu langsam – denn dabei entsteht Strahlung, die im Terahertz-Bereich liegt. Eine internationale Forschungsgruppe um den Physiker Professor Dr. Dmitry Turchinovich von der Universität Bielefeld hat nun ein Verfahren entwickelt, das solche Strahlung nutzt, um eine ultraschnelle Änderung des magnetischen Zustands in einem Material präzise nachzuverfolgen. Dies könnte in Zukunft dazu beitragen, Computerspeicher schneller zu machen und auch verschiedene Nanomaterialien besser erforschen zu können. Die Studie erscheint heute (25.08.2020) im Forschungsjournal Nature Communications.

Prof. Dr. Dmitry Turchinovich (links) und sein Doktorand Wentao Zhang haben sich mit der Messung ultraschneller Terahertz-Strahlung befasst. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Prof. Dr. Dmitry Turchinovich (links) und sein Doktorand Wentao Zhang haben sich mit der Messung ultraschneller Terahertz-Strahlung befasst. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Zu dem Forschungsteam gehören Physiker der Universitäten Bielefeld, Uppsala und Straßburg, der University of Shanghai for Science and Technology, dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz, der ETH Zürich und der Freien Universität Berlin.

„Die elektromagnetischen Wellen sind so etwas wie ein Fingerabdruck der Magnetisierungsdynamik“, sagt Professor Dr. Dmitry Turchinovich von der Fakultät für Physik, der die Studie geleitet hat. In der Strahlung sind sämtliche Informationen über die Veränderung des magnetischen Zustands enthalten. Um das zu nutzen, ist es allerdings nötig, sie empfindlich genug erfassen und korrekt analysieren zu können.

Bislang war es schwierig, solche Veränderungen insbesondere exakt zu messen. Die bisherigen Methoden sind fehleranfällig und aufwändig – manche funktionieren zum Beispiel nur im Ultrahochvakuum, außerdem wird die schwache Terahertz-Strahlung leicht von Störfaktoren aus der Umgebung überdeckt. „Die Herausforderung für uns war es also, eine Methode zu entwickeln, die die Veränderung der Magnetisierung schnell und zuverlässig erfasst“, sagt Turchinovich, Leiter der Arbeitsgruppe Terahertz-Physik an der Universität Bielefeld. Wentao Zhang, ein Doktorand aus der Arbeitsgruppe und Erstautor der Veröffentlichung, sagt: „Es hat ein wenig gedauert, aber es ist uns schließlich gelungen, diese Strahlung präzise zu isolieren und messen zu können. Damit konnten wir die ultraschnelle Dynamik der Magnetisierung in unseren Proben zuverlässig rekonstruieren.“

Forschende konnten mehr messen als zunächst erwartet
In ihren Versuchen sendeten die Forscher Laserlichtimpulse auf Eisennanofilme, die dadurch sehr schnell entmagnetisierten. Zeitgleich erfassten sie die Terahertz-Strahlung, die bei dieser Entmagnetisierung entstand. „Als unsere Analyse abgeschlossen war, stellten wir fest, dass wir tatsächlich weit mehr gesehen haben, als wir erwartet hatten“, sagt Turchinovich. „Es ist bereits seit einiger Zeit bekannt, dass Eisen bei Beleuchtung mit Laserlicht sehr schnell entmagnetisieren kann. Was wir aber zudem erfassten, war ein relativ kleines, aber sehr deutliches zusätzliches Signal, das uns fasziniert und sehr interessiert hat.“

Dieses Signal schien von einer Entmagnetisierung im Eisen zu stammen, die von einem sehr schnellen Schallimpuls verursacht wurde. Wie aber entstand dieser Schall? Dieser Frage gingen die Wissenschaftler nach. Während der Eisenfilm das Laserlicht absorbierte, entmagnetisierte das Material nicht nur, sondern es wurde auch heiß. „Wie wir wissen, dehnen sich die meisten Materialien aus, wenn sie heiß werden – und diese Ausdehnung des Eisennanofilms löste einen Schallimpuls aus“, sagt Turchinovich. „Dieser Schallimpuls prallte daraufhin zwischen den inneren und äußeren Probengrenzen hin und her wie das Echo zwischen den Wänden einer großen Halle. Und jedes Mal, wenn dieses Echo durch den Eisennanofilm drang, bewegte der Schalldruck die Eisenatome ein wenig, was den Magnetismus im Material weiter schwächte.“

