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Countdown für den Start des Medizinstudiums an der Universität Bielefeld läuft: Entscheidende Phase des Aufbauprozesses beginnt

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Wissenschaftsministerin Pfeiffer-Poensgen und Gesundheitsminister Laumann überzeugen sich vor Ort vom voranschreitenden Aufbau der Medizinischen Fakultät OWL

Rektor Sagerer (r.) und Gründungsdekanin Hornberg (l.) führen Minister Laumann und Ministerin Pfeiffer-Poensgen durch einen Raum im „Skills Lab“ im Gebäude R.1 an der Morgenbreede. In diesem Bereich trainieren die Studierenden praktische ärztliche Fertigkeiten unter kontrollierten Bedingungen. Foto:  Universität Bielefeld/S. Sättele
Rektor Sagerer (r.) und Gründungsdekanin Hornberg (l.) führen Minister Laumann und Ministerin Pfeiffer-Poensgen durch einen Raum im „Skills Lab“ im Gebäude R.1 an der Morgenbreede. In diesem Bereich trainieren die Studierenden praktische ärztliche Fertigkeiten unter kontrollierten Bedingungen. Foto: Universität Bielefeld/S. Sättele
Wie geplant wird der Studiengang der Humanmedizin an der Universität Bielefeld zum Wintersemester 2021/2022 starten können: Der Aufbau der Medizinischen Fakultät Ostwestfalen-Lippe (OWL) geht aktuell in die entscheidende Phase. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen haben sich heute (27.05.) vor Ort auf dem Campus vom aktuellen Stand des Aufbauprozesses überzeugt. Wenn im Oktober die ersten 60 Studierenden ihr Medizinstudium in Bielefeld beginnen, werden die entsprechenden Räumlichkeiten, das benötigte Lehrpersonal und ein Netzwerk an Lehrpraxen vorhanden sein. Die Landesregierung hält damit gemeinsam mit der Universität Bielefeld und den beteiligten Akteuren in der Region OWL Wort und bringt den neuen Standort der Universitätsmedizin in Nordrhein-Westfalen planmäßig auf den Weg.

Wissenschaftsministerin Pfeiffer-Poensgen sagt: „Mit dem bevorstehenden Studienstart wird ein zentrales Aufbauziel für die Medizinische Fakultät OWL wie geplant erreicht. Durch das gemeinsame Engagement von Landesregierung und Universität Bielefeld steht die bauliche Errichtung auf einem soliden Fundament. Heute konnten wir uns vor Ort ein eindrucksvolles Bild davon machen, wie zügig die Bauaktivitäten voran-schreiten und wie die akademische Heimat der zukünftigen Studieren-den sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Universitätsmedizin OWL aussehen wird.“

„Jeder, der mich kennt, weiß, wie lange ich mich schon für den Aufbau der Medizinischen Fakultät OWL einsetze. Wir müssen mehr Medizinerinnen und Mediziner und insbesondere mehr Hausärztinnen und Hausärzte ausbilden. Und wir brauchen sie vor allem da, wo in besonderem Maße eine Unterversorgung droht. Die Medizinische Fakultät OWL mit dem allgemeinmedizinischen Schwerpunkt ist hier ein ganz zentraler Baustein, um konsequent gegenzusteuern. Ich freue mich, dass wir es in einem so kurzen Zeitraum, nachdem die Landesregierung den Beschluss gefasst hat, schaffen, eine völlig neue Fakultät zu errichten. Dafür möchte ich allen Beteiligten meinen Dank aussprechen. Die Medizinische Fakultät OWL hat eine herausragende Bedeutung für die Region Ostwestfalen-Lippe und das Land Nordrhein-Westfalen insgesamt“, so Gesundheitsminister Laumann.

Wie der gesamte Aufbauprozess ist die bauliche Realisierung der Medizinischen Fakultät OWL ein groß angelegtes Projekt. Die ersten Gebäude wachsen; die bauliche Realisierung schreitet weiter zügig voran – das zeigt, dass die Weichen für die planmäßige bauliche Errichtung der Fakultät richtig gestellt wurden.

Die Landesregierung wird auch die letzte Phase intensiv begleiten und mit einem aufwachsenden Landeszuschuss unterstützen. Damit wird der personelle Aufbauprozess ebenfalls wie geplant voranschreiten. Rektor Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer: „Ich danke der Landesregierung und den beteiligten Ministerien für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Der Planungs- und Aufbauprozess war eine Mammutaufgabe und einmalige Herausforderung für viele an der Universität. Ich danke nicht zuletzt auch allen Kolleg*innen, die dazu beigetragen haben, diesen ambitionierten Zeitplan zu halten.“

Der aktuelle Stand des Aufbauprozesses im Detail:

Personal
Das Lehrpersonal für das erste Semester ist bereits jetzt vorhanden und wird sukzessive weiter aufgebaut. Aktuell sind 16 Professuren besetzt, davon zehn klinisch-theoretische und sechs klinische. „Wir haben gemeinsam mit den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen aus den Kliniken und Praxen der Region die Grundlage für das Profil des Modellstudiengangs gelegt. Die Ausgestaltung bringen wir sukzessive durch unsere Berufungen weiter voran“, sagt Professorin Dr. med. Claudia Hornberg, Gründungsdekanin der Medizinischen Fakultät OWL. Zu diesen Professuren zählen unter anderem die für Allgemein- und Familienmedizin, für Digitale Medizin und für Gendermedizin. Darüber hinaus verzeichnet die Fakultät aktuell rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Lehrpraxen
Das Bielefelder Medizinstudium legt einen besonderen Schwerpunkt auf die Allgemeinmedizin und die ambulante Medizin. Die Medizinische Fakultät OWL hat den Auftrag der Landesregierung bekommen, insbesondere Hausärztinnen und Hausärzte für die Region auszubilden. Als Grundlage hierfür hat die Fakultät ein Netzwerk aus inzwischen rund 60 Lehrpraxen in der Region aufgebaut. Hier sollen die Medizinstudierenden künftig in praktischen Einsätzen schon früh im Studium Einblicke in die Strukturen und Abläufe der ambulanten Versorgung erhalten. Auch sollen sie dort über einen längeren Zeitraum Patientinnen und Patienten betreuen können, zum Beispiel chronisch Kranke.

Kliniken
Neben den ersten klinischen Professuren engagieren sich zahlreiche weitere Ärztinnen und Ärzte der drei Krankenhausträger – Evangelisches Klinikum Bethel, Klinikum Bielefeld und Klinikum Lippe   für die Ausgestaltung der Lehre im ersten Studienjahr. Mehr als 100 Lehrende sind derzeit in die Planungen und Umsetzung einbezogen. Studierende werden erste Erfahrungen mit Patientinnen und Patienten sowohl in der Rheumatologie als auch in der Orthopädie und Unfallchirurgie bereits im Herbst dieses Jahres sammeln können. Geplant ist in diesem Zusammenhang auch die Einbindung des Herz- und Diabeteszentrums NRW (HDZ) in Bad Oeynhausen, das seit 1989 Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum (RUB) ist. Unbeschadet seiner Zugehörigkeit zu Bochum wird das HDZ auch eine intensive Kooperation mit der Medizinischen Fakultät OWL eingehen. Über die konkrete Ausgestaltung der Kooperation laufen aktuell Gespräche mit allen Beteiligten.

Räumlichkeiten
Auch die Räumlichkeiten für den Start des Medizinstudiums in Bielefeld sind vorhanden: Das Gebäude R.1 (ehemals ICB) an der Morgenbreede 1 wird inzwischen fast vollständig von der Medizinfakultät genutzt. Die ersten Professorinnen und Professoren haben hier bereits ihre Büros und Laborräume bezogen. Über den Sommer werden die Räume des sogenannten Skills Labs noch weiter ausgestattet. Hier lernen Medizinstudierende zum Beispiel Kommunikationsfertigkeiten und die körperliche Untersuchung von Patientinnen und Patienten. Zudem nutzt die Fakultät im 2020 erweiterten Gebäude Z rund 1.100 Quadratmeter Fläche.

Weitere Labore und Räume für die höheren Semester folgen: Das Gebäude R.2 kann voraussichtlich ab Anfang 2022 genutzt werden. In dem fünfstöckigen Gebäude stehen zukünftig ein Bürotrakt für rund 120 Beschäftigte und ein Labortrakt mit 45 Laboren zur Verfügung. In insgesamt acht Gebäuden wird die Fakultät zukünftig untergebracht sein; nach und nach entstehen diese auf dem Campus Süd. Die Universität baut mit Genehmigung des Landes in eigener Verantwortung. „Nur so haben wir die Flexibilität, den anspruchsvollen Zeitplan zu halten, denn die bauliche Entwicklung muss Schritt halten mit dem Wachsen der Fakultät“, erläutert der Kanzler, Dr. Stephan Becker. Das Budget hierfür (465 Millionen Euro) ist kreditfinanziert, das Land bürgt.

Studienstart
Die ersten Studierenden werden im Oktober ihr Medizinstudium beginnen. Die Medizinische Fakultät bereitet sich aktuell darauf vor, ihre Studierenden in den ersten Semesterwochen zu impfen, um so bereits im ersten Fachsemester praktische Lehre mit Patientinnen- und Patientenkontakt sicherstellen zu können. Andere Lehrformate werden von den Lehrenden zurzeit sowohl für Veranstaltungen vor Ort als auch für die digitale Lehre geplant. Rektor Gerhard Sagerer betont: „Wir freuen uns sehr, wenn in Kürze Medizin-Studierende den Campus bereichern.“ Das offizielle Zulassungsverfahren für Medizinstudienplätze in Deutschland läuft aktuell. Interessierte können sich bei der Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) für das kommende Wintersemester 2021/22 über die Plattform hochschulstart.de bewerben. Auch im Rahmen des Auswahlverfahrens für die Landarztquote für das Wintersemester 2021/22 wurde der neue Standort bereits berücksichtigt und konnte von den Bewerberinnen und Bewerbern als präferierter Studienort beim LZG.NRW angegeben werden.   

Hintergrund
Im Sommer 2017 hat die Landesregierung die Gründung der Medizinischen Fakultät Ostwestfalen-Lippe an der Universität Bielefeld beschlossen. Seitdem hat die Universität im engen Austausch mit den Ministerien für Kultur und Wissenschaft sowie für Arbeit, Gesundheit und Soziales ein entsprechendes Studiengangkonzept erarbeitet, das im Januar 2021 genehmigt wurde. Die Errichtung der Medizinischen Fakultät OWL ist eine der zentralen Maßnahmen der Landesregierung, um die Zahl der ausgebildeten Medizinerinnen und Mediziner zu erhöhen. Langfristig soll dadurch die ärztliche Versorgung auf dem Land verbessert werden. Im Endausbau (ab 2025) sollen circa 300 Studierende pro Jahr an der Universität Bielefeld ihr Medizinstudium beginnen.


Weitere Informationen:
27 klinische Professuren für die Medizinische Fakultät OWL (Nr. 20/2021, Pressemitteilung vom 29. März 2021)
Meilensteine der Medizinischen Fakultät OWL
Medizinische Fakultät OWL startet Befragung zur ambulanten Forschung (Meldung vom 19. Mai 2021)


Streit, Ungeduld und Unsicherheit: Studie bestätigt massive familiäre Belastung durch Homeschooling (Nr. 38/2021)

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Besonders hoher Stresslevel zeigt sich bei Eltern jüngerer Kinder

Eltern empfinden die Aufgabe, neben der Berufstätigkeit auch die Rolle als Lehrkraft zu übernehmen, als sehr belastend – besonders trifft das auf Eltern jüngerer Schulkinder zu. Das ist ein Ergebnis eines Forschungsprojektes der Medizinischen Fakultät OWL der Universität Bielefeld und der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie im Evangelischen Klinikum Bethel, das zum Universitätsklinikum OWL gehört. Der Artikel zur Studie ist in der Zeitschrift Psychotherapie Aktuell erschienen, dem Verbandsorgan der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung.

Prof. Dr.-Ing. Britta Wrede entwickelt medizinische Assistenzsysteme an der Medizinischen Fakultät OWL. Foto: Universität Bielefeld
Prof’in Dr.-Ing. Britta Wrede entwickelt medizinische Assistenzsysteme an der Medizinischen Fakultät OWL. Foto: Universität Bielefeld
„Die familiären Belastungen haben sich durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie stark erhöht“, sagt Professorin Dr.-Ing. Britta Wrede von der Medizinischen Fakultät OWL der Universität Bielefeld. „Eltern sind häufig einer Doppelbelastung aus Familie und Beruf ausgesetzt. Dazu kommt ihr Anspruch, gleichzeitig der Familie und dem Beruf gerecht werden zu wollen.“

In einer Onlinebefragung vom November 2020 bis Mitte Februar 2021 äußerten sich Eltern zu ihrem subjektiven Belastungserleben, dem Unterstützungsbedarf ihrer Kinder und ihrem Interesse an einer Unterstützungssoftware zur Konzentrationsförderung im Homeschooling. Die Teilnehmenden haben besonders ihr eigenes subjektives Belastungserleben und Schwierigkeiten mit dem Homeschooling hervorgehoben.

„Erwerbstätigkeit und Homeschooling sind für viele Eltern kaum miteinander zu vereinbaren und damit nehmen ihre Zufriedenheit und das allgemeine Wohlbefinden ab. Elternstress entsteht besonders dann, wenn erlebte Anforderungen die eigenen wahrgenommenen Bewältigungsressourcen übersteigen“, sagt Professor Dr. med. Michael Siniatchkin, Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Evangelischen Klinikum Bethel, ein Trägerkrankenhaus des Universitätsklinikums OWL.

Jüngere Kinder müssen regelmäßig motiviert werden
An der Studie nahmen 517 Eltern von Kindern der 1. bis 13. Jahrgangsstufe aus mehreren Bundesländern teil. Sie leben vor allem in Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die meisten Kinder besuchten zum Zeitpunkt der Befragung das Gymnasium, ein Drittel ging zur Grundschule. 

Um das elterliche Belastungserleben zu erheben, hat das Team der Medizinischen Fakultät OWL und des Universitätsklinikums OWL einen Elternstress-Fragebogen an die aktuelle Homeschooling-Situation in der Coronapandemie angepasst. 

Ein Ergebnis: Die Eltern jüngerer Kinder sind besonders stark belastet. „Gerade bei den Grundschulkindern kommen zu den Verständnisproblemen noch Motivations- oder Konzentrationsprobleme hinzu“, sagt Britta Wrede. „Mehr als die Hälfte der Kinder in der ersten bis vierten Klasse müssen regelmäßig von ihren Eltern motiviert werden. Dies wird von einem Großteil der Eltern als sehr herausfordernd empfunden. Außerdem haben mehr als die Hälfte der Eltern jüngerer Kinder angegeben, mitunter gereizt und ungeduldig auf die Fragen der Kinder zu antworten.“ 

Insbesondere bei Familien mit jüngeren Kindern kommt es wegen des pandemiebedingten Homeschoolings häufig zu Streit. 10 Prozent der Eltern von Kindern der Klassenstufen 11 bis 13 geben an, sich oft mit den Kindern zu streiten. Bei den Eltern der Klassenstufen 1 bis 4 liegt dieser Anteil bei rund 60 Prozent.

Während nur 10 Prozent der Eltern von Kindern der Klassenstufen 11 bis 13 mit ihren Kindern die Schulaufgaben besprechen, liegt der Anteil bei den Eltern der Klassenstufen 1 bis 4 bei über 80 Prozent. Auch brauchen die Kinder der unteren Klassenstufen regelmäßige Hilfe bei Fragen: Bei den Klassenstufen 11 bis 13 liegt der Anteil lediglich bei 10 Prozent, wohingegen über 60 Prozent der Kinder in der Klassenstufen 1 bis 4 regelmäßig Unterstützung benötigen. 

Der Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. med. Michael Siniatchkin forscht am Universitätsklinikum OWL. Foto: Evangelisches Klinikum Bethel
Der Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. med. Michael Siniatchkin forscht am Universitätsklinikum OWL. Foto: Evangelisches Klinikum Bethel
Zudem macht sich laut der Studie knapp ein Drittel der Eltern von Kindern in den Klassenstufen 11 bis 13 Sorgen um die Entwicklung ihres Kindes – in den niedrigeren Klassenstufen sorgt sich fast die Hälfte der Eltern um die Entwicklung.

