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Von Ideologieverbreitung bis Finanzierung: Wie extremistische Netzwerke operieren (Nr. 4/2020)

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Abschlusstagung von Forschungsverbund zu Online-Radikalisierung

Zentrale Akteur*innen des Islamismus und der extremen Rechten nutzen ähnliche Strategien, um in sozialen Medien Unterstützung zu mobilisieren. Das ist eine Erkenntnis des Forschungsverbundes X-Sonar. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat den Verbund als Teil der zivilen Sicherheitsforschung gefördert. Über drei Jahre untersuchten Forschende, auf welche Weise radikal extremistische Gruppen online und offline Unterstützungsnetzwerke aufbauen, über die sie Menschen ansprechen und für ihre Ziele mobilisieren. Die Forschenden arbeiteten Online-Inhalte und Täter*innenlebensläufe aus extremistischen Szenen auf, um künftig frühzeitige Intervention und Vorbeugung zu ermöglichen. Vertreter*innen aus Wissenschaft, Sicherheitsbehörden, Justiz und ziviler Präventionspraxis kommen am Donnerstag, 30. Januar, in Bielefeld zur Abschlusskonferenz des Projekts zusammen. 

Wie werden Dschihadist*innen und rechtsextreme Täter*innen radikal? Darum geht es im Verbundprojekt X-Sonar. Prof. Dr. Andreas Zick und Dr. Kerstin Eppert vom Institut für interdisziplinäre Gewalt- und Konfliktforschung leiten das Projekt. Foto: Universität Bielefeld
Wie werden Dschihadist*innen und rechtsextreme Täter*innen radikal? Darum geht es im Verbundprojekt X-Sonar. Prof. Dr. Andreas Zick und Dr. Kerstin Eppert vom Institut für interdisziplinäre Gewalt- und Konfliktforschung leiten das Projekt. Foto: Universität Bielefeld
Im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld tauschen sich die Tagungsteilnehmer*innen über Erkenntnisse des Projekts aus. „Sowohl islamistische als auch rechtsextremistische Gruppen nutzen teilweise identische Strategien im Netz, um Aufmerksamkeit zu generieren und den extremistischen Diskurs zu normalisieren“, sagt Professor Dr. Andreas Zick vom Institut für Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld. „So gelingt es ihnen, durch Kampagnen in den sozialen Medien zu polarisieren und solche Ideologien zu emotionalisieren, die anschlussfähig sind für nicht-extremistische Personen und Gruppen“, erklärt Zick. Der Sozialpsychologe leitet X-Sonar zusammen mit der Soziologin Dr. Kerstin Eppert, ebenfalls vom IKG.

„Extremistische Gruppen nutzen soziale Medien sehr strategisch“, sagt Kerstin Eppert. „Allerdings ist die Verbreitung gewaltverherrlichender und rassistischer Botschaften nur ein Teil der Strategie. Ein ebenso wichtiger Teil ist die Erschließung von Ressourcen in den verdeckten und bekannten Unterstützungsnetzwerken“, so Eppert. „Damit meinen wir ein freies Angebot, sich in die Bewegung einzubringen, angepasst an die Möglichkeiten jeder und jedes Einzelnen.“ Die islamistischen und rechtsextremistischen Bewegungen zeichneten sich durch ihre „Arbeitsteilung“ aus, sagt Zick. „Extremistische Netzwerke funktionieren nicht nur als Radikalisierungsmaschinen, sie brauchen auch Unterstützung, sei es für die Verbreitung der Ideologie oder Beschaffung von Geldern.“

Wie terroristische Attentäter*innen sich in Onlinenetzwerken verhalten
Forschende aus sieben Standorten präsentieren auf der Konferenz ihre Erkenntnisse. Dabei zeigt zum Beispiel Kristin Weber von der Deutschen Hochschule der Polizei, wie sich deutsche Syrienreisende radikalisiert und welche Kommunikations- und Vernetzungswege sie dabei genutzt haben. Nils Böckler vom Institut Psychologie und Bedrohungsmanagement hat mit Kolleg*innen Verhaltensmuster untersucht, die terroristische Attentäter in sozialen Onlinenetzwerken zeigen. „Attentäter kommunizieren vor einer Tat anders als radikalisierte Personen, die keine Gewalttat planen“, sagt Böckler. Das Internet sei ein Raum, in dem Eskalationsprozesse frühzeitig erkannt werden können.

Daher geht es dem Verbund auch um die Entwicklung von technisch-gestützter Erkennung extremistischer Onlinemobilisierung, die die Forschende wie auch Ermittelnde bei ihrer Arbeit unterstützen. „Mit solchen Methoden können Behörden wie auch Forschung sich einen Überblick verschaffen, ob eine Lage zu eskalieren droht, etwa indem sie bestimmte Twitter-Hashtags oder anlassbezogen relevante Facebook-Seiten im Blick behalten“, erklärt Alexander Gluba, der für das Landeskriminalamt Niedersachsen an X-Sonar mitarbeitet. Als Beispiel weist er auf die Angriffe von Rechtsextremen auf die lokale Bevölkerung und insbesondere Migrant*innen bei den Chemnitzer Ausschreitungen vom August 2018 hin. „Zu diesen Attacken ist heute bekannt, dass sich Rechtsextreme per Chat gezielt dafür verabredet haben.“

Neue Analysemethoden entwickelt
„Weil im Projekt Partner*innen aus technischen und Sozialwissenschaften zusammenarbeiten, konnten wir neue Analysemethoden entwickeln und zum Beispiel die Auswertung von Onlinedaten mit Erkenntnissen aus Gerichtsakten verbinden“, sagt Kerstin Eppert. So lasse sich unter anderem verstehen, wie extremistische Unterstützungsnetzwerke in der Gesellschaft eingebettet seien. 

Der Forschungsverbund X-Sonar berichtet während der Konferenz unter anderem, wie islamistische Unterstützungsnetzwerke funktionieren. „Wir haben neue Erkenntnisse über die Strukturen und Ressourcen solcher Netzwerke“, sagt Eppert. „Wir konnten zum Beispiel zeigen, dass die radikale salafistische Szene in Deutschland sich gerade neu organisiert. In den sozialen Onlinenetzwerken gibt es ein Geflecht verschiedener Onlineportale und Organisationen, deren Gewinne die salafistische Szene finanziell unterstützen.“ Durch die Unterstützungsnetzwerke werden auch Rückkehrer*innen aus den Gebieten des Islamischen Staats (IS) in der Szene gehalten, die als Verurteilte in deutschen Gefängnissen sind. „Insbesondere die laufenden Gerichtsverfahren von IS-Rückkehrer*innen werden dokumentiert. So soll das Feindbild ‚deutscher Staat‘ weiter aufrechterhalten werden.“ Gleichzeitig werden  vorgeblich aus Mitgefühl  Namen und Kontaktdetails von Verurteilten veröffentlicht, mit der Bitte, ihnen Briefe zu schreiben und sie psychisch zu unterstützen. „Damit wird massiver Druck auf potenzielle Aussteiger*innen ausgeübt“, so Eppert.

Der Forschungsverbund X-Sonar
Der Projektname X-Sonar steht für „Extremistische Bestrebungen in Social Media Netzwerken: Identifikation, Analyse und Management von Radikalisierungsprozessen“. Das BMBF förderte das Projekt seit 2017 mit drei Millionen Euro. Verbundpartner*innen sind neben dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung: die Deutsche Hochschule der Polizei (Münster), das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (Berlin), das Institut Psychologie und Bedrohungsmanagement (Darmstadt), das Fraunhofer Institut für Sichere Informationstechnologie (Darmstadt), die Abteilung Kriminologische Forschung und Statistik des Landeskriminalamts Niedersachsen (Hannover) sowie das Landesinstitut für Präventives Handeln (St. Ingbert, Saarland).

Medienvertreter*innen sind herzlich eingeladen, über die Abschlusstagung zu berichten. Anmeldungen für die Teilnahme an medien@uni-bielefeld.de

Die Tagung in Kürze:
Datum: Donnerstag, 30. Januar, von 11 bis 17 Uhr
Ort: Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF), Methoden 1, 33615 Bielefeld

Weitere Informationen: 
Website des Verbundprojekts X-Sonar

Kontakt:
Dr. Kerstin Eppert, Universität Bielefeld
Institut für interdisziplinäre Gewalt- und Konfliktforschung (IKG)
Telefon: 0521 106-12941
E-Mail: kerstin.eppert@uni-bielefeld.de 



Universität trauert um Ehrenbürger Walter Stich (Nr. 5/2020)

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Engagiert für die Universität Bielefeld

Der langjährige Regierungspräsident des Regierungsbezirks Detmold, Walter Stich, ist am 1.  Februar im Alter von 89 Jahren verstorben. Stich war der Universität Bielefeld auf vielfältige Weise verbunden und unterstützte sie in seiner Zeit als Regierungspräsident unter anderem als Vorsitzender des Kuratoriums der Universitätsgesellschaft.


Regierungspräsident a.D. Walter Stich bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde im Jahr 2000.Foto: Universität Bielefeld
Regierungspräsident a.D. Walter Stich bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde im Jahr 2000. Foto: Universität Bielefeld
Rektor Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer: „Walter Stich hat sich in herausragender Weise um die Integration der Universität in die Region verdient gemacht. In seiner Zeit als Regierungspräsident hat er die Entwicklung der Universität nach Kräften gefördert und war kompetenter Ansprechpartner.“ Die Universität Bielefeld ehrte Walter Stich dafür 2000 und ernannte ihn zum Ehrenbürger der Universität. Von 1988 bis 2000 war Stich Vorsitzender des Kuratoriums der Universitätsgesellschaft.

Walter Stich war 16 Jahre Regierungspräsident in Ostwestfalen-Lippe: von 1979 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1995. Er galt als Motor und Moderator des Regionalbewusstseins. „Ostwestfalen-Lippe kann nur dann eine positive wirtschaftliche Entwicklung nehmen, wenn eine gemeinsame Identität und ein gemeinsames Handeln der Verantwortlichen in den heimischen Kommunen sichergestellt ist“– diese Überzeugung prägte Stichs Wirken als Regierungspräsident.

Das vielfältige ehrenamtliche Engagement Walter Stichs wurde 1984 mit der Verleihung des „Bundesverdienstkreuzes am Bande“ und 1994 mit der Verleihung des „Großen Bundesverdienstkreuzes“ gewürdigt. Am 30. August 2019 erhielt Walter Stich den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.

Weitere Informationen auf der Internetseite der Bezirksregierung Detmold.



Das Märchen vom Stillstand der Vormoderne (Nr. 6/2020)

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Tagung „Veränderung aus sich selbst heraus“ am ZiF in Bielefeld

Die moderne Welt verändert sich rasant. In der Vormoderne, also vor dem Jahr 1700, war die Gesellschaft hingegen statisch, das Leben veränderte sich kaum. Diese Sicht der Geschichte ist verbreitet, aber wohl falsch: Bei der Tagung „Veränderung aus sich selbst heraus – Eigendynamik in vormodernen Gesellschaften“ diskutieren Forscher*innen vom 12. bis zum 14. Februar am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld über den gesellschaftlichen Wandel vor der Moderne. Die aktuelle Trägerin des Bielefelder Wissenschaftspreises, die Historikerin Professorin Dr. Barbara Stollberg-Rilinger, hält einen Abendvortrag.

„Die vormodernen Gesellschaften weisen Elemente auf, die aus sich heraus für ständigen Wandel sorgten“, so der Historiker Professor Dr. Franz-Josef Arlinghaus, der die Konferenz mit seinem Fachkollegen Professor Dr. Andreas Rüther leitet. Beide Wissenschaftler forschen an der Universität Bielefeld. Wie die Gesellschaften sich veränderten, sei spezifisch vormodern, sagt Arlinghaus. Dennoch hätten sie sich ständig gewandelt und ausdifferenziert. Dazu habe die für mittelalterlich-frühneuzeitliche Gesellschaften typische Gruppenbildung – die Menschen definierten sich über die Zugehörigkeit zu einem Kloster, einer Zunft, einer adligen Familie –, die ständische Ordnung und die Konsensorientierung beigetragen. Nach 1700 habe es dann eine vergleichsweise rasche Umgestaltung zur Moderne gegeben.

Diese These haben die beiden Organisatoren der Tagung bislang vor allem für Westeuropa ausgearbeitet. Während der Tagung möchten sie diskutieren, ob sich diese spezifisch vormodernen Konstellationen auch in anderen Weltregionen finden und dort vergleichbare Eigendynamiken erzeugen. „Dafür kommen wir mit Spezialist*innen für andere Weltregionen zusammen“, sagt Franz-Josef Arlinghaus. 

Die Forschenden loten während der Tagung nicht nur aus, inwiefern Eigendynamik den sozialen Wandel in der Vormoderne angetrieben hat. Sie wägen diesen auch gegen die Bedeutung anderer möglicher Ursachen für Veränderungen ab, etwa den Kulturtransfer. „Zudem setzen wir ein Fragezeichen hinter die in jeder Weltregion prominenten ‚Sonderwegerzählungen‘, die davon handeln, dass die eigene Modernität über Jahrhunderte zurückreichende Wurzeln habe und in einer je eigenen, spezifischen Kultur gründe“, so Professor Dr. Andreas Rüther.  