Die Methode wird nun weiter verfeinert
Dieser Effekt wurde auf einer so ultraschnellen Zeitskala bisher noch nie beobachtet. „Wir freuen uns, dass wir dieses akustisch angetriebene ultraschnelle Magnetisierungssignal so deutlich sehen konnten und dass es so stark war“, sagt Turchinovich. „Wir werden jetzt natürlich weiter daran forschen.“

Unklar ist bislang, ob es vielleicht sogar möglich ist, den Vorgang so ändern um beispielsweise Schall direkt zu nutzen, um magnetische Speichersystemen zu steuern. Das könnte das Problem lösen, dass bei der herkömmlichen Speicherung durch Laserlicht viel Wärme entsteht. Damit könnte der Speichervorgang beschleunigt und Energie gespart werden. „Das liegt aber alles noch weit in der Zukunft“, sagt Turchinovich. „Ich gehe davon aus, dass die Methode eine große Relevanz erreichen wird, wenn sie erst einmal ausgereift ist. Sie wird uns auch dabei helfen können, verschiedene Nanomaterialien, und besonderes Magnetsysteme noch besser zu verstehen. Zunächst einmal müssen wir aber die Grundlagen erforschen.“

Originalveröffentlichung:
Wentao Zhang, Pablo Maldonado, Zuanming Jin, Tom S. Seifert, Jacek Arabski, Guy Schmerber, Eric Beaurepaire, Mischa Bonn, Tobias Kampfrath, Peter M. Oppeneer and Dmitry Turchinovich: Ultrafast terahertz magnetometry. Nature Communications, https://doi.org/10.1038/s41467-020-17935-6, veröffentlicht am 25. August 2020

Weitere Informationen:

•    Forschungsprojekt der Universität Bielefeld
•    Arbeitsgruppe Terahertz-Physik

Kontakt:
Prof. Dr. Dmitry Turchinovich, Universität Bielefeld
Fakultät für Physik
Telefon: 0521 106-5468
E-Mail: dmtu@physik.uni-bielefeld.de

Universität trauert um Professor Bernd Fischer (Nr. 54/2020)

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Entdecker der „Fischergruppen“ verstorben

Die Universität Bielefeld trauert um den emeritierten Mathematik-Professor Dr. Dr. h.c. Bernd Fischer, der am 13. August 2020 im Alter von 84 Jahren verstorben ist. Fischer galt als herausragender Vertreter der Algebra des 20. Jahrhunderts.


Professor Dr. Dr. h.c. Bernd Fischer. Foto: Universität Bielefeld.
Professor Dr. Dr. h.c. Bernd Fischer. Foto: Universität Bielefeld.
Internationale Aufmerksamkeit erlangte der Forscher auf dem Gebiet der Gruppentheorie durch die Entdeckung von drei sogenannten sporadischen Gruppen, die – nach ihrem Entdecker – als „Fischergruppen F22, F23 und F24“ bezeichnet werden. Unter dem mathematischen Begriff der Gruppe wird das Zusammenspiel von Symmetrien, wie etwa Spiegelungen und Drehungen, beschrieben. Die Suche nach den – wie man heute weiß– insgesamt 26 sporadischen Gruppen zählte zu den größten mathematischen Forschungsprojekten im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts. Weltweit waren über 100 Mathematiker*innen daran beteiligt.

Fischer war seit 1970 Professor an der Fakultät für Mathematik und leitete dort von 1991 bis 1993 den Sonderforschungsbereich „Diskrete Strukturen in der Mathematik“. Er war einer der Gründungsprofessoren und mehrfacher Dekan der Mathematischen Fakultät der Universität Bielefeld.

Nachruf auf der Seite der Fakulät für Mathematik

Hilfe für Studierende in Not: Universitätsgesellschaft und Universitätsmitarbeitende spendeten (Nr. 55/2020)

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Konto des Corona-Hilfsfonds weiter offen

Im Juli initiierte der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Bielefeld gemeinsam mit der Universitätsgesellschaft Bielefeld und dem Rektorat eine Spendenaktion für Studierende, die in Corona-Zeiten in Not geraten sind. Angeschrieben wurden alle Mitglieder der Universitätsgesellschaft sowie die Beschäftigten der Universität. Bisher sind auf dem Spendenkonto rund 36.000 Euro eingegangen. Ab dem 1. September können sich Studierende der Universität Bielefeld für eine einmalige Unterstützung in Höhe von 500 Euro bewerben. „Der Bedarf an unkomplizierter finanzieller Hilfe ist groß. Wir können daher noch weitere Spenden gebrauchen, damit möglichst viele Studierende ihr Studium weiterhin fortführen können“, betont Julius Troles, der AStA-Verantwortliche für die Aktion, „denn aktuell ist ein Ende der Krise nicht absehbar.“