Technische Assistenzsysteme könnten bei Homeschooling helfen

Die Forschungsgruppe konzentrierte sich in ihrer Befragung vor allem auf die digitalen Aspekte des Homeschooling: „Ein Teil der Eltern – insbesondere von Grundschulkindern – steht digitalem Unterricht prinzipiell kritisch gegenüber, unter anderem wegen der erhöhten Bildschirmzeiten, aber auch weil der direkte persönliche Kontakt fehlt“, sagt Britta Wrede. „Ein anderer Teil der Eltern sieht dagegen in der Digitalisierung des Unterrichts eine große Chance – bei adäquaten Voraussetzungen und qualifizierter Durchführung.“

Aktuell beschäftigt sich das Team damit, ob technische Assistenzsysteme die Eltern bei Homeschooling unterstützen können. „Die Unterstützungssoftware könnte vor allem bei Eltern von Kindern mit hyperkinetischen Störungen zu einer Entlastung führen“, so Michael Siniatchkin. Betroffene Kinder sind übermäßig unaufmerksam und verhalten sich höchst impulsiv. „Mit solcher Software können die Kinder trainieren, sich bewusster und planvoller zu verhalten. Mit unterschiedlichen Aufgaben üben sie etwa innezuhalten, bevor sie handeln, und genau hinzuschauen und auch darauf zu hören, was zu tun ist“, erläutert Britta Wrede. 

Originalveröffentlichung:
Ira-Katharina Petras, Birte Richter, Britta Wrede, Michael Siniatchkin: Familien in der Corona-Pandemie: Wie hoch ist die Belastung durch „Homeschooling“?, Psychotherapie Aktuell, erschienen am 17.05.2021. 

Kontakt:
Prof’in Dr.-Ing. Britta Wrede, Universität Bielefeld
Medizinische Fakultät OWL
Telefon: 0521 106-67885 (Sekretariat: -86516)
E-Mail: bwrede@techfak.uni-bielefeld.de

Paradies oder Fegefeuer? (Nr. 39/2021)

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Tagung zu Herausforderungen bei der Unterbringung von Geflüchteten

Weltweit gibt es nach Schätzungen des UN-Flüchtlingskommissariats mehr als 28 Millionen Geflüchtete und Asylsuchende. Wie sich diese Menschen bewegen und wie sie leben können, ist besonders stark reguliert. Vor allem ihre Unterbringung in Camps oder Sammelunterkünften greift massiv in ihre Möglichkeiten ein, ihr Leben zu gestalten. Welche Folgen dies für Leben und Gesundheit von Geflüchteten und Asylsuchenden hat und welche Alternative es gibt, diskutieren Forschende auf der Tagung „Paradies oder Fegefeuer? Herausforderungen bei der Unterbringung von Geflüchteten“ („Paradies or Purtatory? The challenges of accomodating refugees“). Die Online-Tagung wird am Donnerstag und Freitag, 10. und 11. Juni, vom Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld ausgerichtet.

Der Gesundheitswissenschaftler Prof. Dr. Oliver Razum gehört zur Leitung der Tagung, auf der diskutiert werden soll, wie neue Formen der Unterbringung von Geflüchteten entwickelt und evaluiert werden können. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Der Gesundheitswissenschaftler Prof. Dr. Oliver Razum gehört zur Leitung der Tagung, auf der diskutiert werden soll, wie neue Formen der Unterbringung von Geflüchteten entwickelt und evaluiert werden können. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller

Werden Geflüchtete in Massenunterkünften untergebracht, wird zwar für ihre alltäglichen Bedürfnisse gesorgt. Doch zugleich wird den Menschen die Möglichkeit genommen, ihren Alltag, etwa Ernährung, Arbeit und Freizeit, selbst zu gestalten. „Das hat weitreichende Konsequenzen für die physische und psychische Gesundheit und berührt auch elementare Menschrechte“, sagt der Gesundheitswissenschaftler Professor Dr. Oliver Razum von der Universität Bielefeld. Er leitet den Workshop zusammen mit der Philosophin Dr. Lisa Eckenwiler (George Mason University, Virginia, USA), der Medizinethikerin Professorin Dr. Verina Wild (Universität Augsburg) und dem Public-Health-Ethiker Professor Angus Dawson PhD (University of Sydney, Australien).

An dem Workshop nehmen 30 Wissenschaftler*innen aus Deutschland, Australien und den USA teil – Mediziner*innen, Gesundheitswissenschaftler*innen, Konflikt- und Gewaltforscher*innen, Psycholog*innen, Soziolog*innen, Historiker*innen und Ökonom*innen.

„Ob sich eine Unterbringung für Geflüchtete als Paradies oder Fegefeuer erweist, hängt vor allem davon ab, wie die zuständigen Stellen ihre Aufnahme umsetzen“, sagt Oliver Razum. Zwar seien international Standards definiert, doch diese würde längst nicht immer umgesetzt. „In armen Staaten kann dies an einem Mangel an Ressourcen liegen“, so der Forscher, „In reichen Ländern sind es andere Gründe, die dazu führen, dass solche Lager die psychische oder sogar physische Gesundheit gefährden können.“ Diese zu untersuchen sei besonders informativ, weshalb die Forschenden sich bei ihrem Workshop auf Beispiele aus Australien, der Europäischen Union, insbesondere Deutschland, und den USA konzentrieren werden.

„Uns geht es zum einen um die Auswirkungen des Lebens in Camps für die Geflüchteten, zum anderen aber um Alternativen zu dieser Unterbringungsform“, sagt der Gesundheitswissenschaftler. Es sei wichtig, andere Formen zu erproben, in denen die Menschen nicht als passive Objekte von Verwaltungsmaßnahmen gesehen werden, sondern als Handelnde, die ihre Umwelt selbst gestalten und so zu ihrem eigenen Wohlbefinden beitragen können.

Auf der Tagung diskutieren die Forschenden, wie solche neuen Formen der Unterbringung aussehen und wissenschaftlich evaluiert werden können. „Auch wo es bereits gute Forschungsergebnisse von Seiten der Gesundheitswissenschaften gibt, ist es oft schwierig, diese in die Praxis zu bringen“, sagt Razum. „Dazu möchten wir mit dem Workshop einen signifikanten Beitrag leisten.“ 

Journalist*innen sind herzlich eingeladen, über die Tagung zu berichten. Zudem steht Oliver Razum für Medienanfragen zur Verfügung. Die Tagungssprache ist Englisch.

Weitere Informationen:
Website der Tagung

Kontakt:
Trixi Valentin, Universität Bielefeld
Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF)
Telefon: 0521 106-2769
E-Mail: trixi.valentin@uni-bielefeld.de

Digitalisierungskompetenz wird ausgebaut (Nr. 40/2021)

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Universität Bielefeld wird mit über vier Millionen Euro gefördert

Im Wettbewerb „Hochschullehre durch Digitalisierung stärken“ der Stiftung Innovation in der Hochschullehre ist die Universität Bielefeld mit ihrem Einzelprojekt und der Beteiligung an einem Verbundprojekt erfolgreich. Für die nächsten drei Jahre erhält sie mehr als vier Millionen Euro zur Umsetzung der Projekte.


Das geförderte Projekt BILinked will die digitalen Selbstlernphasen der Studierenden verbessern. Foto: Universität Bielefeld
BiLinked heißt das Bielefelder Einzelprojekt, die Abkürzung steht für „Bielefelder Lehrinnovati-onen für kollaborative Entwicklung digitaler Lehr-/Lernformate“. Es setzt den Fokus auf die Selbstlernphasen der Studierenden, die für den Lernerfolg im Sinne eines vertieften Verständnisses sowie eines umfassenden Kompetenzerwerbs wichtig sind. Hier will das Projekt-team digitale Möglichkeiten für gemeinsame und aktivierende Arbeitsweisen entwickeln.

BiLinked setzt auf die Zusammenarbeit zwischen den Lehrenden und Studierenden. In vier „Communities of Practice“ arbeiten Lehrende mit Studierenden in teils übergreifenden The-menbereichen zusammen: „Data Literacy“ (Datenkompetenz), „Inklusionssensible Lehrer*innenbildung“, „Public Humanities“ und „MINT connect“. Im Themenfeld „Public Humani-ties“ stellen Wissenschaftler*innen und Studierende die digitalen Bedürfnisse von Geisteswis-senschaftler*innen in den Mittelpunkt, während bei „Mint connect“ beispielsweise an digita-len Möglichkeiten für Praktika in den naturwissenschaftlichen Fächern gearbeitet wird. BiLin-ked wird mit 3,7 Millionen Euro gefördert.

Außerdem ist die Universität an dem Verbundprojekt zur Barrierefreiheit in der Lehre „SHUFFLE“ beteiligt. SHUFFLE steht für "Hochschul-Initiative Digitale Barrierefreiheit für Alle". Es wird geleitet von der Hochschule der Medien Stuttgart, weitere Partner sind die Pädagogi-sche Hochschule Freiburg und die Pädagogische Hochschule Heidelberg. Die Bielefelder Projektpartner*innen arbeiten an den Themen: Digitalisierungsstrategie und Curricula, Unter-stützung von Lehrenden bei der Erstellung barrierefreier Lernmaterialien, barrierefreie Lernplattform Moodle und E-Prüfungen. Das Verbundprojekt wird mit drei Millionen Euro gefördert, davon geht eine halbe Million an die Universität Bielefeld.

Bereits seit Ende 2018 verfolgt die Universität Bielefeld eine Strategieentwicklung zu „Studium und Lehre im digitalen Wandel“, um zukunftsweisende Lehr- und Lernszenarien zu etablieren und die Kompetenzen der Studierenden für eine digitale Arbeitswelt zu fördern. „Die Online-Semester haben einen immensen Erfahrungs- und Experimentierschub gebracht“, sagt Professorin Dr. Birgit Lütje-Klose, Prorektorin für Studium und Lehre der Universität Bielefeld. Jetzt gehe es darum, die erprobten didaktischen Lehr- und Lernsettings mit Blick auf ihre längerfristige Praxistauglichkeit zu prüfen, weiterzuentwickeln und die dafür nötige Infrastruktur auszubauen. An den gewonnenen Erfahrungen mit der Digitalisierung der Hochschullehre setzt nun das Einzelprojekt BiLinked an. „Das Projekt gibt uns die Möglichkeit, den nächsten Schritt zu gehen und wichtige Bereiche weiterzuentwickeln.“

Professor Dr. Reinhold Decker, Prorektor für Informationsinfrastruktur und Wirtschaft ergänzt: "Studierende können in einem Digital Learning Lab in einer motivierenden Lernumgebung gemeinsam an innovativen Ideen arbeiten. Das Projekt gibt uns die Möglichkeit, die dafür notwendige Infrastruktur für digitale und hybride Lehre weiter auszubauen.“

Die Stiftung Innovation in der Hochschullehre wurde gegründet, um dauerhaft Qualität und Innovationen in Studium und Lehre zu fördern. Den Grundstein dafür legten die Regierungen von Bund und Ländern 2019. Die Stiftung ist seit 2020 in Trägerschaft der Toepfer Stiftung gGmbH aktiv.


Weitere Informationen:
Pressemitteilung der Stiftung Innovation in der Hochschullehre
Pressemitteilung der HS Stuttgart zu SHUFFLE

Digitale Info-Wochen der Universität vom 12. bis 26. Juni (Nr. 41/2021)

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Zum Studienstart im Oktober: Neue Studiengänge und Serviceangebote

Der Bewerbungszeitraum für das Wintersemester 2021/22 hat begonnen. Bis zum 31. Juli können sich Studieninteressierte für ein Studium an der Universität Bielefeld bewerben. Wer zum Studienstart noch Fragen hat, kann sich bei den digitalen Info-Wochen über Studium und Wunschstudienfächer informieren. Vom 12. bis zum 26. Juni erwartet die Teilnehmenden ein kostenloses und digitales Live-Programm. Angesprochen sind in erster Linie Studieninteressierte, die im Wintersemester 2021/2022 oder danach ein Studium aufnehmen möchten. Schüler*innen der Oberstufe sind ebenfalls herzlich willkommen. Das komplette Programm: www.uni-bielefeld.de/info-wochen. Darüber hinaus gibt es ein erweitertes Service-Angebot für Studieninteressierte und neue Studiengänge an der Universität Bielefeld ab Oktober.

 
Bei den Info-Wochen können Studieninteressierte Vorträge, Workshops und Gesprächsrunden online besuchen. Daneben gibt es Informationsangebote rund ums Studium: vom virtuellen Campus-Rundgang über Unterstützung bei der Studienentscheidung bis zu Vorträgen zu Bewerbung, Einschreibung und Studienfinanzierung. Um mitzumachen, registrieren sich Interessierte online für die jeweilige Veranstaltung. Kurzentschlossene sind willkommen. Für den teilnahmebegrenzten Workshop „Lehrer oder Lehrerin werden“ ist eine vorherige Anmeldung notwendig. Die Fakultäten der Universität stellen bei den Info-Wochen ihr Bachelor-Studienangebot vor.

Studieninteressierte können sich noch bis zum 31. Juli auch für neue Studiengänge bewerben, die ab dem Wintersemester 2021/22 an der Universität beginnen:

  • für den Bachelor Kunst für das Lehramt an Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen und Grundschulen
  • für den Bachelor Musik für das Lehramt an Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen und Grundschulen
  • für die neue Kombinationsmöglichkeit des fachwissenschaftlichen Bachelors  Wirtschaftswissenschaften mit dem Nebenfach Psychologie
  • für den fachwissenschaftlichen Master Kulturvermittlung (für zulassungsfreie Masterstudiengänge können abweichende Bewerbungsfristen gelten)
  • Für das Staatsexamen Medizin können sich Neu-Abiturient*innen ebenfalls noch bis zum 31. Juli bewerben. Hier läuft das Verfahren über hochschulstart.de

Studieninteressierte können sich für die aktuelle Bewerbungsphase auch für eine Info-Mail anmelden. Darin wird werden die Universität und das Studienangebot kurz vorgestellt, zudem enthält die Mail Informationen rund um die Bewerbung, alle Fristen sowie Links zu hilfreichen Videos und Informationskanälen. Die Registrierung läuft über die zentrale Informationsseite www.uni-bielefeld.de/jetztstudieren.

Weitere Informationen:

Politische Bildung: Berufsschulen schneiden im Vergleich schlechter ab (Nr.42/2021)

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Bielefelder Forscher erstellen bundesweites Ranking auch für Berufsschulen

Wie ändert sich für Schüler*innen der Stellenwert politischer Bildung beim Wechsel in die Berufsschule? Mit dieser Frage beschäftigen sich Mahir Gökbudak, Professor Dr. Reinhold Hedtke und Professor Dr. Udo Hagedorn von der Universität Bielefeld in ihrem 4. Ranking Politische Bildung, das heute (11.06.2021) erschienen ist. Das Ergebnis: In elf deutschen Bundesländern sind für den Politikunterricht an Berufsschulen weniger Zeitanteile vorgesehen als in der Sekundarstufe I allgemeinbildender Schulen. Dabei verringert sich der Anteil politischer Bildung im Stundenplan im schlechtesten Fall um mehr als die Hälfte. Seit 2018 vergleicht die Bielefelder Studie jährlich, wie viel politische Bildung Schüler*innen der Sekundarstufe I in allen Bundesländern erhalten. Für das aktuelle Ranking ermitteln die Bielefelder Forscher erstmalig auch Daten für die Berufsschule.


„Berufsschulen haben eine hohe Bedeutung für die politische Bildung Jugendlicher und junger Erwachsener – und damit nicht zuletzt auch für die Sicherung der Demokratie. Nicht nur werden sie von wesentlich mehr Lernenden besucht als das allgemeinbildende Gymnasium. Politik spielt im Alltag von Auszubildenden auch eine große Rolle. In dieser Altersphase – etwa zwischen 16 und 20 Jahren – entwickeln sie ein politisches Bewusstsein und erproben als Wahlberechtigte erstmals ihre Möglichkeiten, selbst politisch Einfluss zu nehmen.“, sagt Studienautor Mahir Gökbudak. Gemeinsam mit seinen Kollegen Professor Dr. Reinhold Hedtke und Professor Dr. Udo Hagedorn analysierte er für das diesjährige Ranking erneut Stundentafeln – dieses Mal nicht nur der Sekundarstufe I in allgemeinbildenden Schulen, sondern erstmals auch von Berufsschulen in allen Bundesländern.