Am Mittwoch, 12. Februar, von 19.30 bis 20.45 Uhr hält die Historikerin Professorin Dr. Barbara Stollberg-Rilinger den Abendvortrag zum Thema „Verfahrensautonomie in der Vormoderne – von der Emergenz des Unwahrscheinlichen“. Stollberg–Rilinger ist Rektorin des Wissenschaftskollegs zu Berlin und Trägerin des Bielefelder Wissenschaftspreises. 

Weitere Informationen:

Kontakt:
Prof. Dr. Franz-Josef Arlinghaus, Universität Bielefeld 
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie
Telefon: 0521 106-3260

Prof. Dr. Andreas Rüther, Universität Bielefeld 
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie
Telefon: 0521 106-3199

Fünf Millionen Euro für Bioinformatik-Netzwerk „de.NBI“ (Nr. 7/2020)

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Weitere Förderung für Projekt mit Sitz in Bielefeld fünf Jahre nach Start

Forscher*innen aus den Lebenswissenschaften sollen bundesweit auf leistungsstarke Technologien zur Analyse großer Datenmengen zugreifen können. Dafür hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) rund 80 Millionen Euro in ein Großprojekt investiert – das Deutsche Netzwerk für Bioinformatik-Infrastruktur (de.NBI). Die Universität Bielefeld koordiniert das Projekt. Mit einem Festsymposium feiern Wissenschaftler*innen und Politiker*innen am Donnerstag, 13. Februar, in Berlin das fünfjährige Bestehen und die bisherigen Erfolge des Netzwerks: eine verteilte Cloud-Infrastruktur, bundesweit acht Servicezentren und 40 beteiligte Bioinformatik-Gruppen. Das BMBF hat jetzt die weitere Förderung von „de.NBI“ zugesagt. Bis Ende 2021 stehen allein der Universität Bielefeld bis zu 5,3 Millionen Euro zur Fortführung des Projekts zur Verfügung.

Für de.NBI koordinieren sie Rechenpower und Dienstleistungen für die Bioinformatik in Deutschland (v.l.):  Die Professoren Dr. An-dreas Tauch, Dr. Alexander Sczyrba, Dr. Jens Stoye und Dr. Alfred Pühler. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Für de.NBI koordinieren sie Rechenpower und Dienstleistungen für die Bioinformatik in Deutschland (v.l.): Die Professoren Dr. Andreas Tauch, Dr. Alexander Sczyrba, Dr. Jens Stoye und Dr. Alfred Pühler. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
 Die Geschäftsstelle von de.NBI (gesprochen: „Dennbi“) ist am Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) der Universität Bielefeld angesiedelt. Sie hat bislang insgesamt 250 Wissenschaftler*innen zusammengebracht, die bundesweit für den Aufbau der Bioinformatik-Infrastruktur kooperieren. „Welche Fortschritte sie seit 2015 dabei erzielt haben, ist das Thema des Festsymposiums“, sagt de.NBI-Koordinator Professor Dr. Alfred Pühler.

Das Netzwerk bietet Forschenden aus den Lebenswissenschaften eine IT-Infrastruktur an, mit der Daten über eine de.NBI-eigene Rechnerstruktur ausgewertet werden können. „Dafür sind wir einen innovativen Weg gegangen und haben an inzwischen sechs Standorten eine förderative Cloud eingerichtet“, sagt Professor Dr. Alexander Sczyrba, Leiter der Arbeitsgruppe Computational Metagenomics an der Technischen Fakultät der Universität Bielefeld. „Diese Cloud steht allen Forschenden aus den Lebenswissenschaften kostenlos zur Verfügung. Sie ist auf Deutschland beschränkt und stellt somit sicher, dass keine sensitiven Forschungsdaten ins Ausland gelangen.“ Mehr als 100 Bioinformatik-Programme zur Datenanalyse stehen den Forschenden aus den Lebenswissenschaften zur Verfügung.

Doch die Rechnerleistung und Software alleine würde nicht ausreichen, um die bioinformatische Forschung zu unterstützen. „Entscheidend ist es, den Forscher*innen die Kompetenzen für den Umgang mit der Technik zu vermitteln und ihnen mit Dienstleistungen zur Seite zu stehen“, sagt Alfred Pühler. Dem Netzwerk sei es gelungen, bundesweit acht Servicezentren aufzubauen, an denen 40 Gruppen aus Bioinformatiker*innen ihre IT-Dienstleistungen, Beratungen und Fortbildungen anbieten. 

Die Zentren sind thematisch unterschiedlich ausgerichtet und decken unter anderem die humane, pflanzliche und mikrobielle Bioinformatik ab. „In Bielefeld betreiben wir das Servicezentrum für mikrobielle Bioinformatik, das die bioinformatische Analyse aller molekularen Daten von Mikroorganismen, aber auch von mikrobiellen Gemeinschaften im Blick hat“, sagt Professor Dr. Jens Stoye, Leiter der Arbeitsgruppe für Genominformatik an der Technischen Fakultät. Von de.NBI profitiere auch die Forschung an der Universität Bielefeld, sagt Professor Dr. Martin Egelhaaf, Prorektor für Forschung und Forschungstransfer der Universität Bielefeld. „Unsere Wissenschaftler*innen können dank der Möglichkeiten des Netzwerks heute schneller und unkomplizierter bioinformatische Analysen vornehmen als bislang. Das gilt für unterschiedlichste Gebiete – von Biotechnologie bis Medizin“, so Egelhaaf.

„Jedes Jahr organisiert das Netzwerk mehr als 80 Trainingskurse für den Umgang mit den Bioinformatik-Programmen. So konnten seit Beginn der Initiative mehr als 6.000 Wissenschaftler*innen geschult werden“, sagt Professor Dr. Andreas Tauch. Er ist Leiter der de.NBI-Geschäftsstelle, die die Dienstleistungen und Trainings des Netzwerks koordiniert und Nutzer*innen an die spezialisierten Servicezentren vermittelt.

„Die Universität Bielefeld hat sich zu einem herausragenden Zentrum für Bioinformatik-Infrastruktur in Deutschland entwickelt“, bilanziert Netzwerk-Koordinator Alfred Pühler. Er betont, dass de.NBI von seiner Ausrichtung her auf Dauer angelegt ist. „Die Wissenschaftler*innen aus den Lebenswissenschaften sind auf eine stabile, zentrale Infrastruktur angewiesen, um ihre riesigen Datenmengen zu verarbeiten und unkompliziert miteinander teilen zu können“, sagt Pühler. Aktuell werde an einer Lösung gearbeitet, um das Netzwerk zu verstetigen. „Das Bundesforschungsministerium hat die weitere Finanzierung des Netzwerks bis Ende 2021 zugesagt, um diesen Diskussionen mehr Zeit zu geben.“

Weitere Informationen:
Website des Deutschen Netzwerks für Bioinformatik-Infrastruktur

Kontakt:
Prof. Dr. Alfred Pühler, Universität Bielefeld
Koordinator des Deutschen Netzwerks für Bioinformatik-Infrastruktur
Telefon: +49 521 106-8750
E-Mail: puehler@cebitec.uni-bielefeld.de

Qualifizierungsprogramm Lehrkräfte Plus geht weiter (Nr. 8/2020)

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Bewerbungsrunde für nächsten Jahrgang bis zum 15. März 

2017 startete die Universität Bielefeld Lehrkräfte Plus als Pionierprojekt in Nordrhein-Westfalen. Das durch die Bertelsmann Stiftung initiierte und geförderte Projekt für geflüchtete Lehrkräfte qualifiziert die Teilnehmer*innen für den Einstieg als Lehrer*in an NRW-Schulen. Nun erhält Lehrkräfte Plus eine neue Förderung durch das Programm NRWege Leuchttürme vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW (MKW). Es kann nun auch ein kleiner Teil von Lehrkräften aus Drittstaaten aufgenommen werden, also Lehrkräfte, die ohne Fluchthintergrund aus außereuropäischen Staaten nach Deutschland migriert sind. Mit der Bewerbungsphase bis 15. März steht das Programm erneut 25 Teilnehmenden offen. Der nächste Jahrgang startet im September.  

Im Kursverbund bereiten sich 25 Kursteilnehmende pro Jahrgang auf eine Lehrtätigkeit in deutschen Schulen vor. Foto: Bertelsmann Stiftung / V. Mette
Im Kursverbund bereiten sich 25 Kursteilnehmende pro Jahrgang auf eine Lehrtätigkeit in deutschen Schulen vor. Foto: Bertelsmann Stiftung / V. Mette
„Ich freue mich sehr, dass die Erfolgsgeschichte von Lehrkräfte Plus weitergeht: Teilnehmende lernen in unserer Universität und in den Praktikumsschulen, wie sie als internationale Lehrkräfte den Schulalltag bereichern können und tragen diese Qualifizierung später etwa als Vertretungslehrkräfte oder Lehrkräfte im herkunftssprachlichen Unterricht in die Schulen“, sagt Professorin Dr. Birgit Lütje-Klose, Prorektorin für Studium und Lehre der Universität Bielefeld.

Lehrkräfte Plus ist ein Projekt der Universität Bielefeld, das in Kooperation mit dem nordrhein-westfälischen Ministerium für Schule und Bildung NRW (MSB) und der Landeskoordinierungsstelle der Kommunalen Integrationszentren (LaKI) durchgeführt wird. Erfolgte die Finanzierung der ersten drei Jahrgänge in Bielefeld durch die Bertelsmann Stiftung, wird das Projekt mit dem neuen Programmjahrgang gefördert durch den DAAD im Rahmen des Programms „NRWege Leuchttürme“ aus Mitteln des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW).

Für den neuen Programmjahrgang können sich geflüchtete Lehrkräfte und Lehrkräfte aus Drittstaaten bewerben, die in ihrem Heimatland bereits als Lehrer*in gearbeitet haben. Die bewährte einjährige Programmstruktur wird um den Aspekt Digitalisierung und Alumniarbeit erweitert. Zunächst steigern die Teilnehmer*innen ihre bereits bestehenden Deutschkenntnisse auf das Sprachniveau C1. Voraussetzung für die Programmteilnahme sind Deutschkenntnisse, mindestens auf B1-Niveau. Die Kurse erfolgen im Deutschlernzentrum Punktum der Universität.

Das zweite Halbjahr gestalten ebenso Dozent*innen der Universität: Die Teilnehmer*innen vertiefen ihre fachlichen und didaktischen Kenntnisse bei verschiedenen pädagogisch-interkulturellen Angeboten. Ein Fokus der neuen Programmjahrgänge liegt zudem darauf, wie Digitalisierungselemente das eigene Lernen unterstützen und gleichzeitig im Unterricht eingesetzt werden können.

Außerdem erproben sich die Teilnehmenden in der Unterrichtspraxis. Dafür hospitieren sie an Schulen in der Region und werden von dort tätigen Lehrer*innen begleitet. Die intensive und individuelle Beratung und Begleitung der Teilnehmenden durch das Bielefelder Projektteam ist dabei wichtiger Programmbestandteil.

2017 ging Lehrkräfte Plus als erstes Qualifizierungsprogramm für geflüchtete Lehrer*innen in NRW an den Start. In den ersten drei Programmdurchläufen wurden 75 internationale Personen für den Lehrer*innenberuf an deutschen Schulen re-qualifiziert. Noch bis September 2020 wird Lehrkräfte Plus von der Bertelsmann Stiftung gefördert. 2018 begann das gleichnamige Programm Lehrkräfte Plus an der Ruhr-Universität Bochum.

 


Weitere Informationen:
•    Die Homepage von Lehrkräfte Plus
•    Zur Ausschreibung
•    Pressemitteilung von DAAD und MKW zu NRWege Leichttürme

Kontakt:
Kristina Purrmann, Universität Bielefeld
Projektkoordinatorin Lehrkräfte Plus
E-Mail: projekt-lkplus@uni-bielefeld.de
Tel: 0521 106 67620


1,2 Millionen Euro für die Integration von Geflüchteten an der Universität Bielefeld (Nr. 9/2020

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NRW-Ministerium und DAAD unterstützen weiter

Die Universität Bielefeld kann auch in den nächsten Jahren ihre Integrationsarbeit für Studienbewerber*innen und Studierende mit Fluchthintergrund fortsetzen.  Das Ministeri-um für Kultur und Wissenschaft (MKW) des Landes Nordrhein-Westfalen fördert die Arbeit der Universität ab sofort bis Ende 2022 mit mehr als 1,2 Millionen Euro. Das Geld stammt aus dem Programm „NRWege ins Studium - Integration von Flüchtlingen an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen“, das der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) koordiniert.


"Mit diesem Geld kann beispielsweise die Clearingstelle für Geflüchtete der Universität ihre Beratung für Studienbewerber*innen mit Fluchthintergrund fortsetzen", erklärt die Prorekto-rin für Internationales und Diversität, Professorin Dr. Angelika Epple. Pro Jahr berät die Clea-ringstelle zirka 600 hochqualifizierte Geflüchtete zu Bewerbung und Studium und beantwortet mehr als 1000 Mailanfragen.

Auch die studienvorbereitenden, knapp halbjährigen Deutsch-Intensivkurse werden fortgeführt. Geflüchtete Studienbewerber*innen, die jetzt in der Region Ostwestfalen-Lippe leben, erhalten die Möglichkeit sich sprachlich intensiv auf ein Studium vorzubereiten und die obliga-torische Deutschprüfung zum Hochschulzugang (TestDaF) abzulegen. "Diese fehlt vielen oftmals als einzige Voraussetzung zur Aufnahme oder Weiterführung eines Fachstudiums", erläutert Heike Brandl, zuständige Abteilungsleiterin im International Office. Seit 2016 werden pro Semester 40 bis 60 Teilnehmer*innen aufgenommen, die mindestens bereits Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 nachgewiesen haben.