Haben den Corona-Hilfsfonds der Universität Bielefeld ins Leben gerufen: (v.l.) Dr. Rainer Wend, Geschäftsführer der Universitätsgesellschaft Bielefeld, Julius Troles, AStA Universität Bielefeld und Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld
Haben den Corona-Hilfsfonds der Universität Bielefeld ins Leben gerufen: (v.l.) Dr. Rainer Wend, Geschäftsführer der Universitätsgesellschaft Bielefeld, Julius Troles, AStA Universität Bielefeld und Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld/Sarah Jonek
Die Corona-Krise hat auch die Universität Bielefeld vor große Herausforderungen gestellt. Für einen Teil der Studierenden kommen neben der Umstellung des Lern- und Studienalltags große finanzielle Sorgen und Nöte hinzu. Sie können ihre Nebenjobs nicht mehr ausüben und damit ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren. Hinzu kommt, da unter anderem die Mensen nur teilweise geöffnet sind, dass die Versorgung ohne Studierendenwerk teurer wird und die Unterstützung durch die Eltern durch die veränderte wirtschaftliche Lage teilweise wegfällt. Studierende mit Kindern und internati-onale Studierende sind besonders stark betroffen.

Mit der Initiierung des Notfallfonds setzen sich AStA, Universitätsgesellschaft und Rektorat der Universität Bielefeld dafür ein, dass niemand aufgrund der Corona-Krise das Studium aufgeben muss. „Es gibt zwar staatliche Hilfe, doch reicht diese nicht immer aus – teilweise wollen oder können Studierende diese auch nicht beantragen“, so Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. Insbesondere sollen daher jene Studierende unterstützt werden, für die das Bundeshilfeprogramm nicht greift. Diese können sich über den AStA für den Notfallfond bewerben, der anhand eines den Studierenden zugewandten Kriterienkatalogs die Auswahl für die Förderung übernimmt.

Das Spendenkonto ist weiterhin offen. „Wir möchten auch Firmen und Privatpersonen außerhalb der Universitätsgesellschaft gewinnen, zu unterstützen“, erklärt Dr. Rainer Wend, Geschäftsführer der Universitätsgesellschaft Bielefeld. Spenden werden entgegen genommen unter Angabe des Ver-wendungszweckes „Corona-Hilfsfonds 2020“ auf folgendes Konto:

Empfänger: Universitätsgesellschaft Bielefeld
IBAN: DE90 4805 0161 0000 0522 09
BIC: SPBIDE3BXXX
Sparkasse Bielefeld


Weitere Informationen:
•    für Spender*innen 
•    für Studierende zur Antragsstellung
•    weitere Statements des AStA zur Situation der Studierenden in Corona-Zeiten

Zwei europäische Spitzenförderungen für junge Forschende der Universität Bielefeld (Nr. 56/2020)

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ERC Starting Grants für Professorin Dr. Martina Hofmanová und Dr. Toni Goßmann

Der Europäische Forschungsrat (ERC) zeichnet eine Wissenschaftlerin und einen Wissenschaftler der Universität Bielefeld mit dem ERC Starting Grant aus. Sie erhalten jeweils 1,5 Millionen Euro für Spitzenforschung in ihren Disziplinen. Professorin Dr. Martina Hofmanová von der Fakultät für Mathematik beschäftigt sich in ihrem Projekt mit den Strömungen von Flüssigkeiten und berechnet, wie diese vom Zufall beeinflusst werden. Dr. Toni Goßmann von der Fakultät für Biologie befasst sich in seinem Projekt mit der epigenetischen Programmierung, untersucht also flexible Erbgutveränderungen, die zum Beispiel steuern, welche Gene in Körperzellen aktiviert werden. Als Empfänger*innen dieser Forschungsförderung zählen Hofmanová und Goßmann jetzt zu Europas besten Nachwuchswissenschaftler*innen.