Prof. Dr. Reinhold Hedtke (l.) und Mahir Gökbudak (r.)
Prof. Dr. Reinhold Hedtke (l.) und Mahir Gökbudak (r.)
Die Ergebnisse der Studie zeigen: Das Potenzial beruflicher politischer Bildung wird wenig genutzt. Demnach nimmt in 14 Bundesländern das Leitfach der politischen Bildung einen Anteil von 1,7 Prozent an der gesamten Ausbildungszeit ein. Das entspricht durchschnittlich einer Schulstunde pro Woche.

Aber der Vergleich mit den allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe I zeigt, dass in knapp drei Viertel der Bundesländer politisches Lernen an Berufsschulen einen geringeren Anteil an der gesamten Lernzeit hat als in der Herkunftsschule. „In beruflichen und in allgemeinbildenden Schulen ist das Recht auf politische Bildung sehr unterschiedlich realisiert.“, so Gökbudak. „Von einer Gleichwertigkeit der politischen Bildung in Schulformen und Bundesländern kann keine Rede sein.“

Bei dreijährigen Ausbildungsgängen nähern sich lediglich sechs Bundesländer dem Stand der Sekundarstufe I an oder gehen leicht darüber hinaus. Am schlechtesten schneiden Nordrhein-Westfalen, Berlin und das Saarland ab: Hier verringert sich der Zeitanteil Politischer Bildung um ungefähr die Hälfte. Ähnliche oder niedrigere Werte ergeben sich für dreieinhalbjährige Ausbildungsgänge. „Wir gehen davon aus, dass in der schulischen Realität politische Bildung sogar noch weniger Zeit eingeräumt wird – sei es, weil der Politikunterricht ausfällt oder für andere Zwecke verwendet wird.“, erklärt Professor Dr. Reinhold Hedtke. „Aus unserer Sicht ist das ein schwerer bildungs- und demokratiepolitischer Fehler.“

Über einen Zeitraum von 14 Jahren ermittelten die Bielefelder Forscher außerdem, ob und in welchem Umfang ausgebildete Fachlehrkräfte für den Politikunterricht in der Sekundarstufe I eingesetzt werden. „Das Fachlichkeitsniveau ist ein wichtiger Anhaltspunkt, um die Qualität des Unterrichts zu beurteilen.“, so Hedtke. „Fachlich ausgebildete Lehrkräfte erkennen zum Beispiel Verständnisschwierigkeiten der Lernenden leichter und gehen souveräner mit Unterrichtsinhalten um.“ Für das exemplarisch untersuchte Bundesland Nordrhein-Westfalen zeigt die Fallstudie, dass die Fächer der politischen Bildung nur unzureichend mit Fachlehrkräften versorgt werden. Dabei zeichne sich in der Gegenüberstellung ein deutliches Gefälle zwischen Gymnasien, Real- und Gesamtschulen sowie Hauptschulen ab. „ Die schlechte Personalsituation im Vergleich zu anderen Schulfächern ist auffällig“, sagt Professor Dr. Reinhold Hedtke. „Vieles spricht dafür, dass die Lage in den meisten anderen Bundesländern ähnlich ist.“

Im Ländervergleich allgemeinbildender Schulen der Sekundarstufe I gehören Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hessen erneut zu den Spitzenreitern im Ranking für 2020. Alle drei Bundesländer gewähren politischer Bildung im Ländervergleich viel Unterrichtszeit. Auch bei der zeitlichen Platzierung und Kontinuität politischer Bildung liegen sie vorne. Wie auch im Vorjahr schneiden Bayern, Thüringen und Rheinland-Pfalz im aktuellen Ranking am schlechtesten ab.

Neu am aktuellen Ranking ist die Erfassung der wöchentlichen Lern- und persönlichen Redezeit, die Schüler*innen der Sekundarstufe I im Fach politische Bildung durchschnittlich zur Verfügung stehen. Die Analyse zeigt: Schüler*innen haben während ihrer gesamten Schulzeit lediglich zwischen 12 und 139 an gymnasialen und zwischen 24 und 133 Minuten an nichtgymnasialen Schulformen für den politischen Austausch. „Das reicht nicht, um Kompetenzen in der politischen Kommunikation oder eine eigene politische Position zu entwickeln.“, so Hedtke.

„Trotz dieser Defizite sehen wir aber, dass unsere Rankings öffentliche Diskussionen anstoßen – auch auf Ebene der Bildungspolitik. Das hat in einigen Ländern schon zu Verbesserungen geführt: Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen haben zum Beispiel den Anteil Politischer Bildung am Ge-samtunterricht erhöht. Sachsen zog zudem den Beginn des Politikunterrichts an Oberschulen und Gymnasien auf Klasse 7 vor.“

Weitere Informationen:

•    Gökbudak M., Hedtke R., Hagedorn U.: Ranking Politische Bildung 2020. Social Science Educa-tion/Working Papers.
•    Pressemitteilung Ranking Politische Bildung 2019 (18.05.2020)
•    Pressemitteilung Ranking Politische Bildung 2018 (26.03.2019)
•    Pressemitteilung Ranking Politische Bildung 2017 (31.01.2018)

Kontakt:
Prof. Dr. Reinhold Hedtke, Universität Bielefeld
Fakultät für Soziologie
Telefon: 0521 106-3983, mobil: 0151 726 498 59
E-Mail: reinhold.hedtke@uni-bielefeld.de

Langer Abend der (digitalen) Studienberatung (Nr.43/2021)

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Individuelle Tipps rund um das Studium

Die Zentralen Studienberatungen von Universität und Fachhochschule (FH) Bielefeld laden am Donnerstag, 24. Juni, gemeinsam zum „Langen Abend der (digitalen) Studienberatung“ ein. Der NRW-weite Beratungsabend richtet sich an Studieninteressierte, die sich zum kommenden Wintersemester 2021/22 bewerben möchten und noch offene Fragen haben. Mögliche Anliegen können sein: Was soll ich am besten studieren, wenn meine Interessen sehr vielfältig sind? Wie und wo kann ich mich bewerben? Und was mache ich, wenn ich keinen Studienplatz bekomme? Beraten wird von 17 bis 20 Uhr.


Beraterinnen und Berater von Universität und Fachhochschule Bielefeld beantworten an diesem Abend die Fragen telefonisch, per E-Mail oder im Videogespräch. Darüber hinaus beraten das Studierendensekretariat und die Medizinische Fakultät der Universität zu individuellen Anliegen (unter anderem zur Zulassung).

Als Begleitprogramm werden kurze Online-Infovorträge zu den Themen Studienfinanzierung und zu Stipendien angeboten. In einem offenen Chat haben Studieninteressierte zudem die Möglichkeit, Fragen rund ums Studium an der Universität und der Fachhochschule zu stellen.

Der Lange Abend findet dieses Jahr ausschließlich digital statt.  Eine vorherige Anmeldung ist nicht notwendig. Nähere Informationen und das Programm zum Angebot „Langer Abend der (digitalen) Studienberatung“:

Universität Bielefeld: www.uni-bielefeld.de/zsb/langerabend
Fachhochschule Bielefeld: www.fh-bielefeld.de/zsb/langer-abend

Wie die Opiumkriege bis heute in China und Großbritannien nachwirken (Nr.44/2021)

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Tagung zu Erinnerungskulturen und nationalem Selbstverständnis

Letztlich ging es um die Handelsbilanz: Im 19. Jahrhundert importierte Großbritannien Tee, Seide und Porzellan aus China, umgekehrt aber wurden in China kaum britische Waren nachgefragt. Um dem einseitigen Abfluss von Devisen beizukommen, ließen die Briten in Indien Opium anbauen und verkauften es in China. Das war verboten, lohnte sich aber trotzdem – bis der chinesische Kaiser intervenierte. Zwei Kriege wurden Mitte des 19. Jahrhunderts um den Opiumhandel geführt. Im Selbstverständnis beider Nationen wirken sie bis heute nach. Die kulturellen und soziopolitischen Folgen der Opiumkriege sind Thema des Online-Workshops „Opiumkriege – Opiumkulturen“ („Opium Wars – Opium Cultures“). Er wird am Mittwoch und Donnerstag, 23. und 24. Juni, vom Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld organisiert. 

„Die Opiumkriege sollten sowohl interkulturell als auch interdisziplinär erforscht werden“, sagt PD Dr. Nadine Böhm-Schnitker. Sie leitet die Tagung zu den Folgen der Opiumkriege. Foto: Universität Bielefeld/Katrin Biller
„Die Opiumkriege sollten sowohl interkulturell als auch interdisziplinär erforscht werden“, sagt PD Dr. Nadine Böhm-Schnitker. Sie leitet die Tagung zu den Folgen der Opiumkriege. Foto: Universität Bielefeld/Katrin Biller
Seit den Opiumkriegen sind gut 160 Jahre vergangen, doch in der Erinnerung spielen sie noch immer eine Rolle: Sie lösten Flüchtlingsbewegungen aus, prägten den weltweiten Drogenhandel und das Selbstverständnis der beteiligten Staaten. „Die Opiumkriege gelten in China als historischer Wendepunkt zur Moderne und haben deshalb ein enormes Gewicht für die Konstruktion nationaler Identität“, erklärt die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Privatdozentin Dr. Nadine Böhm-Schnitker von der Universität Bielefeld, die die Online-Tagung leitet.

Diese Erinnerung sei allerdings nicht ganz einfach: In Großbritannien vertrage sich der Anspruch, als Kolonialmacht vor allem Zivilisation verbreitet zu haben, schlecht mit der Förderung des Drogenhandels – in China zählen die Opiumkriege wegen der Zugeständnisse an die Briten zum „Jahrhundert der nationalen Schande“. 

„Plakativ gesprochen herrscht in China ein Erinnerungsdiskurs, in Großbritannien ein Vergessensdiskurs“, so Böhm-Schnitker. „Nachwirkungen aus dieser unterschiedlichen Bewertung sehen wir in den Beziehungen beider Länder bis heute.“ 

Erst in jüngster Zeit hat zumindest die Wissenschaft die nationalen Grenzen überwunden und die Opiumkriege als Teil der Globalgeschichte aufgearbeitet. „Was bis heute fehlt, sind Studien, die unterschiedliche Disziplinen zu den Opiumkriegen zu Wort kommen lassen. Diese Lücke soll unser Workshop füllen, um den Facettenreichtum der Auseinandersetzungen sichtbar zu machen“, so die Organisatorin der Tagung. 

Dazu hat sie 15 internationale Forschende aus Literatur-, Kultur- und Geschichtswissenschaft, Sinologie, Südasienstudien und Amerikanistik, Internationalen Beziehungen und Pädagogik eingeladen. „Dadurch, dass Wissenschaftler*innen aus Deutschland, Großbritannien, Kanada, Hongkong und China zusammenkommen, können die Opiumkriege aus unterschiedlichen nationalen Perspektiven in einem interkulturellen und interdisziplinären Kontext diskutiert und die unterschiedlichen Erinnerungskulturen verhandelt werden“, erklärt Böhm-Schnitker. „Damit möchten wir dazu beizutragen, besser zu verstehen, wie sich die kollektiven Erinnerungen ausbilden und erhalten.“

Journalist*innen sind herzlich eingeladen, über die Tagung zu berichten. Für Interessierte ist eine Online-Teilnahme möglich. Dazu wird um Anmeldung im ZiF-Tagungsbüro bei Marina Hoffmann (marina.hoffmann@uni-bielefeld.de) gebeten.

Weitere Informationen: 
Website der Tagung 

Kontakt:
PD Dr. Nadine Böhm-Schnitker, Universität Bielefeld
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
Telefon: 0521 106-3656

Absolventen-Netzwerk: 25 Jahre Verbundenheit (Nr. 45/2021)

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Alumni-Verein der Universität Bielefeld feiert Jubiläum

Vor 25 Jahren, am 28. Juni 1996, wurde das Absolventen-Netzwerk der Universität Bielefeld e.V. gegründet. Im Oktober desselben Jahres wurde das Netzwerk offiziell als Verein einge-tragen. Seitdem ist das Absolventen-Netzwerk für seine Mitglieder ein aktiver Begleiter, um Erinnerungen an Studienzeit und Universität zu erhalten. Es ist die Schnittstelle zwi-schen Studierenden- und Berufsleben sowie zwischen Wissenschaft und Praxis.

„Alumni haben für unsere Universität einen besonderen Wert: Über sie sind Brücken in die Pra-xis möglich. Ihr Feedback, ihre Fragen und Anregungen sind wertvoll. Gleichzeitig sind sie Bot-schafter*innen unserer Universität“, so Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. „Ich bin dem Absolventen-Netzwerk und den Menschen, die sich im Verein engagieren dankbar, dass sie diese Verbundenheit und den Austausch seit 25 Jahren organisie-ren. Der Verein ist für das Rektorat ein wichtiger Ansprechpartner.“

Das Absolventen-Netzwerk beteiligt sich an großen Veranstaltungen der Universität, wie dem Absolvententag und gibt für die Mitglieder das Magzin „Nachschlag heraus“. Im Jubiläumsjahr der Universität gestaltete es eine Stadtbahn. Collage: Universität Bielefeld
Das Absolventen-Netzwerk beteiligt sich an großen Veranstaltungen der Universität, wie dem Absolvententag und gibt für die Mitglieder das Magzin „Nachschlag heraus“. Im Jubiläumsjahr der Universität gestaltete es eine Stadtbahn. Collage: Universität Bielefeld
Das Absolventen-Netzwerk zeichnete beispielsweise im Laufe der vergangenen 25 Jahre für Veranstaltungen verantwortlich, die es den ehemaligen Studierenden leicht machen sollten, den Kontakt zu ihrer Universität zu halten. Der Verein organisierte Sommerfeste, gewann Autoren für Lesungen, Wissenschaftler*innen für Vorträge, organisiert Stammtische sowie Vortragsreihen und beteiligte sich an Veranstaltungen der Universität. Jedes Jahr lädt der Rektor der Universität die Mitglieder zum Jahresempfang nach Bielefeld, an ihre Alma Mater ein. Zusätzlich berät das Absolventen-Netzwerk Fakultäten und andere Einrichtungen der Universität Bielefeld beim Aufbau eigener Alumni-Initiativen. Als Kooperationspartner ist es auf zahlreichen großen Veranstaltungen präsent – beispielsweise beim Tag für Absolvent*innen – und bereichert so das universitäre Leben. 2019 war das Absolventen-Netzwerk ein Premium-Partner im 50. Jubiläum der Universität und war in der Steuerungsgruppe für Pla-nungen vertreten. Der Verein ließ im Jubiläumsjahr unter anderem eine Straßenbahn gestalten, die 12 Monate durch Bielefeld fuhr. Mitglieder erhalten zweimal pro Jahr das vereinseigene Magazin NACHSCHLAG und regelmäßig per E-Mail einen Newsletter. Auf diesem Wege erfahren sie, was die größte Hochschule in Ostwestfalen-Lippe bewegt.

Der Pandemie geschuldet, muss das exklusive Jubiläumsprogramm für die Mitglieder in diesem Jahr digital stattfinden. Über das Jahr verteilt werden spannende digitale Begegnungen angeboten, die die Absolvent*innen an der aktuellen Entwicklung ihrer Universität teilhaben lassen. So informierte zum Beispiel der Rektor Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer die Alumni im digitalen Gespräch über die Medizinische Fakultät und Kanzler Dr. Stephan Becker berichtete über die Campusentwicklung. Weitere Veranstaltungen mit Wissenschaftler*innen der Universität sind geplant.

