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Reha mit 3D-Technologie und virtueller Realität

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Neues Projekt der Universität Bielefeld in Kooperation mit Bethel

Neurowissenschaftler*innen des Instituts CITEC der Universität wollen mit einem neuen Projekt Betroffene von Muskel-Skelett-Verletzungen unterstützen, schneller wieder fit zu werden. Für ihr System setzen sie 3D-Technologie und virtuelle Realität ein. Das Projekt „Vecury“ wird für eineinhalb Jahre mit 240.000 Euro durch die Förderlinie „Startup-Transfer.NRW“ des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert.


Dr. Rümeysa Gündüz Can und die Doktoranden Miguel Angel Cienfuegos Tellez (li.) und Alessio D’Aquino (re.) wollen mit „Vecury“ die Physiotherapie von Patient*innen unterstützen. Foto: Universität Bielefeld
Dr. Rümeysa Gündüz Can und die Doktoranden Miguel Angel Cienfuegos Tellez (li.) und Alessio D’Aquino (re.) wollen mit „Vecury“ die Physiotherapie von Patient*innen unterstützen. Foto: Universität Bielefeld
Wenig Zeit in der Physiotherapie, Mangel an Anleitung und oft fehlende Motivation verzögern die Erholung der Patient*innen und damit die Rückkehr in den Alltag. Das soll „Vecury“ändern: Dr. Rümeysa Gündüz Can und die Doktoranden Miguel Angel Cienfuegos Tellez und Alessio D’Aquino entwickeln eine Virtual-Reality-Plattform, die auf die individualisierten Bewegungsmöglichkeiten der Patient*innen abgestimmt ist und auf diese Weise ihre Rehabilitation außerhalb der Physiotherapie unterstützt. Dafür arbeiten die Neurowissenschaftler*innen mit den Medizinern Professor Dr. med. Thomas Vordemvenne und Privatdozent Dr. med. Dirk Wähnert von der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Evangelischen Klinikum Bethel zusammen.

Individuelles Physioprogramm für jede*n Patient*in

Rümeysa Gündüz Can und ihre beide Projektmitarbeiter forschen im Arbeitsbereich „Neurokognition und Bewegung – Biomechanik“ unter der Leitung von Professor Dr. Thomas Schack am Center for Cognitive Interaction Technology (CITEC). „Das Bemerkenswerte an Vecury ist, dass das Rehabilitationssystem auf die realen und individuellen Bedürfnisse der Patient*innen zugeschnitten ist und nicht auf abstrakten Modellen basiert“, erklärt Schack.

„Mit unserem System können die Patient*innen selbstständig Bewegungen trainieren, indem sie die in der Rehabilitationseinrichtung durchgeführten Übungen wiederholen“, sagt Dr. Rümeysa Gündüz Can. „Indem das System das Training dokumentiert, gewinnen Ärzt*innen und Physiotherapeut*innen einen objektiven Überblick über den Rehabilitationsfortschritt. Auch die Patient*innen können ihren Genesungsfortschritt kontrollieren.“ Das System stellt sich auf die Nutzer*innen individuell ein. „Zunächst werden die Präferenzen, Erwartungen, Leistungen und die Gesamterfahrung der Patient*innen identifiziert. Damit ist unser System in der Lage, die Art und Intensität des Trainings auf die individuellen Bedürfnisse abzustimmen und das richtige Maß an Herausforderung für die Patient*innen zu bieten“, sagt Gündüz Can.

Zusammenarbeit mit Kliniken

Behandelt werden sollen zunächst vor allem junge Patient*innen, die aufgrund von Unfällen schwere Verletzungen erlitten haben und eine umfassende Rehabilitation benötigen, bevor sie wieder ihrem täglichen Leben nachgehen können. „Die Patient*innen bekommen eine Reihe von Übungen verordnet, die täglich bis zum nächsten Physiotherapiebesuch durchgeführt werden sollen. Im Grunde genommen verbringen die Patient*innen den Großteil der Zeit mit Übungen, die sie ohne Aufsicht durchführen“, sagt Gündüz Can. „Unsere Plattform soll direkt zu Beginn einer Physiotherapie eingeführt werden, sodass die Patient*innen direkt mit einem individuellen Programm ohne medizinische Aufsicht starten können.“ Dafür erfassen die Physiotherapeut*innen den Bewegungsbereich der Patient*innen und erstellen auf diesen Daten aufbauend einen Trainingsplan.

Im vergangenen Jahr entwickelten die Forschenden bereits eine funktionierende Demonstration ihrer Idee, die sie auf Veranstaltungen und Konferenzen in Europa vorstellten. Dafür befragten und testeten sie auch 16 Patient*innen vom Zentrum für ambulante Rehabilitation in Bielefeld und vom Evangelischen Klinikum Bethel am Beginn und am Ende ihrer Rehabilitation. „Obwohl wir keine streng wissenschaftliche Studie durchgeführt haben, waren die Informationen, die wir aus dem Feedback gezogen haben, für unsere Idee sehr wertvoll“, sagt Gündüz Can. „Nun bereiten wir eine Machbarkeitsstudie mit unserem klinischen Partner in Bethel vor. Die Zusammenarbeit mit Bethel ermöglicht es uns, eng mit den Patient*innen zusammenzuarbeiten und Erkenntnisse zu gewinnen, wie die technische Entwicklung unserer Plattform aus ärztlicher Sicht am besten angegangen werden kann.“

Ziel einer marktfähigen medizinischen Plattform 

Zunächst wird das System nur in Kliniken und Krankenhäusern getestet, langfristig soll es aber auch zu Hause angewendet werden können. „Wir sehen definitiv die Möglichkeit einer Heimanwendung, aber wir müssen mit Rechtsexpert*innen die Datensicherheit bewerten“, sagt Gündüz Can. „Außerdem wollen wir so viele Patient*innen und Physiotherapeut*innen wie möglich erreichen, um ihre Meinung zu hören und unsere Idee auf der Grundlage ihrer und unserer Vision dynamisch zu gestalten.“

In den kommenden eineinhalb Jahren streben die Forschenden eine voll funktionsfähige und marktfähige Version ihrer medizinischen Plattform an. Doch danach soll das Projekt Vecury nicht zu Ende sein, so Gündüz Can: „Wir wollen Vecury als ein Unternehmen für digitale Medizintechnik in Deutschland etablieren und innerhalb der nächsten fünf Jahre weitere europäische Märkte erreichen. Mit Bethel haben wir bereits eine gute Zusammenarbeit geschaffen, die wir unter Einbeziehung verschiedener Interessengruppen wie Krankenkassen und wissenschaftlicher Partner ausbauen wollen.“

Förderung als wissenschaftliches Startup

Der Projektname „Vecury“ steht für „Virtual Reality Platform for the Motor Rehabiliation of Upper-Limb Impairments“ (Virtual-Reality-Plattform für die Bewegungsrehabilitation bei Beeinträchtigungen der oberen Gliedmaßen). Das Projekt wird ab Mai über das Programm Startup-Transfer.NRW unterstützt. Die Förderlinie des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen soll junge Wissenschaftler*innen bei ihren ersten unternehmerischen Erfahrungen unterstützen. Gefördert werden vor allem innovative Geschäftsideen im Bereich Digitales, die ein tragfähiges Geschäftskonzept vorweisen können. Auf diese Weise geförderte Startups können bis zu 240.000 Euro für einen Zeitraum von 18 Monaten erhalten, um ihre Idee zu entwickeln und ihr Unternehmen am Ende des Projekts zu gründen.

Mit einer Virtual-Reality-Brille üben die Patient*innen zum Beispiel das Greifen. Foto: Universität Bielefeld
Mit einer Virtual-Reality-Brille üben die Patient*innen zum Beispiel das Greifen. Foto: Universität Bielefeld

 


 

 

 

 

Kontakt:
Dr. Rümeysa Gündüz Can, Universität Bielefeld
Center for Cognitive Interaction Technology (CITEC)
Telefon: 0521-106 5129
E-Mail: ruemeysa.guenduez@uni-bielefeld.de    
 


Personalnachrichten aus der Universität Bielefeld (Nr. 25/2020)

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•    Professor Dr. Thomas Faist in Akademie der Wissenschaft und der Künste NRW gewählt
•    Professorin Dr. Doris Schaeffer und Dr. Orkan Okan neu in WHO-Gremium für Gesundheitskompetenz
•    Professor Keyvan Bozorgmehr im Lenkungsausschuss für Global Health-Forschung
•    Dr. h.c. Jürgen Simm erneut in den Stiftungsrat der Europa-Universität Viadrina berufen


Professor Dr. Thomas Faist, Foto: Universität Bielefeld
Professor Dr. Thomas Faist, Foto: Universität Bielefeld
Professor Dr. Thomas Faist, Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld, gehört zu den 15 Mitgliedern, die die Akademie der Wissenschaften und der Künste Nordrhein-Westfalen seit heute neu aufgenommen hat. Er ist seit 2004 Professor für Transnationale Beziehungen, Entwicklungs- und Migrationssoziologie an der Universität Bielefeld. Faist hat in Tübingen studiert, erhielt 1992 den PhD-Grad in Politikwissenschaft an der New School for Social Research in New York (USA) und habilitierte sich an der Universität Bremen 1999. Er hatte mehrere Gastprofessuren inne, unter anderem an der Malmö University (Schweden) und an der University of Toronto (Kanada). Die Schwerpunkte seiner Forschung liegen in den Bereichen internationale Migration, Integration ethnischer und nationaler Minderheiten, Staatsbürgerschaft, Sozialpolitik und Entwicklungspolitik. Er ist Mitglied im Rat für Migration. Die feierliche Aufnahme der neuen Mitglieder in die Akademie erfolgt traditionell im Rahmen der Jahresfeier. Die für heute (06.05.2020) geplante Veranstaltung muss aber aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden.



Prof. Dr. Kayvan Bozorgmehr, Foto: Universitäöt Bielefeld
Prof. Dr. Kayvan Bozorgmehr, Foto: Universitäöt Bielefeld
Professor Dr. Kayvan Bozorgmehr, ist in das Steering Committee der „German Alliance for Global Health Research“ gewählt worden. Das Netzwerk des Bundesforschungsministeriums wurde am 1. Februar als Vernetzungsplattform für Forschung zu Globaler Gesundheit ins Leben gerufen. In der konstituierenden Vollversammlung am 20. April haben die ca. 280 Mitglieder insgesamt 17 Wissenschaftler*innen aus dem Bundesgebiet in das erste Steering Committee der Forschungsplattform bis 2022 gewählt. Der interdisziplinäre Lenkungsausschuss ist das Beschlussfassungsgremium der Plattform und gemeinsam mit der Geschäftsstelle an der Charité in Berlin zuständig für die Ausschreibung von Förderprogrammen, der Begutachtung und Auswahl von Forschungsprojekten, und der Stärkung wissenschaftlicher Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene sowie den Austausch mit relevanten gesellschaftlichen Gruppen. Kayvan Bozorgmehr wurde 2019 auf die W3-Professur für Gesundheitswissenschaften mit Schwerpunkt Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung berufen.



Prof'in Dr. Doris Schaeffer, Foto: Universität Bielefeld
Prof'in Dr. Doris Schaeffer, Foto: Universität Bielefeld
Professorin Dr. Doris Schaeffer und Dr. Orkan Okan vom Interdisziplinären Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung (IZGK) der Universität Bielefeld gehören seit Februar dem internationalen Advisory Board an, das eine neue Initiative der Weltgesundheitsorganisation WHO in Europa unterstützen soll. Ziel ist die Erarbeitung eines Europäischen
Dr. Orkan Okan, Foto: Universität Bielefeld
Dr. Orkan Okan, Foto: Universität Bielefeld
Aktionsplans zur Förderung und Stärkung der Gesundheitskompetenz für die 53 europäischen Mitgliedstaaten. Beide nahmen an einem ersten internationalen Expert*innentreffen teil, bei dem wesentliche Ziele und Inhalte diskutiert und beraten wurden. Doris Schaeffer ist seit 2018 Seniorprofessorin an der Universität Bielefeld. Sie leitet das Projekt Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland und seit 2019 (gemeinsam mit Professor Dr. Ullrich Bauer) das Interdisziplinäre Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung.



Dr. h.c. Hans-Jürgen Simm, ehemaliger Kanzler der Universität Bielefeld, ist für eine weitere Amtszeit in den Stiftungsrat der Stiftung Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) berufen worden. Auf der konstituierenden Sitzung im März wurde er als stellvertretender Vorsitzender wiedergewählt. Die Europa-Universität ist seit dem 1. März 2008 eine Stiftungsuniversität. Alle vier Jahre wird ein neuer Stiftungsrat eingesetzt, um die Viadrina in strategischen und grundsätzlichen Angelegenheiten zu beraten. Zu den Aufgaben des Stiftungsrates gehören unter anderem die Ernennung und Entlassung von Präsidentinnen und Präsidenten sowie Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten oder die Zustimmung zum Abschluss von Hochschulverträgen und anderen Ziel- und Leistungsvereinbarungen.

 

Verzerrte Perspektiven auf die NS-Zeit trotz Sorgen um Geschichtsrevisionismus (Nr. 26/2020)

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Neue Studie des IKG zur Erinnerungskultur in Deutschland

In der deutschen Gesellschaft finden sich teils deutlich verzerrte Perspektiven auf die Zeit des Nationalsozialismus, so lautet ein wesentliches Ergebnis der Studie „MEMO Deutschland – Multidimensionaler Erinnerungsmonitor“ des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld. Die repräsentative Befragung unter 1.000 Personen wird seit 2017 von der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZ) unterstützt.


Ein Schwerpunkt der Studie lag darauf, wie die Befragten das Ende des Zweiten Weltkriegs, das sich am 8. Mai zum 75. Mal jährt, rückblickend einordnen und bezeichnen würden. Dabei bewerten sie die Begriffe der „Befreiung“ (87,0%) und des „Neuanfangs“ (81,2%) als die geeignetsten, um zu beschreiben, was das Kriegsende 1945 für Deutschland bedeutet hat – den Begriff der „Niederlage“ (70,3%) schätzen sie  im Vergleich als am wenigsten geeignet ein.