Sie erhalten den ERC Starting Grant und gehören damit zu Europas besten Nachwuchswissenschaftler*innen: die Mathematikerin Prof’in Dr. Martina Hofmanová und der Biologe Dr. Toni Goßmann. Foto: Universität Bielefeld/S. Jonek
Sie erhalten den ERC Starting Grant und gehören damit zu Europas besten Nachwuchswissenschaftler*innen: die Mathematikerin Prof’in Dr. Martina Hofmanová und der Biologe Dr. Toni Goßmann. Foto: Universität Bielefeld/S. Jonek
„Ich freue mich mit Martina Hofmanová und Toni Goßmann über die Auszeichnung mit dem ERC Starting Grant und gratuliere ihnen herzlich zu dem Erfolg“, sagt Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. „Beide Wissenschaftler*innen haben sich durch herausragende Fachpublikationen und internationale wissenschaftliche Kooperationen hervorgetan. Ihre jetzt bewilligten Forschungsvorhaben sind sehr aussichtsreich. Sie sind so angelegt, dass sie richtungsweisende Erkenntnisse für ihre Forschungsgebiete hervorbringen.“

Berechnen, wie der Zufall Stillstand und Turbulenzen bewirkt
Der ERC fördert als Teil der Auszeichnung von Professorin Dr. Martina Hofmanová das Projekt „Mathematical analysis of fluid flows: the challenge of randomness“ (FluFloRan, Zufälligkeit in Strömungen von Flüssigkeiten). Die Förderung läuft ab März 2021 für fünf Jahre. Die Forschungsgruppe unter Leitung von Martina Hofmanová untersucht, wie der Zufall die Strömungen in Flüssigkeiten verändert. Anders als Physiker*innen nutzt sie dafür keine Experimente, sondern arbeitet mit mathematischen Gleichungen. Sie arbeitet wie viele Wissenschaftler*innen weltweit daran, die richtigen Gleichungen zur Beschreibung von Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen zu finden. Eines der großen Ziele ist es nach wie vor, eine mathematische Theorie für die Entstehung von Turbulenzen zu entwickeln. „Ich versuche dies durch die Berücksichtigung des Zufalls, das heißt von zufälligen Störungen auf mikroskopischer Ebene.” Die Forschung in diesem Bereich ist für viele Anwendungsbereiche relevant, von der Luft- und Raumfahrt bis hin zu der Entwicklung von Rennrädern. „Wenn es gelingt, turbulente Strömungen zu verhindern oder sie zu nutzen, spart dies Energie beziehungsweise Kraft“, sagt Hofmanová. Wichtig ist die Weiterentwicklung entsprechender mathematischer Modelle auch für die Meteorologie, um präzisere Vorhersagen treffen zu können. 

Prof’in Dr. Martina Hofmanová untersucht, wie Strömungen von Flüssigkeiten vom Zufall beeinflusst werden. Foto: Universität Bielefeld/S. Jonek
Prof’in Dr. Martina Hofmanová untersucht, wie Strömungen von Flüssigkeiten vom Zufall beeinflusst werden. Foto: Universität Bielefeld/S. Jonek
„Die Gleichungen, mit denen wir im Projekt arbeiten, kommen aus der Physik. Wir wollen mit mathematischen Methoden klären: Haben die Gleichungen tatsächlich eine Lösung? Und falls ja: Ist diese Lösung auch eindeutig?“, sagt Hofmanová. Unter Fachleuten sind die Navier-Stokes-Gleichungen und die Euler-Gleichungen bekannt. Ingenieur*innen und Meteorolog*innen setzen sie für Simulationen ein. „Immer wieder bekommen sie dabei merkwürdige, unphysikalische Ergebnisse, die es in der Realität so nicht geben kann“, sagt Martina Hofmanová. „Ich möchte herausfinden, wie wir solche unmöglichen Lösungen mathematisch von den guten, physikalischen Lösungen unterscheiden können.“

Martina Hofmanová machte ihren Masterabschluss in Mathematik an der Karls-Universität in Prag, der größten Universität Tschechiens. Sie promovierte an der Hochschule École Normale Supérieure de Cachan, Atenne de Bretagne, in Frankreich. Bevor sie 2017 nach Bielefeld kam, forschte sie ein Jahr in Leipzig am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften und drei Jahre an der Technischen Universität Berlin. Sie ist Mitglied des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1283 an der Universität Bielefeld, in dem die mathematische Theorie des Zufalls eine zentrale Rolle spielt.