Die Fördermittel werden zudem für studienbegleitende und berufsvorbereitende Angebote genutzt. Diese sind wie in den vergangenen Jahren für alle internationalen Studierenden der Hochschule geöffnet. Internationale und geflüchtete Studierende, die sich bereits im Fachstudium befinden, erhalten so eine dem Student Life Cycle angepasste Studienorientierung und -begleitung. Die Angebote sind auf die besonderen Studienvoraussetzungen der internationalen und geflüchteten Studierenden abgestimmt. Sie sollen den Studieneinstieg erleichtern und dazu beitragen, die Studienerfolgschancen an der Universität zu erhöhen. Mit Hilfe zielgruppenspezifischer berufsorientierender Angebote können sich die Programmteilnehmer*innen auch berufliche Perspektiven für eine persönliche Zukunft in Deutschland aufbauen.

Zudem setzt die Universität Bielefeld die Zusammenarbeit mit den Partnerhochschulen im Rahmen des „Campus OWL“ fort. Die beteiligten Hochschulen der Region Ostwestfalen-Lippe (Fachhochschule und Universität Bielefeld, Universität Paderborn, technische Hochschule OWL und Musikhochschule Detmold) stehen in regelmäßigem Austausch hinsichtlich aller Fragen rund um Information und Betreuung von Geflüchteten.

Weitere Informationen:
• Angebote auf der Homepage für Geflüchtete
Pressemitteilung von DAAD und MKW zu NRWege Leichttürme

Krankmacher-Gene in Virenstämmen auf einen Blick erkennen (Nr. 10/2020)

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Internationales Projekt soll helfen, genetische Auffälligkeiten zu finden

Wenn sich neue Viren oder Bakterien auf Menschen ausbreiten, muss rasch geklärt werden, welche besonderen Merkmale sie haben. Warum ist zum Beispiel das Coronavirus gegen übliche Medikamente resistent? Neue Big-Data-Technologie kann künftig dazu beitragen, die Besonderheiten neuer Viren- und Bakterienstämme in kurzer Zeit zu ermitteln. Dafür vergleicht sie das Erbgut eines einzelnen Organismus mit dem Genom-Bestand aller Stämme einer Spezies. Dieses Verfahren kann auch für höher entwickelte Lebewesen wie Säugetiere genutzt werden. Das neue Projekt „Pangaia“ an der Universität Bielefeld erforscht, wie sich die dabei verwendeten Datenmassen so ordnen und analysieren lassen, dass sie für die Biomedizin nutzbar sind. Die Universität ist eine von elf Projektpartner*innen aus Europa und Nordamerika. Die EU fördert das Projekt über drei Jahre mit 1,14 Millionen Euro.

Prof. Dr. Alexander Schönhuth (li.) und Prof. Dr. Jens Stoye forschen im Pangaia-Projekt an Verfahren für den Vergleich gigantischer Gen-Datensätze. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Prof. Dr. Alexander Schönhuth (li.) und Prof. Dr. Jens Stoye forschen im Pangaia-Projekt an Verfahren für den Vergleich gigantischer Gen-Datensätze. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Wenn Biomediziner*innen klären wollen, ob das Erbgut eines Lebewesens besondere Abweichungen aufweist, nutzen sie üblicherweise ein Referenzgenom. Dafür werden mehrere Genome so kombiniert, dass sie die typischen Eigenschaften einer ganzen Spezies aufweisen. So können Forschende ein neues Grippevirus mit einem Referenzgenom vergleichen, das typische Merkmale der Vorgänger-Virenstämme zusammenfasst.

„In diesen Fällen vergleichen wir nur zwei Genome miteinander - Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind am Computer relativ leicht zu erkennen“, sagt Professor Dr. Jens Stoye von der Technischen Fakultät, der mit seiner Arbeitsgruppe Genominformatik an Pangaia beteiligt ist. „Der neue Ansatz kann die Zahl der Vergleichsgenome bis zum Tausendfachen vergrößern.“ Diese Erforschung des Gen- Repertoires einer Population nennen die Forschenden „Pangenomik“.

„Das Problem an der computergestützten Pangenomik war bisher die Unübersichtlichkeit durch die Masse an Daten“, sagt Professor Dr. Alexander Schönhuth von der Technischen Fakultät, der seit Januar 2020 die Arbeitsgruppe Genom-Datenwissenschaft leitet. Er koordiniert das Bielefelder Teilprojekt von Pangaia. Wie Jens Stoye forscht er mit seiner Gruppe am Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) der Universität Bielefeld.

Genetische Daten werden mit den Buchstaben A, C, G und T dargestellt. Sie stehen für die Nukleotide, die Bausteine des Erbguts. Genome bestehen mitunter aus Milliarden dieser Informationseinheiten. Um sie besser zu vergleichen, können sie als „Buchstaben-Ketten“ nebeneinander angezeigt werden. Diese traditionelle sequenzbasierte Darstellung ist heute verbreitet. „Doch bei Hunderten von Vergleichsgenomen kostet es sehr viel Zeit, schrittweise zu analysieren, wie sich das zu untersuchende Genom von jedem der Vergleichsgenome unterscheidet“, sagt Schönhuth.
„Die neue Technologie ermöglicht die gleichzeitige, integrierte Analyse vieler Stämme desselben Organismus. Das können Viren, Bakterien und mitunter auch höhere Lebewesen sein“, erklärt Jens Stoye. „Damit lassen sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einzelnen Mitglieder hervorheben. Bei Krankheitserregern lassen sich häufig sogar die Abläufe, die bei zur Entstehung besonders infektiöser Stämme geführt haben, verstehen und vorhersagen.“ Die Technologie kommt auch in Frage, um bei Menschen Erbkrankheiten zu erkennen oder um zu ermitteln, welche Mutationen in einem Tumor zum starken, krankhaften Wachstum geführt haben.

Spezielle Graphen stellen Verbindungen zwischen Genomen als Knotenpunkte dar. Weichen einzelne Gene eines einzelnen Organismus stark von den typischen Genen seiner Spezies ab, werden sie als auffällige Kurven und Linien dargestellt. Das ist zum Beispiel der Fall bei Genen, die Erbkrankheiten auslösen. Bild: Universität Bielefeld/R. Wittler
Spezielle Graphen stellen Verbindungen zwischen Genomen als Knotenpunkte dar. Weichen einzelne Gene eines einzelnen Organismus stark von den typischen Genen seiner Spezies ab, werden sie als auffällige Kurven und Linien dargestellt. Das ist zum Beispiel der Fall bei Genen, die Erbkrankheiten auslösen. Bild: Universität Bielefeld/R. Wittler
„Um die computergestützte Pangenomik schneller und anwendungsfreundlicher zu machen, wollen wir mit unseren Projektpartner*innen in den nächsten Jahren neue Algorithmen und Datenstrukturen entwickeln“, sagt Schönhuth. Ein Ziel sind Algorithmen für Variationsgraphen. Mit diesen Handlungsvorgaben suchen die Computer nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den Vergleichsgenomen und stellen das Ergebnis grafisch dar: „Variationsgraphen erlauben die schnelle und hochaufgelöste Unterscheidung von krankheitserregenden und ungefährlichen Varianten eines Virus“, sagt Schönhuth. „Insbesondere erlauben sie auch die Identifikation von ganz neuartigen Mutationen, wie sie vermutlich bei der aktuell in China ausgebrochenen Variante des Coronavirus aufgetreten sind und zu Resistenzen gegen die üblichen Medikationen geführt haben.“

Das Projekt Pangaia heißt mit vollem Namen „Pan-genome Graph Algorithms and Data Integration“ (Graph-Algorithmen und Datenintegration für Pangenomik). Es läuft vom Januar 2020 bis Dezember 2023. Die Europäische Union fördert Pangaia über ihr Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020. Die Universität Mailand (Italien) koordiniert das Projekt. Weitere Partner*innen außer der Universität Bielefeld sind:  die niederländische Wissenschaftsorganisation NWO, die Comenius-Universität Bratislava (Slowakei), die Biotech-Unternehmen Geneton (Slowakei) und Illumina Cambridge (Großbritannien), das Institut Pasteur (Frankreich), die Simon Fraser University (Kanada), die Universität Tokio (Japan), die Cornell University und die Pennsylvania State University (beide USA).

Weitere Informationen:

Kontakt:
Prof. Dr. Alexander Schönhuth, Universität Bielefeld
Technische Fakultät
Telefon: +49 521 106-3362
E-Mail: aschoen@cebitec.uni-bielefeld.de

Unbekannte Galaxien per Mausklick erforschen (Nr. 11/2020)

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Projekt „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“ setzt auf freiwillige Hilfe

Astronom*innen der Universität Bielefeld rufen gemeinsam mit internationalen Forschenden dazu auf, bei der Identifikation Hunderttausender bisher unentdeckter Himmelsquellen zu helfen. Auf der Website des Projekts „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“ können interessierte Bürger*innen die Forschenden mit wenigen Klicks bei der Auswertung unzähliger Weltraumaufnahmen unterstützen.


Der Bielefelder Astronom Professor Dr. Dominik Schwarz sucht nach Freiwilligen, die online bei der Auswertung von Himmelsaufnahmen helfen. Foto: Universität Bielefeld
Der Bielefelder Astronom Professor Dr. Dominik Schwarz sucht nach Freiwilligen, die online bei der Auswertung von Himmelsaufnahmen helfen. Foto: Universität Bielefeld
„Bei unserem Projekt können alle zu Weltraumforschenden werden“, erklärt der Bielefelder Physikprofessor Dr. Dominik Schwarz. Er ist einer der Verantwortlichen für den Betrieb einer Radio-Teleskop-Station in Norderstedt. Sie gehört zu LOFAR, dem weltweit größten Radioteleskop an verschiedenen Standorten. Ein internationales Team von mehr als 200 Forschenden aus 18 Ländern hat mit LOFAR eine neue Himmelskarte mit einem bisher unerreichten Detailreichtum erstellen können. „Für unsere weitere Forschung müssen wir eine riesige Menge an Bildern durchgehen. Wenn nur wir Forschende das machen, dauert es ewig“, sagt Dominik Schwarz, „Deswegen freuen wir uns auf die Unterstützung von Bürger*innen. Interessierte können uns helfen, indem sie zunächst die unzähligen gesammelten Daten kategorisieren. Mit der freiwilligen Hilfe wird es für uns einfacher, durch LOFAR-Aufnahmen von Radioquellen massereiche Schwarze Löcher und sternbildende Galaxien zu finden und richtig zuzuordnen.“

Bei dem Citizen-Science-Projekt „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“ können alle mitmachen, die sich für Astronomie interessieren und einen Computer besitzen. Vorkenntnisse sind nicht nötig. Jede Person kann selbst bestimmen, wieviel Zeit sie investiert. Für die Teilnahme besuchen Interessierte zunächst die Projekt-Website. Eine Anleitung erklärt im nächsten Schritt, wie die Freiwilligen bereits aufgenommen Weltraumbilder für die spätere Auswertung vorbereiten. Helfer*innen sollen unter anderem die Bilder des LOFAR Radioteleskops mit Bildern von optischen Teleskopen vergleichen. So sollen sie ermitteln, welche Radioquellen mit vom menschlichen Auge direkt sichtbaren (optischen) Quellen übereinstimmen. Dazu werden sowohl die Aufnahme des optischen Teleskops eines be-stimmten Himmelsausschnitts und das Bild des Radioteleskops aus diesem Ausschnitt abgebildet.

Mit einem Radioteleskop wie LOFAR werden Signale aufgezeichnet, die größtenteils von Galaxien stammen. Zum Teil haben diese Signale Milliarden von Lichtjahren zurückgelegt, bevor sie die Erde erreichen.  Bei den Radioquellen handelt es sich häufig um sogenannte Jets, tausende Lichtjahre lange Strahlen aus heißem Gas, die von Radioteleskopen sichtbar gemacht werden können. Diese Jets werden von massereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien angetrieben. Durch den Abgleich mit den Aufnahmen von optischen Teleskopen können die Forscher*innen die schwarzen Löcher identifizieren, die die Radioquellen verursachen.

Das linke Bild zeigt zwei riesige Strahlen aus Gas (Jets), die mit einem Radioteleskop aufgenommen wurden. Rechts ist dieselbe Region – aufgenommen mit einem optischen Teleskop – zu sehen. Unten sind die kombinierten Daten abgebildet, mit denen die Wissenschaftler*innen weiterarbeiten können. Bilder: LOFAR surveys team
Das linke Bild zeigt zwei riesige Strahlen aus Gas (Jets), die mit einem Radioteleskop aufgenommen wurden. Rechts ist dieselbe Region – aufgenommen mit einem optischen Teleskop – zu sehen. Unten sind die kombinierten Daten abgebildet, mit denen die Wissenschaftler*innen weiterarbeiten können. Bilder: Shulevski/Osinga/The LOFAR surveys team
„Um die Entfernung und die Eigenschaften der Galaxien zu bestimmen, brauchen wir die Hilfe von Freiwilligen, die Galaxienbilder von anderen Teleskopen den Radio-Aufnahmen der Jets zuordnen“, erklärt Professor Dr. Marcus Brüggen, Astrophysiker von der Universität Hamburg und neben Dominik Schwarz ebenfalls verantwortlich für die Station in Norderstedt. Bisher habe man keinen Algorithmus entwickeln können, der besser funktioniere als das menschliche Auge. „Und, wer weiß, vielleicht entdeckt jemand ja auch ein völlig neues Phänomen am Himmel“, sagt Marcus Brüggen.