Den Vorstand aktuellen bilden: Dr. André Fleer (1. Vorsitzender, Absolvent der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften) Jutta Küster (2. Vorsitzende, ehemalige Radio-Journalistin, studierte an der Universität Bielefeld Psychologie und Soziologie), Ulrich Vogel (Schatzmeister, ehemaliger Finanzdezernent der Universität und einer der ersten Soziologie-Absolventen der Universität), Ingo Lohuis (Vertreter des Rektors, Kommunikationswissenschaftler und Leiter des Referats für Kommunikation der Universität Bielefeld) und Gesa Fischer (Schriftführerin, sie hat Germanistik, Rechtswissenschaft (Bachelor) und Literaturwissenschaft (Master) studiert und arbeitet seit 2013 im Wissenschaftsbüro bei Bielefeld Marketing).

Kontakt:
Absolventen-Netzwerk der Universität Bielefeld e.V.
www.uni-bielefeld.de/alumni

RNA-basierte Impfstoffe und Wirkstoffe preiswert herstellen (Nr. 46/2021)

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Neues Projekt entwickelt Verfahren für Medizin und Landwirtschaft

Wissenschaftler*innen des Centrums für Biotechnologie (CeBiTec) der Universität Bielefeld arbeiten in den kommenden drei Jahren an kostengünstigen und flexiblen Produktionssystemen für RNA-basierte Wirkstoffe. Die Substanzen werden zum Beispiel für Impfstoffe und für Pflanzenschutzmittel benötigt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Projekt mit mehr als 1,3 Millionen Euro. Die Förderung teilt sich das CeBiTec mit dem am Forschungszentrum Jülich angesiedelten Start-up-Unternehmen SenseUP.

Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel (r.) übergab den Förderbescheid an Georg Schaumann (li.) von SenseUp und Prof. Dr. Jörn Kalinowski  (Mitte) vom CeBiTec. Foto: Forschungszentrum Jülich
Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel (r.) übergab den Förderbescheid an Georg Schaumann (li.) von SenseUp und Prof. Dr. Jörn Kalinowski (Mitte) vom CeBiTec. Foto: Forschungszentrum Jülich
Ribonukleinsäure, kurz RNA, ist eine biologische Substanz und überträgt genetische Informationen im Körper. Wirkstoffe, die auf RNA aufbauen, etablieren sich derzeit als neue Impfstoffklasse zur Eindämmung der Corona-Pandemie. „Die Impfstoffe von Biontech und Moderna sind beispielsweise RNA-basierte Wirkstoffe. Hier wird kein virales Antigen verabreicht, sondern lediglich dessen genetischer Code. Mit dieser Information lernt das Immunsystem, wie es das Coronavirus selbst bekämpft“, sagt Professor Dr. Jörn Kalinowski. Er leitet die Forschungsgruppe „Mikrobielle Genomik und Biotechnologie“ am Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) der Universität Bielefeld.

Wirkstoffe mit RNA können ebenfalls zur biologischen Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft eingesetzt werden. „Damit sind sie eine Alternative zu chemischen Pflanzenschutzmitteln, die Böden und Grundwasser belasten und auch Nützlinge angreifen“, sagt Kalinowski. „RNA-basierte Bio-Pflanzenschutzmittel bekämpfen nur solche Pilze, Unkräuter und Insekten, die den Pflanzen schaden. Das ist möglich, weil sie einen sehr genauen Code bereitstellen. Dadurch wirken sie gezielt auf einzelne Schädlinge, während sie verwandte Gattungen schonen.“

Derzeitige Produktion von RNA teuer und anspruchsvoll
Bisher wird RNA für Impfstoffe und Pestizide mithilfe von Enzymen aus lebenden Zellen hergestellt. „Die zellulären Komponenten müssen zurzeit aufwendig präpariert werden“, sagt Kalinowski. „Daher ist die Produktion von großen Mengen RNA-basierter Wirkstoffe technisch anspruchsvoll und teuer.“

Kalinowski und seine Mitarbeiter*innen erforschen und entwickeln gemeinsam mit dem Unternehmen SenseUp neue Verfahren für die Herstellung von RNA. SenseUP GmbH entstand vor fünf Jahren aus dem Forschungszentrum Jülich und ist auf moderne Produktionsentwicklung spezialisiert. Das gemeinsame Projekt verfolgt den Ansatz, die Produktion von RNA direkt in die lebende Zelle zu verlegen. „Bakterien sind kleine Zellfabriken, die die benötigte RNA selbst herstellen sollen. Das hat den großen Vorteil, dass wir nur eine beliebige Menge an Bakterien produzieren müssten“, erläutert CeBiTec-Projektleiter Jörn Kalinowski. „So wären wir nicht darauf angewiesen, alle Teile für die Produktion von RNA zur Verfügung zu haben und wir könnten trotzdem eine ähnlich präzise RNA herstellen.“

Mit derselben Technologie sollen sowohl wenige Gramm für Spezialanwendungen produziert werden können wie auch mehrere Tonnen – das wäre besonders für die ökologische Landwirtschaft gewinnbringend. „Insektizide müssen flächendeckend gesprüht werden“, so Kalinowski. „Chemische Insektizide sind aktuell sehr viel günstiger als Biopestizide. Wenn das so bleiben würde, hätte der ökologische Landbau kaum eine wirtschaftliche Chance.“

Bakterium dazu bringen, eine bestimmte RNA selbst herzustellen
Neu bei dem Verfahren der Bielefelder und Jülicher Biotechnolog*innen ist insbesondere, dass sie sogenannte sichere Mikroorganismen für die Produktion verwenden wollen. In den herkömmlichen Verfahren wird mit dem Kolibakterium gearbeitet, das für medizinische Produkte sauber aufbereitet werden muss. Sichere Mikroorganismen sind dagegen Organismen, die zum Beispiel über die Nahrung aufgenommen werden können, wie die Bäckerhefe. „Wir verwenden für unsere Forschung und Entwicklung ein Bakterium, das im Boden vorkommt und bereits als Produktionsmittel für Tierfutter verwendet wird“, sagt Kalinowski. „Über eine mögliche Verunreinigung müssten wir uns dann keine Sorgen machen.“ 

Das Team steht im Projekt biologischen Herausforderungen gegenüber: Wie kann eine Zelle dazu gebracht werden, eine bestimmte RNA zu produzieren? „Es handelt sich zwar um natürliche Prozesse, aber Zellen stellen normalweise Tausende und nicht bevorzugt eine RNA her. Außerdem bauen Zellen RNA ab, wenn sie sie nicht mehr benötigen“, sagt Kalinowski. „Wie Ingenieur*innen müssen wir in die Zellen eingreifen und das Bakterium dazu bringen, eine bestimmte RNA herzustellen, auch wenn es das vielleicht nicht will.“ Durch die Corona-Pandemie habe das Forschungsfeld einen entscheidenden Schub bekommen: „Wir sind in den Anfängen unserer Forschung und auch, wenn wir das aktuelle Projekt in drei Jahren abgeschlossen haben, werden wir weiterer Entwicklungsarbeit gegenüberstehen, bis das Produktionssystem auf den Markt gebracht werden kann.“

Das Projekt RNAferm ist im April 2021 gestartet. Finanziert wird es mit mehr als 1,3 Millionen Euro für drei Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderziffer 031B1114B). 

Weitere Informationen: 

•    Website der Forschungsgruppe „Mikrobielle Genomik und       Biotechnologie“
•    Website des Biotechnologie-Unternehmens SenseUp
•    Pressemitteilung des Forschungszentrums Jülich


Kontakt:
Prof. Dr. Jörn Kalinowski, Universität Bielefeld 
Centrum für Biotechnologie (CeBiTec)
Tel: 0521-106 8756
E-Mail: joern@cebitec.uni-bielefeld.de  

Humboldt-Professur zu Künstlicher Intelligenz für die Universität Bielefeld (Nr. 47/2021)

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Informatiker Yaochu Jin wird mit höchstdotiertem internationalen Forschungspreis Deutschlands ausgezeichnet

Die Universität Bielefeld erhält zum zweiten Mal eine Alexander von Humboldt-Professur. Sie geht an den Informatiker Professor Dr.-Ing. Yaochu Jin. Er zählt zu den weltweit führenden Experten für evolutionäre Algorithmen – einer Form Künstlicher Intelligenz (KI), die ihre Fähigkeiten selbst optimiert. Jin wechselt im Herbst 2021 von der University of Surrey (Großbritannien) an die Universität Bielefeld. Die Humboldt-Professur ermöglicht bislang im Ausland tätigen Wissenschaftler*innen, eine Professur an einer deutschen Universität anzutreten, um dort zukunftsweisende Forschung durchzuführen. Sie ist der höchstdotierte internationale Forschungspreis Deutschlands. Yaochu Jin erhält 3,5 Millionen Euro Preisgeld über einen Zeitraum von fünf Jahren. Heute (01.07.2021) ist bekannt gegeben worden, dass insgesamt sechs neue Humboldt-Professor*innen ausgewählt wurden. Jin ist einer von drei Preisträger*innen, die mit dem Preis für ihre Forschung zu KI ausgezeichnet werden.

Prof. Dr.-Ing. Yaochu Jin forscht ab Oktober 2021 als Humboldt-Professor an der Universität Bielefeld. Als Teil des Forschungspreises erhält er 3,5 Millionen Euro. Foto: Pei An
Prof. Dr.-Ing. Yaochu Jin forscht ab Oktober 2021 als Humboldt-Professor an der Universität Bielefeld. Als Teil des Forschungspreises erhält er 3,5 Millionen Euro. Foto: Pei An
„Wir sind hoch erfreut, dass die Alexander von Humboldt-Stiftung mit der Verleihung des Preises bisherige Forschungsleistungen der Universität zu menschzentrierter Künstlicher Intelligenz würdigt und dafür sorgt, dass Yaochu Jin unsere Forschung in diesem Feld durch seine Expertise bereichert“, sagt Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. Yaochu Jin wird seine Professur in der Technischen Fakultät antreten. „Er wird eine herausragende Rolle für die Entwicklung neuer Forschungsverbünde und insbesondere die Vernetzung der Technischen Fakultät und der Medizinischen Fakultät übernehmen. Dazu kann zum Beispiel gehören, selbstlernende Systeme für medizinische Analysen zu entwickeln und so Innovationen für die personalisierte Medizin zu schaffen“, so Gerhard Sagerer.

Evolutionäre Algorithmen als Schlüssel für Zukunftstechnologien
Yaochu Jins Forschung lässt sich nicht nur für medizinische Anforderungen nutzen, sondern für zahlreiche weitere Anwendungen, etwa für die Lösung industriell bedeutsamer Problemstellungen. Dazu zählt das Zusammenspiel von Robotern ebenso wie das Design von Fahrzeugen.

All diese Anwendungen basieren auf evolutionären Algorithmen, die Prinzipien natürlicher Evolution für das Lösen von technischen Problemen nutzen. Jins Forschungsergebnisse ermöglichen unter anderem, solche Prinzipien für die multikriterielle Optimierung einzusetzen, etwa um im Bereich der Schwarmrobotik und der technischen Konstruktion nicht nur genaue, sondern auch robuste und energieeffiziente Lösungen zu erreichen. 

Seit mehr als einem Jahrzehnt der Universität Bielefeld verbunden
An der Technischen Fakultät der Universität Bielefeld wird Yaochu Jin die Arbeitsgruppe „Nature Inspired Computing and Engineering“ (Naturanaloge Datenverarbeitung und Technik) aufbauen. Er und sein Team richten ein Forschungslabor ein, das insbesondere mit Hardware für morphogenetische Robotik ausgestattet ist. Diese von Jin geprägte Form der Robotik beinhaltet, dass sich Roboter selbstorganisiert weiterentwickeln. Jin gilt als einer der Pioniere auf dem Gebiet der Schwarmrobotik. Er arbeitet dafür mit dem so genannten morphogenetischen Selbstorganisationsmechanismus – dieser befähigt Roboter, sich als Gruppe selbstständig so zu organisieren, dass sie ein Problem lösen, das ein einzelner Roboter nicht bewältigen könnte. Inspiriert ist der Mechanismus von der biologischen Morphogenese, also der Form- und Gestaltentwicklung lebender Organismen.

„Ich freue mich, meine Arbeit künftig an der Universität Bielefeld fortzusetzen und daran mitzuwirken, den Bielefelder Ansatz der Kognitiven Interaktionstechnologie weiterzuentwickeln“, sagt Yaochu Jin. Er ist seit Jahren mit der ostwestfälischen Universität verbunden. In den vergangenen Jahren war er an mehreren Promotionsvorhaben von Bielefelder Doktorand*innen beteiligt. Zuvor engagierte er sich von 2007 bis 2010 als Studienleiter an der Graduiertenschule des Forschungsinstituts für Kognition und Robotik (CoR-Lab) der Universität, die in einer Partnerschaft der Universität Bielefeld und des Honda Research Institute Europe (Offenbach) geführt wurde. „In der Zeit habe ich erlebt, wie offen Wissenschaftler*innen in Bielefeld für kooperative, fächerübergreifende Forschung sind. Hinzu kommt die kontinuierliche Zusammenarbeit mit externen Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Das bietet ein perfektes Umfeld, um technische Lösungen zu schaffen, die der Praxis tatsächlich standhalten.“

Innovationen zur Problemlösung für komplexe Szenarien
„Bei der Nominierung von Yaochu Jin für die Humboldt-Professur spielte es eine besondere Rolle, dass er das Forschungsprofil der Technischen Fakultät insbesondere durch seinen Fokus auf die multikriterielle Optimierung von KI-Systemen ergänzt“, erklärt Professorin Dr. Barbara Hammer, Leiterin der Arbeitsgruppe Maschinelles Lernen. Hammer hat die Nominierung von Yaochu Jin maßgeblich vorbereitet. „Die Expertise zur multikriteriellen Optimierung ist unerlässlich für die effiziente Problemlösung in komplexen Szenarien. Sie ist damit in verschiedenen Bereichen wie modularer Robotik, Medizin, Bioinformatik, aber auch den Wirtschaftswissenschaften und dem maschinellen Lernen von hoher Relevanz“, sagt Hammer, die in der Vergangenheit schon mehrfach mit Jin zusammengearbeitet hat. So engagieren sich beide bei der IEEE Computational Intelligence Society, einem internationalen Fachverband. „Ich freue mich vor allem darauf, mit Yaochu Jin an Innovationen zu Federated Learning und Online Machine Learning zu forschen.“

Professor Dr.-Ing. Yaochu Jin, geboren in China, begann seine wissenschaftliche Laufbahn an der Zhejiang University in China, wo er im Anschluss an seine Promotion 1996 als Associate Professor tätig war. Nach Forschungsaufenthalten an der Ruhr-Universität Bochum und der State University of New Jersey, USA, forschte er von 1999 bis 2010 bei Honda R&D Europe und dem Honda Research Institute Europe, beide in Offenbach, Deutschland. 2010 wechselte er als Professor an die University of Surrey, Vereinigtes Königreich, wo er 2019 zum Distinguished Chair Professor ernannt wurde. Außerdem war er drei Jahre Distinguished Professor an der University of Jyväskylä, Finnland. Jins Forschung wurde mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt. So erhielt er fünf Outstanding Paper Awards von der IEEE Computational Intelligence Society. Im November 2015 wurde er für seine Beiträge zur evolutionären Optimierung zum IEEE Fellow ernannt.

Forschungspreis unterstützt die Gewinnung internationaler Spitzenkräfte
Die Alexander von Humboldt-Professur wird seit 2008 ausgeschrieben.  Sie ist der höchst dotierte Forschungspreis Deutschlands – das Preisgeld beträgt fünf Millionen Euro für experimentell arbeitende und 3,5 Millionen Euro für theoretisch arbeitende Wissenschaftler*innen. Die Auszeichnung wird von der Alexander von Humboldt-Stiftung vergeben und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. Mit der Humboldt-Professur möchte die Stiftung deutschen Hochschulen ermöglichen, ihr eigenes Profil im weltweiten Wettbewerb zu schärfen. Dadurch geben sie Universitäten die Chance, Spitzenkräften aus der Forschung international konkurrenzfähige Rahmenbedingungen zu bieten. Der Preis beinhaltet zugleich die Verpflichtung, den neuen Humboldt-Professoren eine langfristige Perspektive für ihre Forschungen in Deutschland zu bieten.