Verstehen, welche Rolle Epigenetik evolutionär spielt
Als Teil der Auszeichnung von Dr. Toni Goßmann fördert der ERC das Projekt „Deciphering adaptive footprints of epiC evolution on different timescales“ (DECAF, Entschlüsselung adaptiver Fußabdrücke der Methylomevolution). Diese Förderung läuft ab Februar 2021 für fünf Jahre. Die Forschungsgruppe unter Leitung von Toni Goßmann widmet sich der Epigenetik, einem Spezialgebiet der Molekularbiologie. Im menschlichen Organismus befinden sich Hunderte von Zelltypen. Obwohl sie alle dieselbe DNA-Sequenz enthalten, unterscheiden sich diese durch kleinste Markierungen, sogenannte epigenetische Veränderungen. In der Epigenetik geht es darum, wie diese Markierungen steuern, welche Erbinformationen in den Zellen wirksam werden. Diese Steuerung kann zum Beispiel auf Umweltveränderungen wie die Außentemperatur reagieren und Zellen widerstandsfähiger gegen Wärme machen. „Die Epigenetik spielt eine grundlegende Rolle bei der Funktion und Regulation unserer Zellen, aber auch bei Erkrankungen wie zum Beispiel Krebs“, sagt Toni Goßmann, der am Lehrstuhl Verhaltensforschung tätig ist.

Dr. Toni Goßmann geht der Frage nach, welche Rolle Epigenetik evolutionär spielt. Foto: Universität Bielefeld/S. Jonek
Dr. Toni Goßmann geht der Frage nach, welche Rolle Epigenetik evolutionär spielt. Foto: Universität Bielefeld/S. Jonek
Fachleute diskutieren kontrovers, ob Epigenetik beim Menschen und Tieren überhaupt für die Evolution bedeutsam ist. „Epigenetische Veränderungen werden meist nicht vererbt. Ich möchte daher klären, welche Rolle Epigenetik evolutionär spielt – also in der Weitergabe und Veränderung genetischer Merkmale von Generation zu Generation – um potenziell Rückschlüsse auf Krankheiten und deren Heilung ziehen zu können.“ Dafür untersucht Goßmann solche epigenetischen Veränderungen, die tatsächlich vererbbar sind und in jungen Zellen kurz nach der Befruchtung ablaufen. Außerdem analysiert er die Gene, von denen feststeht, dass sie epigenetisch aktiviert oder stillgelegt werden können. „Für diese Gene verfolgen wir dann, wie und ob sie an die Nachkommen weitergegeben werden“, so Goßmann. Goßmann und sein Team erforschen eine bestimmte Art der epigenetischen Veränderung – die DNA-Methylierung „Sie ist der derzeit am besten verstandene Vorgang in der Epigenetik.“ 

Toni Goßmann schloss sein Diplom in Bioinformatik an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena ab. Er promovierte dann in Biologie an der University of Sussex (Großbritannien). Er forschte im Anschluss an der Universität Hohenheim, der University of Sheffield (Großbritannien) und wechselte 2019 an die Universität Bielefeld. Sein Wechsel nach Bielefeld wurde über den „ERC Preparative Fellowship“ der Universität ermöglicht. Mit dem Förderprogramm werden exzellente Nachwuchswissenschaftler*innen unterstützt, die einen Antrag für einen ERC Starting Grant vorbereiten. Goßmann ist assoziiertes Mitglied des Transregio-Sonderforschungsbereichs (SFB/TRR 212) NC³ der Universitäten Bielefeld und Münster, der sich mit der Individualisation von Tieren und ihren ökologischen Nischen befasst.

Der ERC Starting Grant
Der Europäische Forschungsrat (ERC) vergibt seinen Starting Grant an exzellente Nachwuchswissenschaftler*innen in den ersten sieben Jahren nach Abschluss ihrer Promotion. Mit dem Preis wird ihre Forschung über fünf Jahre mit bis zu 1,5 Millionen Euro gefördert. Bedingung für den Preis ist, dass die Wissenschaftler*innen bereits eigenständig als Erstautor*innen publiziert und ihre angehende Führungsrolle in der Forschung unter Beweis gestellt haben. An der Universität Bielefeld wurden bisher zwei Forschende mit dem ERC Starting Grant ausgezeichnet: die Soziologin Professorin Dr. Minh Nguyen (2018) und der Mathematiker Dr. Dawid Kielak (2019).

Weitere Informationen: 

Kontakt:
Prof’in Dr. Martina Hofmanová, Universität Bielefeld
Fakultät für Mathematik
Telefon:  0521 106-4795
E-Mail: hofmanova@math.uni-bielefeld.de 

Dr. Toni Goßmann, Universität Bielefeld
Fakultät für Biologie/ Verhaltensforschung
Telefon: 0521 106-2734
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