„Die Worte, die wir für historische Ereignisse wählen, verraten viel darüber, welche Rolle wir uns selbst dabei zuschreiben. Dass in Deutschland das Kriegsende vor allem als ‚Befreiung‘ und ‚Neuanfang‘ erinnert wird, erscheint nicht unproblematisch“, erklärt Sozialpsychologe Michael Papendick, Mitarbeiter am IKG und einer der Autor*innen der MEMO-Studien. „Diese Umschreibungen könnten nahelegen, die Deutschen seien dem nationalsozialistischen Regime zum Opfer gefallen, sodass sie befreit werden mussten, und dabei verschleiern, dass weite Teile der Bevölkerung dieses Regime mitgetragen und geduldet haben, zum Teil selbst darin verstrickt waren.“ Verzerrte Perspektiven auf die historischen Ereignisse spiegeln sich in einer Reihe von Befunden der MEMO-Studien wider. Dies sei auch deswegen bemerkenswert, weil zugleich ein großer Teil der Befragten (64,6%) die Sorge äußert, die deutsche Erinnerungskultur könne von Rechtspopulisten vereinnahmt werden.

Wozu dient eine „deutsche Opferperspektive“?

Die Befragten schätzen, dass nur rund 40% der deutschen Bevölkerung während der NS-Zeit von der systematischen Ermordung von Menschen wusste, mehr als die Hälfte der Deutschen also „nichts gewusst“ habe. Zudem zeigt sich, dass Befragte auch gefallene deutsche Soldaten zu den Opfern während der Zeit des Nationalsozialismus zählen und die Hälfte (49,9%) eine aktive Erinnerung an diese befürwortet. Unter dem Begriff des ‚Opfers‘ verstehen Befragte nicht nur die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, sondern auch die Opfer der Bombenangriffe, Vertriebene, Soldaten. „Es stellt sich die Frage nach der möglichen gesellschaftlichen Funktion einer solchen Perspektive. Geht es dabei noch immer oder schon wieder um die Verdrängung von Verantwortung? Oder erlaubt die verbreitete Anerkennung von historischer Verantwortung auch die Erinnerung an deutsche Opfer? Historische Bildung muss konkret sein, historische Zusammenhänge aufzeigen und nach politischen Positionen fragen“, betont Dr. Ralf Possekel, Vorstand der Stiftung EVZ.

Haben die Deutschen „aus der Geschichte gelernt“?

Die Studienteilnehmer*innen schätzen, dass 34,0% der Deutschen während der NS-Zeit zu den Tä-ter*innen zählten, aber deutlich weniger (15,4%) potentiellen Opfern geholfen haben. Dass sie selbst während der Zeit des Nationalsozialismus zu den Täter*innen gezählt hätten, halten die wenigsten Befragten für wahrscheinlich (10,5%), dass sie selbst anderen geholfen hätten dafür umso mehr (65,3%). Diese Selbsteinschätzung ließe sich positiv so deuten, dass die Befragten aus einer kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte gelernt haben, aber auch so, dass sie die eigene Courage über- und den Einfluss gesellschaftlicher Prozesse und situationsbedingter Faktoren unterschätzen. Eine solche Lesart deckt sich mit den Einschätzungen der Befragten, die berichten, über die Einstellungen der deutschen Bevölkerung während der NS-Zeit und ihre Reaktionen auf die Verbrechen des NS-Regimes vergleichsweise wenig zu wissen. „Wir nehmen nicht an, dass die Befragten ihren Blick auf die NS-Zeit bewusst verzerren, oder sich selbst bewusst überschätzen, sondern dies das Ergebnis von kollektiven Erinnerungs- und Wissenslücken ist“, sagt Papendick. „Umso wichtiger erscheint daher eine vielfältige Erinnerungskultur, die neben dem bloßen Erinnern auch eine Auseinandersetzung mit Geschichte ermöglicht, damit rechtes Gedankengut und Geschichtsrevisionismus nicht noch weiter in entstehenden Wissenslücken verfangen können.“

Die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ)

Die Stiftung EVZ wurde im Jahr 2000 gegründet, um Zwangsarbeiter*innen während der NS-Zeit zu entschädigen. Seit 2001 leistet die Stiftung zudem humanitäre Hilfe für Überlebende, fördert die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und stärkt zivilgesellschaftliches Engagement in Mittel- und Osteuropa.

Originalveröffentlichung:

„MEMO Deutschland – Multidimensionaler Erinnerungsmonitor“– repräsentative Befragung von 1.000 Personen im Alter von 17 bis 90 Jahren. Institut für Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld und Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, Mai 2020. Hintergrundinformationen zu den Umfrageergebnissen, Fotos und Infografiken auf www.stiftung-evz.de/service/publikationen/studien.html

Kontakt:
Michael Papendick, Universität Bielefeld
Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Telefon: 0521-106 3106
E-Mail: michael.papendick@uni-bielefeld.de


Zusammenarbeit von ZB MED mit Bioinformatik-Netzwerk (Nr. 125/2018)

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Gemeinsame Entwicklung von Informationsdiensten für die Lebenswissenschaften geplant

Bereits seit einiger Zeit planen ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften und de.NBI – Deutsches Netzwerk für Bioinformatik-Infrastruktur eine strategische und inhaltliche Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen der Lebenswissenschaften. Die Geschäftsstelle des de.NBI-Netzwerks ist am Centrum für Biotechnologie der Universität Bielefeld angesiedelt. Mit einem Kooperationsvertrag haben nun ZB MED und die Universität Bielefeld die Zusammenarbeit auf die Zukunft ausgerichtet. Ziel ist es, gemeinsam komplementäre Informationsdienste für die Lebenswissenschaften anzubieten. Zu diesem Zweck wird unter anderem die gemeinsame Berufung einer W3-Professur anvisiert.


Die de.NBI-Initiative wird seit 2015 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen einer Projektförderung finanziert. Das bundesweite Netzwerk stellt der Forschung in den Lebenswissenschaften und der Biomedizin hochwertige Bioinformatik-Dienste und -Dienstleistungen, insbesondere auch eine Cloud-Infrastruktur, zur Verfügung. Das Angebot beinhaltet unterschiedliche Maßnahmen – vom User-Training bis hin zu speziellen IT-Diensten –, um Forschende in den Lebenswissenschaften dabei zu unterstützen, ihre teils großen Datenmengen (Big Data) effektiver zu nutzen.

„In den letzten Jahren hat die biomedizinische Forschung eine bemerkenswert schnelle Entwicklung durchgemacht – vor allem durch verbesserte und allgemein zugängliche IT-Infrastrukturen, aber auch durch den Zugang zu wichtigen Forschungsdaten. Daher brauchen wir innovative Informationsinfrastrukturen für die Erschließung und Nutzung der Forschungsergebnisse. Mit dem Kooperationsvertrag haben wir die besten Voraussetzungen für die Entwicklung effizienter Lösungen geschaffen“, erläutert Prof. Dr. Dietrich Rebholz-Schuhmann, Wissenschaftlicher Leiter von ZB MED, die geplante Zusammenarbeit.

„Das de.NBI-Netzwerk wurde vom BMBF ins Leben gerufen, um eine Bioinformatik-Infrastruktur in Deutschland aufzubauen. Nach Auslaufen der BMBF-Förderung soll diese Bioinformatik-Infrastruktur durch Integration in das ZB MED-Institut nun verstetigt werden. Aus wissenschaftlicher Sicht sind ZB MED und de.NBI ideale Kooperationspartner“, erklärt Prof. Dr. Alfred Pühler, Koordinator von de.NBI in Bielefeld.

Hintergrund-Information: Deutsches Netzwerk für Bioinformatik-Infrastruktur – de.NBI
Im Rahmen des Programms Gesundheitsforschung/Gesundheitswirtschaft der Bundesregierung und der nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie wurde im März 2015 die Fördermaßnahme „Deutsches Netzwerk für Bioinformatik-Infrastruktur“ gestartet. Dieses Netzwerk besteht aus acht spezialisierten Leistungszentren mit Expertise in verschiedenen Teildisziplinen der Lebenswissenschaften und der Biomedizin, die gemäß ihrer jeweiligen Expertise spezifische Bioinformatik-Dienstleistungen vorhalten und kontinuierlich weiterentwickeln. Außerdem bieten sie intensive Trainings verschiedener Anwendergruppen aus Wissenschaft und Industrie. Daneben sollen Standards für die Datenspeicherung und die Datenanalyse, das Datenmanagement und den Datenaustausch etabliert werden. Das Netzwerk wird durch eine Koordinierungseinheit komplettiert, die Strategien für die langfristige und nachhaltige Etablierung der angebotenen Serviceleistungen und Datenressourcen entwickelt und die Einbindung von de.NBI in internationale Initiativen steuert.

Hintergrund-Information: ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften
ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften versteht sich als zentrale lebenswissenschaftliche Informationsinfrastruktur für Deutschland und Europa und als treibende Kraft bei der Schaffung einer vernetzten digitalen Wissensbasis. Aufbauend auf seinen einzigartigen Beständen bietet ZB MED forschungsbasierte Möglichkeiten zur Gewinnung von Informationen und Nutzung von Forschungsdaten in den Lebenswissenschaften. Als Dienstleister für die lebenswissenschaftliche Forschung ist ZB MED Partner für alle, die innovative Wege zur verbesserten Gewinnung, Verarbeitung und Nutzung von wissenschaftlichen Informationen und Forschungsdaten beschreiten wollen. Dazu bietet das Informationszentrum Literatur, Fachinformationen sowie darauf aufbauende Mehrwertdienste vor allem in digitaler Form über das semantikbasierte Suchportal LIVIVO, über das Publikationsportal PUBLISSO sowie vor Ort in Köln und Bonn an. Im Interesse einer qualitativ hochwertigen Versorgung mit wissenschaftlichen Informationen gehört die Förderung von Open Access zu den zentralen Prioritäten von ZB MED. Zudem betreibt das Informationszentrum anwendungsorientierte Forschung im Bereich „Knowledge Discovery“.

Weitere Informationen unter:
denbi.de
zbmed.de

Kontakt:
Professor Dr. Alfred Pühler, Universität Bielefeld
Leiter der AG "Genomforschung industrieller Mikroorganismen"
Telefon: +49 521 106-8750
E-Mail: puehler@cebitec.uni-bielefeld.de   

Vor dem Virus sind nicht alle Erwerbstätigen gleich

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Erste Ergebnisse der SOEP-Corona-Studie veröffentlicht – Kooperation von Universität Bielefeld und dem Sozio-oekonomischem Panel (SOEP)

Rund 20 Prozent der Erwerbstätigen leiden infolge der Corona-Pandemie unter Einkommens-einbußen. Das zeigen erste Analysen der SOEP-Corona-Studie (SOEP-CoV), die heute (13.05.2020) veröffentlicht worden sind. Für die Studie kooperieren die Universität Bielefeld und das Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. Der Studie zufolge arbeiten vor allem Menschen mit höheren Einkommen und besserer Bildung im Homeoffice. Die meisten Erwerbstätigen schätzen die gesamtwirtschaftliche Lage als schlechter ein als zuvor, sehen ihre eigene wirtschaftliche Situation jedoch positiv.

Der Soziologe Dr. Simon Kühne von der Universität Bielefeld ist einer der Co-Leiter der Studie. Foto: Universität Bielefeld
Der Soziologe Dr. Simon Kühne von der Universität Bielefeld ist einer der Co-Leiter der Studie. Foto: Universität Bielefeld

Die Corona-Pandemie verändert die wirtschaftliche und soziale Situation vieler Erwerbstätiger in Deutschland. Rund 20 Prozent der Erwerbstätigen aus 2019 haben schon jetzt Einkommenseinbußen erlitten. Davon berichten Menschen mit einem geringen Einkommen und damit geringeren finanziellen Spielräumen genauso häufig wie besser Verdienende. Etwa 35 Prozent arbeiten im Homeoffice, darunter vor allem Menschen mit höheren Einkommen und besserer Bildung. Von Kurzarbeit sind derzeit 17 Prozent der Erwerbstätigen betroffen, vor allem weniger gebildete. „Schon jetzt zeichnet sich also ab, dass Menschen mit höherem Einkommen und besserer Bildung die Krise leichter bewältigen werden als andere“, sagt Professor Dr. Stefan Liebig, Direktor des SOEP und Co-Leiter der Studie.

Die meisten Erwerbstätigen schätzen laut der Studie die gesamtwirtschaftliche Lage als wesentlich schlechter ein als zuvor. „Auffällig ist indessen, dass die Mehrheit der Erwerbstätigen – hauptsächlich die höher Gebildeten – ihre persönliche wirtschaftliche Situation aktuell positiv bewertet“, sagt Dr. Simon Kühne, Co-Leiter der Studie, von der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld.

Die für Deutschland repräsentative SOEP-Corona-Studie (SOEP-CoV) untersucht die sozialen Folgen der Corona-Pandemie. Dabei geht es unter anderem um das Arbeitsleben und den Alltag, die seelische und körperliche Gesundheit, aber auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Für SOEP-CoV werden seit Anfang April mehr als 12.000 Menschen befragt, die in der Vergangenheit regelmäßig an der repräsentativen Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) teilgenommen haben. Eine zweite Befragung wird stattfinden, wenn die Infektionsrate deutlich rückläufig ist.

Alleinstellungsmerkmal der SOEP-Corona-Studie ist die Langzeitperspektive. „Wir können nicht nur schon jetzt sehen, wie sich das Leben der Menschen hierzulande durch die Corona-Krise im Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie verändert“, sagt Stefan Liebig. „Wir werden auf Basis der SOEP-CoV-Daten auch beobachten können, wie die Pandemie das Leben in Deutschland in den kommenden Jahren prägen wird.“

SOEP-CoV ist ein gemeinsames Projekt des Sozio-oekonomischen Panels am DIW Berlin (SOEP) und der Universität Bielefeld und wird mit rund 500.000 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. „Mit unserer Studie schließen wir eine entscheidende Datenlücke und fördern sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Krise“, sagt Simon Kühne.

Ergebnisse aus der Studie SOEP-CoV werden laufend auf der Projekthomepage und im SOEP-CoV-Dossier vorgestellt.

Weitere Informationen:
•    Ergebnisse der Studie in der Reihe DIW aktuell
•    SOEP-CoV-Dossier
•    Projekthomepage


Kontakt:
Dr. Simon Kühne, Universität Bielefeld
Fakultät für Soziologie
Telefon: 0521 106-4681
E-Mail: simon.kuehne@uni-bielefeld.de

 

Moleküle in Zellen zerstörungsfrei analysieren (Nr. 28/2020)

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Faserlaser-Entwicklung soll künftig auch klinisch angewendet werden können

Wenn Forschende untersuchen, wie sich Tumore entwickeln oder wie Arzneien auf verschiedene Zellarten wirken, müssen sie erfassen, wie die Moleküle im Inneren der Zellen reagieren und interagieren. Möglich ist das mit modernen Lasermikroskopen. Doch bislang müssen Moleküle in den Zellproben durch Leuchtstoffe markiert werden, um sie sichtbar zu machen. Das kann das Verhalten der Moleküle verfälschen. Forschungsgruppen der Universitäten Bielefeld und Hongkong haben gemeinsam ein Nano-Lasermikroskop entwickelt, das ohne Markierung der Moleküle auskommt. Sie entwickelten dafür eigens kompakte Faserlaser statt der bisher üblichen Festkörperlaser. Das neue Mikroskop arbeitet rauschärmer als bisherige Entwicklungen und käme auch für die Nutzung in Operationsräumen in Frage. Die Wissenschaftler*innen stellen ihre Innovation im Journal „Light: Science and Applications“ vor, erschienen im Verlag Springer Nature.