Die erste Humboldt-Professur der Universität Bielefeld ging 2016 an den Mathematiker Professor Dr. William Crawley-Boevey. Der Wissenschaftler gilt als Koryphäe auf seinem Gebiet – der Darstellungstheorie von Algebren. Er wechselte von der Universität Leeds (Großbritannien) nach Bielefeld.

Weitere Informationen: 

Kontakt:
Prof’in Dr. Barbara Hammer, Universität Bielefeld
Technische Fakultät
Telefon:  0521 106-12115
E-Mail: bhammer@techfak.uni-bielefeld.de

Professorin Dr. Alexandra Kaasch zur neuen Prorektorin gewählt (Nr. 48/2021)

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Politikwissenschaftlerin übernimmt zum 1. Oktober neues Prorektorat „Wissenschaft und Gesellschaft“

Professorin Dr. Alexandra Kaasch wurde heute (05.07.2021) als neues Mitglied des Rektorats der Universität Bielefeld gewählt. Die Wahl durch die Hochschulwahlversammlung erfolgte pandemiebedingt per Briefwahl. Professorin Dr. Kaasch folgt ab dem 1. Oktober 2021 auf Professor Dr. Martin Egelhaaf, der nach fast 16 Jahren zur Mitte der aktuellen Amtszeit seinen Rücktritt erklärt hatte. Die personelle Veränderung des Rektorats geht einher mit einer neuen inhaltlichen und personellen Aufteilung der Prorektorate.


Professorin Dr. Alexandra Kaasch wird Prorektorin für Wissenschaft und Gesellschaft. Das Prorektorat ist in dieser Form neu. Das Prorektorat für Forschung und Internationales übernimmt Professorin Dr. Angelika Epple (bislang Prorektorin für Internationales und Diversität). Die weiteren Prorektorate sind: Personalentwicklung und Gleichstellung (Professorin Dr. Marie I. Kaiser), Informationsinfra-struktur und Wirtschaft (Professor Dr. Reinhold Decker) sowie Studium und Lehre (Professorin Dr. Birgit Lütje-Klose). Rektor (Professor Dr. Gerhard Sagerer) und Kanzler (Dr. Stephan Becker) kom-plettieren als hauptamtliche Mitglieder das Rektorat. Die Amtszeit dieses Rektorats läuft bis 30. September 2023.

Das neue Prorektorat „Wissenschaft und Gesellschaft“ beschäftigt sich auf der einen Seite damit, gesellschaftliche relevante Themen, insbesondere Diversität, Inklusion und Nachhaltigkeit, in allen Bereichen der Wissenschaft und Universität zu verankern. Auf der anderen Seite ist die Prorektorin programmatisch für die Bereiche zuständig, die Verbindungen zwischen der Wissenschaft und der Gesellschaft verantwortungsvoll und teilhabend gestalten. Dazu gehören zum Beispiel eine gute wissenschaftliche Praxis und wissenschaftliche Compliance sowie wissenschaftliche Weiterbildung und Wissenschaftskommunikation.

Dr. Alexandra Kaasch (43) ist Professorin für Deutsche und Transnationale Sozialpolitik an der Fakultät für Soziologie. Studiert hat sie in Tübingen, Berlin, Marburg und Leuven (Belgien). Im Laufe ihrer wissenschaftlichen Karriere machte sie Station in Stockholm (Schweden), Bremen und Sheffield (Großbritannien). Seit 2014 ist sie an der Universität Bielefeld tätig und engagierte sich in dieser Zeit im Senat und in der Finanzkommission der Universität sowie in unterschiedlichen Gremien ihrer Fakultät.

Professorin Dr. Alexandra Kaasch wird Prorektorin für Wissenschaft und Gesellschaft.Foto: Universität Bielefeld/M. Adamski
Professorin Dr. Alexandra Kaasch wird Prorektorin für Wissenschaft und Gesellschaft. Foto: Universität Bielefeld/M. Adamski
Professorin Dr. Alexandra Kaasch:
„Ich freue mich sehr auf die neuen Aufgaben und Herausforderungen. Wir haben als Mitglieder der Universität das große Privileg, über Forschung und Lehre hinaus, auch stark gestaltend in unseren Universitäten und darüber hinaus tätig sein zu dürfen. Mich reizen besonders die Überschneidungsbereiche wie Nachhaltigkeit, Inklusion und Diversität, die innerhalb der Universität, sowie in den Beziehungen und Verantwortlichkeiten der Universität der Gesellschaft gegenüber, immer wieder überprüft und ausgestaltet werden müssen. Ansprechpartnerin für solche Themen zu sein, im re-gelmäßigen Austausch mit Akteur*innen innerhalb und außerhalb der Universität zu stehen und vor allem auch, Gestaltungsspielräume auszutesten – das ist es, was ich mit dieser Position verbinde.“

Rektor Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer:
„Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Alexandra Kaasch. Sie wird das neue Prorektorat mit viel Begeisterung, Knowhow und spannenden Ideen aufbauen und ausfüllen. Wir haben als Universi-tät eine große gesellschaftliche Verantwortung, der wir gerecht werden wollen. Ich sehe das neue Prorektorat dafür in einer Brücken- und Mittlerfunktion.“

Dr. Annette Fugmann-Heesing, Vorsitzende des Hochschulrats:
„Frau Kaasch wird es mit ihrer klugen und zupackenden Art gelingen, gesellschaftlich relevante Fragen noch stärker als bisher in der Universität zu verankern. Der Hochschulrat wünscht ihr viel Er-folg!“

Professorin Dr. Silke Schwandt, Vorsitzende des Senats:
„Wir freuen uns sehr, dass Alexandra Kaasch ihr großes Engagement für unsere Universität, das wir schon in ihrer Zeit als Senatorin zu schätzen gelernt haben, nun im Rektorat einbringen wird.“

Die Mitglieder des Rektorats werden von der Hochschulwahlversammlung mit der Mehrheit der Stimmen des Gremiums und zugleich mit der Mehrheit der Stimmen innerhalb seiner beiden Hälften gewählt. Die Hochschulwahlversammlung besteht in ihrer einen Hälfte aus sämtlichen Mitgliedern des Senats und in ihrer anderen Hälfte aus sämtlichen Mitgliedern des Hochschulrats. Stimmbe-rechtigte Mitglieder der Hochschulwahlversammlung sind alle stimmberechtigten Senatsmitglieder sowie die externen Mitglieder des Hochschulrats. Zentrale Aufgabe der Hochschulwahlversammlung ist die Wahl der Rektoratsmitglieder. Die Wahl der Prorektor*innen erfolgt auf Vorschlag des Rektors.

Universität Bielefeld künftig an fünf Projekten der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur beteiligt (Nr. 49/2021)

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Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert weitere Konsortien

Die Universität Bielefeld baut ihre Beteiligung an der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) aus. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert künftig drei neue Projekte, für die die Universität Bielefeld und externe Partner kooperieren: Punch4NFDI, Daphne4NFDI und NFDI4Microbiota. Das Projekt Punch4NFDI soll Forschungsdaten aus der Teilchen-, Astroteilchen-, Hadron-, Kernphysik und der Astronomie transparent und dauerhaft verfügbar machen, während das Projekt Daphne4NFDI an der Bereitstellung von Forschungsdaten aus der Photonen- und Neutronenforschung arbeitet. An beiden Projekten ist die Fakultät für Physik der Universität Bielefeld beteiligt. Das Projekt NFDI4Microbiota befasst sich damit, Forschungsdaten zur mikrobiologischen Forschung bereitzustellen. An ihm ist das Bielefelder Institut für Bioinformatik-Infrastruktur (BIBI) beteiligt. Damit wirken Forschende der Universität Bielefeld künftig an fünf NFDI-Projekten mit: Bereits 2020 wurden die Projekte NFDI4BioDiversity und NFDI4Health in der ersten Förderrunde ausgewählt.

Forschungsdaten werden oft nur lokal und vorübergehend gespeichert. Dadurch gehen Datenschätze verloren. Die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) soll das ändern: Sie soll ein Wissensspeicher für die ganze Forschungslandschaft sein. Dafür soll sie ein gemeinsames Forschungsdatenmanagement in Deutschland etablieren und weiterentwickeln, für das die unterschiedlichen Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten. Das Infrastrukturprogramm für Forschungsdaten, -standards, -erhebung, -analyse und -archivierung des Bundes steht unter Federführung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Bioinformatiker*innen wollen Forschungsdaten bundesweit zusammenführen

Die Bielefelder Bioinformatiker Prof. Dr. Alexander Sczyrba (li.) und Prof. Dr. Jens Stoye von der Universität Bielefeld gehören zu den Sprecher*innen des neuen Projekts NFDI4Microbiota. Foto li.: Universität Bielefeld, Foto re. : Universität Bielefeld, M.-D. Müller
Die Bielefelder Bioinformatiker Prof. Dr. Alexander Sczyrba (li.) und Prof. Dr. Jens Stoye von der Universität Bielefeld gehören zu den Sprecher*innen des neuen Projekts NFDI4Microbiota. Foto li.: Universität Bielefeld, Foto re. : Universität Bielefeld, M.-D. Müller
„Wir freuen uns sehr, dass nach dem Vorschlag des Expert*innengremiums im Mai zur Förderung nun auch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz das positive Votum abgegeben hat. Wir wollen in dem Projekt NFDI4Microbiota in den kommenden fünf Jahren daran arbeiten, die Dateninfrastruktur und damit die Forschungsbedingungen zu Mikrobiota in Deutschland maßgeblich zu verbessern“, sagt der Bioinformatiker Professor Dr. Alexander Sczyrba vom BIBI. Er ist einer der künftigen Projektleiter von NFDI4Microbiota.  Für das Projekt kooperiert das BIBI mit neun Mitantragstellern und mehr als 50 teilnehmenden Institutionen. Koordiniert wird das Projekt von dem Kölner Informationszentrum Lebenswissenschaften (ZB MED).

Ziel von NFDI4Microbiota ist es, die mikrobiologische Forschung in Deutschland mit dem Zugang zu Daten, Analyse-Tools, Standards für Daten und Metadaten sowie mit einem umfassenden Trainingsangebot zu unterstützen. Mikrobiota – auch bekannt als Mikrobiome – sind Gemeinschaften von Kleinstlebewesen wie Bakterien und Pilze. Das Zusammenspiel von Mikroben in diesen Gemeinschaften sorgt für Effekte, die zum Beispiel in der Medizin oder beim Pflanzenschutz genutzt werden können. Die Forschenden des Bielefelder Instituts für Bioinformatik-Infrastruktur (BIBI) sind in dem Projekt für die technische Infrastruktur verantwortlich. Hier liege die Kernkompetenz des Instituts, aus der sich Synergieeffekte entwickeln sollen, sagt Sczyrba: „Im Rahmen des Deutschen Netzwerks für Bioinformatik Infrastruktur – de.NBI – stellen wir gemeinsam mit sieben weiteren Standorten Lebenswissenschaftler*innen eine Cloud-Infrastruktur und damit die nötige Rechen- und Speicherressourcen für ihre Forschung zur Verfügung. Diese Kompetenz und unsere Expertise zu Tools und Arbeitsabläufen wollen wir für das Teilprojekt zur technischen Infrastruktur nutzen und gezielt weiterentwickeln.“ 

Das BIBI will Synergien mit dem bereits laufenden NFDI-Projekt NFDI4BioDiversity nutzen. Das Projekt befasst sich damit, Forschungsdaten zur biologischen Vielfalt zu sammeln und einen einheitlichen Zugriff zu ermöglichen. „Die Themen Biodiversität und Mikrobiota passen inhaltlich sehr gut zusammen, sodass wir davon ausgehen, dass die Kolleg*innen des Projekts NFDI4Microbiota von unseren bisherigen Erkenntnissen profitieren können“, sagt der Genominformatiker Professor Dr. Jens Stoye. Er ist Leiter des BIBI und in Bielefeld neben Alexander Sczyrba für NFDI4Microbiota verantwortlich. Seitens der Universität Bielefeld leitet er zudem NFDI4BioDiversity.

Bielefelder Physiker*innen arbeiten an zwei NFDI-Projekten mit

Der Astrophysiker Prof. Dr. Dominik Schwarz von der Universität Bielefeld  forscht mit seiner Arbeitsgruppe in dem neuen Projekt Punch4NFDI und zählt zu den Sprecher*innen des Konsortiums. Foto: Universität Bielefeld
Der Astrophysiker Prof. Dr. Dominik Schwarz von der Universität Bielefeld forscht mit seiner Arbeitsgruppe in dem neuen Projekt Punch4NFDI und zählt zu den Sprecher*innen des Konsortiums. Foto: Universität Bielefeld
„Forschungsdaten zu gewinnen, ist häufig mit großem Aufwand verbunden. So arbeiten wir zum Beispiel mit Supercomputern, um die Daten tausender Antennen eines Radioteleskops zusammenzuführen“, sagt der Astrophysiker Professor Dr. Dominik Schwarz von der Fakultät für Physik der Universität Bielefeld. „Wir freuen uns, künftig mit dafür zu sorgen, solche und weitere wertvolle Daten aus unseren Forschungsgebieten besser zugänglich zu machen.“ Schwarz ist Sprecher der Bielefelder Gruppe im Projekt Punch4NFDI. Zu der Gruppe gehören außer ihm auch Professor Dr. Joris Verbiest und Dr. Jörn Künsemöller als weitere Experten für die Astronomie sowie Professor Dr. Frithjof Karsch und Dr. Olaf Kaczmarek als Experten für Computersimulationen im Bereich der Teilchenphysik. Das Konsortium von Punch4NFDI wird von dem Forschungszentrum Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY geleitet, das Teil der Helmholtz-Gemeinschaft ist. Die Universität Bielefeld gehört zu den 19 Mitantragstellern. Daneben sind 22 weitere Partner an dem Konsortium beteiligt. Schwerpunkte des Projekts sind neuartige Methoden des Big-Data-Managements sowie von Open Data und Open Science. Zentrales Ziel ist es, eine Online-Plattform aufzubauen, mit deren Hilfe wissenschaftliche Daten in Form von digitalen Forschungsprodukten über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg erhalten, zugänglich gemacht und intelligent verknüpft werden sollen. Das Projekt hat sich außerdem zum Ziel gesetzt, durch eine möglichst transparente Speicherung Citizen-Science-Projekte zu ermöglichen – also Forschung von interessierten Laien.

Um Forschungsdaten aus Photonen- und Neutronenexperimenten geht es in dem Projekt Daphne4NFDI. Daran ist der Physikprofessor Dr. Dmitry Turchinovich von der Universität Bielefeld beteiligt, der im Bereich Terahertzphysik forscht. Er gehört damit zu einer Initiative von mehr als 5.500 Neutronen- und Photonennutzer*innen in Deutschland, die aus den unterschiedlichsten Disziplinen kommen – von Biologie und Pharmazie über Ingenieurwesen, Physik und Chemie bis hin zu Geologie und Archäologie. Diese Gemeinschaft steht vor der gemeinsamen Herausforderung, dem steigenden Bedarf nach schnellen Analysen großer Datenmengen und den Datentransferraten gerecht zu werden. Gleichzeitig sollen sie nachhaltig nutzbar sein – auch über den ursprünglichen Zweck der Erhebung hinaus. Für die Photonen- und Neutronenforschung werden an Großforschungseinrichtungen jährlich mehr als 28 Petabyte (PB) an Daten produziert, wobei einzelne Experimente teilweise über eine Million Dateien erzeugen.

Aufbau von Infrastruktur zu personenbezogenen Gesundheitsdaten
Schon seit der ersten Förderrunde der NFDI-Initiative im Mai 2020 gehört die Universität Bielefeld als Partner zu dem Konsortium von NFDI4Health, das von ZB MED koordiniert wird. In dem Projekt baut ein multidisziplinäres Team aus Wissenschaftler*innen in Deutschland eine Forschungsdateninfrastruktur für personenbezogene Gesundheitsdaten auf. Das Projekt arbeitet daran, Forschungsdaten aus Epidemiologie, Gesundheitswesen und klinische Studien zugänglich zu machen. Mit ihren jeweiligen Arbeitsgruppen beteiligt sind die Professorin Dr. Claudia Hornberg von der Medizinischen Fakultät OWL und Professor Dr. Alfred Pühler vom Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) der Universität Bielefeld.