Das Citizen-Science-Projekt „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“ hilft den Forschenden dabei, zu verstehen, wie Radioquellen im Weltall entstehen und wie riesige Mengen an Material mit bisher unbekannten Energiemengen in den Weltraum geschleudert werden. Zudem liefert die im Projekt entstehende Himmelskarte wichtige Ergebnisse für weitere Forschungsgebiete, wie die Physik der Schwarzen Löcher und die Ursprünge von Magnetfeldern. Das LOFAR-Teleskop setzt indessen seine Vermessung des Himmels fort und hat bisher vier Millionen Radioquellen entdeckt.

Das Projekt „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“
Das Citizen-Science-Projekt ist Teil der Zooniversum-Initiative, der weltweit größten und beliebtesten Plattform für menschengetriebene Forschung. Diese Forschung wird von Freiwilligen ermöglicht. Zurzeit sind das mehr als eine Million Menschen auf der ganzen Welt, die um Forscher*innen unter-stützen.

Essentielle Teile der deutschen Beiträge zu LOFAR wurden und werden durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Informationen:
Website des Projekts „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“

Kontakt:
Prof. Dr. Dominik Schwarz, Universität Bielefeld
Fakultät für Physik
Telefon: +49 521 106-6226
E-Mail: dschwarz@physik.uni-bielefeld.de

Drei Millionen Euro Förderung für neue Nano-Wasserfilter (Nr. 12/2020)

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Universität Bielefeld leitet EU-Projekt zu ultradünnen Membranen

Forschende und Ingenieur*innen aus sieben Ländern wollen spezielle Filter im Nano-Maßstab entwickeln. Sie kooperieren in einem neuen Projekt, das jetzt von der Europäischen Union bewilligt wurde. Die neuen Filter sollen Reinstwasser erzeugen, etwa für Anwendungen in Industrie und Forschung. Zugleich sollen sie es ermöglichen, Wasser aus Flüssigkeiten wie Milch oder Fruchtsaft zu extrahieren, um Konzentrate zu erzeugen. Gefördert wird das Projekt mit insgesamt drei Millionen Euro. Die Universität Bielefeld übernimmt die Leitung der bis 2023 laufenden Forschungskooperation.

Prof. Dr. Armin Gölzhäuser leitet das neue EU-Projekt. Universitäten und Unternehmen arbeiten darin zusammen, um Nanomembranen zu entwickeln, die effizient Wasser abspalten können. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Prof. Dr. Armin Gölzhäuser leitet das neue EU-Projekt. Universitäten und Unternehmen arbeiten darin zusammen, um Nanomembranen zu entwickeln, die effizient Wasser abspalten können. Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller

Das Projekt arbeitet mit Carbon-Nanomembranen (CNM). Das sind Millionstel-Millimeter dünne Blättchen aus Kohlenstoff. „Diese Nanomembranen haben besondere Trenneigenschaften“, sagt der Physikprofessor Dr. Armin Gölzhäuser von der Universität Bielefeld, der das neue Projekt leitet. Co-Projektleiter ist der Physikprofessor Dr. Dario Anselmetti, ebenfalls von der Universität Bielefeld.

„Die CNM sind extrem durchlässig für Wasser und blockieren gleichzeitig den Durchfluss aller anderen Stoffe – zum Beispiel gelöste Salze oder kleine organische Moleküle“, erklärt Gölzhäuser. 2018 gelang es Gölzhäusers Arbeitsgruppe erstmals, eine CNM herzustellen, die Wassermoleküle durchlässt, andere Stoffe hingegen herausfiltert.

Das neue Projekt soll die besonderen Eigenschaften der Nanomembranen für den Einsatz in Industrie und Forschung nutzbar machen. „Dafür gehen wir über den Labormaßstab hinaus und produzieren funktionsfähige Nanomembranen mit sehr viel größeren Flächen“, sagt Gölzhäuser. „Dazu gehört auch, dass wir eigene Prototyp-Anlagen entwickeln, die mit den Membranen filtern können.“ Wie gut die Filteranlagen arbeiten, wird schließlich von dem Kooperationspartner CNM Technologies unter realistischen Bedingungen getestet. Die Firma ist eine Ausgründung der Universität Bielefeld und hat ihren Sitz im Innovationszentrum Campus Bielefeld (ICB).

Die Filteranlagen sollen zunächst zwei unterschiedliche „Produkte“ herstellen können: Reinstwasser und Getränkekonzentrate. Reinstwasser ist Wasser mit so wenig gelösten Stoffen wie möglich. Salze und Verunreinigungen sind herausgefiltert. „Benötigt wird solches Wasser überall dort, wo es extrem sauber zugehen muss“, sagt der Co-Projektleiter Dario Anselmetti. Das betrifft zum Beispiel Produkte in der Pharmaindustrie, die Computerchip-Herstellung und Versuche in der Mikrobiologie.

Im Projekt werden Nanomembranen hergestellt, die über den bisherigen Labormaßstab hinausgehen. Um die Membranen zu nutzen, werden eigene Prototyp-Anlagen entwickelt. Foto: Universität Bielefeld
Im Projekt werden Nanomembranen hergestellt, die über den bisherigen Labormaßstab hinausgehen. Um die Membranen zu nutzen, werden eigene Prototyp-Anlagen entwickelt. Foto: Universität Bielefeld
Getränkekonzentrate werden in der Lebensmittelindustrie genutzt, um Transport- und Lagerkosten zu senken. Frisch gepresste Säfte werden gewöhnlich erhitzt, um das Volumen zu reduzieren. Im Projekt soll hingegen ein Verfahren genutzt werden, das ohne Erwärmung auskommt: „Cold Concentation“ (kalte Konzentration). Säfte werden dabei durch die Nano-Filter entwässert. Zurück bleibt ein Konzentrat, das bis zum Fruchtpulver gefiltert sein kann. Auch Milch und Kaffee können so in Pulver umgewandelt werden. „Die kalte Konzentration spart viel Energie im Vergleich zu den thermischen Verfahren und zerstört keine Geschmacksstoffe“, sagt Armin Gölzhäuser.

Das Projekt heißt „Water separation revolutionized by ultrathin carbon nanomembranes“ (Revolutionierte Wasserabspaltung durch ultradünne Kohlenstoff-Nanomembranen), Kurztitel: „Its-thin“. Gefördert wird das Projekt vom EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 über die Säule „Wissenschaftsexzellenz“, Themenbereich „Future and Emerging Technologies“ (Neue und künftige Technologien).

Von den drei Millionen Euro Gesamtförderung gehen 890.000 Euro an die Universität Bielefeld. Zum „Its-thin“-Verbund gehören die Universität Maribor (Slowenien), die Technische Universität Dänemarks, die Universität Patras (Griechenland), die Technische Universität Riga (Lettland), die École normale supérieure de Paris (Frankreich) sowie das auf Nanomembranen spezialisierte Unternehmen CNM Technologies (Deutschland) und der Prozessentwickler BLUE-tec (Niederlande).

Weitere Informationen:

Kontakt:
Prof. Dr. Armin Gölzhäuser, Universität Bielefeld
Fakultät für Physik, Arbeitsgruppe „Physik Supramolekularer Systeme und Oberflächen“
Telefon: 0521 106 5362
E-Mail: goelzhaeuser@physik.uni-bielefeld.de

Ein neuer Weg, um wissenschaftliche Fehlschlüsse zu vermeiden (Nr. 13/2020)

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Internationale Forschende stellen Konzept für innovative Kooperation vor

Um das aktuell verfügbare Wissen zu einem Gebiet verfügbar zu machen, fassen Wissenschaftler*innen Informationen aus mehreren Einzelstudien zusammen, zum Beispiel in Meta-Analyen oder Literaturübersichten. „Häufig findet dieser Prozess aber langsam und unkoordiniert statt und kann zu trügerischen Schlussfolgerungen führen“, sagt der Biologe Dr. Alfredo Sánchez-Tójar von der Universität Bielefeld. Gemeinsam mit Wissenschaftler*innen aus den USA, Australien und Südafrika präsentiert er das Konzept einer „Evidenzsynthese-Gemeinschaft“ in einem am gestrigen Montag (23.03.2020) erschienenen Artikel im Magazin „Nature Ecology and Evolution“.

Der Bielefelder Forscher Dr. Alfredo Sánchez-Tójar und 21 weitere Wissenschaftler*innen wollen mit ihrem neuen Konzept verhindern, dass zusammenfassende Analysen von Einzelstudien zu trügerischen Aussagen führen. Foto: Universität Bielefeld/A. Girndt
Der Bielefelder Forscher Dr. Alfredo Sánchez-Tójar und 21 weitere Wissenschaftler*innen wollen mit ihrem neuen Konzept verhindern, dass zusammenfassende Analysen von Einzelstudien zu trügerischen Aussagen führen. Foto: Universität Bielefeld/A. Girndt
Mit Evidenzsynthesen sind Zusammenführungen von Evidenzen (Erkenntnissen) aus der Forschung gemeint: Forschende überprüfen und integrieren dafür alle verfügbaren Artikel, um Forschungswissen zusammenzufassen und neue Hypothesen zu testen und zu generieren. „Der Prozess der Evidenzsynthese ist oft langsam und mühsam. Oft kommt es zu Verzerrungen, wenn nicht alle Studien verfügbar sind“, sagt Dr. Alfredo Sánchez-Tójar aus der Arbeitsgruppe Evolutionsbiologie. „Zudem veröffentlichen Wissenschaftler*innen nicht alle Daten. Diese erhobenen, aber nicht veröffentlichten Daten fließen dann nicht in eine Synthese-Studie ein. Dadurch arbeiten Forschende, die etwa Experimente zu einem Phänomen durchführen, und Synthese-Forschende lange an demselben Thema, ohne voneinander zu wissen.“

Sánchez-Tójar ist Postdoktorand im Sonderforschungsbereich „NC3“ der Universitäten Bielefeld, Münster und Jena, der die Teildisziplinen Verhaltensbiologie, Ökologie und Evolutionsbiologie verknüpft. In einer Synthese-Studie, die er 2018 durchführte, konnte er ein Lehrbuchbeispiel aus der Biologie widerlegen: Seit 1985 wurde davon ausgegangen, dass der soziale Rang derjenigen Spatzen höher ist, die ein größeres schwarzes Federlätzchen aufweisen. In einer Meta-Analyse rund 20 Jahre später wurde diese Annahme zunächst bestätigt. In der Studie von Sánchez-Tójar zehn Jahre später wurden zusätzlich unveröffentlichte Studien einbezogen und gezeigt, dass es zweifelhaft ist, ob das Lätzchen des Spatzens überhaupt eine Status-Bedeutung hat. 

Zu wenig Kommunikation zwischen den Forschenden
„Dieser Fall hatte keine schlechten gesellschaftlichen Auswirkungen, aber es gibt auch Synthese-Studien in der Medizin, die zu falschen Annahmen kommen. Wir finden immer mehr Beispiele dafür, dass Forschungsergebnisse in nachfolgenden Studien nicht mehr bestätigt werden können oder dass die Aussagekraft schwächer ist als in der ursprünglichen Studie“, sagt Sánchez-Tójar. „Zudem fehlen nicht nur Daten, sondern es werden auch systematische Überprüfungen wiederholt.“ Sánchez-Tójar sieht darin das Problem mangelnder Kommunikation zwischen den Forschenden. 

In einer Gruppe interdisziplinärer Wissenschaftler*innen aus aller Welt entwickelte Sánchez-Tójar im April 2019 vier Tage beim „Evidence Synthesis Hackathon“ in Canberra, Australien, einen Vorschlag, wie Synthese-Studien besser durchgeführt werden können. Die Grundidee ist, Wissenschaftler*innen, die mit Beobachtungen und Experimenten arbeiten (Empiriker*innen), mit den Forschenden zusammenzubringen, die Meta-Analysen durchführen (Synthesist*innen). „Wir wollen die Methode der Evidenzsynthese und insgesamt das Vorgehen der Wissenschaft verbessern und schlagen daher in unserem Artikel vor, eine Gemeinschaft aus Empiriker*innen und Synthesist*innen aufzubauen“, sagt Sánchez-Tójar. „Diese Zukunftsvision soll in allen Bereichen anwendbar sein und ist, wenn sie sich durchsetzt, revolutionär.“ 

Zukunftsvision einer offenen „Synthese-Gemeinschaft“
Sánchez-Tójar und die 21 anderen internationalen Autor*innen stellen sich ein neues Forschungssystem vor, in dem jede*r Empiriker*in als Teil einer weltweiten Gemeinschaft zur Evidenzsynthese beiträgt. Diese Gemeinschaft soll zum einen aus einer Gruppe von Forschenden bestehen, die sich mit eigenen Erhebungen oder der Synthese von Forschungsergebnissen befassen, aber zum anderen auch aus Bibliothekar*innen, Statistiker*innen und Computerprogrammierer*innen. „Wenn zum Beispiel eine Doktorandin die Auswirkungen der Entwaldung auf Insektengemeinschaften untersucht, führt sie Experimente durch, um Daten zu sammeln. In einem neuen Forschungssystem ist die Doktorandin auch in eine Synthesegemeinschaft eingebettet, die sich mit Entwaldung und verwandten Themen befasst“, sagt Sánchez-Tójar.