Der Physiker Prof. Dr. Thomas Huser (li.) und der Informatiker Prof. Dr. Kenneth K.Y. Wong leiteten das Projekt, in dem das Mikroskop entwickelt wurde. Fotos: Universität Bielefeld/Universität Hongkong
Der Physiker Prof. Dr. Thomas Huser (li.) und der Informatiker Prof. Dr. Kenneth K.Y. Wong leiteten das Projekt, in dem das Mikroskop entwickelt wurde. Fotos: Universität Bielefeld/Universität Hongkong

„In der biomedizinischen Forschung ist mikroskopische Bildgebung ohne den Einsatz von Markern ein hochaktuelles Thema“, sagt der Biophysiker Professor Dr. Thomas Huser von der Arbeitsgruppe Biomolekulare Photonik der Universität Bielefeld. Sein Team hat für die Entwicklung des Faserlaser-Mikroskops mit der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Kenneth K.Y. Wong von der Universität Hongkong zusammengearbeitet.

„Für lebende Proben ist die Anfärbung mit fluoreszent leuchtenden Markern meistens ungeeignet“, sagt Huser. „Markerfreie Mikroskopie wird zum Beispiel gebraucht, um zu untersuchen, wie aus Stammzellen verschiedene neue Zelltypen entstehen. Auch lässt sich damit die Abgrenzung eines Tumors gegenüber normalem Gewebe ohne Anfärbung erkennen. Und wir können erfassen, wie medizinische Wirkstoffe mit den Molekülen in Herzmuskel-, Leber- und anderen Zellen reagieren.“ 

Faserlaser wurden in den vergangenen Jahren immer wieder für den Einsatz in optischen Nanomikroskopen erprobt. In ihnen wird das Licht durch Glasfasern geleitet, statt durch einen Festkörper aus Kristall oder Glas. „In Mikroskopen waren die Faserlaser bisher den Festkörperlasern aber unterlegen, weil sie weniger leistungsstark waren und die Intensität sehr verrauscht war“, erklärt Huser. Um in ihrem Mikroskop molekülspezifische Abbildungen zu erzielen, verwenden die Wissenschaftler*innen nicht einen, sondern zwei synchronisierte optische Resonatoren (Hohlräume mit Spiegeln). Aus ihnen treffen die Laserstrahlen auf die zu untersuchende Probe. Die beiden Laser senden ihre Strahlen in kurzen Pulsen von Pikosekunden. Eine Pikosekunde ist das Billionstel einer Sekunde. „Eine Herausforderung war, die beiden Laser so zu steuern, dass die Strahlen genau gleichzeitig durch eine Linse auf die Probe treffen“, sagt Thomas Huser.

Das Mikroskop – hier der Aufbau in Bielefeld – basiert auf Glasfasern. Künftige Versionen des Geräts sollen so verkleinert werden, dass es fahrbar ist. Foto: Universität Bielefeld
Das Mikroskop – hier der Aufbau in Bielefeld – basiert auf Glasfasern. Künftige Versionen des Geräts sollen so verkleinert werden, dass es fahrbar ist. Foto: Universität Bielefeld/J. Kopp
Ein großer Vorteil des neuen Faserlaser-Mikroskops sei, dass es einfacher zu bedienen ist als ein Mikroskop mit Festkörperlasern, sagt Dr. Cihang (Sherry) Kong, Mitarbeiterin von Huser und eine der Erstautor*innen der Studie zu dem neuen Verfahren. „Es ist weniger störungsanfällig und die Probe muss nicht so aufwendig vorbereitet werden wie bei anderen Mikroskopen, weil vorab keine Moleküle markiert werden müssen.“ Die Prototypen des Mikroskops sollen jetzt als Basis dienen, um portable Geräte zu bauen. „Diese Kompaktmikroskope könnten dann auch im Operationssaal benutzt werden, zum Beispiel um die Grenzen von Tumoren während der Operation sichtbar zu machen“, sagt Cihang Kong.

Um sicherzustellen, dass sich das Faserlaser-Mikroskop problemlos nachbauen lässt, arbeiten die Forschenden jeweils in Bielefeld und Hongkong an einem Prototyp des Geräts. Die Kooperation der beiden Forschungsgruppen wurde vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Research Grants Council (RGC) in Hongkong gefördert und sie wird derzeit im EU-Projekt „DeLIVER“ fortgeführt. „Das hat uns ermöglicht, unser Wissen auszutauschen – wir konnten für mehrere Monate im Labor in Hongkong forschen, und Kolleg*innen aus Hongkong konnten uns vor Ort in Bielefeld unterstützen“, sagt Dr. Christian Pilger aus Husers Arbeitsgruppe und ebenfalls ein Erstautor der Studie.

„Die neue Technologie bringt für viele biomedizinische Anwendungen Vorteile“, sagt Kenneth Wong, Leiter der Forschungsgruppe in Hongkong. „Die frühzeitige Erkennung von Tumoren ist dabei nur ein herausragendes Beispiel.“ Der Forschungserfolg sei ein Ergebnis der langjährigen Zusammenarbeit der Universitäten Bielefeld und Hongkong, sagt Wong. „Die Erforschung von Biomedizin- und Gesundheitstechnologie verbindet unsere beiden Universitäten, insbesondere wenn es um bildgebende Verfahren geht.“

Thomas Huser sieht eine gute Chance, dass das neue Mikroskop in den kommenden Jahren in klinischen Untersuchungen eingesetzt wird. „Erste Studien sind bereits in Kooperation mit dem Evangelischen Klinikum Bielefeld angelaufen, um mit dem Gerät Gewebeproben aus der Leber zu untersuchen. Die Projektpartner*innen waren überrascht, welche Möglichkeiten das neue Mikroskop bietet.“

Die Forschung an dem Faserlaser-Mikroskop wurde durch das Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizont 2020“ der Europäischen Union unterstützt – als Teil der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen (Zuwendungsvertrag 766181).

Originalveröffentlichung:
Cihang Kong, Christian Pilger, Henning Hachmeister, Xiaoming Wei, Tom H. Cheung, Cora S. W. Lai, Nikki P. Lee, Kevin. K. Tsia, Kenneth K. Y. Wong, Thomas Huser: High-contrast, fast chemical imaging by coherent Raman scattering using a self-synchronized two-colour fibre laser. http://doi.org/10.1038/s41377-020-0259-2, erschienen am 24. Februar 2020.

Weitere Informationen:
•    Webseite der Arbeitsgruppe Biomolekulare Photonik
•    Pressemitteilung zum Projekt DeLIVER vom 23.08.2017

Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Huser, Universität Bielefeld
Fakultät für Physik
Telefon: 0521 106-5451
E-Mail: thomas.huser@physik.uni-bielefeld.de

Wie Nachrichten zu Falschnachrichten werden (Nr. 29/2020)

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Neue ZiF-Forschungsgruppe über die Wirkungsweise der digitalen Medien

Soziale Medien verändern die Kommunikation der Menschen genauso wie die Verbreitung von Nachrichten. So können etwa radikale Positionen, die früher im privaten Raum geäußert wurden, heute über Social Media ein weltweites Publikum erreichen. Welche Rolle Sprache, Bilder und Filme dabei spielen, untersucht die Forschungsgruppe „Multimodale Rhetorik in der Onlinemedien-Kommunikation“ (“Multimodal Rhetoric in Online Media Communications“) am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld. Die Gruppe nimmt am Montag, 18. Mai, mit einer virtuellen Eröffnungskonferenz ihre Arbeit auf. Ziel ist es, computergestützte Analysewerkzeuge zu entwickeln, mit denen sich die Entwicklung von Nachrichten hin zu Falschnachrichten nachverfolgen lässt.

Gerade in Themen wie Nationalismus, Populismus und Rassismus spielen Social-Media-Plattformen oft eine problematische Rolle. Falschnachrichten und Verschwörungstheorien können hier einfacher verbreitet werden als bei klassischen Kanälen, wo Nachrichten durch Redaktionen geprüft und redaktionell aufgearbeitet werden. Seriöse Nachrichten können so – angereichert mit Bildern, Videos und aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten – Falschnachrichten generieren, die etwa extremistische Sichtweisen befeuern. „Dies wird als zunehmend kritischer Faktor für die Interpretation und das Verständnis der Entstehung und Verbreitung alternativer Logiken der sozialen Ordnung, von Gerechtigkeit, Moral und sozialen Verpflichtungen angesehen“, so die Leiter*innen der Forschungsgruppe, die Kommunikations- und Medienwissenschaftlerin Professorin Kay O’Halloran (Universität Liverpool, Großbritannien), der Sprachwissenschaftler Professor John A. Bateman (Universität Bremen) und der Informatiker und Kognitionsforscher Professor Mehul Bhatt (Universität Örebro, Schweden).

Um zu verstehen, wie diese Prozesse der Uminterpretation und Radikalisierung genau ablaufen, verfolgt das internationale und interdisziplinäre Forscher*innen-Team, wie Nachrichten, die in den großen Nachrichtenportalen veröffentlicht werden, im Netz rezipiert, angereichert und verändert werden. „Bislang sind solche Analysen vor allem sprachzentriert“, so die Leiter*innen der Forschungsgruppe. „Es mangelt an theoretisch fundierten Methoden, um jene gesellschaftlich relevanten Bedeutungen herauszuarbeiten, die sich gerade aus der Gegenüberstellung visueller Botschaften wie Bildern und Videos mit der Sprache ergeben.“ Dazu wollen die Forscher*innen computerbasierte Werkzeuge entwickeln, die auf multimodaler Diskursanalyse, soziopolitischen Modellen rhetorischer Effekte und tiefer semantischer maschineller Verarbeitung von Sprache, Bildern und deren Kombinationen aufbauen. „Damit hoffen wir, ein detailliertes diskursbasiertes Tracking von Nachrichten und deren Uminterpretationen möglich zu machen“, so die Leiter*innen.
 
Bedingt durch die aktuelle Situation können die Forscher*innen erst einmal nicht als Forschungsgruppe im ZiF in Bielefeld zusammenkommen. Die Eröffnungstagung findet dennoch statt: Von Montag, 18. Mai, bis Mittwoch, 20. Mai und von Montag, 25. Mai bis Mittwoch, 27. Mai   wird es jeden Nachmittag europäischer Zeit eine Online-Session geben, bei der Themen wie die Möglichkeiten multimodale Analyse, die nötige Datenbasis und die erforderliche technische Infrastruktur diskutiert werden. Zudem ist klar, dass sich eine Tagung nicht einfach in digitale Meetings verlegen lässt. Die Gruppe arbeitet daher auch daran, ein gutes, praktikables Format für die erst einmal virtuelle Zusammenarbeit zu finden.

Für Medienanfragen steht die Leiterin der Forschungsgruppe Professorin Kay O’Halloran zur Verfügung.

Weitere Informationen
Zur Seite der Forschungsgruppe

Kontakt
Prof.‘in Kay O’Halloran, Universität Liverpool
Forschungsgruppenleiterin
Telefon: +44 (0)151 795 1177
E-Mail: kay.ohalloran@liverpool.ac.uk
 

Politische Bildung steht spät und kurz auf dem Stundenplan (Nr. 30/2020)

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Bielefelder Forscher untersuchen Politische Bildung in der Sekundarstufe I

Politik steht für Schüler*innen der Sekundarstufe I nur mit Unterbrechungen und erst spät auf dem Stundenplan. In sechs deutschen Bundesländern wird Politische Bildung frühestens ab der 8. Klasse unterrichtet, in Bayern erst ab der 10. Klasse. Nur in Nordrhein-Westfalen kann das Fach in vier aufeinanderfolgenden Schuljahren zweistündig unterrichtet werden. Zu diesen Ergebnissen kommen Professor Dr. Reinhold Hedtke und Mahir Gökbudak von der Universität Bielefeld in ihrem 3. Ranking Politische Bildung. Für 2019 verglichen die Bielefelder Sozialwissenschaftler erneut den Stellenwert Politischer Bildung in Schulen der Sekundarstufe I in allen Bundesländern.

Prof. Dr. Reinhold Hedtke (l.) und Mahir Gökbudak (r.)
Prof. Dr. Reinhold Hedtke (l.) und Mahir Gökbudak (r.). Foto: Universität Bielefeld
„Wir sehen im dritten Jahr unseres Rankings: Wie viel politische Bildung junge Bürger*innen in der Schule erhalten, hängt in Deutschland davon ab, in welchem Bundesland sie zur Schule gehen. Von einer Gleichwertigkeit der politischen Bildung kann keine Rede sein“, sagt Professor Dr. Reinhold Hedtke über das Ranking Politische Bildung für das Jahr 2019. Gemeinsam mit Mahir Gökbudak nahm er in diesem Ranking in den Fokus, wann und wie kontinuierlich Politische Bildung in der Sekundarstufe I unterrichtet wird.

Demnach findet Politische Bildung in drei Viertel der Bundesländer in den 5. und 6. Klassen nicht statt, in sechs Bundesländern frühestens ab der 8. Klasse. „Auch wenn wir aus anderen Studien wissen, dass Schüler*innen bereits im Grundschulalter politisch interessiert sind, können sie sich in der Schule erst spät mit politischen Inhalten auseinandersetzen“, so Reinhold Hedtke.

„Wir sehen und bemängeln auch, dass Politische Bildung nur in wenigen Bundesländern kontinuierlich unterrichtet wird“, fügt Mahir Gökbudak hinzu. Lediglich in Nordrhein-Westfalen sei zweistündiger Politikunterricht durchgängig in den Klassen 5 bis 8 möglich, in Hessen, Niedersachsen, Sachsen, und Schleswig-Holstein in drei aufeinanderfolgenden Schuljahren. In sechs Bundesländern setzt Politische Bildung erst ab der 8. Klasse oder später ein und ist im Extremfall Bayern nur für ein halbes Jahr vorgesehen.