Weitere Informationen: 
Pressemitteilung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK)
Pressemitteilung des ZB MED zu NFDI4Microbiota
Pressemitteilung des DESY zu Punch4NFDI und Daphne4NFDI

Studie belegt mangelnde Berücksichtigung von Geschlecht und Gender in klinischen Studien zu Covid-19 (Nr. 50/2021)

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Internationales Team veröffentlicht Studie in Nature Communications

Obwohl sich das Coronavirus unterschiedlich auf Frauen und Männer auswirkt, stellt die große Mehrzahl der laufenden klinischen SARS-CoV-2- und Covid-19-Studien keinen Bezug zu Geschlecht und Gender her. Eine neue Metaanalyse von fast 4.500 klinischen Studien zeigt: Nur vier Prozent der ausgewerteten Studien sehen ausdrücklich vor, Geschlecht und Gender als Aspekte in ihre Analyse einzubeziehen. Für die Studie kooperierten Wissenschaftler*innen der Universität Bielefeld, des Radboud University Medical Center (Niederlande) sowie der Universitäten Aarhus und Kopenhagen (beide Dänemark). Das internationale Forschungsteam hat seine Analyse in Nature Communications veröffentlicht.

Während der Pandemie stellte sich heraus: Frauen und Männer sind von einer Corona-Erkrankung unterschiedlich betroffen. So sind Männer häufiger von schweren Krankheitsverläufen betroffen, müssen öfter im Krankenhaus behandelt werden und sterben schließlich im Zusammenhang mit dem Virus auch öfter. Woran das liegt, ist bisher nicht vollständig erforscht. Doch eine mögliche Konsequenz wäre, dass Frauen und Männer medizinisch unterschiedlich behandelt werden müssten. 

Ebenfalls besteht ein Zusammenhang zwischen Gender – also der sozialen Geschlechterrolle – und der Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Virus anzustecken: Frauen sind häufiger als Männer als Pflegekräfte tätig und arbeiten häufiger in Berufen mit viel Kontakt zu Kund*innen und Auftraggeber*innen. Dadurch steigt ihr Ansteckungsrisiko. „Das zeigt: Gender und Geschlecht müssen in klinischen Studien und in der Gesundheitspolitik berücksichtigt werden“, sagt Professorin Dr. med. Sabine Oertelt-Prigione. Sie ist Letztautorin der heute erschienenen Studie und forscht seit April 2021 an der Medizinischen Fakultät OWL an der Universität Bielefeld. Sie forscht außerdem am niederländischen Radboud University Medical Center. Oertelt-Prigione schätzt die fehlende Berücksichtigung von Geschlecht und Gender als bedenklich ein: „Von Anfang an konnten wir sehen, dass diese Krankheit bei Frauen und Männern unterschiedlich verläuft. Darauf weisen die Zahlen der Einweisungen ins Krankenhaus und der Todesfälle hin. Arzneimittel und nicht-pharmakologischen Maßnahmen könnten also eine unterschiedliche Auswirkung auf die Patient*innen haben – abhängig davon, ob sie weiblich oder männlich sind.“ 

Die Wissenschaftler*innen analysierten 4.420 Covid-19-Studien, die bei ClinicalTrials.gov eingetragen sind. Die US-amerikanische Datenbank verzeichnet insgesamt mehr als 300.000 klinische Studien aus 200 Ländern. Die ausgewertete Stichprobe zu Covid-19 beinhaltet vor allem zwei Arten von Studien: 1.659 Beobachtungsstudien und 2.475 Interventionsstudien. In Interventionsstudien wird Patient*innen zum Beispiel ein neues Medikament verabreicht. In Beobachtungsstudien wird auf solch eine zusätzliche Behandlung verzichtet.

„Die meisten klinischen Studien zum Coronavirus und der damit verbundenen Erkrankung ignorieren, dass Frauen und Männer unterschiedlich davon betroffen sind“, sagt die Studienautorin Prof’in Dr. med. Sabine Oertelt-Prigione von der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld.
„Die meisten klinischen Studien zum Coronavirus und der damit verbundenen Erkrankung ignorieren, dass Frauen und Männer unterschiedlich davon betroffen sind“, sagt die Studienautorin Prof’in Dr. med. Sabine Oertelt-Prigione von der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld.

Covid-19-Studien mit Fokus auf Frauen erfassen meist Effekte auf Schwangerschaft

Von den 4.420 Studien haben 935 (21.2 Prozent) Geschlecht oder Gender als einzige Kategorie zur Auswahl der Proband*innen angegeben. Nur 178 Studien (4 Prozent) erwähnten Geschlecht oder Gender als geplante Variable in der Analyse. Weitere 237 Studien (5,4 Prozent) planten geschlechtsspezifische oder repräsentative Stichproben ein oder hoben die Bedeutung von Geschlecht oder Gender hervor. In 124 Studien (2,8 Prozent) waren die Proband*innen jeweils ausschließlich Frauen oder Männer. 100 dieser Studien untersuchten, wie sich das Virus oder eine bestimmte Behandlung auf Frauen auswirkt. Die weiteren 24 Studien befassten sich mit den Effekten auf Männer. Studien mit dem Fokus auf Frauen untersuchten meistens, wie Covid-19 den Ausgang von Schwangerschaften beeinflusst.

Ein möglicher Grund für die Vernachlässigung von Daten zu Geschlecht und Gender ist der hohe Zeitdruck. Sabine Oertelt-Prigione: „Manche Forschenden befürchten, sie müssten mehr Proband*innen einbeziehen, wenn ihre Studie Geschlechtsunterschiede berücksichtigen soll. Diese Forschenden nehmen an, dass die Zusammenstellung der Untersuchungsgruppe dadurch länger dauert. Insbesondere in der frühen Phase der Pandemie haben sie unter hohem Zeitdruck gearbeitet.“

Dr. Emer Brady ist die Erstautorin der Studie und forscht an der Universität Aarhus (Dänemark). Sie ergänzt: „In Bezug auf den Zeitdruck haben wir gehofft, dass mit dem Fortschreiten der Pandemie auch das Bewusstsein wachsen würde, wie Geschlecht und Gender mit der Erkrankung zusammenhängen. Wir sind davon ausgegangen, dass im Verlauf der Pandemie zunehmend mehr Studienprotokolle mit dem Fokus Geschlecht und Gender auf ClinicalTrials.gov registriert werden. Leider war das nicht der Fall. Wir haben auch die publizierten Forschungsartikel zu klinischen Studien analysiert. Die Aufmerksamkeit für das Thema Geschlecht und Gender war hier stärker. Trotzdem wurde dieser Aspekt nur in einem Fünftel der publizierten Studien erfasst oder in der Analyse erwähnt.“

Sabine Oertelt-Prigione betont die grundsätzliche Bedeutung von Geschlecht und Gender in der klinischen Forschung: „Wir sehen zunehmend, dass Frauen und Männer auf die Behandlung mit Medikamenten unterschiedlich reagieren. Wenn dieser Zusammenhang in Studien ignoriert wird, kann das langfristig zu ernsthaften, ungewollten Nebeneffekten führen. Die Geschlechterunterschiede in den Blick nehmen, hat bei Covid vielfach dazu beigetragen, die Infektion besser zu verstehen. Es wird uns auch helfen, die medizinischen Behandlungen zu verbessern. Unterschiede in Bezug auf das Geschlecht zu berücksichtigen, ist ein unerlässlicher Schritt in Richtung einer personalisierten Medizin.“

Originalveröffentlichung: 
Emer Brady, Mathias Wullum Nielsen, Jens Peter Andersen, Sabine Oertelt-Prigione: Lack of consideration of sex and gender in COVID-19 clinical studies. Nature Communications, https://www.doi.org/10.1038/s41467-021-24265-8, veröffentlicht am 6. Juli 2021.

Weitere Informationen: 
Pressemitteilung zur Berufung von Professorin Dr. med. Sabine Oertelt-Prigione.

Kontakt:
Prof’in med.  Sabine Oertelt-Prigione, Universität Bielefeld
Medizinische Fakultät OWL
Telefon:  0521 106-86621  
E-Mail: sabine.oertelt-prigione@uni-bielefeld.de  

Große Fischmännchen haben Vorteile bei der Fortpflanzung (Nr. 51/2021)

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Bielefelder Forschende präsentieren Übersichtsstudie zu Moskitofischen

Bei Moskitofischen aus der Gattung Gambusia sind die Männchen kleiner als die Weibchen – manchmal nur halb so groß. Biolog*innen sind bisher davon ausgegangen, dass kleinere Männchen zumindest teilweise Vorteile bei der Fortpflanzung haben. Forschende des Transregio-Sonderforschungsbereichs NC³ der Universität Bielefeld haben nun in einer Übersichtsarbeit nachgewiesen, dass sich größere Moskitofischmännchen jedoch besser fortpflanzen können: Sie können sich zum Beispiel besser gegen Rivalen durchsetzen, produzieren mehr Spermien und werden von den Weibchen bevorzugt. Ihre Ergebnisse stellen die Wissenschaftler*innen heute (07.07.2021) in der Fachzeitschrift Journal of Animal Ecology vor.

Prof. Dr. Klaus Reinhold (li.) und Dr. Alfredo Sánchez-Tójar vom Transregio-Sonderforschungsbereich NC³ haben die Größe männlicher Moskitofische in einer Übersichtsarbeit untersucht. Foto: Universität Bielefeld
Prof. Dr. Klaus Reinhold (li.) und Dr. Alfredo Sánchez-Tójar vom Transregio-Sonderforschungsbereich NC³ haben die Größe männlicher Moskitofische in einer Übersichtsarbeit untersucht. Foto: Universität Bielefeld
Moskitofische sind kleine, farblich unscheinbare Fische der Gattung Gambusia, die etwa 45 Arten umfasst. Während die Weibchen bis zu sieben Zentimeter groß werden, sind die Männchen oft nur knapp vier Zentimeter lang, ihre Größe variiert jedoch. Diese Fische werden deswegen häufig herangezogen, um Selektion nach Körpergröße zu erforschen. „Obwohl schon in vielen Studien untersucht wurde, ob die Körpergröße der Männchen Vorteile bei der Fortpflanzung bringt, sind die Ergebnisse widersprüchlich“, sagt der Biologe Dr. Alfredo Sánchez-Tójar, der sich am Transregio-Sonderforschungsbereich NC³ (SFB-TRR 212) in einem Teilprojekt mit der Verhaltensökologie individualisierter Nischen vor dem Hintergrund von Metaanalysen beschäftigt (Teilprojekt D05). 

Studien zeigen zwar, dass größere Männchen ihre Rivalen besser vertreiben können und Weibchen bei der Paarung größere Männchen bevorzugen. Allerdings umgehen männliche Moskitofische in der Regel die Kooperation des Weibchens und erzwingen die Besamung. Weil kleine Männchen wendiger sind und länger unentdeckt bleiben, sind sie in solchen Paarungstechniken erfolgreicher.

Für ihre Übersichtsarbeit haben die NC³ -Wissenschaftler*innen 36 Einzelstudien ausgewertet, in denen der Zusammenhang zwischen der Körpergröße männlicher Gambusen und ihrer Fortpflanzungsleistung untersucht wurde. „Wir zeigen mit unserer Arbeit, dass sich größere Gambusen-Männchen tatsächlich besser fortpflanzen können als kleinere Exemplare. Dieser Zusammenhang ist überraschend – wir sind davon ausgegangen, dass die Vorteile kleiner Männchen eher überwiegen“, sagt Sánchez-Tójar.

„Die Metaanalyse fasst langjährige Forschung zu diesem Thema zusammen und ermöglicht Biolog*innen, in Zukunft weitere Fragestellungen zu untersuchen. Solche Übersichtsarbeiten werden immer wichtiger, auch weil die wissenschaftliche Literatur zunehmend anwächst“, sagt Professor Dr. Klaus Reinhold von der Fakultät für Biologie. Er leitet die Forschungsgruppe Evolutionsbiologie sowie das NC³ -Teilprojekt D05. Reinhold und Sánchez-Tójar haben die Übersichtsarbeit gemeinsam mit zwei weiteren Forschenden erstellt: Dr. Nicholas Patrick Moran vom Nationalen Institut für Meeresressourcen (DTU Aqua) an der Technischen Universität Dänemark und Bora Kim vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Kim und Moran waren beide zuvor am Sonderforschungsbereich NC³ tätig.

Ein Moskitofischmännchen (Gambusia holbrooki) versucht das größere Weibchen zu besamen. Foto: Andrew Kahn
Ein Moskitofischmännchen (Gambusia holbrooki) versucht das größere Weibchen zu besamen. Foto: Andrew Kahn
In ihre Metaanalyse haben die Wissenschaftler*innen auch Studien einbezogen, in denen der Zusammenhang zwischen Körpergröße und Fortpflanzungsleistung nicht Teil der Forschungsfrage war, aber dennoch erhoben wurde. Ihre Hypothesen und Vorgehensweisen haben sich die Forschenden schon im Vorfeld, getrennt von der eigentlichen Analyse, überlegt. „Solche Strategien sind wichtig, damit eine Übersichtsarbeit aussagekräftig wird und die Ergebnisse möglichst unvoreingenommen sind“, sagt Sánchez-Tójar.

Die untersuchten Studien messen die Fortpflanzungsleistung auf unterschiedliche Art und Weise: Erhoben wird zum Beispiel, welche Männchen von weiblichen Gambusen bevorzugt werden, ob die Paarung erfolgreich ist und ob sie zur Vaterschaft führt, oder wie hoch die Quantität und Qualität des Spermas ist. „Unsere Arbeit zeigt, dass der positive Zusammenhang zwischen Fortpflanzungsleistung und Körpergröße in all diesen Bereichen robust ist“, sagt Sánchez-Tójar. Den größten Effekt gibt es bei der Weibchenwahl: Je größer die Männchen sind, desto eher paaren sich die Weibchen mit ihnen. Dieser Effekt verstärkt sich, je mehr Männchen um das Weibchen werben. „Das ist besonders interessant, weil der Einfluss der Weibchenwahl bei Moskitofischen bisher eher vernachlässigt wurde und der Fokus oft auf der erzwungenen Besamung lag“, so Sánchez-Tójar.

Die Wissenschaftler*innen hoffen, mit ihrer Arbeit einen Einfluss auf die zukünftige Forschung zu haben. „Für manche Kategorien der Fortpflanzungsleistung sind die Ergebnisse sehr heterogen. Das hat auch mit dem Design der Studien zu tun. Teilweise ist die experimentelle Umgebung nicht komplex genug, zum Beispiel weil Vegetation fehlt oder Temperaturen und Lichtperioden unrealistisch sind“, sagt Kim, die Erstautorin der Studie. Moran ergänzt: „Die Übersichtsarbeit bildet eine gute Grundlage, um die Forschungsfragen und Methoden zu präzisieren.“

Das Teilprojekt D05 hat das Ziel, solche Übersichtsarbeiten zu den Themen des Transregio-Sonderforschungsbereichs NC³ zu erstellen. NC³ steht für „Niche Choice, Niche Conformance, Niche Construction“ (Nischenwahl, Nischenanpassung, Nischenkonstruktion). Der Sonderforschungsbereich, der an den Universitäten Bielefeld, Münster und Jena angesiedelt ist, untersucht ökologische Nischen auf der individuellen Ebene und verknüpft dazu Verhaltensbiologie, Ökologie und Evolutionsbiologie mit theoretischer Biologie und Philosophie. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert NC³ seit Januar 2018 für zunächst vier Jahre mit rund 8,5 Millionen Euro.

Originalveröffentlichung:
Bora Kim, Nicholas Patrick Moran, Klaus Reinhold, Alfredo Sánchez-Tójar: Male size and reproductive performance in three species of livebearing fishes (Gambusia spp.): a systematic review and meta-analysis. Journal of Animal Ecology, https://doi.org/10.1111/1365-2656.13554, veröffentlicht am 7. Juli 2021.