Diese Evidenzsynthese-Gemeinschaft soll nach Vorstellung der Forschenden durch digitale Werkzeuge unterstützt werden. „Die Synthese-Gemeinschaft soll alle Wissenschaftler*innen aus allen Labors, unabhängig von Ressourcen und Standorten, aufnehmen“, sagt Sánchez-Tójar. „Unser Ziel ist, dass Wissenschaftler*innen und die Öffentlichkeit auf die aktuellsten Beweise zu jedem Thema zugreifen und diese bewerten können.“Über eine Online-Plattform sollen Forschende in Verbindung stehen und interessierte Laien frühen Einblick in laufende Forschung erhalten.

Originalveröffentlichung: 
Shinichi Nakagawa, Adam G. Dunn, Malgorzata Lagisz, Alexandra Bannach-Brown, Eliza M. Grames, Alfredo Sánchez-Tójar, Rose E. O’Dea, Daniel W. A. Noble, Martin J. Westgate, Pieter A. Arnold, Stuart Barrow, Alison Bethel, Eve Cooper, Yong Zhi Foo, Sonya R. Geange, Emily Hennessy, Witness Mapanga, Kerrie Mengersen, Claudia Munera, Matthew J. Page, Vivian Welch and Neal R. Haddaway: A new ecosystem for evidence synthesis. Nature Ecology and Evolution, http://doi.org/10.1038/s41559-020-1153-2, erschienen am 23. März 2020. 

Weitere Informationen:
  • Website zum Evidence Synthesis Hackathon. 
  • Sperling-Studie: Alfredo Sánchez-Tójar, Shinichi Nakagawa, Moisès Sánchez-Fortún, Dominic A Martin, Sukanya Ramani, Antje Girndt, Veronika Bókony, Bart Kempenaers, András Liker, David F Westneat, Terry Burke, Julia Schroeder: Meta-analysis challenges a textbook example of status signalling and demonstrates publication bias. eLife, https://doi.org/10.7554/eLife.37385, erschienen am 13. November 2018. 
Kontakt:
Dr. Alfredo Sanchez-Tojar, Universität Bielefeld 
Fakultät für Biologie
Tel: 0521-106 2727

Universität Bielefeld für Publikumsverkehr geschlossen und in reduzierten Basisbetrieb versetzt (Nr. 14/2020)

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Aufgrund der Entwicklungen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus wurde die Universität Bielefeld am Montag, 23. März 2020, in den reduzierten Basisbetrieb versetzt. Sie ist nun unter anderem für Publikumsverkehr geschlossen und darf nur noch von Studierenden, Beschäftigten oder Lehrbeauftragten sowie Honorarkräften betreten werden, die noch vor Ort arbeiten müssen oder Medien in der Bibliothek ausleihen. Geöffnet sind der Haupteingang des Hauptgebäudes und der Eingang am Wachlokal zum Gebäude X (von 8 bis 18 Uhr). Alle Arbeitsplätze für Studierende sind gesperrt.

„Wir übernehmen einerseits gesamtgesellschaftlich Verantwortung und versuchen mit möglichst weitreichenden Maßnahmen das Übertragungsrisiko des Virus zu reduzieren“, so Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. „Andererseits verstehen wir es als unseren Auftrag sicherzustellen, dass der Universitätsbetrieb im notwendigen Umfang weitergeführt werden kann. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese Krise sehr wahrscheinlich länger dauern wird.“

Bereits seit Ende Januar hat die Universität Bielefeld den Betrieb sukzessive umgestellt und zurückgefahren. Ziel war und ist es, eine komplette Schließung der Universität, die den Erfolg von wissenschaftlichen Arbeiten und Projekten in einem sehr großen Umfang gefährden würde, wenn möglich zu vermeiden. Um dies unter den gegebenen Umständen vertreten zu können, sind weitreichende Regelungen getroffen worden.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Semesterstart verschoben, Präsenzveranstaltungen und Klausuren sind derzeit bis zum 19. April 2020 abgesagt, mündliche Prüfungen können nur in Härtefällen stattfinden. Es ist das Ziel der Universität Bielefeld, den Studierenden auch in dieser Zeit bei Verzicht auf Präsenzveranstaltungen Angebote zu machen, damit das Semester möglichst nicht vollständig verloren ist. Rektor Sagerer hat die Lehrenden aufgerufen, die Möglichkeiten des E-Learning zu nutzen.

Wissenschaftler*innen arbeiten, wenn es nicht absolut notwendig ist, nicht auf dem Campus. Der Standardarbeitsplatz der Beschäftigten in den Serviceeinheiten ist das Home-Office. Wo es betriebsbedingt notwendig ist oder die technischen Voraussetzungen fehlen, wird noch in der Universität gearbeitet, dann allerdings in Einzelbüros.

Für Bereiche, die nur begrenzt in der Lage sind zuhause zu arbeiten (beispielsweise Arbeiten in den Laboren), gelten besondere Regelungen. Die sozialen Kontakte werden minimiert und die Hygiene- und Abstandsregeln sind zu beachten.

Die Bibliothek ist ebenfalls auf einen reduzierten Basisdienst nur für die Studierenden, Beschäftigten, Lehrbeauftragten sowie Honorarkräfte der Universität Bielefeld umgestellt. Die reduzierten Öffnungszeiten sind: montags bis freitags: 10.00 bis 16.00 Uhr; samstags und sonntags ist geschlossen. Es können Medien ausgeliehen werden, die für die individuellen Forschungstätigkeiten oder für das Studium unabdingbar sind, soweit sie nicht elektronisch zur Verfügung stehen. Eine persönliche Beratung findet nur noch elektronisch statt (per Mail, Chat oder Telefon). Die Lesesäle sind bereits seit dem 13. März geschlossen.

Sämtliche Serviceeinheiten der Universität sind bereits seit einer Woche nur noch per E-Mail oder telefonisch erreichbar. Die Angebote des Hochsports sind seit dem 13. März abgesagt.

Das Studierendenwerk hat seine gastronomischen Angebote am 18. März eingestellt.

Weitere Informationen
https://uni-bielefeld.de/themen/coronavirus

Mit Künstlicher Intelligenz zu besseren Entscheidungen (Nr. 15/2020)

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Kooperation von Universität, Fachhochschule Bielefeld und Bethel

Verfahren der Künstlichen Intelligenz und des Maschinellen Lernens werden immer häufiger in komplexen Entscheidungssituationen angewendet. Sie unterstützen menschliche Entscheidungen. Wissenschaftler*innen des Instituts CITEC der Universität Bielefeld untersuchen gemeinsam mit Forschenden des Fachbereichs Sozialwesen der Fachhochschule Bielefeld die Chancen und Risiken maschineller Handlungsempfehlungen im Feld sozialer Dienste. Dafür arbeiten sie mit den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel zusammen. Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen fördert das Projekt als Teil des Graduiertenkollegs „Digitale Gesellschaft“.

Sie entwickeln ein technisches System, das Beschäftigten im Sozialwesen helfen soll, fundierte Entscheidungen zu treffen (v.li.): Prof. Dr. Philip Cimiano und Angelika Maier (beide von CITEC) sowie Diana Schneider und Prof. Dr. Udo Seelmeyer (beide von der FH Bielefeld). Foto: CITEC/Universität Bielefeld
Sie entwickeln ein technisches System, das Beschäftigten im Sozialwesen helfen soll, fundierte Entscheidungen zu treffen (v.li.): Prof. Dr. Philip Cimiano und Angelika Maier (beide von CITEC) sowie Diana Schneider und Prof. Dr. Udo Seelmeyer (beide von der FH Bielefeld). Foto: CITEC/Universität Bielefeld
Künstliche Intelligenz (KI) wird beispielsweise eingesetzt, um Kreditwürdigkeit zu prüfen. Auch im Feld sozialer Dienste kann KI neue Möglichkeiten eröffnen, zum Beispiel in Form von Systemen, die Empfehlungen bei der Planung von Hilfen – etwa für Menschen mit Behinderungen – geben. Oftmals sind maschinelle Entscheidungen aber nicht transparent und die Entscheidungskriterien nicht nachvollziehbar.

„Wenn Menschen sich zu sehr auf maschinelle Handlungsempfehlungen verlassen, könnte das grundlegende demokratische Prinzipien gefährden“, sagt Professor Dr. Philipp Cimiano von der Technischen Fakultät und dem Center for Cognitive Interaction Technology (CITEC) der Universität Bielefeld. „Gleichwohl bietet maschinelle Entscheidungsunterstützung Chancen zur Verbesserung der Qualität von Entscheidungen. Die Entscheidungen basieren auf einer größeren Datenbasis und können damit objektiver sein als menschliche Entscheidungen.“ In diesem Spannungsfeld entwickeln Wissenschaftler*innen von CITEC und der Fachhochschule Bielefeld Grundlagen für optimale maschinelle Entscheidungsunterstützung.

Damit Maschinen Entscheidungen treffen können, müssen sie zunächst mit Daten gefüttert werden. Für ihre Forschung zu KI zur Unterstützung sozialer Dienste erhalten Cimiano und seine Mitarbeiterin Angelika Maier die Daten von sozialen Einrichtungen in Bethel – stationären Einrichtungen des betreuten Wohnens in der Behindertenhilfe.

Die Daten stammen aus den Falldokumentationen von Personen, die in den Einrichtungen Unterstützung erhalten haben. Mit Algorithmen können aus diesen Daten Muster identifiziert werden. Diese geben Aufschluss über den Verlauf von Hilfen und über Besonderheiten, die sich dabei zeigen. Das ist die Grundlage für Entscheidungsfindungen, die von einem intelligenten System unterstützt werden. „Wir betrachten, welche Themen über die Zeit für die Klient*innen aktuell sind, oder wie die Eigenständigkeit eingeschätzt wird“, sagt Angelika Maier. „Mit diesen Informationen kann dann zielgenauer auf die Bedürfnisse und Ressourcen einzelner Klient*innen eingegangen werden.“

„Das neue System kann künftig dazu beitragen, dass Beschäftigte in sozialen Einrichtungen ihre Klientinnen und Klienten zielgenauer unterstützen“, sagt Professor Dr. Ingmar Steinhart vom Vorstand der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel.

Computerprogramme können auf einer großen Datenbasis Entscheidungen vorschlagen. Diese müssen für Menschen nachvollziehbar aufbereitet werden. Foto: CITEC/Universität Bielefeld
Computerprogramme können auf einer großen Datenbasis Entscheidungen vorschlagen. Diese müssen für Menschen nachvollziehbar aufbereitet werden. Foto: CITEC/Universität Bielefeld
Was bei der Einführung eines neuen Systems zu berücksichtigen ist und wo es innerhalb einer Einrichtung und im Entscheidungsprozess sinnvoll eingesetzt werden kann, analysieren Professor Dr. Udo Seelmeyer und die Doktorandin Diana Schneider aus dem Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Bielefeld. Schneider beschäftigt sich in ihrem Promotionsprojekt mit Methoden der Szenarienbildung und Technikfolgenabschätzung: „Unsere Fragen sind: Welche unbeabsichtigen Nebenfolgen kann so ein technisches System haben? Und wie muss es eingesetzt werden damit Qualität der Hilfen und Fachlichkeit der Mitarbeiter befördert werden?“, sagt Diana Schneider. Udo Seelmeyer sieht in dem Projekt auch einen Vorteil für die Arbeit der Fachkräfte: „Ein solches System eröffnet neue Zugänge zu der Masse an Dokumentationstexten, die ansonsten ungenutzte Datengräber bleiben“, sagt Seelmeyer.

Algorithmen können Entscheidungen vorschlagen, die Expertise und das Erfahrungswissen der Fachkräfte sollen sie aber nicht ersetzen. „Unser Prototyp soll die demokratischen Grundprinzipien, aber auch Inklusion, Teilhabe und Gleichberechtigung nicht untergraben, sondern sichern“, sagt Cimiano. „Wir wollen ein klares Bild entstehen lassen, wie maschinelle Handlungsempfehlungen zum Vorteil aller eingesetzt werden kann.“

Das Projekt mit dem Titel „Maewin“ läuft bis Mitte 2021. Der Name steht für „Maschinelle Entscheidungsunterstützung in wohlfahrtsstaatlichen Institutionen“. Das Projekt wird im Rahmen des Forschungsverbunds „Digitale Gesellschaft“ durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Der Verbund beschäftigt sich mit der Frage, wie Digitalisierung die Gesellschaft verändert und wie sich Technologie auf die Meinungsbildung auswirkt.