Die Bielefelder Forscher verglichen auch, welchen Stellenwert Politische Bildung im Vergleich zur Berufsorientierung in den Bundesländern einnimmt. Sie ermittelten, dass dafür in den exemplarisch untersuchten Bundesländern Niedersachsen und Baden-Württemberg im Vergleich zur politischen Bildung relativ viel Lernzeit verbindlich vorgeschrieben sei. Das betreffe vor allem das Schülerbetriebspraktikum. „In allen Bundesländern sind Angebote zur außerschulischen politischen oder Demokratiebildung im Gegensatz zur ökonomischen Bildung gar nicht verbindlich vorgesehen“, sagt Reinhold Hedtke.

Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hessen gehören insbesondere bei Länge, Kontinuität und zeitlicher Platzierung Politischer Bildung im Verlauf der Sekundarstufe I zu den Spitzenreitern im Ranking für 2019. Bayern, Thüringen und Rheinland-Pfalz schneiden im aktuellen Ranking erneut am schlechtesten ab. „Wir sehen aber auch, dass unsere bisherigen Ergebnisse von der Bildungspolitik aufgegriffen werden – in Berlin und Sachsen wurde der Anteil Politischer Bildung am Gesamtunterricht ausgebaut“, so Reinhold Hedtke.

Für ihre Rankings zur Politischen Bildung untersuchen die Bielefelder Forschenden seit drei Jahren die Stundentafeln der Sekundarstufe I in allen Bundesländern. Welche Qualität dieser Unterricht hat, darüber gibt das Ranking keinen Aufschluss.

Weitere Informationen:
•    Gökbudak M., Hedtke R.,: Ranking Politische Bildung 2019. Social Science Education Working Papers.
•    Pressemitteilung Ranking Politische Bildung 2018 (26.03.2019)
•    Pressemitteilung Ranking Politische Bildung 2017 (31.01.2018)

Kontakt:
Prof. Dr. Reinhold Hedtke, Universität Bielefeld
Fakultät für Soziologie
Telefon: 0521 106-3983, mobil 0151 726 498 59  
E-Mail: reinhold.hedtke@uni-bielefeld.de


Das Gehirn als Vorbild für stromsparende Schaltkreise (Nr. 31/2020)

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Vier Millionen Euro von EU für Projekt zur Datenverarbeitung mit Bielefelder Beteiligung

In herkömmlichen Computern müssen kontinuierlich Daten zwischen Rechen- und Speichereinheiten übertragen werden – ein langsamer und energieintensiver Prozess, der die Gesamtleistung und Energieeffizienz stark einschränkt. Ein Team internationaler Wissenschaftler*innen entwickelt in dem neuen EU-Projekt „BeFerroSynaptic“ Schaltkreise, die Aspekte eines biologischen Nervensystems nachbilden. Damit soll der Energiebedarf verringert werden. Die Universität Bielefeld ist eine von elf Partner*innen des Projekts. Die Europäische Union fördert die Forschung insgesamt mit vier Millionen Euro.

Prof.‘in Dr. Elisabetta Chicca forscht dazu, wie Aspekte des Gehirns in Computerschaltkreisen nachgebildet werden können. Foto: Universität Bielefeld
Prof.‘in Dr. Elisabetta Chicca forscht dazu, wie Aspekte des Gehirns in Computerschaltkreisen nachgebildet werden können. Foto: Universität Bielefeld
Dienste wie Bild- und Spracherkennung, Signalverarbeitung oder autonomes Fahren benötigen riesige Datenmengen. Viele kleine Geräte wie Smartphones verfügen nicht über die Rechenleistung, das Energiebudget und die komplexen Mikroprozessoren, die für viele Aufgaben erforderlich wären. Daher laden zum Beispiel virtuelle Assistenten Sprache zur Verarbeitung in die Cloud hoch. „Auch in den meisten modernen Computern sind die Rechen- und Speichereinheiten klar voneinander getrennt“, sagt die Informatikprofessorin Dr. Elisabetta Chicca vom Institut CITEC der Universität Bielefeld. Daten müssen aus einem Speicher heraus zu einem Rechenprozessor übertragen werden und nach der Verarbeitung wieder abgespeichert werden. „Dieser Prozess der Datenübertragung kostet sehr viel Energie und limitiert die Geschwindigkeit der elektronischen Datenverarbeitung“, sagt Chicca. 

Energieeinsparungen durch biologisches Konzept der Datenverarbeitung 
In dem EU-Projekt „BeFerroSynaptic“ arbeiten Forschende von elf Universitäten, Unternehmen und weiteren Institutionen zusammen. Sie sind auf verschiedene Bereiche spezialisiert: Materialwissenschaft, neuromorphe Schaltkreisentwicklung und Computerchip-Herstellung. Gemeinsam wollen sie eine neuromorphe Lösung mit niedrigem Stromverbrauch entwickeln. Diese kombiniert den Datenspeicher und die Datenverarbeitung. Dadurch verringert sich die benötigte Übertragungsmenge und die Daten können schneller verarbeitet werden. Die Neurowissenschaftlerin Chicca leitet die Forschung innerhalb des „BeFerroSynaptic“-Projekts in Bielefeld. Mit ihrer Arbeitsgruppe „Neuromorphe Systeme“ entwickelt sie biologisch-inspirierte Schaltkreise für das Projekt. 

Bei der biologischen Datenverarbeitung, zum Beispiel im menschlichen Gehirn, gibt es keine klare Trennung zwischen Datenspeicher und Datenverarbeitung: „Menschen haben keinen festen Speicherplatz an dem die ‚Daten’ liegen, bis sie in einem Prozessor verarbeitet werden“, sagt Chicca. „In Nervensystemen findet die Datenverarbeitung und Datenspeicherung an den gleichen Stellen, nämlich in den Neuronen und deren Verbindungen, den Synapsen, statt. Dies ist auch ein Grund, warum biologische Nervensysteme deutlich weniger Energie verbrauchen als moderne Computer.“

Neue Möglichkeiten für den Bereich der künstlichen Intelligenz
Chicca und ihr Team forschen hauptsächlich zur Entwicklung von elektronischen Schaltkreisen und Rechnereinheiten, die in der Lage sind, wie Tiere und Menschen auf Veränderungen in der Umwelt zu reagieren und zu lernen. Gemeinsam mit den anderen Projektpartnern haben sie es sich zum Ziel gesetzt, die Berechnungs- und Speicherfunktion in einer Schaltung zu kombinieren, wie es auch im Nervensystem mit Neuronen und Synapsen geschieht. „Die neuen Schaltkreise sollen einfache Lernaufgaben energieeffizient ausführen. Mit unserer Idee wollen wir immer größere neuronale Netze realisieren, die als künstliche Intelligenz genutzt werden können. Das ist ein radikal neuer Ansatz“, sagt Chicca. 

Daneben entwickeln die Wissenschaftler*innen ein Verfahren für die Computerchipherstellung mit ferroelektrischen Bauteilen. Ferroelektrizität beschreibt eine physikalische Besonderheit von einigen Materialien, die ihre Eigenschaften ändern, wenn eine elektrische Spannung angelegt wird. In Nervensystemen verbinden Synapsen einzelne Neuronen miteinander und bestimmen, wie stark ein Signal von einer Nervenzelle an die nächste weitergeben wird. „Wenn zum Beispiel ein Tier etwas lernt, verändern sich die Verbindungen in seinem Nervensystem und somit auch die Synapsen“, sagt Chicca. „Wir nutzen die ferroelektrischen Veränderungen der elektrischen Bauteile in unseren Schaltkreisen, um die Veränderungen von biologischen Synapsen während des Lernens nachzubilden.“ Diese Erkenntnisse leisten auch einen Beitrag, um Nervensysteme von Tieren besser zu verstehen. 

Zu Beginn des Projekts arbeiten die Bielefelder Neurowissenschaftler*innen mit Materialwissenschaftler*innen zusammen an einem Modell, das das Verhalten der neuartigen ferroelektrischen Bauteile in einem Schaltkreis beschreibt. Bis Ende des Jahres wollen die Forschenden einen Prototyp fertiggestellt haben. 

Das EU-Projekt „BeFerroSynaptic“ wird vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2022 mit knapp vier Millionen Euro durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union finanziert. Als Partnerinstitution erhält die Universität Bielefeld eine Förderung in Höhe von rund 390.000 Euro.

Weitere Informationen:
Webseite des Konsortiums BeFerroSynaptic

Kontakt:
Prof.‘in Dr. Elisabetta Chicca, Universität Bielefeld 
Technische Fakultät / CITEC
Tel: 0521 106-12043

Personalnachrichten aus der Universität Bielefeld (Nr. 25/2020)

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•    Professor Dr. Thomas Faist in Akademie der Wissenschaft und der Künste NRW gewählt
•    Professorin Dr. Doris Schaeffer und Dr. Orkan Okan neu in WHO-Gremium für Gesundheitskompetenz
•    Professor Keyvan Bozorgmehr im Lenkungsausschuss für Global Health-Forschung
•    Dr. h.c. Jürgen Simm erneut in den Stiftungsrat der Europa-Universität Viadrina berufen


Professor Dr. Thomas Faist, Foto: Universität Bielefeld
Professor Dr. Thomas Faist, Foto: Universität Bielefeld
Professor Dr. Thomas Faist, Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld, gehört zu den 15 Mitgliedern, die die Akademie der Wissenschaften und der Künste Nordrhein-Westfalen seit heute neu aufgenommen hat. Er ist seit 2004 Professor für Transnationale Beziehungen, Entwicklungs- und Migrationssoziologie an der Universität Bielefeld. Faist hat in Tübingen studiert, erhielt 1992 den PhD-Grad in Politikwissenschaft an der New School for Social Research in New York (USA) und habilitierte sich an der Universität Bremen 1999. Er hatte mehrere Gastprofessuren inne, unter anderem an der Malmö University (Schweden) und an der University of Toronto (Kanada). Die Schwerpunkte seiner Forschung liegen in den Bereichen internationale Migration, Integration ethnischer und nationaler Minderheiten, Staatsbürgerschaft, Sozialpolitik und Entwicklungspolitik. Er ist Mitglied im Rat für Migration. Die feierliche Aufnahme der neuen Mitglieder in die Akademie erfolgt traditionell im Rahmen der Jahresfeier. Die für heute (06.05.2020) geplante Veranstaltung muss aber aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden.



Prof. Dr. Kayvan Bozorgmehr, Foto: Universitäöt Bielefeld
Prof. Dr. Kayvan Bozorgmehr, Foto: Universitäöt Bielefeld
Professor Dr. Kayvan Bozorgmehr, ist in das Steering Committee der „German Alliance for Global Health Research“ gewählt worden. Das Netzwerk des Bundesforschungsministeriums wurde am 1. Februar als Vernetzungsplattform für Forschung zu globaler Gesundheit ins Leben gerufen. In der konstituierenden Vollversammlung am 20. April haben die ca. 280 Mitglieder insgesamt 17 Wissenschaftler*innen aus dem Bundesgebiet in das erste Steering Committee der Forschungsplattform bis 2022 gewählt. Der interdisziplinäre Lenkungsausschuss ist das Beschlussfassungsgremium der Plattform und gemeinsam mit der Geschäftsstelle an der Charité in Berlin zuständig für die Ausschreibung von Förderprogrammen, der Begutachtung und Auswahl von Forschungsprojekten, und der Stärkung wissenschaftlicher Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene sowie den Austausch mit relevanten gesellschaftlichen Gruppen. Kayvan Bozorgmehr wurde 2019 auf die W3-Professur für Gesundheitswissenschaften mit Schwerpunkt Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung berufen.



Prof'in Dr. Doris Schaeffer, Foto: Universität Bielefeld
Prof'in Dr. Doris Schaeffer, Foto: Universität Bielefeld
Professorin Dr. Doris Schaeffer und Dr. Orkan Okan vom Interdisziplinären Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung (IZGK) der Universität Bielefeld gehören seit Februar dem internationalen Advisory Board an, das eine neue Initiative der Weltgesundheitsorganisation WHO in Europa unterstützen soll. Ziel ist die Erarbeitung eines Europäischen
Dr. Orkan Okan, Foto: Universität Bielefeld
Dr. Orkan Okan, Foto: Universität Bielefeld
Aktionsplans zur Förderung und Stärkung der Gesundheitskompetenz für die 53 europäischen Mitgliedstaaten. Beide nahmen an einem ersten internationalen Expert*innentreffen teil, bei dem wesentliche Ziele und Inhalte diskutiert und beraten wurden. Doris Schaeffer ist seit 2018 Seniorprofessorin an der Universität Bielefeld. Sie leitet das Projekt Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland und seit 2019 (gemeinsam mit Professor Dr. Ullrich Bauer) das Interdisziplinäre Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung.



Dr. h.c. Hans-Jürgen Simm, ehemaliger Kanzler der Universität Bielefeld, ist für eine weitere Amtszeit in den Stiftungsrat der Stiftung Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) berufen worden. Auf der konstituierenden Sitzung im März wurde er als stellvertretender Vorsitzender wiedergewählt. Die Europa-Universität ist seit dem 1. März 2008 eine Stiftungsuniversität. Alle vier Jahre wird ein neuer Stiftungsrat eingesetzt, um die Viadrina in strategischen und grundsätzlichen Angelegenheiten zu beraten. Zu den Aufgaben des Stiftungsrates gehören unter anderem die Ernennung und Entlassung von Präsident*innen sowie Vizepräsident*innen  oder die Zustimmung zum Abschluss von Hochschulverträgen und anderen Ziel- und Leistungsvereinbarungen.

 

Die gesellschaftlichen Folgen von regionalen Ungleichheiten (Nr. 32/2020)

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Neuer Leibniz-WissenschaftsCampus der Universität Bielefeld und des Sozio-oekonomischem Panels (SOEP)

Wie wirken sich regionale Ungleichheiten auf die politische Orientierung und das Verhalten bestimmter Bevölkerungsgruppen aus? Und welche Folgen hat das für den gesellschaftlichen Zusammenhalt? Mit diesen Fragen befasst sich in den nächsten vier Jahren der „SOEP RegioHub“, der neue Leibniz-WissenschaftsCampus der Universität Bielefeld und des Sozio-oekonomischem Panels (SOEP) des Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin. Der an der Universität Bielefeld angesiedelte Wissenschaftscampus wurde jetzt von der Leibniz-Gemeinschaft bewilligt. Rund 20 Wissenschaftler*innen aus Bielefeld und Berlin kooperieren im SOEP RegioHub. Die Leibniz-Gemeinschaft fördert insgesamt drei neue Leibniz-WissenschaftsCampi, um die Zusammenarbeit von universitärer und außeruniversitärer Forschung zu stärken.