Kontakt:
Dr. Alfredo Sánchez-Tójar, Universität Bielefeld
Fakultät für Biologie
Telefon: 0521 106-2727

Universität schließt erste Lehrpraxenverträge in Ostwestfalen-Lippe (Nr. 52/20

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Für die Stärkung der Allgemeinmedizin in OWL

Für die Ausbildung von Medizinstudierenden hat die Universität Bielefeld Ende Juni erste Verträge mit hausärztlichen Praxen in Ostwestfalen-Lippe unterzeichnet. Die Studierenden wer-den dort ab dem 2. Fachsemester, das heißt ab Frühjahr 2022, in Praktika und im Unterricht mit Patient*innen ausgebildet und erleben so unter anderem den hausärztlichen Alltag und die Lebensrealität chronisch kranker Menschen über das gesamte Medizinstudium hinweg. Ein Team der Medizinischen Fakultät OWL hat die ersten Lehrpraxen in Detmold und Bielefeld besucht.


„Uns geht es darum, die Zukunft der Allgemeinmedizin in Ostwestfalen-Lippe zu sichern“, schildert Dr. Sabine Lankes, Fachärztin für Allgemeinmedizin in Bielefeld-Brackwede ihre Motive einen Vertrag als Lehrpraxis einzugehen. „Wir wollen Begeisterung für unser Fach wecken und uns für den Nachwuchs engagieren“, ergänzt ihr Mann Dr. Hans-Georg Lankes, Facharzt für Innere Medizin. Sie sind bereits seit 2016 Lehrpraxis der Ruhr-Universität Bochum, diabetologische Schwerpunktpraxis und bieten nicht nur Praktikant*innen sondern auch Ärzt*innen in Weiterbildung einen Platz. In Brackwede gebe es noch weitere Praxen für Allgemeinmedizin, die über kurz oder lang eine Nachfolgeregelung treffen müssen. „Vielleicht finden die Studierenden während der Blockpraktika Gefallen am Beruf als Hausärztin oder Hausarzt und lassen sich hier in der Region nieder“, sagt Hans-Georg Lankes.

In der Gemeinschaftspraxis Faust, Ferekidis und Gottschalk in Detmold (v.l.): Bettina Lee-uw, Universität Bielefeld, Dr. Christiane Fereki-dis, Arne Faust und Dr. Anja Bittner, Studiende-kanin an der Medizinischen Fakultät OWL der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld/O. Krato
In der Gemeinschaftspraxis Faust, Ferekidis und Gottschalk in Detmold (v.l.): Bettina Leeuw, Universität Bielefeld, Dr. Christiane Ferekidis, Arne Faust und Dr. Anja Bittner, Studiende-kanin an der Medizinischen Fakultät OWL der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld/O. Krato
Arne Faust (51), Allgemeinmediziner in Detmold, formuliert es ähnlich: „Wir bilden seit zehn Jahren angehende Medizinerinnen in Kooperation mit der Medizinischen Hochschule Hannover aus. Da wir großen Nachwuchsmangel in Ostwestfalen-Lippe spüren, ist es für uns selbstverständlich auch Studierende der Universität Bielefeld aufzunehmen.“ Zusammen mit seiner allgemeinmedizinischen Kollegin Dr. Christiane Ferekidis (52), einer weiteren Allgemeinmedizinerin und einem Internisten decken sie zu viert in ihrer Gemeinschaftspraxis ein breites Behandlungsspektrum ab. Spezialisiert sind sie auf Palliativmedizin, Chirotherapie, Rettungsmedizin, Suchtmedizin und kardiologische Erkrankungen.

“Klinikärztinnen und -ärzten fehlt manchmal die hausärztliche Perspektive“, schildert Arne Faust. Das möchte er ändern und dazu beitragen, dass angehende Ärztinnen und Ärzte in Bielefeld die Chance bekommen, die ambulante Medizin in all ihren Facetten kennenzulernen. „Für uns ist es spannend, die Studierenden über längere Zeit zu begleiten und ihre Entwicklung mitbekommen zu können“, erklärt Christiane Ferekidis.

Diese ersten beiden Lehrpraxen hat jeweils ein Team der Medizinischen Fakultät besucht, die Räumlichkeiten angeschaut und die beginnende Zusammenarbeit besprochen: „Ein kollegialer Austausch auf Augenhöhe ist mir wichtig. Nach Möglichkeit möchte ich gern alle hinzu-kommenden Lehrpraxen in OWL besuchen. Wir sind dankbar für die Kooperation und setzen auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Lehrpraxen-Netzwerk“, betont Professorin Christiane Muth, die an der Medizinischen Fakultät OWL die Arbeitsgruppe für Allgemein- und Familienmedizin leitet und aufbaut. „Für unsere Studierenden ist es ein tolles Signal, dass sich schon jetzt so viele Praxen für die Mitwirkung an der Medizinischen Ausbildung in OWL interessieren. Unser Lehrkonzept sieht eine Stärkung der ambulanten Medizin vor – das schaffen wir natürlich nur gemeinsam mit den niedergelassenen Kolleg*innen.“, ergänzt Studiendekanin Dr. Anja Bittner.

Lehrpraxennetzwerk der Medizinischen Fakultät OWL

So, wie die Praxis der Lankes in Brackwede und die Gemeinschaftspraxis Faust, Ferekidis und Gottschalk in Detmold, haben aktuell etwa 60 Praxen einen Vertrag von der Universität Bielefeld erhalten. Bis 2025 soll das Netzwerk auf insgesamt 300 Lehrpraxen anwachsen. Alle Lehrärzt*innen werden in grundlegenden didaktischen Fähigkeiten geschult und in einem weiteren allgemeinmedizinisch ausgerichteten Didaktik-Workshop spezifisch auf die Lehr-Lern-Situation in der Hausarztpraxis vorbereitet.

Zudem fand am 30. Juni das erste  Treffen der Lehrpraxen der Medizinischen Fakultät OWL statt. Es war mit mehr als 40 teilnehmenden Ärzt*innen aus Ostwestfalen-Lippe gut besucht und wurde sehr positiv bewertet. In ihrem  Vortrag zum Thema „Anatomie trifft Allgemeinmedizin: A blind date? Moderne Lehrkonzepte im Bielefelder Modellstudiengang.“ stellten Professor Dr. Björn Spittau, Leitung der Arbeitsgruppe (AG) Anatomie und Zellbiologie an der Universität Bielefeld, und Christiane Muth, Leitung der AG Allgemein- und Familienmedizin, anhand von Beispielen dar, wie die fächerübergreifende Lehre im Modellstudiengang in Bielefeld konzipiert ist. In Kleingruppen haben die Hausärzt*innen ihre praxisbezogenen Fragen aufgezeigt und wertvolle Impulse zur weiteren Ausgestaltung der Lehrveranstaltungen anbringen können.

Informieren und bewerben können sich weitere interessierte Hausarztpraxen, auch kleinere Praxen, der Allgemeinmedizin, hausärztliche Internist*innen und Pädiater*innen online: www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/medizin/ambulante-medizin/lehrpraxen/
Fragen, die die Internetseite nicht beantwortet, können gestellt werden an: lehrpraxen.medizin@uni-bielefeld.de

61 Nachwuchswissenschaftler*innen aus dem Corona-Nachwuchsfonds gefördert (Nr. 53/2021)

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Universität bietet konkrete Hilfe für coronabedingte Ausfälle

Der Bielefelder Nachwuchsfonds unterstützt in seiner Corona-Sonderförderlinie 61 Nachwuchswissenschaftler*innen der Universität Bielefeld finanziell. „Wir möchten den Druck und die Unsicherheit in dieser Ausnahmesituation zumindest ein Stück weit reduzieren, indem wir konkrete Hilfen für coronabedingte Ausfälle anbieten“, erklärt Professorin Dr. Marie I. Kaiser, die Prorektorin für Personalentwicklung und Gleichstellung. Mehr als 370.000 Euro wurden Ende Juni 2021 dafür bewilligt.

Die Kosten für die Förderung werden zur Hälfte vom Rektorat und zur Hälfte von den Fakultäten übernommen. „Das ist ein großartiges Ergebnis für die gesamte Organisation, die im Sinne der Menschen sehr gut zusammengearbeitet hat“, betont Kaiser. „Mein Dank gilt insbesondere den Fakultäten.“

Marie I. Kaiser, Prorektorin für Personalentwicklung und Gleichstellung, hat den Corona-Nachwuchsfonds initiiert. Foto: Universität Bielefeld/J.Dieckmann
Marie I. Kaiser, Prorektorin für Personalentwicklung und Gleichstellung, hat den Corona-Nachwuchsfonds initiiert. Foto: Universität Bielefeld/J.Dieckmann
Für die Forschenden, die coronabedingt ihre Forschungs- bzw. Qualifikationsvorhaben nicht wie geplant durchführen konnten, wurden drei verschiedene Maßnahmen (Reisemittel, Sachmittel, Stipendium) ausgeschrieben. Der Antrag konnte niedrigschwellig gestellt werden, um möglichst vielen Betroffenen Hilfe anbieten zu können und nicht durch ein kompliziertes Antragsverfahren abzuschrecken. Ein kompakter Antrag und eine Bestätigung des betreuenden Doktorvaters oder der Doktormutter genügten.

Dr. Milan Dransmann, Dr. Rebecca Nagel und Tabea Weber und sind drei der Stipendiat*innen:

Postdoktorand Milan Dransmann kann mit der Förderung seine Sportstudien mit Gefangenen fortführen und gleichzeitig mehr bei der Familie sein. Foto: Sarah Jonek
Postdoktorand Milan Dransmann kann mit der Förderung seine Sportstudien mit Gefangenen fortführen und gleichzeitig mehr bei der Familie sein. Foto: Sarah Jonek

Sportstudien mit Gefangenen
Dr. Milan Dransmann ist Postdoktorand in der Sportwissenschaft und analysiert in seinem Projekt, was Sport für Gefangene in deutschen Justizvollzugsanstalten bedeutet und was er bewirkt. Die Erhebungen konnte er aufgrund der Corona-bedingten Einschränkungen in den letzten Monaten nur zum Teil durchführen. Hinzu kam, dass er auch seine beiden Kinder (drei und fünf Jahre alt) während des Lockdowns betreuen musste. Mit der Förderung durch den Bielefelder Nachwuchsfonds in Höhe von knapp 5.000 Euro soll eine wissenschaftliche Hilfskraft für ein Jahr mit sechs Wochenstunden finanziert werden, um das geplante Training in den Justizvollzugsanstalten durchführen zu können. „So bekomme ich Unterstützung für die Trainings, für die Testungen und Befragungen vor Ort. Ich muss nicht immer selbst vor Ort sein und bin entsprechend zeitlich flexibler. So kann ich mich unter anderem mehr auf die Auswertungen und Veröffentlichungen fokussieren. Auch kann ich die frühen Abendstunden, in denen zumeist das Training stattfindet, für uns als Familie nutzen.“

Postdoktorandin Rebecca Nagel musste in der Corona-Zeit zunächst aus der Antarktis zurückkehren, so wie ihre Proben. Jetzt möchte sie mit dem Geld ihr Forschungsprojekt an Seebären abschließen. Foto: Karla Fritze
Postdoktorandin Rebecca Nagel musste in der Corona-Zeit zunächst aus der Antarktis zurückkehren, so wie ihre Proben. Jetzt möchte sie mit dem Geld ihr Forschungsprojekt an Seebären abschließen. Foto: Karla Fritze
Mit dem Schiff aus der Antarktis zurückgesegelt
Dr. Rebecca Nagel ist Postdoktorandin in der Biologie und war im Feldeinsatz in der Antarktis-Region, als die Pandemie begann, und hatte aufgrund der Einstellung des Flugverkehrs und der Grenzschließung erhebliche Probleme, wieder zurückzukommen. Sie ist schließlich per Schiff aus der Antarktis-Region zurück gesegelt, elf Wochen lang, von März bis Juni 2020. Darüber hinaus hatte sie mit dem verzögerten Eingang ihrer Proben durch beschränkte Transportmöglichkeiten, sowie geschlossene Labore zu kämpfen. Sie erhält ein Stipendium über sechs mal 2.000 Euro. „Damit werde ich die Möglichkeit haben, die restliche Proben, die ich zusammen mit zwei Feldassistenten von antarktischen Seebären gesammelt habe, analysieren und auswerten zu können. Insbesondere habe ich dank des Stipendiums genügend Zeit, ein Kollaborationsprojekt mit dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin abzuschließen. Zusammen arbeiten wir daran, das Immunprofil des Seebären zu erstellen. Die Seebär-Population ist in den vergangenen 30 Jahren deutlich kleiner geworden und kämpft immer häufiger mit Nahrungsmittelknappheit. Das Projekt wird uns Auskunft über den Einfluss von zum Beispiel Populationsdichte und Ernährungszustand auf die Erkrankungs- und Infektionsrate innerhalb der Population geben“, so Nagel.


Tabea Weber möchte mit der Förderung ihre Promotion abschließen, die sich durch den Lockdown und das Homeschooling der drei Kinder verzögert hat. Foto: Privat
Tabea Weber möchte mit der Förderung ihre Promotion abschließen, die sich durch den Lockdown und das Homeschooling der drei Kinder verzögert hat. Foto: Privat
Promovieren mit drei kleinen Kindern
Tabea Weber schreibt ihre Dissertation an der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft im Homeoffice zwischen Teilzeitstelle und Kindern. Vom ersten Lockdown im März 2020 bis Ende Mai 2021 betreute sie abwechselnd mit ihrem Mann gleichzeitig ihre zweijährige Tochter und das Homeschooling ihrer siebenjährigen Zwillinge. „Die meiste Zeit beschäftigte ich entweder meine jüngste Tochter, begleitete das Homeschooling der Zwillinge oder tat beides gleichzeitig. Besonders schriftliche Arbeit, die mehr Konzentration und Kreativität als kurzzeitige Videokonferenzen oder Administratives erforderte, konnte nicht einfach nebenherlaufen und musste in den sehr frühen Morgen- oder den späten Abendstunden stattfinden. Ich war sehr froh über das Privileg, in dieser herausfordernden Zeit lange im Homeoffice sein zu dürfen, doch das alles hat den Zeitplan für die Dissertation natürlich gehörig durcheinandergewirbelt und war auch finanziell eine Herausforderung.“ Ein Lehrauftrag der Universität endete im Corona-Lockdown, eine Drittmittelprojektstelle an einer anderen Hochschule läuft am Ende dieses Sommers aus. Tabea Weber erhält zum Abschluss ihrer Promotion ein Stipendium über viermal 1.250 Euro. „Das hilft mir, trotz immenser Zeitverluste mein Projekt abschließen zu können. Ich habe nicht mit dem Geld gerechnet und bin sehr dankbar für diese Unterstützung.“

Weitere Informationen: 
Informationen zum Bielefelder Nachwuchsfonds

Personalnachrichten aus der Universität Bielefeld (Nr. 54/2021)

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•    Professorin Dr. Julia Roth neue Direktorin des CIAS
•    Professorin Dr. Petra Kolip beim RKI im Amt bestätigt
•    Professor Dr. Helge Ritter weitere Amtszeit im DFG-Senat
•    Professorin Dr. Dorothee Staiger in DFG-Bewilligungsausschuss gewählt


Prof'in Dr. Julia Roth, Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Prof'in Dr. Julia Roth, Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Professorin Dr. Julia Roth (44) ist im Juni zur neuen Direktorin des CIAS gewählt worden. Das Center for InterAmerican Studies (CIAS) ist eine fakultätsübergreifende Einrichtung der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie sowie der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft an der Universität Bielefeld, die sich in Forschung und Lehre mit dem amerikanischen Doppelkontinent auseinandersetzt. Julia Roth ist seit Oktober 2018 Professorin für American Studies mit dem Fokus auf Gender Studies an der Universität Bielefeld.