Weitere Informationen: 
  • Steckbrief zum Projekt Maewin
  • Forschungsverbund „Digitale Gesellschaft“über Maewin
Kontakt:
Prof. Dr. Philipp Cimiano, Universität Bielefeld 
Technische Fakultät
Tel: 0521-106 12249

Zusammenhalt in der Corona-Pandemie und anderen Krisen (Nr. 16/2020)

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Förderung für neues Forschungsinstitut – Bielefeld ist einer der Standorte

Die Corona-Pandemie zeigt aktuell, wie wichtig Zusammenhalt in der Gesellschaft sein kann. Menschenfeindlichkeit, Rechtspopulismus und Hasskriminalität stellen den gesellschaftlichen Zusammenhalt jedoch immer wieder in Frage. Das neue bundesweite Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) soll praxisrelevante Vorschläge erarbeiten, die dazu beitragen, das soziale Miteinander im Land zu erhalten und zu stärken. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat jetzt entschieden, das FGZ für zunächst vier Jahre zu fördern. Die Universität Bielefeld ist einer der elf Standorte des Verbunds.

Die Bielefelder Sozialpsychologen Dr. Jonas Rees und Prof. Dr. Andreas Zick koordinieren den Aufbau des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) am Standort Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld
Die Bielefelder Sozialpsychologen Dr. Jonas Rees und Prof. Dr. Andreas Zick koordinieren den Aufbau des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) am Standort Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld
Der Gründung des FGZ ging eine anderthalbjährige Vorphase voraus. Seit Januar 2019 erarbeiteten mehr als 100 Wissenschaftler*innen das Gründungskonzept für das Verbund-Institut. Die mehr als 70 Teilprojekte und die institutsübergreifenden Arbeitsbereiche starten ab dem 1. Juni 2020.

„Jetzt in Zeiten der Pandemie durch das Corona-Virus merken wir alle, wie wichtig Zusammenhalt in der Gesellschaft ist und wie bedeutsam Forschung für alltagspraktische Problemlösungen ist“, sagt Professor Dr. Andreas Zick. Er leitet das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld und koordiniert mit seinem IKG-Kollegen Dr. Jonas Rees den Aufbau des FGZ am Standort Bielefeld. Zick kündigt an: „Mit dem neuen bundesweiten Institut können wir genauer erforschen, wie Zusammenhalt zustande kommt, wie er hält, wann er einbricht und wovon er abhängt. Zusammenhalt ist ohne die Aushandlung von Konflikten zwischen Gruppen nicht denkbar.“ 

„Jetzt in Zeiten der Pandemie durch das Corona-Virus merken wir alle, wie wichtig Zusammenhalt in der Gesellschaft ist und wie bedeutsam Forschung für alltagspraktische Problemlösungen ist“, sagt Professor Dr. Andreas Zick. Er leitet das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld und koordiniert mit seinem IKG-Kollegen Dr. Jonas Rees den Aufbau des FGZ am Standort Bielefeld. Zick kündigt an: „Mit dem neuen bundesweiten Institut können wir genauer erforschen, wie Zusammenhalt zustande kommt, wie er hält, wann er einbricht und wovon er abhängt. Zusammenhalt ist ohne die Aushandlung von Konflikten zwischen Gruppen nicht denkbar.“ 

Jonas Rees, der zurzeit die Professur für Angewandte Sozialpsychologie an der Universität Bielefeld vertritt, ergänzt: „Wir wollen insbesondere erforschen, wie Gruppen Zusammenhalt erfahren, die von Krisen wie der Corona-Pandemie besonders stark betroffen sind. Dazu bauen wir ein Netzwerk mit lokalen Gruppen und Institutionen auf, sodass die Ergebnisse unserer Forschung direkt zur Stärkung des lokalen Zusammenhalts herangezogen werden können. Zusammenhalt fängt immer im Kleinen an und muss im Alltag gelebt werden. In Bielefeld gibt es viele eindrucksvolle Beispiele dafür, wie das gelingt.“

Das FGZ-Team der Universität Bielefeld ist interdisziplinär besetzt. Zu ihm gehören neben Zick und Rees auch die Erziehungswissenschaftler*innen Professorin Dr. Carmen Zurbriggen, Professor Dr. Ullrich Bauer und Dr. Marc Grimm, der Gesundheitswissenschaftler Professor Dr. Oliver Razum, die Soziolog*innen Professorin Dr. Priska Daphi, Professor Dr. Martin Kroh und Professor Dr. Jost Reinecke.

Das Bielefelder Team geht der Frage nach, wie Konfliktdynamiken und gesellschaftliche Veränderungen den Zusammenhalt in so unterschiedlichen Lebensbereichen wie Elternhaus, Bildungs-, Pflege- und Gesundheitssektor stärken oder gefährden können. Dafür untersuchen die Forscher*innen eine Vielfalt gesellschaftlicher Phänomene wie die Inklusion gesellschaftlich marginalisierter Gruppen oder Institutionen der politischen Partizipation. Auch befassen sie sich damit, wie Menschenfeindlichkeit, Rechtspopulismus und Hasskriminalität den gesellschaftlichen Zusammenhalt immer wieder in Frage stellen.

Das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist ein Verbund aus elf Hochschul- und Forschungsinstituten, die in zehn verschiedenen Bundesländern angesiedelt sind und dadurch auch die regionale Vielfalt gesellschaftlichen Zusammenhalts in Deutschland in den Blick nehmen. Zusammen sollen die mehr als 100 Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Disziplinen mit empirischen Untersuchungen und großangelegten Vergleichen praxisrelevante Vorschläge erarbeiten, die dazu beitragen, gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen. Die Untersuchungen decken Aspekte wie Identitäten und regionale Erfahrungswelten ab und erforschen diese im europäischen Vergleich und darüber hinaus. Der Verbund befasst sich außerdem mit den Themen Ungleichheiten und Solidarität, Medien und Konfliktkultur, Polarisierung und Populismus sowie Antisemitismus und Hasskriminalität.

Neben der Universität Bielefeld gehören die Technische Universität Berlin sowie die Universitäten Bremen, Frankfurt, Halle-Wittenberg, Hannover, Konstanz und Leipzig sowie das Soziologische Forschungsinstitut Göttingen, das Leibniz-Institut für Medienforschung Hamburg und das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena zu dem Verbund.

Neben der Universität Bielefeld gehören die Technische Universität Berlin sowie die Universitäten Bremen, Frankfurt, Halle-Wittenberg, Hannover, Konstanz und Leipzig sowie das Soziologische Forschungsinstitut Göttingen, das Leibniz-Institut für Medienforschung Hamburg und das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena zu dem Verbund.

Weitere Informationen:

  • „Institut für gesellschaftlichen Zusammenhalt: Bielefelder Forschende sind beteiligt“ (Pressemitteilung vom 04.10.2018)

Kontakt:
Dr. Jonas Rees, Universität Bielefeld
Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Telefon: 0521 106-3106
E-Mail: jonas.rees@uni-bielefeld.de


Universität Bielefeld hilft mit Desinfektionsmittel und Schutzkleidung Nr. 15/2020

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Fakultät für Chemie kann bis zu 2.000 Liter produzieren

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hilft die Universität Bielefeld vor Ort. In den Laboren der Chemie
wird jetzt dringend benötigtes Desinfektionsmittel hergestellt. Außerdem gibt die Universität Schutzkleidung ab.

Die Feuerwehr Bielefeld verlädt an der Universität einhundert 5-Liter-Kanister Desinfektionsmittel.Foto: Universität Bielefeld
Die Feuerwehr Bielefeld verlädt an der Universität einhundert Fünf-Liter-Kanister Desinfektionsmittel. Foto: Universität Bielefeld
Der Dekan der Fakultät für Chemie, Professor Dr. Thorsten Glaser, hatte der Universitätsleitung mitgeteilt, dass es möglich wäre, mit den Lagerbeständen der Fakultät bis zu 2.000 Liter Desinfekti-onsmittel herzustellen. Aufgrund der besonderen Lage hatte die zuständige Behörde (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) eine Allgemeinverfügung herausgegeben, wonach nun auch die Universität Desinfektionsmittel zur Abgabe an berufliche Verwender herstellen darf. Gestern (30.03.2020) wurden von acht Mitarbeitenden 500 Liter in den Chemielaboren hergestellt, die heute (31.03.2020) in Fünf-Liter-Kanister an die Feuerwehr Bielefeld gegeben wurden. Vergangene Woche wurden bereits 225 Liter produziert. Die Feuerwehr verteilt das Desinfektionsmittel im Auftrag des Krisenstabs der Bezirksregierung Detmold an die Kliniken. Die Universität wird außerdem Schutzausrüstung abgeben, etwa 100 Schutzanzüge sowie zirka 100 Schutzmasken unterschiedlicher Art, die sonst im Arbeits- und Gesundheitsschutz oder in der Biotechnologie zum Einsatz kommt.

Wenn Populismus krank (Nr. 18/2020)

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Bielefelder Forschende weisen in „Science“ auf bedrohte Kolleg*innen hin

Der Weltgesundheitstag am 7. April soll auf die Bedeutung der Gesundheitsversorgung und auf Krankheitsprävention aufmerksam machen. Doch diese Ziele sind in vielen Ländern gefährdet, stellen Wissenschaftler*innen der Universität Bielefeld in einem Beitrag im Fachmagazin „Science“ fest. Die Corona-Krise zeigt nach Ansicht des Forschungsteams, wie wichtig faktenbasierte Forschung ist und wie gefährlich es für die öffentliche Gesundheit ist, wenn Hinweise von Forschenden und Mediziner*innen auf Krankheiten politisch unterdrückt werden.

„Gesundheit ist ein Menschenrecht, das nicht an bestimmte Merkmale einer Personengrup-pe gebunden ist“, sagt Prof. Dr. Oliver Razum. Der Gesundheitswissenschaftler spricht sich für eine unabhängige Gesundheitsforschung aus. Foto: Universität Bielefeld
„Gesundheit ist ein Menschenrecht, das nicht an bestimmte Merkmale einer Personengrup-pe gebunden ist“, sagt Prof. Dr. Oliver Razum. Der Gesundheitswissenschaftler spricht sich für eine unabhängige Gesundheitsforschung aus. Foto: Universität Bielefeld
Der Kommentar in „Science“ steht unter der Überschrift „Public health scientists in the crosshairs of populists“ (Gesundheitswissenschaftler*innen im Fadenkreuz der Populist*innen). Verfasst wurde er von Lisa Wandschneider, Dr. Yudit Namer und Professor Dr. Oliver Razum von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften. Sie beziehen sich mit dem Beitrag auf ein zuvor publiziertes Editorial. Darin spricht sich „Science“-Chefredakteur H. Holden Thorp dafür aus, dass Forschende sich am politischen Geschehen beteiligen sollen. Dem stimmen die Bielefelder Gesundheitswissenschaftler*innen zu, nur möglich sei das nicht immer – zum Beispiel, wenn Forschende bedroht werden. Mit Blick auf die Corona-Krise weist das Forschungsteam auf den chinesischen Arzt Li Wenliang aus Wuhan hin, der schon im Dezember 2019 in einer Chat-Gruppe frühere Kommiliton*innen auf die später als Covid-19 bekannte Erkrankung hinwies. Die Behörden zwangen ihn, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben und keine Informationen über die Krankheit zu verbreiten.

 

Forschende weltweit in ihren Grundrechten eingeschränkt
Das Netzwerk „Scholars at Risk“ hat von September 2018 bis August 2019 insgesamt 324 Angriffe auf Forschende gezählt. „In Zeiten von populistischen Bewegungen und ‚alternativen Fakten’ können wir beobachten, dass wissenschaftliche Befunde immer häufiger angezweifelt werden. Forschende werden angegriffen, wenn sie sich für evidenzbasierte Erkenntnisse einsetzen und diese verbreiten“, sagt Professor Dr. Oliver Razum, Leiter der Arbeitsgruppe „Epidemiologie & International Public Health“ und Dekan der Fakultät für Gesundheitswissenschaften. Er und seine Mitarbeiter*innen forschen dazu, wie Gesundheit und Krankheit in der Bevölkerung verteilt sind und wie Gesundheit gefördert werden kann. Mit ihrem Kommentar im Magazin „Science“ wollen die Wissenschaftler*innen ein Bewusstsein schaffen für die Probleme, vor denen die Wissenschaftskommunikation im Bereich „Public Health“ (Gesundheitswissenschaften) steht.

 Als weiteres aktuelles Beispiel führen sie die Verurteilung von Dr. Bülent Şık an – ein Lebensmittelingenieur, der seine Forschungsergebnisse zur Verunreinigung von Lebensmitteln in der Türkei publizierte. Im September 2019 wurde er zu 15 Monaten Haft verurteilt. „Nicht-evidenzbasierte politische Entscheidungen haben weitreichende negative Auswirkungen auf die Bevölkerungsgesundheit“, sagt Lisa Wandschneider, Mitarbeiterin von Razum und Erstautorin des Kommentars. „Daher müssen insbesondere Gesundheitswissenschaftler*innen aktiv dagegen Einspruch erheben, ohne dass ihre Freiheit und Autonomie eingeschränkt wird.“

Wenn populistische Politik die Gesundheit beeinflusst
Populistische Haltungen dringen laut den Forschenden mittlerweile in alle Demokratien ein. Deren Forderungen skizzieren häufig ein vermeintlich homogenes „Wir“ im Kontrast zu den „Anderen“ und basieren damit auf nationalistischen Ideologien, nicht aber auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. „Populistische Ideologien widersprechen unserem ethischen Grundverständnis“, sagt Razum. „Gesundheit ist ein Menschenrecht, das nicht an bestimmte Merkmale einer Personengruppe gebunden ist.“
Negative Auswirkungen durch Populismus auf die Gesundheit beobachten die Bielefelder Forschenden weltweit, unter anderem bei bestimmten Bevölkerungsgruppen in den USA, Deutschland und anderen europäischen Ländern. So komme es häufig vor, dass Migrant*innen es schwerer haben, Gesundheitsversorgung in Anspruch zu nehmen und dass Frauen der Zugang zu Verhütung und sicheren Schwangerschaftsabbrüchen eingeschränkt wird. Aber auch die gesamte Bevölkerung könne unter populistischer Politik leiden: „Wenn ganze Gesundheitssysteme durch Kriege wie in Syrien zusammenbrechen oder der menschenverursachte Klimawandel und dessen Folgen geleugnet werden wie in den USA, betrifft das die Gesundheit von uns allen“, sagt Razum.