„Ich freue mich außerordentlich über die erfolgreiche Einwerbung dieses Kooperationsprojekts“, sagt Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. „Das ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg, außeruniversitäre Forschung nach Bielefeld zu holen. Wir arbeiten in unterschiedlichen Formaten mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen zusammen.  Diese Kooperation mit der Leibniz-Gemeinschaft ist nicht nur eine sehr weitreichende Partnerschaft, sie ist zudem ein wichtiger Baustein für die Entwicklung des Bielefeld Research and Innovation Campus.“

„Das zentrale Anliegen des Wissenschaftscampus ist es, mit Hilfe der seit 1984 erhobenen repräsentativen, längsschnittlichen Haushaltsdaten des SOEP Antworten auf brennende gesellschaftliche Fragen zu finden“, sagt SOEP-Direktor Professor Dr. Stefan Liebig.  „Wir freuen uns sehr, dass wir dabei in den nächsten Jahren noch enger als bisher mit der Universität Bielefeld zusammenarbeiten können.“ Dabei gehe es auch darum, junge Forscherinnen und Forscher mit dem Datenschatz des SOEP vertraut zu machen und innovative Forschung aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven zu fördern.

Das SOEP und die Universität Bielefeld kooperieren seit rund zehn Jahren über gemeinsame Professuren, Forschungsprojekte und Promotionen. „Mit dem Leibniz-WissenschaftsCampus vertiefen und verstetigen wir unsere starke Verbindung“, sagt Gerhard Sagerer.

Junior-Prof.’in Dr. Anna Zaharieva ist auf Seiten der Universität Bielefeld Sprecherin des neuen Leibniz-Wissenschaftscampus „SOEP RegioHub“. Foto: Universität Bielefeld
Junior-Prof.’in Dr. Anna Zaharieva ist auf Seiten der Universität Bielefeld Sprecherin des neuen Leibniz-Wissenschaftscampus „SOEP RegioHub“. Foto: Universität Bielefeld
Das neue Forschungsprojekt nutzt und erweitert die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), der größten und am längsten laufenden multidisziplinären Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP ist am DIW Berlin angesiedelt. „Der SOEP RegioHub at Bielefeld University ist damit die erste Forschungseinrichtung, die sich damit befasst, regionale und räumliche Bezugszahlen zu ermitteln und mit repräsentativen Daten aus Meinungsumfragen zu verbinden“, sagt Juniorprofessorin Dr. Anna Zaharieva von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Bielefeld. Sie ist für die Universität Bielefeld Sprecherin des SOEP RegioHub.

In dem Kooperationsprojekt untersuchen die Wissenschaftler*innen die Unterschiede zwischen den 96 Regionen in Deutschland – zum Beispiel Ostwestfalen, das Ruhrgebiet, Bitterfeld-Wittenberg oder Franken. „Die Regionen in Deutschland entwickeln sich unterschiedlich“, sagt Anna Zaharieva. „Das bedeutet, dass in einigen Regionen die Bevölkerung im Durchschnitt älter ist als andernorts, die Wirtschaft ist schwächer, die Infrastruktur schlechter. Diese regionalen Ungleichheiten beeinflussen, welche Chancen Menschen in den Regionen haben. Abhängig sind diese Chancen zum Beispiel von regional verschiedenen Perspektiven im Arbeitsmarkt und davon, welche Ausbildungseinrichtungen die Region zu bieten hat.“

Prof. Dr. Stefan Liebig ist Direktor des Sozio-oekonomischem Panels und ebenfalls Sprecher des „SOEP RegioHub“. Foto: DIW Berlin/Florian Schuh
Prof. Dr. Stefan Liebig ist Direktor des Sozio-oekonomischem Panels und ebenfalls Sprecher des „SOEP RegioHub“. Foto: DIW Berlin/Florian Schuh
Die Wissenschaftler*innen des neuen Leibniz-WissenschaftsCampus erforschen, wie sich die Unterschiede der Regionen Deutschlands auf politische Einstellungen und die Lebensbedingungen auswirken. „Das hat eine hohe gesellschaftliche Bedeutung“, sagt Stefan Liebig. „Denn wenn wir verstehen, wie sich regionale Ungleichheiten individuell auswirken, können wir nachvollziehen, wie sie gesellschaftliche Konflikte verstärken oder mildern.“
Für den „SOEP RegioHub at Bielefeld University“ arbeiten rund 20 Professor*innen und Nachwuchsforschende aus verschiedenen Disziplinen zusammen: Soziologie, Statistik und Datenwissenschaft, Politikwissenschaft, Gesundheitswissenschaft, Wirtschaftswissenschaften sowie Klinische Psychologie, Entwicklungs- und Sozialpsychologie.

Der neue Leibniz-WissenschaftsCampus heißt mit vollem Namen: „Studying Regional Development Dynamics and their Political Consequences: SOEP RegioHub at Bielefeld University“ (Untersuchung regionaler Entwicklungsdynamiken und ihrer politischen Konsequenzen: SOEP RegioHub an der Universität Bielefeld).  Er wird zunächst bis 2024 gefördert, nach erfolgreichem Antrag ist dann eine Bewilligung für weitere vier Jahre möglich. Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von 900.000 Euro.

Außer dem Leibniz-WissenschaftsCampus des SOEP und der Universität Bielefeld fördert die Leibniz-Gemeinschaft zwei weitere neue WissenschaftsCampi in Bochum und in Saarbrücken. Mit den jetzt geförderten Vorhaben steigt die Gesamtzahl der aktuell laufenden Leibniz-Wissenschafts-Campi auf 25. Mit den Leibniz-WissenschaftsCampi will die Leibniz-Gemeinschaft die Zusammenarbeit von universitärer und außeruniversitärer Forschung stärken. Damit sollen Netzwerke entstehen, um Forschungsbereiche weiter zu entwickeln und das wissenschaftliche Umfeld für bestimmte Themen zu stärken.

Weitere Informationen:
•    Pressemitteilung der Leibniz-Gemeinschaft: „Zahl der Leibniz-WissenschaftsCampi steigt auf 25“ vom 15.05.2020
•    Pressemitteilung zum Bielefeld Research and Innovation Campus (BRIC) vom 30.10.2018
•    Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP)

Kontakt:
Junior-Prof.’in Dr. Anna Zaharieva, Universität Bielefeld
Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
Telefon: 0521 106-5637
E-Mail: anna.zaharieva@uni-bielefeld.de  

Vier Projekte der digitalen Lehre werden an der Universität Bielefeld gefördert (Nr. 33/2020)

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Deutsche Literaturgeschichte: digital und interaktiv im Selbststudium

Einen digitalen, interaktiven Kurs entwickeln, mit dem sich Germanistikstudierende im Selbststudium die deutsche Literaturgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart erarbeiten   das ist das Ziel des Projektes „KoLiDi – Kollaborative Literaturgeschichte digital und interaktiv“. Es ist eines von vier Projekten an der Universität Bielefeld, die vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft gemeinsam mit der Digitalen Hochschule NRW (DH.NRW) in der Förderlinie „OERContent.nrw“ (Open Education Resources) gefördert werden. Es wird von Dr. Matthias Buschmeier und Prof. Dr. Meinolf Schumacher in Bielefeld geleitet und in Kooperation mit den Universitäten Paderborn und Wuppertal durchgeführt.


Deutsche Literaturgeschichte: digital und interaktiv im Selbststudium – dieser Multimediakurs wird derzeit an der Universität Bielefeld erarbeitet. Foto: Universität Bielefeld
Deutsche Literaturgeschichte: digital und interaktiv im Selbststudium – dieser Multimediakurs wird derzeit an der Universität Bielefeld erarbeitet. Foto: Universität Bielefeld
„Für die digitale Plattform werden Textpakete digital zu einem Multimediakurs aufbereitet, die dann von studentischen Kleingruppen gemeinsam bearbeitet werden können“, erklärt der Projektleiter Buschmeier. „Angereichert mit Podcasts und kurzen Videosequenzen von Lehrenden ergibt das ein ansprechendes Lernpaket.“ Die Kursmaterialien sind modular zusammengestellt und können je nach Nutzungsszenarien erweitert, kombiniert oder auch im Umfang reduziert werden. Jedes Element des entwickelten Moduls eignet sich zur Selbstlernphase im Umfang eines literaturgeschichtlichen Seminars im Rahmen der germanistischen Studiengänge in den Lehrämtern Haupt-, Real- und Gesamtschule und Gymnasien sowie in fachwissenschaftlichen Studiengängen der Germanistik und Literaturwissenschaften. Das Modul kann auch als Ganzes in die Studiengänge eingebaut werden. Das Projekt geht aus den Reformbemühungen der Bielefelder Germanistik zur Studieneingangsphase im Rahmen des Qualitätspakts Lehre hervor, das Basismodul wurde in den letzten Jahren im Kontext von „richtig.einsteigen“ durchgehend weiter entwickelt. Mit Hilfe der Fördersumme von 500.000 Euro wird es über die nächsten zwei Jahre fertig gestellt.

Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen haben in der Corona-Krise in kürzester Zeit ein Online-Sommersemester mit einem umfassenden digitalen Lehrangebot auf die Beine gestellt. Um die Hochschulen dabei zu unterstützen, gibt es jetzt Fördergelder vom Land für insgesamt 18 E-Learning-Formate wie zum Beispiel Online-Kurse, Lern-Videos oder virtuelle Labore. Die Konzepte können ab sofort umgesetzt werden, damit die Lehr- und Lerninhalte in das neue Online-Landesportal ORCA.nrw (Open Resources Campus NRW) eingestellt werden können und damit allen Studierenden und Lehrenden in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stehen.

Kontakt:
Dr. Matthias Buschmeier, Universität Bielefeld
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
Telefon: 0521 106-3703
E-Mail: matthias.buschmeier@uni-bielefeld.de

Zusätzlich zu KoLiDi ist die Universität Bielefeld an drei weiteren Projekten beteiligt:
Authentic Englishes.nrw
Das Ziel der zu produzierenden Lehr-/Lernangebote besteht darin, forschungsbasierte Lehre mittels innovativer digitaler Lehr-/Lernmedien im Fach Englisch für die drei Kompetenzbereiche 'Verstehen', 'Beschreiben' und 'Vermitteln' zu ermöglichen.
Konsortialführer: Universität Paderborn
Beteiligt: Universität Bielefeld (Ansprechpartner: Dr. Peter Schildhauer), Universität Münster

DigiMal.nrw
Das Verbundprojekt DigiMal.nrw (Digitale Mathematiklehrerbildung) verfolgt das Ziel, die Qualität der zentralen Lehrveranstaltungen im Lehramtsstudium Mathematik (Mathematische Grundbildung, Schwerpunkt Grundschule & Sonderpädagogik) mit Hilfe von digital gestützten Maßnahmen so zu verbessern, dass für die Studierenden die Zugänge zum Fach und zur Didaktik der Mathematik wirksam erweitert werden.
Konsortialführer: Universität Duisburg-Essen
Beteiligt: Technische Universität Dortmund, Universität Münster, Universität Paderborn, Bergische Universität Wuppertal, Universität Siegen, Universität Köln, Universität Bielefeld (Ansprechpartnerin: Prof. Dr. Kerstin Tiedemann)

inklud.nrw
"Inklusion digital - Entwicklung einer Online-Lehr-/Lernumgebung für den Einsatz in heterogenitätsorientierten Studiengängen". Konkret dient „inklud.nrw“ sowohl der Entwicklung inklusionsorientierter Basiskompetenzen, die gemäß dem Lehrerausbildungsgesetz (2016) als Querschnittsaufgabe der Lehrerbildung an allen NRW-Universitäten fachübergreifend curricular zu verankern ist, als auch dem Erwerb von digitalisierungsbezogenen Kompetenzen.
Konsortialführer: Universität Paderborn
Beteiligt: Universität Bielefeld (Ansprechpartnerin: Prof. Dr. Anna-Maria Kamin), Universität Duisburg-Essen, Universität Siegen

Pressemitteilung des Ministeriums vom 20.05.2020



Online-Schüler*innenworkshops für zu Hause (Nr. 34/2020)

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Von Bewegung bis Robotik: Jetzt anmelden für Ferienkurse an der Universität Bielefeld

Das Osthushenrich-Zentrum für Hochbegabungsforschung an der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld (OZHB) bietet für die Sommerferien Online-Workshops für alle Schüler*innen ab der siebten Jahrgangsstufe an, die sich für die Erforschung naturwissenschaftlicher und technischer Phänomene interessieren. Durch Demonstrationsexperimente, eigene Forschungsphasen oder selbstständiges Programmieren werden die Teilnehmenden zu einer aktiven Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Themengebieten angeleitet.


Schüler*innen ab der 7. Klasse können in den Sommerferien im Online-Workshop zu Meeresbiologie forschen.Foto: Universität Bielefeld
Schüler*innen ab der 7. Klasse können in den Sommerferien im Online-Workshop zu Meeresbiologie forschen.
Foto: Universität Bielefeld
Aufgrund der aktuellen Situation stehen Bildungseinrichtungen, wie Schulen und außerschulische Lernorte, vor besonderen Herausforderungen. Das virtuelle Lernen gewinnt somit zunehmend an Bedeutung. „Um in diesen Zeiten zum einen weiterhin anregende Angebote zu ermöglichen und zum anderen interessierte und begabte Schüler*innen ab der siebten Jahrgangsstufe im MINT-Bereich zu fördern, bieten wir in den Sommerferien verschiedene Online-Workshops im OZHB“, erklärt Professor Dr. Claas Wegner, Leiter des Osthushenrich-Zentrums für Hochbegabungsforschung an der Fakultät für Biologie. „Zu unterschiedlichen Themen, wie zum Beispiel Lernen durch Bewegung, Bionik, Meeresbiologie oder das Programmieren von Robotern, werden in den Ferien Tages- und Mehrtagesworkshops generiert, die individuell gebucht werden können.“

Die Programmierung von Robotern zum Beispiel von Nao wird in einem der Online-Workshops im OZHB angeboten. Foto: Universität Bielefeld
Die Programmierung von Robotern zum Beispiel von Nao wird in einem der Online-Workshops im OZHB angeboten.
Foto: Universität Bielefeld
Die Workshops sind durch den Einsatz von Live-Übertragungen von Experimenten, virtuelle Führungen durch den Universitäts-Zoo, die Durchführung eigener Versuche oder Krafttraining zu Hause vielseitig gestaltet. Die Workshops werden kostenlos angeboten. Die Teilnehmenden benötigen lediglich einen Computer oder Laptop mit Webcam und Mikrofon sowie einen Internetzugang.

Weitere Informationen und Anmeldungsmöglichkeit
Bei der Anmeldung können Datumswünsche eingetragen werden.