Prof'in Dr. Petra Kolip, Foto: Universität Bielefeld/K. Biller
Prof'in Dr. Petra Kolip, Foto: Universität Bielefeld/K. Biller
Professorin Dr. Petra Kolip (59), Studiendekanin der Fakultät für Gesundheitswissenschaften und AG-Leiterin Prävention und Gesundheitsförderung, wurde auf der Junisitzung erneut als Stellvertretende Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats des Robert Koch-Instituts (RKI) für die Amtsperiode 2021 bis 2024 gewählt. Der Wissenschaftliche Beirat berät das RKI in fachlichen und wissenschaftlichen Fragen und bei der Entwicklung mittel- und langfristiger Ziele sowie bei der Optimierung der Institutsorganisation. Seit 2009 ist Petra Kolip Professorin  für Prävention und Gesundheitsförderung an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld.


Prof. Dr. Helge Ritter, Foto: Univeresität Bielefeld/CITEC
Prof. Dr. Helge Ritter, Foto: Univeresität Bielefeld/CITEC
Professor Dr. Helge Ritter (63) ist für eine weitere Amtszeit in den Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gewählt worden. Er vertritt den Bereich Systemtechnik. Der Senat ist zuständig für alle wesentlichen Entscheidungen in der Forschungsförderung im Vorfeld der konkreten Förderentscheidung sowie für alle wesentlichen Entscheidungen zur Gestaltung des Begutachtungs-, Bewertungs- und Entscheidungsverfahrens. Professor Helge Ritter arbeitet seit 1990 im Bereich Neuroinformatik an der Universität Bielefeld und ist Koordinator des Center for Cognitive Interaction Technology (CITEC).

Prof'in Dr. Dorothee Staiger, Foto: Universität Bielefeld
Prof'in Dr. Dorothee Staiger, Foto: Universität Bielefeld
Professorin Dr. Dorothee Staiger (61) ist vom Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zum Mitglied des Senatsausschusses für die Sonderforschungsbereiche und damit zugleich zum wissenschaftlichen Mitglied des Bewilligungsausschusses für Sonderforschungsbereiche gewählt worden. Die Wahl gilt für beide Gremien ab 1. Juli 2021 bis zum 30. Juni 2024. Dorothee Staiger ist seit 2002 Professorin an der Universität Bielefeld und leitet die Arbeitsgruppe RNA Biologie und Molekulare Physiologie.

Warum 2D-Materialien schmelzen, wenn es kalt wird (Nr. 55/2021)

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Bielefelder Forschende mit Studie zu Mobilisierung durch Kühlen

Das Eis am Stiel in der Sommerhitze, der zugefrorene See im Frühling –üblicherweise schmelzen Materialien, wenn sie wärmer werden. Dabei werden kleine Teilchen wie Atome und Moleküle mobil: Sie sind nicht mehr an einem festen Ort verankert, sondern können sich ungeordnet bewegen. Wissenschaftler*innen der Fakultät für Chemie der Universität Bielefeld haben nun gezeigt, dass dieser Prozess auch umgekehrt funktioniert: Molybdänacetat-Moleküle, die bei Zimmertemperatur eine geordnete Struktur auf der Oberfläche von Kupfer bilden, werden nicht durch Erwärmen, sondern durch Kühlen mobil. Ihre Ergebnisse präsentieren sie heute (16.07.2021) im Fachmagazin Angewandte Chemie. Die Arbeit ist in Kooperation mit Forschenden der Universitäten Mainz und Kaiserslautern entstanden.


Prof’in Dr. Angelika Kühnle untersucht in einer neuen Studie, wie Moleküle durch Kühlen mobil werden. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Prof’in Dr. Angelika Kühnle untersucht in einer neuen Studie, wie Moleküle durch Kühlen mobil werden.
Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
„Dass Moleküle durch Kühlen mobil werden, scheint zunächst paradox – normalerweise passiert das durch Erwärmen“, sagt Professorin Dr. Angelika Kühnle, die die Arbeitsgruppe Physikalische Chemie I an der Fakultät für Chemie leitet. Tatsächlich wurde der umgekehrte Vorgang aber schon lange vorhergesagt. „Bereits 1903 hat Gustav Tammann, Chemiker an der Universität Göttingen, über diesen Vorgang spekuliert und ihn ‚inverses Schmelzen‘ genannt.“ Bisher wurde inverses Schmelzen nur in speziellen Situationen beobachtet: zum Beispiel unter extremen Bedingungen wie hohem Druck oder für besondere Materialien wie Helium. Andere Materialien, etwa Metalllegierungen, können durch Kühlen zwar von einem geordneten in einen ungeordneten Zustand übergehen – wie beim Schmelzen –, die Teilchen werden jedoch nicht mobil.

„Wir zeigen, dass Moleküle durch Kühlen nicht nur ungeordnet, sondern tatsächlich mobil werden können“, sagt Kühnle. Dazu verwenden die Wissenschaftler*innen die Verbindung Molybdänacetat. Bei Zimmertemperatur bilden Molybdänacetat-Moleküle, die in einer einlagigen Schicht auf einer Kupferoberfläche aufgebracht werden, eine geordnete Struktur. Solche zweidimensionalen Systeme haben auch andere Forschende schon untersucht. Sie konnten die Mobilisierung der Moleküle aber nicht eindeutig nachweisen. Dies ist Kühnles Team in Zusammenarbeit mit Forschenden der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Technischen Universität Kaiserslautern nun gelungen. „Weil strenggenommen nur dreidimensionale Materialien schmelzen können, nennen wir den Vorgang Mobilisierung durch Kühlen“, sagt Kühnle.

Bei minus 50 Grad werden die Molybdänacetat-Moleküle mobil
„Für unsere Studie haben wir das System aus Kupfer und Molybdänacetat auf ungefähr minus 50 Grad Celsius gekühlt. Dabei konnten wir beobachten, dass sich die geordnete Struktur auflöst und die Molybdänacetat-Moleküle mobil werden“, sagt Dr. Simon Aeschlimann, der in Kühnles Arbeitsgruppe geforscht hat und Erstautor der veröffentlichten Studie ist. Bei Zimmertemperatur stehen die Molybdänacetat-Moleküle aufrecht und reihen sich in Ketten aneinander. Bei minus 50 Grad Celsius zerfällt diese Kettenstruktur in einigen Bereichen: Moleküle lösen sich von den Enden der Ketten ab und lagern sich an einer anderen Stelle wieder an, oder bilden nur noch einzelne gekrümmte Ketten.

Die Voraussetzung dafür, dass ein System durch Kühlen von einer geordneten in eine mobile Phase übergeht, ist eine Verringerung der Entropie. Die Entropie ist ein Maß für die Anordnungs- und Bewegungsmöglichkeiten, die Atome oder Moleküle in einem System haben. Normalerweise nimmt die Entropie zu, wenn sich eine geordnete Struktur auflöst, weil die einzelnen Teilchen mehr Möglichkeiten haben: Sie können sich zum Beispiel in verschiedenen Richtungen bewegen, statt einen festen Platz einzunehmen. „Das passiert üblicherweise beim Schmelzen, etwa bei Metallen: Die geordnete Struktur löst sich auf, die Metallatome können sich hin und her bewegen und die Entropie des Systems steigt“, sagt Kühnle.

Im Molybdänacetat-Kupfer-System tragen jedoch nicht nur die Möglichkeiten, sich in die verschiedenen Raumrichtungen zu bewegen, zur Entropie bei. „Ein Molybdänacetat-Molekül, das in einer Kettenstruktur angeordnet ist, hat zwar keine Möglichkeit, seinen Platz zu verlassen. Aber weil es aufrecht steht und nicht so stark an die Kupferoberfläche gebunden ist, hat es die Möglichkeit, bestimmte Teile von sich zu bewegen – als würde es mit den Ohren wackeln“, sagt Kühnle. In der ungeordneten Phase liegen die Molybdänacetat-Moleküle hingegen flach auf der Oberfläche und sind stärker gebunden. „Jetzt kann das Molekül, um im Bild zu bleiben, auf dem Bauch liegend hin und her robben, aber es kann nicht mehr mit den Ohren wackeln“, so Kühnle. Deswegen nimmt die Entropie des Systems ab, obwohl es in eine mobile Phase übergeht.

Ein Rastertunnelmikroskop erzeugt Bilder der Oberflächenstruktur
Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftler*innen ein Rastertunnelmikroskop genutzt. „Bei der Rastertunnelmikroskopie wird eine winzig kleine Nadel über die Materialien bewegt und der Strom zwischen Nadelspitze und Oberfläche gemessen. Dies erzeugt dann ein Bild der Oberflächenstruktur“, sagt Aeschlimann. Auf den Aufnahmen, die er mit seinen Kolleg*innen erstellt hat, ist erkennbar, dass bei niedrigeren Temperaturen ungeordnete, flockige Bereiche statt einer durchgehenden Kettenstruktur entstehen. Mit Computersimulationen haben die Forschenden diese Untersuchung ergänzt.
Aufnahmen mit dem Rastertunnelmikroskop zeigen, wie Molyb-dänacetat-Moleküle mobil werden: Bei 300 Kelvin (etwa 27 °C, links) sind die Moleküle geordnet, die Vergrößerung (kleiner Kasten) macht die Kettenstruktur sichtbar. Bei 220 Kelvin (etwa -53 °C, rechts) löst sich die Kettenstruktur teilweise auf und auf der Aufnahme sind ungeordnete, flockige Bereiche erkennbar. Foto: Universität Bielefeld/A. Kühnle
Aufnahmen mit dem Rastertunnelmikroskop zeigen, wie Molyb-dänacetat-Moleküle mobil werden: Bei 300 Kelvin (etwa 27 °C, links) sind die Moleküle geordnet, die Vergrößerung (kleiner Kasten) macht die Kettenstruktur sichtbar. Bei 220 Kelvin (etwa -53 °C, rechts) löst sich die Kettenstruktur teilweise auf und auf der Aufnahme sind ungeordnete, flockige Bereiche erkennbar. Foto: Universität Bielefeld/A. Kühnle
Die Wissenschaftler*innen wollen mit ihrer Studie, die das Fachmagazin als besonders wichtige Veröffentlichung eingestuft hat, in erster Linie dazu beitragen, zweidimensionale Systeme und inverse Schmelzvorgänge besser zu verstehen. „Phasenübergänge haben aber häufig auch einen praktischen Nutzen – zum Beispiel wenn Eiswürfel Getränke kühlen oder Latentwärmespeicher Häuser isolieren. Auch für solche Anwendungen sind unsere Forschungen relevant“, so Kühnle.

Originalveröffentlichung:
Simon Aeschlimann, Lu Lyu, Sebastian Becker, Sina Mousavion, Thomas Speck, Hans-Joachim Elmers, Benjamin Stadtmüller, Martin Aeschlimann, Ralf Bechstein, Angelika Kühnle: Mobilization upon Cooling. Angewandte Chemie, doi.org/10.1002/anie.202105100, Artikel der Print-Ausgabe vorab online veröffentlicht am 16. Juli 2021

Kontakt:
Prof’in Dr. Angelika Kühnle, Universität Bielefeld
Fakultät für Chemie
Telefon: 0521 106-2045
E-Mail: angelika.kuehnle@uni-bielefeld.de

Wie intelligente Assistenz Auszubildende unterstützen kann (Nr. 56/2021)

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Institut CoR-Lab koordiniert neues Projekt des Spitzenclusters it’s OWL

Ein neuer Forschungsverbund untersucht den Einsatz von intelligenten Technologien in der Ausbildung technischer Berufe. Erforscht wird zum Beispiel: Wie können Auszubildende beim Lernen durch intelligente Assistenzsysteme unterstützt werden? Wie verändert sich die Ausbildung dadurch? Und wie verändern sich die Anforderungen an die Ausbilder*innen? Das Projekt heißt iAtA (intelligente Assistenz in der technischen Ausbildung). Koordiniert wird es vom Forschungsinstitut CoR-Lab der Universität Bielefeld, beteiligt sind insgesamt fünf Partner. Das Projekt gehört zum Spitzencluster Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe (it’s OWL). Mit 1,1 Millionen Euro wird es über drei Jahre finanziert. 

Prof. Dr. Günter Maier von der der Universität Bielefeld forscht zum Thema Arbeit 4.0. Der Arbeits- und Organisationspsychologe ist Sprecher des neuen Forschungsverbundes iAtA.Foto: Universität Bielefeld
Prof. Dr. Günter Maier von der der Universität Bielefeld forscht zum Thema Arbeit 4.0. Der Arbeits- und Organisationspsychologe ist Sprecher des neuen Forschungsverbundes iAtA.Foto: Universität Bielefeld
In dem Projekt forschen vier Teams der Universität Bielefeld – sie kommen aus den Forschungsgruppen des Arbeits- und Organisationspsychologen Professor Dr. Günter W. Maier, des Informatikers Dr.-Ing. Sebastian Wrede und der Bildungspsycholog*innen Professorin Dr. Kirsten Berthold und Dr. Markus Hefter. Zum Konsortium des Projekts gehören außerdem Prof. Dr.-Ing. Dr. Dr. Carsten Röcker vom Fraunhofer-Institut IOSB-INA (Lemgo) und die Unternehmen Miele (Gütersloh), Böllhoff (Bielefeld) und Phoenix Contact (Blomberg).

Einige digitale Assistenzsysteme vereinfachen schon heute den Arbeitsalltag. Ein Beispiel dafür sind Extended-Reality-Assistenzsysteme. Sie blenden in Echtzeit hilfreiche Informationen in das Blickfeld der Mitarbeitenden ein. In Bereichen wie der Wartung und Instandhaltung sind solche digitalen Assistenzsysteme bereits etabliert. Jetzt sollen sie auch Teil der Ausbildung werden. 

„Mit der Digitalisierung kommt die Frage auf uns, wie wir unsere Art zu Arbeiten in Zukunft gestalten wollen“, sagt Professor Dr. Günter Maier, Leiter der Arbeitseinheit Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Bielefeld und Sprecher des iAtA-Konsortiums. „Intelligente Assistenzsysteme werden dabei eine entscheidende Rolle spielen. Richtig angewandt versprechen sie, Mitarbeitende deutlich zu entlasten und wesentlich zum Kompetenzerwerb beizutragen.“ 

Das Projekt iAtA hat in diesem Monat seine Arbeit aufgenommen. Ein unabhängiges Gutachtergremium wählte iAtA im vergangenen September als eines von sechs Projekten zur Weiterentwicklung des Spitzenclusters Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe (it’s OWL) aus. Die Auswahl war Teil einer Ausschreibung des Landes Nordrhein-Westfalen. Um die Förderung hatten sich 13 Projekte aus der Region beworben.

„Wir freuen uns sehr darüber, dass das Projekt iAtA für die Förderung ausgewählt wurde“, sagt Günter Maier. „Das gelingt nur Projekten, die besonders innovative Ansätze verfolgen. Durch die Kooperation mit den Unternehmen Miele, Böllhoff und Phoenix Contact können wir unsere Konzepte direkt in der Praxis erproben und die Unternehmen können für sie geeignete neue technologische Entwicklungen in ihre Abläufe übernehmen.“ 

Den regionalen Transfer in andere Unternehmen und Anwendungen unterstützen die OstWestfalenLippe GmbH, Deutsche Angestellten-Akademie (Bielefeld), gpdmProTec und das Berufskolleg Höxter. Sie sind als assoziierte Projektpartner an dem Projekt beteiligt. Zusätzlich soll das Wissen auch mit kleinen und mittelständischen Unternehmen geteilt werden. Dazu sollen die Ergebnisse über Informationsveranstaltungen des it’s OWL-Netzwerks weitergegeben werden.  

Das Spitzencluster it’s OWL ist ein Technologie-Netzwerk für intelligente technische Systeme in der Region Ostwestfalen-Lippe. In dem Cluster arbeiten rund 180 Kooperationspartner aus Universitäten, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen, und Organisationen zusammen, der Schwerpunkt liegt auf der Digitalisierung von mittelständischen Unternehmen.

Weitere Informationen: 

•    „Intelligente Assistenz in der Ausbildung“ (Aktuell-Blog-Beitrag vom 11.09.2020)
•    research_tv-Beitrag zum Thema Arbeit 4.0

•    Website des Forschungsinstituts für Kognition und Robotik (CoR-Lab)

Kontakt:
Prof. Dr. Günter Maier, Universität Bielefeld
Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft
Telefon: 0521 106-6875 
E-Mail: ao-psychologie@uni-bielefeld.de

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