Einsatz für akademische Freiheit  
„Wir halten es für äußerst wichtig, dass Forschung unabhängig ist und bleibt. Mit unserer Antwort auf das Science-Editorial möchten wir dieser Forderung in unserer Disziplin Public Health möglichst viel Gehör verschaffen“, sagt Razum. Der Bielefelder Kommentar bekam positive Reaktionen, zum Beispiel von Gesundheitswissenschaftler*innen aus Colorado, USA. Außerdem erfuhren die Bielefelder Forschenden von einem Offenen Brief, der Dr. Bülent Şık unterstützt. „Solange Regierungen Forschende nicht schützen, müssen wir uns als Gemeinschaft für akademische Freiheit einsetzen“, sagt die Co-Autorin Dr. Yudit Namer.
Insgesamt haben Razum, Wandschneider und Namer Hoffnung: In der Türkei bilden sich verschiedene Solidaritätsinitiativen. Akademiker*innen, die entlassen wurden, organisieren Vorlesungen, Seminare und Workshops in nicht-universitären öffentlichen Räumen. „Das zeigt, wie die akademische Freiheit auf anderen Wegen existieren und dass strukturelle Attacken Wissenschaft nicht ersticken kann“, sagt Namer. „Wir hoffen, dass Wissenschaft kein Privileg, sondern allen zugänglich ist.”

Weitere Informationen:
•    Der Kommentar in der „Science“
•    Das Editorial, auf den sich der Kommentar bezieht
•    Bericht von Scholars at Risk

Kontakt:
Prof. Dr. Oliver Razum, Universität Bielefeld
Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Telefon: 0521 106- 3837
E-Mail: oliver.razum@uni-bielefeld.de


Neue Professorinnen und Professoren an der Universität Bielefeld (Nr. 19/2020)

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Im Wintersemester 2019/2020 haben 13 Professor*innen ihre Tätigkeit an der Universität Bielefeld aufgenommen. Sie lehren und forschen beispielsweise in den Wissenschaftsgebieten Computational Data Science, Digital History und Geschichte des Mittelalters.

Professor Dr. Andrés Acher
Prof. Dr. Andrés Acher, Foto: Universität Bielefeld
Professor Dr. Andrés Acher wurde im November 2019 als Professor für Sachunterricht mit Schwerpunkt Naturwissenschaftliche Bildung in der Fakultät für Biologie ernannt. Seine Forschung fokussiert sich auf die Modellierung als wissenschaftliche Praxis aus der er Erkentnisse für Lehre und Lernen ableitet. Andrés Acher war Mitglied in vier europäischen und einer US-amerikanischen Forschungsgruppe, unter anderem an der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg, am King‘s College London und an der Northwestern University in Illinois/USA. Er nahm an einer Reihe von nationalen und internationalen schulbasierten Projekten mit Schüler*innen und Lehrer*innen vom Kindergarten bis zur Mittelschule teil. Seine Forschung wurde von der EU, dem National Science Foundation (USA), dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem argentinischen Bildungsministerium und dem italienischen Kulturministerium gefördert.


Professor Dr. Gergely Endrödi, Foto: Universität Bielefeld
Prof. Dr. Gergely Endrödi, Foto: Universität Bielefeld
Professor Dr. Gergely Endrödi (36) ist im März zum Professor für Theoretische Physik an der Fakultät für Physik ernannt worden. In seiner Forschung untersucht Gergely Endrödi die Physik von mikroskopischen Elementarteilchen mit Hilfe numerischer Gittersimulationen. Insbesondere beschäftigt er sich mit der Wechselwirkung zwischen Quarks und Gluonen unter extremen Bedingungen die zum Beispiel im frühen Universum direkt nach dem Urknall herrschten, oder die das Zentrum eines massiven Neutronensterns charakterisieren. Professor Enrödi hat an der Eötvös Universität Budapest (Ungarn) Physik studiert und promoviert. Vor seinem Wechsel nach Bielefeld war er von 2010 bis 2015 als Postdoktorand an der Universität Regensburg und von 2016 bis 2020 als Emmy Noether-Nachwuchsgruppenleiter an der Goethe-Universität Frankfurt tätig.


Professor Dr. Matthias Erbar, Foto Universität Bielefeld
Prof. Dr. Matthias Erbar, Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Professor Dr. Matthias Erbar (36) ist seit März Professor für Mathematik, insbesondere Analysis, an der Fakultät für Mathematik. Seine Forschungsinteressen liegen an den Berührungspunkten von Analysis, Stochastik und Geometrie. Insbesondere untersucht er interagierende Teilchensysteme und die zugehörigen partiellen Differentialgleichungen sowie die Geometrie und Analysis auf singulären Strukturen. Matthias Erbar studierte Mathematik und Physik an den Universitäten Bonn und Paris VI/Frankreich und wurde 2013 an der Universität Bonn promoviert. Nach Postdoc-Stationen am Mathematical Science Research Institute in Berkeley (USA) und an der Scuola Normale Superiore in Pisa (Italien), kehrte er nach Bonn zurück, wo er sich 2019 habilitierte.


Professor Dr. Manuel Förster, Foto: Universität Bielefeld
Prof. Dr. Manuel Förster, Foto: Universität Bielefeld
Professor Dr. Manuel Förster (34) ist seit März Juniorprofessor für mikroökonomische Theorie, insbesondere Spieltheorie, am Institut für Mathematische Wirtschaftsforschung (IMW). Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Informationsökonomik und der sozialen und ökonomischen Netzwerke. Dabei interessieren ihn insbesondere die Kommunikation von Informationen, etwa zwischen informierten Experten und Entscheidungsträgern, sowie die strategische Bildung von Netzwerken. Manuel Förster hat Wirtschaftsmathematik an der Universität Bielefeld und der Universität Auckland (Neuseeland) studiert und sich 2014 an der Universi-tät Paris 1 (Frankreich) und der Universität Louvain (Belgien) in Volkswirtschaftslehre promo-viert. Anschließend war er an der Universität Saint-Louis – Brüssel (Belgien) und an der Universität Hamburg tätig.


Juniorprof. Dr. Stephan Hammer, Foto Universität Bielefeld
Juniorprof. Dr. Stephan Hammer, Foto Universität Bielefeld
Juniorprofessor Dr. Stephan Hammer (38) ist im Dezember 2019 als Juniorprofessor für Organische Chemie und Biokatalyse an der Fakultät für Chemie ernannt worden. Sein Forschungsschwerpunkt liegt im Design und der Laborevolution von neuen Enzymfunktionen. Insbesondere geht es darum Biokatalysatoren für herausfordernde und bisher ungelöste chemische Transformationen zu entwickeln und zu beschreiben. Stephan Hammer absolvierte vor seinem Studium eine Ausbildung zum Chemielaborant bei der BASF SE, studierte Chemie an der Philipps-Universität Marburg sowie der University of Cambridge (Großbritannien) und promovierte im Bereich Biokatalyse an der Universität Stuttgart. Ab 2015 war er als Postdoktorand in der Gruppe von Professor Dr. Frances Arnold (Nobelpreis für Chemie 2018) am California Institute of Technology (Pasadena, USA) beschäftigt. Vor seinen Wechsel an die Universität Bielefeld wurde Stephan Hammer in das Emmy Noether- Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) aufgenommen.


Prof'in Dr. Jutta M. Hartmann, Foto: Universität Bielefeld
Prof'in. Dr. Jutta M. Hartmann, Foto: Universität Bielefeld
Professorin Dr. Jutta M. Hartmann (44) ist seit Dezember 2019 Professorin für Allgemeine Sprachwissenschaft an der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der empirischen Untersuchung und theoretischen Modellierung der Strukturen von verschiedenen Sprachen. Die Faszination liegt für sie darin herauszufinden, in welcher Weise sich unterschiedliche Sprachen in ihrer Grammatik ähneln, um so die Sprachfähigkeit des Menschen besser verstehen zu können.  Jutta M. Hartmann studierte an der Universität Tübingen, promovierte 2008 an der Universität Tilburg (Niederlande) und habili-tierte sich 2016 an der Universität Tübingen. Nach einer Vertretungsprofessur an der Universität Stuttgart war sie zuletzt am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim in einem sprachvergleichenden Projekt als Projektleiterin und Forscherin tätig.


Prof'in Dr. Lotta König, Foto: Universität Bielefeld
Prof. Dr. Lotta König, Foto: Universität Bielefeld
Professorin Dr. Lotta König (36) ist seit Oktober 2019 zunächst in Vertretung cum spe und seit Ende des Jahres als Professorin für die Didaktik englischsprachiger Literaturen und Kulturen an der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft in Bielefeld tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des kritischen kulturellen Lernens, dem Fremdsprachenerwerb an außerschulischen Lernorten, in Konzepten von Sprachmittlung und diversitätssensibler Literaturdidaktik. Sie hat an der Georg-August-Universität Göttingen Englisch und Französisch auf Lehramt studiert und zu Gender-Reflexion mit Literatur im Englischunterricht promoviert. Mehrmonatige Auslandsaufenthalte in Kanada, der Türkei und Frankreich haben ihr Interesse an Sprachen als Schlüssel zu Kulturen geprägt. Nach der Promotion war Lotta König als Referendarin und Lehrerin an zwei Gesamtschulen und als Postdoktorandin in den Didaktik-Arbeitsbereichen der Anglistik und Romanistik in Göttingen tätig.


Prof. Dr. Sakari Lemola, Foto: Universität Bielefeld
Prof. Dr. Sakari Lemola, Foto: Universität Bielefeld
Professor Dr. Sakari Lemola, ist seit Januar als Professor für Entwicklungspsychologie und Entwicklungspsychopathologie an der Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft tätig. Er erforscht die Rolle von Risiko- und Schutzfaktoren für die Entwicklung von Wohlbefinden und psychischer Gesundheit. Er interessiert sich besonders für die Rolle des Schlafes für eine positive Entwicklung in verschiedenen Lebensphasen sowie für Schutzfaktoren bei Belastungen in der Prä- und frühen Postnatalzeit, beispielsweise bei Frühgeburten. Sakari Lemola studierte Psychologie an der Universität Bern (Schweiz) und promovierte und habilitierte sich anschließend an der Universität Basel (Schweiz). Dazwischen arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der University of Helsinki (Finnland). Zuletzt war er Associate Professor an der University of Warwick (Großbritannien).


Prof. Dr. John Rauthmann, Foto: Universität Bielefeld
Prof. Dr. John Rauthmann, Foto: Universität Bielefeld
Professor Dr. John Rauthmann (32) leitet seit Februar die Arbeitsgruppe „Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik“. Er forscht zu dynamischen Wechselwirkungen zwischen Personen- und Umweltmerkmalen: wie Menschen ihr Leben strukturieren und sich ihre Nischen schaffen, die wiederum ihre Persönlichkeit beeinflussen können. Dabei möchte er solche Wechselwirkungen multimethodisch im Labor (zum Beispiel mit Sensoren, Virtual Reality) und Feld (zum Beispiel mit Smartphone-Apps) einfangen. Hier interessiert ihn, wie man zuverlässig Zustände und Eigenschaften von Personen aus sensorbasierten Messungen herausfiltern kann. Rauthmann hat Psychologie an der Universität Innsbruck/Österreich studiert, an der Humboldt-Universität Berlin promoviert wie habilitiert und arbeitete dann als Assistant Professor an der Wake Forest University in North Carolina (USA) und zuletzt als Professor an der Universität zu Lübeck.


Juniorprof. Dr. Michael Römer, Foto: Universität Bielefeld
Juniorprof. Dr. Michael Römer, Foto: Universität Bielefeld
Juniorprofessor Dr. Michael Römer wurde im Dezember 2019 zum Juniorprofessor für Decision Analytics an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften ernannt. Seine Nachwuchsgruppe, die Ansätze zur Kombination von mathematischer Optimierung und maschinellem Lernen für komplexe Planungsprobleme unter Unsicherheit untersucht, wird durch das NRW-Rückkehrprogramm gefördert. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Forschung liegt auf netzwerkbasierten Optimierungsmodellen, die er erfolgreich zur Personaleinsatzplanung, in der Logistik und im Gesundheitswesen angewendet hat. Michael Römer begann seine wissen-schaftliche Laufbahn mit einem Studium der Wirtschaftsinformatik an der Universität Paderborn. Er promovierte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 2017 bis 2019 war er Postdoctoral Fellow am IVADO-Institut / Polytechnique Montréal (Kanada) sowie durch die DFG geförderter Visiting Postdoc an der Rotman School of Management an der University of Toronto (Kanada).