Kontakt:
Prof. Dr. Claas Wegner, Universität Bielefeld
Fakultät für Biologie / Biologiedidaktik
Telefon: 0521 106-5549
E-Mail: claas.wegner@uni-bielefeld.de   

Corona: Hohes Risiko für Geflüchtete in Sammelunterkünften (Nr. 35/2020)

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Bielefelder Forschende und Kompetenznetz Covid-19 veröffentlichen Studie

Sammelunterkünfte für Asylbewerber*innen sind besonders gefährdet, zu Hotspots für Corona-Infektionen zu werden. Das ist das Ergebnis einer Studie unter Leitung des Epidemiologen Professor Dr. med. Kayvan Bozorgmehr von der Universität Bielefeld. Das Studienteam setzt sich aus Wissenschaftler*innen des Kompetenznetzes Public Health Covid-19 zusammen. Sie haben Infektionsdaten aus 42 Sammelunterkünften in elf Bundesländern zusammengestellt und analysiert. Wird in einer Unterkunft eine Corona-Infektion festgestellt, ergibt sich laut den Forschenden für alle anderen Bewohner*innen ein Ansteckungsrisiko von 17 Prozent. In der vergangenen Woche hatten Medien bundesweit vorab über vorläufige Ergebnisse der Studie berichtet.

Prof. Dr. Kayvan Bozorgmehr von der Universität Bielefeld leitete die Studie zur Frage, wie hoch in Flüchtlingsheimen das Risiko ist, sich mit Sars-CoV-2 zu infizieren. Foto: Universität Bielefeld
Prof. Dr. Kayvan Bozorgmehr von der Universität Bielefeld leitete die Studie zur Frage, wie hoch in Flüchtlingsheimen das Risiko ist, sich mit Sars-CoV-2 zu infizieren. Foto: Universität Bielefeld

Ausgewertet wurden öffentlich verfügbare Daten aus elf Bundesländern und 42 Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete. Die Forschenden untersuchten, wie hoch das Risiko von Bewohner*innen ist, positiv getestet zu werden, sobald ein erster Fall einer Corona-Infektion in ihrer Sammelunterkunft nachgewiesen wurde. Dabei zeigte sich: In den betroffenen Sammelunterkünften wurden von den 9.785 Geflüchteten insgesamt 1.769 Personen positiv auf das Coronavirus getestet. Statistisch ermittelten die Forscher*innen für die Sammelunterkünfte, in denen ein Infektionsfall festgestellt wurde, ein Ansteckungsrisiko von 17 Prozent für alle anderen Bewohner*innen der berücksichtigten Unterkünfte.

„Diese Ergebnisse lassen sich nicht auf alle Geflüchteten übertragen, da wir nur Sammelunterkünfte untersucht haben, in denen mindestens ein Fall auftrat“, sagt Kayvan Bozorgmehr, Professor für Public Health und Leiter der Arbeitsgruppe Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld. „Unsere Erhebung zeigt jedoch deutlich: Wenn sich in einer Sammelunterkunft eine Sars-CoV-2-Infektion bestätigt, dann ist das Risiko einer Infektion für alle anderen Menschen in dem Heim ebenfalls hoch und liegt bei etwa 17 Prozent. In Einzelfällen lag das Risiko in Einrichtungen noch weit höher.“ Vergleichbar sei diese Zahl mit dem Ausbreitungsrisiko auf Kreuzfahrtschiffen, so Bozorgmehr weiter.

Die Ursache sei die große räumliche Nähe der Menschen in den Sammelunterkünften, sagt Oliver Razum, Co-Autor der Studie und Leiter der Arbeitsgruppe Epidemiologie & International Public Health der Fakultät für Gesundheitswissenschaften. „Die beengten Verhältnisse begünstigen eine rasche Ausbreitung.“ Hinzu komme, dass sich viele Personen wenige Küchen, Toiletten und Duschen teilen müssten, so Razum. Zur Prävention empfehlen die Wissenschaftler*innen eine dezentrale Unterbringung. In zentralen Aufnahmeeinrichtungen sollte die Unterbringung zumindest in Einzelzimmern oder in kleinen Wohneinheiten organisiert werden. Dies sei auch im Interesse der öffentlichen Gesundheit, um eine rasche Ausbreitung des Virus bei Auftreten in Sammelunterkünften zu verhindern.

Die Wissenschaftler*innen untersuchten auch, welche Maßnahmen angeordnet wurden, um die Ausbreitung in den Heimen einzudämmen. In den meisten betroffenen Einrichtungen (71 Prozent) wurde eine Kollektivquarantäne eingeleitet. Das bedeutet: Für alle 7.295 Bewohner*innen dieser Einrichtungen wurden Kontakt- und Ausgangssperren verhängt, auch wenn sie nicht selbst positiv getestet oder wenn sie in engem Kontakt zu Personen standen, die positiv getestet wurden. „Im Vergleich zu einem Vorgehen, bei dem lediglich bestätigte Infizierte isoliert wurden und enge Kontaktpersonen in Quarantäne kamen, hatte die pauschale Quarantäne aller Bewohner*innen jedoch keinen messbaren Vorteil – das Ausbreitungsrisiko blieb gleich“, sagt Kayvan Bozorgmehr. Auch ein Nutzen für die umliegende Bevölkerung sei bisher nicht belegt, so die Wissenschaftler*innen in ihrer Studie. Auch sei eine Kollektivquarantäne ethisch und rechtlich bedenklich, weil sie Betroffene psychosozial stark belaste.

Als ein Fazit ihrer Studie raten die Wissenschaftler*innen Verantwortlichen in Politik und Behörden, bundesweite Empfehlungen zu entwickeln, um die Prävention und Eindämmung von Sars-CoV-2 in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften zu vereinheitlichen und zu verbessern.

Die Daten der Studie stammen aus öffentlichen Berichten von Medien sowie Meldungen zuständiger Bundesländer und Landkreise. Die Studie entstand auf Initiative von Bozorgmehrs Arbeitsgruppe und des Kompetenznetzes Public Health Covid-19. Um die wissenschaftliche Qualität der Studie sicherzustellen, hat sie ein internes Begutachtungsverfahren (Peer-Review) durchlaufen. Dabei prüften sechs Wissenschaftler*innen, die nicht an der Studie beteiligt waren, die Daten und die Auswertung.

Weitere Informationen:

  • Die Studie„SARS-CoV-2 in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete: Epidemiologische und normativ-rechtliche Aspekte“
  • Diskussionsbeitrag von Oliver Razum,Kayvan Bozorgmehr und weiterer Epidemiolog*innen zu Covid-19 in Flüchtlingsunterkünften
  • Forschung der Arbeitsgruppe „Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung“ zur Corona-Pandemie
  • Website des Kompetenznetzes Public Health Covid-19

 

Kontakt:
Prof. Dr. Kayvan Bozorgmehr, Universität Bielefeld
Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Telefon: 0521 106-6311 (Sekretariat: -6889)
E-Mail: kayvan.bozorgmehr@uni-bielefeld.de

Ein Hormon nach Pflanzenart (Nr. 36/2020)

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Forschende entwickeln biotechnologisches Herstellungsverfahren

Pflanzen stellen das Hormon Jasmonsäure her, wenn sie angegriffen werden. So sorgen sie dafür, dass ihre Blätter Fraßfeinden nicht mehr schmecken. Biolog*innen wollen erfahren, ob biologische Vorstufen und andere Varianten der Jasmonsäure zu ähnlichen oder abweichenden Effekten führen. Doch für Experimente waren solche Abkömmlinge des Hormons bislang zu teuer und nur schwer zu bekommen. Forschende aus den Fakultäten für Chemie und Biologie der Universität Bielefeld haben jetzt ein Verfahren gefunden, das die Produktion einer biologisch bedeutenden Vorstufe der Jasmonsäure effizienter und günstiger machen könnte. Ihre Innovation: Sie ahmen nach, wie Pflanzen das Hormon herstellen. Das Ergebnis ist 12-OPDA, eine zentrale Vorstufe von Jasmonsäure. Sie könnte langfristig auch als Vorstufe für hochwertiges Parfüm in Frage kommen. Die Forschenden präsentieren ihr Verfahren heute (29.05.2020) im Forschungsjournal Advanced Science.

Wie kann Chemie genutzt werden, um Pflanzenhormone herzustellen? Damit befassen sich die Doktorandin Jana Löwe und die beiden Professoren Dr. Harald Gröger und Dr. Karl-Josef Dietz (v. li.) in einer neuen Studie.
Wie kann Chemie genutzt werden, um Pflanzenhormone herzustellen? Damit befassen sich die Doktorandin Jana Löwe und die beiden Professoren Dr. Harald Gröger und Dr. Karl-Josef Dietz (v. li.) in einer neuen Studie.

„Jasmonsäure kann zum Beispiel die Freisetzung von giftigen Stoffen wie Nikotin in den Blättern anstoßen, die den Angreifern schaden“, erklärt der Biologe Professor Dr. Karl-Josef Dietz. „Tabakpflanzen stoßen eine abgewandelte Form der Jasmonsäure aus und bringen so benachbarte Pflanzen dazu, sich auf Angriffe vorzubereiten“, sagt Dietz. „Jasmonsäure wirkt auch heilend und kann in Gang setzen, dass sich beschädigte Blätter regenerieren.“

Dietz leitet die Arbeitsgruppe Biochemie und Physiologie der Pflanzen der Universität Bielefeld. Er erforscht, wie Pflanzen auf Stress reagieren und arbeitet daran, ihre Reaktion zu verändern und zu optimieren. „Damit können wir Pflanzen zum Beispiel auf die veränderten Umweltbedingungen infolge des Klimawandels vorbereiten.“ Falls das wärmere Klima dazu führt, dass die Käfer-Populationen zunehmen, könnten Pflanzen etwa mit der Fähigkeit ausgestattet werden, diesen Angreifern mit Bitterstoffen zu schaden. „Uns interessiert die Wirkung von Vorformen der Jasmonsäure, wie das 12-OPDA, das nur im Milligramm-Bereich zu bekommen ist und dann mehrere hundert Euro kostet“, sagt Dietz.

„Der hohe Preis kommt durch die arbeitsintensive Herstellung zustande, da auf klassisch-chemischen Wege die Herstellung von 12-OPDA äußerst aufwändig und mit vielen Reaktionsstufen verbunden ist“, sagt der Chemiker Professor Dr. Harald Gröger. Er leitet die Arbeitsgruppe Industrielle Organische Chemie und Biotechnologie an der Universität Bielefeld. Gemeinsam mit Dietz entwickelte er die Idee, 12-OPDA (12-Oxophytodiensäure) als Vorstufe von Jasmonsäure in einem effizienten und synthetisch neuartigen Verfahren herzustellen. Beide Wissenschaftler forschen am Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) der Universität Bielefeld.

Das neue Verfahren greift das Prinzip aus den Pflanzenzellen auf: Es nutzt die Enzyme als Katalysatoren der Pflanzen in für synthetische Zwecke optimierter Form. „Wichtig ist, dass diese Enzyme im richtigen Verhältnis eingesetzt werden“, sagt Jana Löwe. Sie ist Erstautorin der neuen Studie und forscht in Grögers Arbeitsgruppe. Der Clou des neuen Verfahrens: Wenn alle Startbedingungen stimmen, läuft es anschließend von selbst.

Jasmonsäure bewirkt, dass beschädigte Blätter von Pflanzen für Fraßfeinde unbekömmlich werden. In Bielefeld wurde eine Vorstufe des Hormons erzeugt. Mit ihm lässt sich etwa testen, wie die Fitness von Pflanzen verbessert werden kann. Foto: Universität Bielefeld
Jasmonsäure bewirkt, dass beschädigte Blätter von Pflanzen für Fraßfeinde unbekömmlich werden. In Bielefeld wurde eine Vorstufe des Hormons erzeugt. Mit ihm lässt sich etwa testen, wie die Fitness von Pflanzen verbessert werden kann. Foto: Universität Bielefeld
„Wie die Pflanzen verwenden wir die einfach zugängliche Linolensäure in Kombination mit lediglich drei Enzym-Reaktionen“, erklärt Löwe. Linolensäure kann zum Beispiel aus Rapsöl gewonnen werden. Das erste Enzym baut den Sauerstoff aus der Luft in die Linolensäure ein. Darauf aufbauend erzeugt das zweite Enzym ein hochlabiles Zwischenprodukt, das dann vom dritten Enzym in 12-OPDA umgewandelt wird.

„Das klingt einfach“, sagt Gröger. „Die Schwierigkeit war aber bisher die empfindliche, kurzlebige Zwischenstufe, die durch das zweite Enzym entsteht. Wenn hier nicht sofort das dritte Enzym hinzugefügt wird, entstehen nicht brauchbare Produkte.“

Löwe löst das Problem, indem sie Bakterien als Erzeuger der Enzyme für die zweite und letzte Stufe der Reaktion verwendet – in Verbindung mit einem aus Sojabohnen stammenden kommerziellen Enzym für die erste Reaktionsstufe. Die Bakterien (Escherichia coli) sind genetisch so verändert worden, dass sie die beiden Enzyme in den erforderlichen Mengen bereitstellen. „Sobald die labile Zwischenstufe gebildet wird, ist das benötigte Enzym sofort zur Stelle und sorgt für die Herstellung von 12-OPDA“, sagt Löwe.

Danach kann das 12-OPDA direkt in biologischen Studien eingesetzt oder in weitere Stoffe umgewandelt werden, die zum Beispiel für Dietz‘ Experimente gebraucht werden. Auch dafür hat Löwe ein Verfahren entwickelt. „Damit steht uns eine Bibliothek von Abkömmlingen von 12-OPDA für pflanzenphysiologische Untersuchungen zur Verfügung“, sagt Dietz. „Durch weitere Reaktionen könnte mit dem 12-OPDA darüber hinaus zukünftig in effizienter Weise unter Umständen sogar Methyldihydrojasmonat hergestellt werden“, sagt Gröger. „Das ist eine Substanz, die als Inhaltsstoff für viele bekannte Parfüms benötigt wird.“

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat Grögers Arbeitsgruppe für das Forschungsprojekt zu 12-OPDA finanziell unterstützt. Die Förderung lief über die BMBF-Initiative „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren – Biotechnologie 2020+“ (Projektnummer: 031A184A).

Originalveröffentlichung:
Jana Löwe, Karl-Josef Dietz, Harald Gröger: From a biosynthetic pathway toward a biocatalytic process and chemocatalytic modifications: Three-step enzymatic cascade to the plant metabolite cis-(+)-12-OPDA and metathesis-derived products. Advanced Science, https://doi.org/10.1002/advs.201902973 veröffentlicht am 29.05.2020.

Kontakt:
Prof. Dr. Harald Gröger, Universität Bielefeld
Fakultät für Chemie
Telefon: 0521 106-2057 (-6920 Sekretariat)
E-Mail: harald.groeger@uni-bielefeld.de

Rund acht Millionen Euro für zwei neue Promotionsnetzwerke (Nr. 37/2020)

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Universität Bielefeld koordiniert Programme in Informatik und Wirtschaftswissenschaften

Die Europäische Kommission fördert zwei neue Promotionsnetzwerke für den wissenschaftlichen Nachwuchs an der Universität Bielefeld. In den kommenden vier Jahren untersuchen Doktorand*innen der Informatik, wie sich Genome ordnen und analysieren lassen. Doktorand*innen der Wirtschaftswissenschaften entwickeln computergestützte Methoden für die Politikanalyse in den Bereichen Klimawandel und Innovation. Die beiden Programme werden mit insgesamt rund acht Millionen Euro gefördert. Zusätzlich bewilligt wurden zwei Promotionsnetzwerke, an denen die Universität Bielefeld beteiligt ist: eins zu personalisierter Servicerobotik sowie eins zu Sozialer Arbeit.

In den Promotionsnetzwerken kooperieren Universitäten, Forschungseinrichtungen und Industrieunternehmen. Das Ziel ist es, herausragende Doktorand*innen in strukturierter Weise innerhalb von exzellenten Forschungsvorhaben auszubilden.

Informatik-Netzwerk: Genome graphisch darstellen 
Der Informatiker Prof. Dr. Alexander Schönhuth koordiniert das Forschungsnetzwerk zur Pangenomik. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Der Informatiker Prof. Dr. Alexander Schönhuth koordiniert das Forschungsnetzwerk zur Pangenomik. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
In der Pangenomik vergleichen die Forschenden das Erbgut eines einzelnen Organismus mit dem Genom-Bestand aller Stämme einer Spezies. Mit dieser Methode können zum Beispiel krankheitserregende und ungefährliche Varianten eines Virus unterschieden werden. „Genome bestehen allerdings mitunter aus Milliarden von Informationseinheiten. Wir haben uns die dringende Frage gestellt, wie wir diese Datenmassen in einer rechnerisch effizienten und biomedizinisch lohnenden Weise anordnen und analysieren können“, sagt der Datenwissenschaftler Professor Dr. Alexander Schönhuth von der Technischen Fakultät und dem Centrum für Biotechnologie (CeBiTec). Er koordiniert das neue Forschungsnetzwerk „Algorithms for Pangenome Computational Analysis“ (Algorithmen für Berechnungsanalysen des Pangenoms, Kurzname: ALPACA). Die Europäische Kommission fördert das Programm mit 3,67 Millionen Euro.

Traditionell werden die Genome als Buchstabenketten nebeneinander angezeigt. „Diese sequenzbasierte Darstellung ist aber zeitaufwendig zu analysieren, da sich Genome oft nur in relativ kleinen Buchstabenmengen unterscheiden“, sagt Schönhuth. „Dagegen erlaubt eine graphische Darstellung überflüssige Informationen zu entfernen, ohne die individuellen Unterschiede zu übergehen. Diese graphische Analyse ist ein Paradigmenwechsel in der Pangenomik.“

In dem neuen Netzwerk werden die Doktorand*innen diese graphisch basierte Darstellung von Genomen erforschen und ihr Wissen zwischen Wissenschaft und Industrie kommunizieren. Dafür kooperiert die Universität Bielefeld mit dem Centre National de la recherche scientifique (CNRS, Frankreich), dem Institut National de Recherche en Informatique et Automatique (INRIA, Frankreich), der Universität Mailand-Bicocca (Italien), dem Centrum Wiskunde & Informatica (CWI, Niederlande), der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBl-EBI), der Comenius-Universität in Bratislava (Slowakei), dem Institut Pasteur (Frankreich), der University of Cambridge (Großbritannien) und der Firma „Geneton“ (Slowakei). Außerdem arbeitet sie mit neun Industriepartnern zusammen. 

Wirtschaftswissenschaftliches Netzwerk: Analysen von wirtschaftspolitischen Herausforderungen
Der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Herbert Dawid koordiniert das Forschungsnetzwerk zur ökonomischen Modellierung. Foto: Universität Bielefeld
Der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Herbert Dawid koordiniert das Forschungsnetzwerk zur ökonomischen Modellierung. Foto: Universität Bielefeld
„Die wichtigsten aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Europa sind durch komplexe dynamische Muster gekennzeichnet“, sagt Professor Dr. Herbert Dawid von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Der Ökonom koordiniert das neue Forschungsnetzwerk „Economic Policy in Complex Environments“ (Wirtschaftspolitik unter komplexen Rahmenbedingungen, Kurzname: EPOC). „Als Beispiel lässt sich die Suche nach geeigneten politischen Strategien zur Eindämmung des Klimawandels nennen. Eine solide Wirtschaftspolitik in solch einem Themengebiet benötigt fundierte dynamische Analysen, um die Vielschichtigkeit des Problems angemessen zu erfassen und sie so berücksichtigen zu können.“ Das Programm wird mit 3,98 Millionen Euro gefördert.

Die Doktorand*innen in dem neuen wirtschaftswissenschaftlichen Promotionsprogramm sollen den aktuellen Stand der Technik und die Anwendbarkeit rechenintensiver Methoden für die Entscheidungs- und Politikanalyse erweitern und sie in den Bereichen Klimawandel und Innovation anwenden. „Dafür werden sie in Data Science, Netzwerktheorie, agentenbasierter Simulation und wirtschaftswissenschaftlicher Modellierung ausgebildet und können dieses Fachwissen in ihren individuellen Forschungsprojekten anwenden“, sagt Dawid. 

Die akademische Ausbildung wird ergänzt durch Trainingsmaßnahmen von zehn nicht-akademischen Partner-Institutionen. Das Konsortium besteht neben der Universität Bielefeld aus sechs weiteren Universitäten: der Universität Amsterdam (Niederlande), der Autonomen Universität Barcelona (Spanien), der Universität Kopenhagen (Dänemark), der Katholischen Universität Mailand (Italien), der Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne (Frankreich) und der Universität Venedig (Italien). Jede*r Nachwuchsforschende wird von zwei Universitäten aufgenommen und schließt mit einem Doppelabschluss ab.

Beteiligt an Netzwerken zu personalisierten Servicerobotern und Sozialer Arbeit
Bewilligt wurden zwei weitere Promotionsnetzwerke, an denen die Universität Bielefeld beteiligt ist.  Eines der Netzwerke heißt „Personalized Robotics as Service Oriented Applications" (Personalisierte Robotik zur Anwendung in Dienstleistungen, Kurzname: PERSEO) und wird von Professorin Dr. Silvia Rossi der Universität Neapel (Italien) koordiniert. Die Bielefelder Professorin Dr. Friederike Eyssel ist mit ihrer Arbeitsgruppe „Angewandte Sozialpsychologie und Geschlechterforschung“ für die Abteilung Psychologie und das Institut CITEC beteiligt. In dem Promotionsnetzwerk sollen Informatiker*innen, Philosoph*innen und Psycholog*innen daran forschen, wie Robotertechnologien auf physischer, kognitiver und sozialer Ebene personalisiert werden können.

Das zweite Netzwerk heißt „Applying Sustainability Transition Research in Social Work tackling Major Societal Challenge of Social Inclusion“ (Anwendung nachhaltiger Transformationsforschung in sozialer Arbeit für den Umgang mit sozialer Inklusion als bedeutender gesellschaftlicher Herausforderung, Kurzname: ASTRA). Es wird von Professorin Dr. Aila-Leena Matthies Universität Jyväskylä (Finnland) koordiniert. Der Bielefelder Professor Dr. Holger Ziegler ist mit seiner Arbeitsgruppe „Soziale Arbeit“ für die Fakultät für Erziehungswissenschaft beteiligt. Die Doktorand*innen in dem Netzwerk untersuchen, wie Soziale Arbeit zu einem öko-sozialen Wandel beitragen kann, der nachhaltig wirkt und die Situation unterschiedlicher Gruppen in Europa verbessert: von jungen Menschen in prekären Lebenslangen, von Migrant*innen und lokalen Gemeinschaften, die widrigen Lebensumständen ausgesetzt sind. 

Innovative Training Networks (ITN)
Das EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizont 2020“ fördert die Netzwerke als Marie Skłodowska-Curie Innovative Training Network (Innovatives Ausbildungsnetzwerk für den wissenschaftlichen Nachwuchs). Durch die neuen Bewilligungen ist die Universität Bielefeld an insgesamt 16 ITN beteiligt. Die Netzwerke forschen unter anderem in den Disziplinen Chemie, Erziehungswissenschaft, Informatik, Physik, Psychologie und Wirtschaftswissenschaften. Fünf dieser Netzwerke leitet die Universität Bielefeld als Koordinatorin. 

Weitere Informationen: 

 

Kontakt:
Prof. Dr. Alexander Schönhuth, Universität Bielefeld
Technische Fakultät, Innovative Training Network „ALPACA“
Tel: 0521-106 3362
E-Mail: aschoen@cebitec.uni-bielefeld.de  

Prof. Dr. Herbert Dawid, Universität Bielefeld 
Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Innovative Training Network „EPOC“
Tel: 0521-106 4843

Personalnachrichten aus der Universität Bielefeld (Nr. 39/2020)

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•    Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer weiterhin stellvertretender LRK-Vorsitzender
•    Professorin Dr. Claudia Hornberg erneut in den Sachverständigenrat für Umweltfragen berufen

Rektor Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Foto: Universität Bielefeld/ M.Adamski
Rektor Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Foto: Universität Bielefeld/ M.Adamski
Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität, ist als stellvertretender Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz NRW wiedergewählt worden. Bei den Wahlen wurde auch der LRK-Vorsitzende Professor Dr. Dr. h.c. Lambert T. Koch, Rektor der Bergischen Universität Wuppertal, im Amt bestätigt. Lambert T. Koch und Gerhard Sagerer stellen mit Professorin Dr. Anja Steinbeck, Rektorin der Universität Düsseldorf, und Professor Dr. Dr. h.c. Michael Hoch, Rektor der Universität Bonn, weiterhin den LRK-Vorstand. Die neue Amtszeit beginnt am 1. Oktober 2020 und endet am 30. September 2022. Die 16 Mitgliedsuniversitäten der Landesrektorenkonferenz der Universitäten in NRW fördern die Zusammenarbeit der Hochschulen im Bildungs- und Wissenschaftsbereich und befassen sich mit übergreifenden hochschulpolitischen Themen.


Prof. Dr. Claudia Hornberg, Foto: SRU
Prof. Dr. Claudia Hornberg, Foto: SRU
Professorin Dr. Claudia Hornberg wurde im Juni erneut von der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit in den siebenköpfigen Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) berufen. Die bisherige Vorsitzende ist in der kommenden, vier Jahre dauernden, Ratsperiode für die Bereiche Toxikologie und Public Health zuständig. Der 1971 von der Bundesregierung eingerichtete Sachverständigenrat bewertet regelmäßig die Umweltsituation in Deutschland und spricht Handlungsempfehlungen zu aktuellen Fragen der Umweltpolitik aus. Hornberg ist Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin. An der Universität Bielefeld leitet sie seit 2002 die Arbeitsgruppe „Umwelt und Gesundheit“ an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften. 2018 ist sie als Gründungsdekanin für die Medizinische Fakultät OWL bestellt worden und leitet dort die Arbeitsgruppe „Sustainable Environmental Health Sciences“.

Erster Professor an die Medizinische Fakultät OWL berufen (40/2020)

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Professor Dr. med. Björn Spittau übernimmt Professur für Anatomie

Die Universität Bielefeld hat den ersten neuen Professor an die Medizinische Fakultät OWL berufen: Professor Dr. med. Björn Spittau übernimmt zum 1. Juli 2020 die Professur für Anatomie an der Universität Bielefeld. Zuvor war er an der Universität Rostock am Institut für Anatomie als stellvertretender Institutsleiter tätig. Der Rektor der Universität Bielefeld, Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, überreichte ihm heute im Beisein der Gründungsdekanin Professorin Dr. med. Claudia Hornberg die Berufungsurkunde.

Professor Dr. med. Björn Spittau, Jahrgang 1979, studierte und promovierte an der Universität Göttingen im Fach Humanmedizin und war dort bis 2008 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Anatomie tätig. Anschließend wechselte er an die Universität Freiburg, wo er eine Arbeitsgruppe aufbaute, ab 2012 die Prosektur leitete, sich 2013 habilitierte und von 2014 bis 2015 eine Professur vertrat. Seit 2016 ist er Fachanatom der Anatomischen Gesellschaft. Im Jahr 2017 nahm Herr Spittau einen Ruf auf die Professur für Anatomie an der Universität Rostock an.

Prof. Dr. med. Björn Spittau (vorne links) ist als erster neuer Professor an die Medizinische Fakultät OWL berufen worden. Ihm gratulieren (v. li.)  Prof’in Dr. Claudia Hornberg, Dekanin der Medizinischen Fakultät OWL, Fakultätsgeschäftsführer Dr. Frank Lohkamp und Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld/S. Sättele
Prof. Dr. med. Björn Spittau (vorne links) ist als erster neuer Professor an die Medizinische Fakultät OWL berufen worden. Ihm gratulieren (v. li.) Prof’in Dr. Claudia Hornberg, Dekanin der Medizinischen Fakultät OWL, Fakultätsgeschäftsführer Dr. Frank Lohkamp und Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld/S. Sättele
„An der Universität Bielefeld reizt mich die wohl einmalige Möglichkeit, den Studiengang Humanmedizin von Beginn an mitzugestalten und meine Vorstellungen von einer modernen und zeitgemäßen Ausbildung angehender Ärztinnen und Ärzten umzusetzen“, erklärt Björn Spittau. „Die junge und aufstrebende Universität bietet mit ihren zahlreichen exzellenten Arbeitsgruppen und innovativen Zentren hervorragende Kooperationsmöglichkeiten für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Forschungsschwerpunkte meiner Arbeitsgruppe.“ Wissenschaftlich beschäftigt ihn und sein Team die Frage, welche Rolle spezialisierte Immunzellen (Mikroglia) des Zentralnervensystems während der Entwicklung und Reifung sowie bei Erkrankungen des Gehirns spielen und wie diese Funktionen reguliert werden.

Im Auswahlverfahren überzeugte er mit seinem wissenschaftlichen Vortrag zum Thema „Mikroglia – die unterschätzten Zellen des Zentralnervensystems“ sowie seiner Lehrveranstaltung zum Thema „Der Respirationsapparat“. 

„Kollege Spittau ist trotz seines jungen Alters ein renommierter Forscher und Lehrender. Im Bewerbungsverfahren hat er dies insbesondere mit seinem wissenschaftlichen Vortrag und seiner Lehrprobe eindrucksvoll unterstrichen. Es ist gut, dass wir seine Expertise zu einem vergleichsweise frühen Zeitpunkt in den Aufbauprozesse einbeziehen können. Dies gilt insbesondere auch für die Planungen zum Anatomie-Hörsaal und für den Aufbau des Körperspendewesens. Ich freue mich auf unsere zukünftige Zusammenarbeit“, freut sich Professorin Dr. med. Claudia Hornberg, Dekanin der Medizinischen Fakultät OWL.

Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld ergänzt: „Mit der Anatomie-Professur haben wir eines der zentralen Fächer in der Medizin besetzt. Ich habe Herrn Spittau im Bewerbungsverfahren hochmotiviert erlebt und bin sicher, dass er sich kompetent und kreativ in den Aufbau der neuen Medizinischen Fakultät einbringen wird.“

„Mit der Berufung und dem Amtsantritt des ersten Professors wird ein weiterer Meilenstein im Aufbauprozess der Medizinischen Fakultät OWL erreicht“, so Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. „Professor Spittau wird, genauso wie die bald folgenden Professorinnen und Professoren, hervorragende Bedingungen für seine Forschung und Lehre an einem innovativen neuen Standort der Universitätsmedizin vorfinden.“

Und Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen erklärt: „Anatomie ist ein unverzichtbares Basisfach für jeden angehenden Mediziner, das bei richtiger Vermittlung die Studierenden begeistern kann und sollte. Deshalb freut es mich sehr, dass wir mit Herrn Professor Spittau nicht nur einen ausgewiesenen Wissenschaftler gewinnen konnten, sondern jemanden, der vor allem auch ein Herz für eine innovative und herausragende Lehre hat.“

Mit der Berufung von Björn Spittau ist das erste von aktuell 22 laufenden Besetzungsverfahren erfolgreich abgeschlossen. Bislang sind in zehn weiteren Verfahren Rufe an Kandidat*innen erteilt. Hier laufen die abschließenden Verhandlungen. In anderen Verfahren steht der finale Beschluss durch das Rektorat über die Berufungsliste kurz bevor, in weiteren Verfahren finden öffentliche Probevorträge von Kandidat*innen statt oder es werden derzeit von externen Expert*innen Gutachten erstellt.

Zwei Professuren sind bereits durch interne Umsetzungen besetzt. Es handelt sich dabei um die Professuren für „Sustainable Environmental Health Sciences“ durch Professorin Dr. med. Claudia Hornberg (vormals Fakultät für Gesundheitswissenschaften) und für „Medizinische Assistenzsysteme“ durch Professorin Dr.-Ing. Britta Wrede (vormals Technische Fakultät). 

An der Medizinischen Fakultät OWL arbeiten aktuell rund 40 Personen.

Die Professur für Anatomie ist eine sogenannte medizin-theoretische Professur, das heißt Professor Spittau arbeitet mit seiner Arbeitsgruppe an der Universität.

Zur Medizinischen Fakultät OWL
Zum Wintersemester 2021/22 bietet die Universität Bielefeld ein humanmedizinisches Studium als Modellstudiengang für zunächst 60 Studierenden an. Neben der kontinuierlichen fachbezogenen Vorbereitung auf die vielfältigen Anforderungen ärztlicher Tätigkeiten wird die Perspektive der ambulanten Medizin im neuen Modellstudiengang in besonderem Maße berücksichtigt. Für die Universität Bielefeld bedeutet die Medizinische Fakultät OWL eine strategische Erweiterung ihres Studienangebots und ihres Forschungsportfolios.

Mit dem zukünftigen Forschungsprofil legt die Medizinische Fakultät OWL den Fokus auf die Erforschung der Entstehung, Diagnostik und Versorgung chronischer Krankheiten und Behinderungen, unter besonderer Berücksichtigung der Lebensqualität der Betroffenen. Sie möchte somit die Versorgung und Teilhabe von chronisch Erkrankten und Menschen mit Behinderungen verbessern.

Studienprüfungen in Corona-Zeiten (Nr. 41/2020)

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Der Prüfungszeitraum an der Universität Bielefeld hat begonnen

Seit Mitte Juni finden an der Universität Bielefeld die großen Prüfungen des Sommersemesters 2020 statt. Aufgrund der Corona-Hygienebestimmungen mussten insbesondere für große Prüfungen mehr und große Räumlichkeiten gefunden werden. Mit einem hohen koordinatorischen Aufwand werden darum aktuell Sporthalle, Mensa, Stadthalle und Lokschuppen gebucht, zeitweise sogar parallel.


„Rund 220 Prüfungen mit mehr als 50 Teilnehmenden müssen gerade anders abgenommen werden als bisher“, erklärt Bastian Doht vom Dezernat Studium und Lehre. Er koordiniert das Thema Prüfungen in externen Räumen dezernatsübergreifend, vor allem mit Kolleg*innen des Facility Managements und des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. „Der größte Hörsaal der Universität, Hörsaal H4, fasst gerade 32 Prüflinge unter Corona-Hygienebedingungen, sonst sind es 404 Plätze.“

In der Sporthalle der Universität ist Platz für 140 Prüflinge. Foto: Universität Bielefeld
In der Sporthalle der Universität ist Platz für 140 Prüflinge. Foto: Universität Bielefeld
Als neue Prüfungsräume kommen jetzt nach und nach größere Räume in Bielefeld zum Einsatz. Zunächst die Sporthalle der Universität für 140 Personen, später die Mensa im Gebäude X für 194 Personen, dann die Stadthalle mit 200 und schließlich der Lokschuppen mit 120 Prüflingen. Neu ist die Zusammenarbeit mit der Stadthalle beim Thema Prüfungen, mit dem Lokschuppen bestand bereits ein Vertrag für die Zeit der Audimax-Bauarbeiten.

Thematisch ziehen sich die Prüfungen durch alle Fächer: von Rechtswissenschaften bis Mathematik, von Soziologie bis Sportwissenschaft. Einige Prüfungen müssen parallel in mehreren großen Räumen stattfinden. Die größte Prüfung ist mit 500 Personen angemeldet und wird gleichzeitig in der Sporthalle der Universität, der Mensa und der Stadthalle stattfinden.

Auch die Mensa wird für die Prüfungen vorbereitet. Jede*r Teilnehmende bekommt in einem vorherigen Anmeldeverfahren einen Tisch mit einer Nummer zugewiesen. Foto: Universität Bielefeld
Auch die Mensa wird für die Prüfungen vorbereitet. Jede*r Teilnehmende bekommt in einem vorherigen Anmeldeverfahren einen Tisch mit einer Nummer zugewiesen. Foto: Universität Bielefeld
So laufen die Prüfungen ab: Zunächst unterschreibt die*der Lehrende ein Hygiene-Schutzkonzept für die Prüfung und setzt die Vorgaben um. Für jede Klausur gibt es dann ein zentrales Anmeldeverfahren. Die*Der Studierende meldet sich an und bekommt später eine Mitteilung zu den Hygiene-Regeln und einen nummerierten Einzelplatz zugewiesen, der am Prüfungstag für ihn reserviert ist. Allein vier Mitarbeitende sind zentral mit dieser Organisation befasst. Vor Ort sorgen dann Mitarbeitende dafür, dass die Menschenmengen geleitet und geführt werden.

Neue Methode führt zehnmal schneller zum Corona-Testergebnis (Nr. 42/2020)

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Forschende der Universität Bielefeld stellen beschleunigtes Verfahren vor

Einen Test auf SARS-CoV-2 durchzuführen und auszuwerten dauert aktuell mehr als zwei Stunden – und so kann ein Labor pro Tag nur eine sehr begrenzte Zahl von Menschen testen. Zellbiolog*innen der Universität Bielefeld haben nun mit mehreren Kooperationspartnern in einer Studie ein Verfahren entwickelt, das rund zehnmal schneller ein Ergebnis liefert. „Der Test dauert nur rund 16 Minuten“, sagt Professor Dr. Christian Kaltschmidt vom Lehrstuhl für Zellbiologie der Universität Bielefeld. „Die Methode ist zudem günstiger als die herkömmlichen Tests.“

Weil es bislang keinen Impfstoff und keine Therapie gegen SARS-CoV-2 gibt, spielen Tests eine wichtige Rolle, um die Verbreitung zu kontrollieren. Sie dauern aktuell allerdings relativ lange. Prof. Dr. Christian Kaltschmidt hat mit anderen Forschenden ein Verfahren getestet, das deutlich schneller funktioniert. Foto: Marcel Mompour
Weil es bislang keinen Impfstoff und keine Therapie gegen SARS-CoV-2 gibt, spielen Tests eine wichtige Rolle, um die Verbreitung zu kontrollieren. Sie dauern aktuell allerdings relativ lange. Prof. Dr. Christian Kaltschmidt hat mit anderen Forschenden ein Verfahren getestet, das deutlich schneller funktioniert. Foto: Marcel Mompour
Weltweit sind inzwischen mehr als zehn Millionen Infektionen mit dem Coronavirus bestätigt. Einen wirksamen Impfstoff oder eine Therapie gegen SARS-CoV-2 gibt es bislang nicht. Hinzu kommt: Nicht jede infizierte Person entwickelt auch Symptome. Die wirksamste Methode, um die Verbreitung einzudämmen, sind im Moment deshalb Tests: Wer sich infiziert hat, wird isoliert und verbreitet das Virus nicht. 

Das gängigste Verfahren, um zu testen, ob sich jemand mit SARS-CoV-2 infiziert hat, sind sogenannte PCR-Tests. Sie nutzen das genetische Material des Virus als Grundlage. Das haben auch die Bielefelder Wissenschaftler*innen in ihrer Studie gemacht. PCR-Tests laufen immer nach einem ähnlichen Schema ab. Zunächst wird genetisches Material einer Testperson benötigt. Dies wird in der Regel durch einen Abstrich im Mund-, Nasen- oder Rachenraum gewonnen. „Wenn ein Mensch sich mit SARS-CoV-2 angesteckt hat, dann ist in der Probe auch genetisches Material des Virus enthalten, das als sogenannte RNA vorliegt“, sagt Kaltschmidt. Die RNA-Moleküle werden in einem chemischen Verfahren isoliert. Allerdings ist danach zu wenig RNA enthalten, als dass ein Test sie sofort nachweisen könnte. Deshalb muss sie vervielfältigt werden. 

Methode spart nicht nur Zeit, sondern auch Aufwand
Das geschieht bei einer sogenannten Polymerase-Kettenreaktion, die dem PCR-Verfahren seinen Namen gegeben hat (Polymerase Chain-Reaction). Sie läuft in einem Gerät ab, das sich Thermocycler nennt. Es fährt die Temperatur nach einem vorher festgelegten Programm hoch und wieder herunter. In Kombination mit bestimmten Zusatzstoffen, einem Enzym mit Kopierfunktion und Stabilität bei hoher Temperatur vervielfältigt sich dadurch das genetische Material, bis so viel vorhanden ist, dass sich damit SARS-CoV-2 nachweisen lässt – sofern jemand infiziert ist.

Die Bielefelder Forschenden haben bei ihrem Verfahren einen speziellen Thermocycler eingesetzt – den NEXTGENPCR. Durch das besondere Design, das mehrere Temperaturzonen umfasst, laufen die Reaktionen in dem Gerät besonders effektiv und vollautomatisch ab. „Beim Vorgehen haben wir uns am sogenannten Drosten-Protokoll der Berliner Charité und am Protokoll des Centers of Disease Control and Prevention in Atlanta orientiert“, sagt Kaltschmidt. Das sind Standards für Tests auf SARS-CoV-2. Die Forschenden konnten mir ihrer Methode die Ergebnisse herkömmlicher PCR-Tests wiederholen – nur in deutlich kürzerer Zeit und mit weniger Aufwand. 

Ob sich eine Person mit SARS-CoV-2 infiziert hat, lässt sich in Tests nachweisen. Das genetische Material wird dazu in einem Thermocycler vervielfältigt. Mit dem in der neuen Studie genutzten Thermocycler (Bild) sind pro Stunde rund 570 Auswertungen möglich. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Ob sich eine Person mit SARS-CoV-2 infiziert hat, lässt sich in Tests nachweisen. Das genetische Material wird dazu in einem Thermocycler vervielfältigt. Mit dem in der neuen Studie genutzten Thermocycler (Bild) sind pro Stunde rund 570 Auswertungen möglich. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Spezialgerät kann stündlich 570 Tests analysieren
Entwickelt hat den Thermocycler das niederländische Unternehmen Molecular Biology Systems B.V. Für die Tests auf das Coronavirus schrieben die Entwickler eine Software, die sowohl die benötigte Zeit als auch die Arbeitsschritte verringert. „Wir haben dazu sehr viele positive Rückmeldungen erhalten“, sagt Gert de Vos, Gründer und Geschäftsführer von Molecular Biology Systems. Das Gerät kann mehrere Proben parallel analysieren – damit sind mit einem einzigen Thermocycler pro Stunde rund 570 Auswertungen möglich. Molecular Biology Systems arbeitet inzwischen mit Regierungen und privaten Laboren in den USA, Europa, dem mittleren Osten und Afrika zusammen.

Kaltschmidt sieht viele Vorteile in dem neuen Verfahren. So könnte ein solcher Test vor allem dort zum Einsatz kommen, wo schnelle Ergebnisse gefragt sind. „Wenn beispielsweise Kreuzfahrtschiffe ihren Betrieb wieder aufnehmen, könnten sie in kurzer Zeit jede Person testen, bevor sie an Bord geht.“

Beteiligt an der Studie waren zudem das Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen, die Arbeitsgruppe molekulare Neurobiologie der Universität Bielefeld, das Evangelische Klinikum Bethel sowie der Forschungsverbund Biomedizin Bielefeld OWL e.V.

Originalveröffentlichung:
Ehsan Asghari, Anna Höving, Paula van Heijningen, Annika Kiel, Angela Kralemann-Köhler, Melanie Lütkemeyer, Jonathan Storm, Tanja Vollmer, Cornelius Knabbe, Barbara Kaltschmidt, Gert de Vos, Christian Kaltschmidt: Ultra-fast one-step RT-PCR protocol for the detection of SARS-CoV-2, https://doi.org/10.1101/2020.06.25.20137398, veröffentlicht am 26. Juni 2020.

Weitere Informationen:

  • Pressemitteilung von Molecular Biology Systems B.V.
  • Lehrstuhl Zellbiologie der Universität Bielefeld

Kontakt:
Prof. Dr. Christian Kaltschmidt, Universität Bielefeld
Fakultät für Biologie
Telefon:  0521 106-5625
E-Mail: c.kaltschmidt@uni-bielefeld.de


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