Prof. Dr. Alexander Schönhuth, Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Prof. Dr. Alexander Schönhuth, Foto: Universität Bielefeld/M.-D. Müller
Professor Dr. Alexander Schönhuth (48) ist seit Januar als Professor für Biomedical Data Science an der Technischen Fakultät tätig. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Arbeit ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Erforschung von Krankheiten, die dem Menschen unverstanden bleiben. Die Grundmotivation ist, biomedizinische Anwendungsbereiche zu erschließen, und basierend auf diesen Erkenntnissen Krankheiten besser zu verstehen und sie gezielter und individueller behandeln zu können. Alexander Schönhuth studierte reine Mathematik und promovierte 2006 in Angewandter Mathematik an der Universität zu Köln. Nach Aufent-halten an der Simon Fraser University in Kanada und der University of California at Berkeley (USA) bis 2010, führte ihn sein Weg ans Centrum Wiskunde & Informatica in Amsterdam, dem nationalen niederländischen Forschungszentrum für Mathematik und Informatik. Dort leitete er seine Arbeitsgruppe in der Life Sciences and Health Abteilung bis Ende 2019. Parallel war er Professor für Genome Data Science an der Universität von Utrecht (Niederlande).


Prof'in Dr. Silke Schwandt, Foto: Universität Bielefeld/PH. Ottendoerfer
Prof'in Dr. Silke Schwandt, Foto: Universität Bielefeld/PH. Ottendoerfer
Professorin Dr. Silke Schwandt (39) ist seit Januar Professorin für Digital History und Geschichte des Mittelalters an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie. Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich der Digital History, der Digitalisierung von geisteswissenschaftlichen Praktiken sowie der Vermittlung von Daten-Kompetenzen in den Geisteswissenschaften. Außerdem arbeitet sie zur spätmittelalterlichen englischen Rechtsge-schichte. Silke Schwandt studierte Geschichte, Latein und evangelische Theologie in Bielefeld und wurde 2010 an der Goethe-Universität Frankfurt promoviert. Gegenwärtig leitet sie das Informationsinfrastrukturprojekt im SFB 1288 “Praktiken des Vergleichens. Die Welt ordnen und verändern” mit dem Titel “Dateninfrastruktur und Digital Humanities”.


Prof'in Dr. Julia Settinieri, Foto: Universität Bielefeld
Prof'in Dr. Julia Settinieri, Foto: Universität Bielefeld
Professorin Dr. Julia Settinieri forscht und lehrt seit März als Professorin für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache an der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft. Ihre Ar-beitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Sprachdiagnostik mehrsprachiger Kinder, Ausspracheerwerb und -didaktik, Durchgängige Sprachbildung im Kontext der Lehrerbildung sowie Forschungsmethodologie. Julia Settinieri hat Germanistik, Romanistik, Deutsch als Fremdsprache und Français Langue Etrangère an den Universitäten Passau, Aix-en-Provence (Frankreich) und Bonn studiert, 2007 an der Universität Bielefeld im Fachbereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache promoviert und wurde 2013 als Professorin für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache an die Universität Paderborn berufen, von wo sie nun nach Bielefeld zurückgekehrt ist.


Dr. Stefan Gorißen, Foto: Universität Bielefeld
Dr. Stefan Gorißen, Foto: Universität Bielefeld
Dr. Stefan Gorißen (59) ist im Januar zum außerplanmäßigen Professor an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie ernannt worden. Er hat Geschichtswissenschaft, Germanistik, Philosophie und Pädagogik in Bonn und Bielefeld studiert und 1997 im Fach Geschichtswissenschaft promoviert. Seit 1992 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bielefeld, Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie und seit 2009 Studiendekan der Abteilung Geschichtswissenschaft. Seine aktuellen Forschungen betreffen die rheinische und westfälische Regionalgeschichte.


Dr. Alexander Sczyrba, Foto: Universität Bielefeld
Dr. Alexander Sczyrba, Foto: Universität Bielefeld
Dr. Alexander Sczyrba (47) ist im November 2019 zum außerplanmäßigen Professor an der Technischen Fakultät ernannt worden. Er leitet seit 2011 die Arbeitsgruppe “Computational Metagenomics”. Alexander Sczyrba hat an der Universität Bielefeld Naturwissenschaftliche Informatik studiert und hier 2007 promiviert. Er war Gastwissenschaftler an der Rockefeller Universität in New York (USA) und als Postdoc am DOE Joint Genome Institute in Berkeley (USA). Seine Forschungsgebiete sind die Metagenomik und die Einzelzellgenomik, die zur Un-tersuchung der mikrobiellen „dunklen Materie“ genutzt werden können. Am "Bielefeld Institute for Bioinformatics Infrastructure” (BIBI) leitet er die Bioinformatik-Cloud, die im Rahmen des de.NBI Netzwerks eine Cloud-Infrastruktur für die Analyse von großen Datenmengen aus den Lebenswissenschaften zur Verfügung stellt.


Dr. Hans-Georg Bollweg, Foto: Universität Bielefeld
Dr. Hans-Georg Bollweg, Foto: Universität Bielefeld
Dr. Hans-Georg Bollweg (61) ist seit Januar Honorarprofessor an der Fakultät für Rechtswissenschaft. Er ist Ministerialrat im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und seit 2009 Lehrbeauftragter an der Universität Bielefeld. Hans-Georg Bollweg hat in Bielefeld studiert und promoviert. Seit 1991 arbeitet er in verschiedenen Positionen im Bundesministerium der Justiz, seit mehr als 20 Jahren als Leiter des Referats "Schadensersatzrecht, Luftverkehrsrecht". Er ist Mitglied des Gouverneursrats und des Ständigen Ausschusses des Internationalen Instituts zur Vereinheitlichung des Privatrechts (UNIDROIT) in Rom (Italien) und war Berater der chinesischen Regierung bei der Schaffung des Haftpflichtgesetzes.

Gutes Corona-Wissen in der Bevölkerung (Nr. 20/2020)

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Verunsicherung durch ein Übermaß an Fehlinformationen / Befragung der Universität Bielefeld und der Hertie School of Governance

Die große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland fühlt sich über die Corona-Pandemie gut oder sogar sehr gut informiert. Das ergibt eine repräsentative Befragung von 1.000 Personen ab 16 Jahren, die im Auftrag des Interdisziplinären Zentrums für Gesundheitskompetenzforschung der Universität Bielefeld und des Department of Public Health and Education der Hertie School of Governance in Berlin vom Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführt wurde.


Schwerpunkt der Befragung war die „Gesundheitskompetenz“ der Bürger*innen, worunter ihre Einschätzung verstanden wird, wie gut es gelingt, die Informationen zur Corona-Pandemie zu finden, zu verstehen und auf dieser Basis Konsequenzen für das eigene Verhalten zu ziehen. Die insgesamt positive Einschätzung der Bevölkerung ist nach Ansicht des Forschungsteams auf die Entscheidungen der politischen Akteur*innen und die Maßnahmen der behördlichen Einrichtungen zurückzuführen, die insgesamt als verständlich und nützlich wahrgenommen werden.  

Wie die Studie zeigt, fühlen sich 29 Prozent der Befragten sehr gut informiert, weitere 61 Prozent gut. Lediglich neun Prozent halten sich für weniger gut informiert, nur ein Prozent der Bevölkerung für gar nicht gut. Annähernd 90 Prozent beurteilen es als einfach oder sehr einfach, im Internet Informationen über Verhaltensweisen zu finden, die helfen, einer Infektion mit dem Coronavirus vorzubeugen oder die Anweisungen der eigenen Ärzt*innen, Apotheker*innen oder von Pflegekräften zu Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus zu verstehen.

Das Forschungsteam war von diesem positiven Ergebnis überrascht, weil bisherige Untersuchungen ergeben hatten, dass über die Hälfte der Bevölkerung grundsätzlich große Schwierigkeiten hat, die nötigen Informationen über gesundheitliche Vorbeugung und den Umgang mit Krankheiten zu finden und richtig einzuordnen. „Über das Krankheitsbild von Corona haben die Menschen aber offenbar so viele Informationen und über die Beschlüsse von Bund und Ländern so viele konkrete Verhaltensanweisungen erhalten, dass sie sich sicher fühlen“, so der Koordinator des Forschungsteams Dr. Orkan Okan von der Universität Bielefeld. Die Ergebnisse dieser Studie müssten vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass Informationen zum Coronavirus den Lebensalltag gegenwärtig sozial und digital vollumfänglich durchdringen und eine hohe Alltagsrelevanz besitzen.

Allerdings kommt die Studie auch zu einem problematischen Befund: Eine Mehrheit der Bevölkerung (56 Prozent der Befragten) fühlt sich in der gegenwärtigen Krise durch die Vielfalt an Informationen zum Thema COVID-19 verunsichert und weiß nicht mehr genau, welchen Informationen sie trauen sollen. Die Verunsicherung ist in der jungen Bevölkerung verbreiteter als unter Älteren: Personen unter 45 Jahren empfinden zu 14 Prozent große Verunsicherung, weitere 47 Prozent sind etwas verunsichert. Ab 60-Jährige sind dagegen zu sieben Prozent sehr und zu 39 Prozent etwas verunsichert, welchen Informationen sie im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie trauen sollen.
 
Der Forschungsbericht kann frei verwendet werden.

Kontakt:

Dr. Orkan Okan, Universität Bielefeld
E-Mail: orkan.okan@uni-bielefeld.de
 

Start in ein ungewöhnliches Semester

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Rektor Professor Gerhard Sagerer: „Unsere Lehrenden sind engagiert und motiviert, nutzen die technischen Möglichkeiten und  Distance-Learning-Formate.“

Die notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus greifen in alle Bereiche der Gesellschaft ein – auch in den Forschungs- und Lehrbetrieb an der Universität Bielefeld. Nachdem der Semesterstart bereits im März um zwei Wochen nach hinten verschoben wurde, hat das Ministerium für Kultur und Wissenschaft in Abstimmung mit den Landesrektorenkonferenzen am 7. April ebenfalls entschieden, dass das Sommersemester 2020 als „Online-Semester“ beginnt. Die Lehrenden stellen dafür ihre Lehrangebote und Prüfungen soweit es geht auf digitale Formate um. Praktika, Experimente, Exkursionen oder Archivbesuche sollen – soweit das möglich ist - durch gleichwertige, kontaktlose Angebote ersetzt werden. Wo dies unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich ist, werden die Veranstaltungen in die vorlesungsfreie Zeit oder in das Folgesemester verschoben. „Sollte sich im Laufe des Semesters rechtlich die Möglichkeit ergeben doch Präsenzveranstaltungen durchzuführen, wird die Universität Bielefeld dies prüfen und unter Einhaltung der notwendigen Standards und Regelungen in einem vertretbaren Umfang ermöglichen“, erklärt Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. „Ob, wann, in welchem Umfang und in welchen Fächern dies gegebenenfalls möglich wird, lässt sicher derzeit aber nicht sagen.“

Die individuelle Regelstudienzeit wird für alle Studierenden, die im Sommersemester 2020 eingeschrieben sind, um ein Semester verlängert. Die Hochschulrektor*innenkonferenz und die Landesrektor*innenkonferenzen bemühen sich darum, beim Bund eine entsprechende Regelung für BAföG, Kindergeld und Krankenversicherung zu erreichen.

Seit dem 23. März befindet sich die Universität Bielefeld in einem reduzierten Basisbetrieb und ist für Publikumsverkehr geschlossen. Wissenschaftler*innen arbeiten, wenn es nicht absolut notwendig ist, nicht auf dem Campus. Der Standardarbeitsplatz der Beschäftigten in den Serviceeinheiten ist das Home-Office. Wo es betriebsbedingt notwendig ist oder die technischen Voraussetzungen fehlen, wird noch in der Universität gearbeitet, dann allerdings in Einzelbüros. Die Universitätsgebäude dürfen nur noch von Studierenden, Beschäftigten oder Lehrbeauftragten sowie Honorarkräften betreten werden, die noch vor Ort arbeiten müssen oder Medien in der Bibliothek ausleihen. Sämtliche studentischen Arbeitsplätze, PC-Pools und Lesesäle in der Bibliothek stehen nicht zur Verfügung. Die Serviceeinheiten (z.B. Studierendensekretariat, Prüfungsamt, Infopunkt, Zentrale Studienberatung, International Office etc.) sind für Besuche geschlossen. Fragen und Anliegen werden ausschließlich per E-Mail oder Telefon beantwortet.

Studium ohne Präsenzveranstaltungen – geht das?
Das Studium an der Universität Bielefeld ist grundsätzlich ein Präsenzstudium. Lehrende kommunizieren direkt mit ihren Studierenden und diskutieren mit ihnen den Lernstoff. Prüfungen finden mündlich, schriftlich im Hörsaal beziehungsweise im Seminarraum oder als praktische Arbeit statt. Studierende organisieren Arbeits- und Lerngruppen. All dies ist unter den aktuellen Gegebenheiten nicht wie gewohnt möglich.

Schon seit vielen Jahren ist der Ausbau von e-Learning-Aktivitäten eine strategische Zielsetzung der Universität – es stehen beispielsweise digitale Lernräume, Programme zur Aufzeichnung von Vorlesungen oder Inputs sowie Videokonferenzräume zur Verfügung. Die vielfältigen Instrumente und Verfahren können die Präsenzlehre bereichern und gegebenenfalls auch entlasten, wenn es beispielsweise um Wissensvermittlung an große Gruppen geht. Das bestehende Knowhow und die aufgebaute Infrastruktur ist ein Fundament, das in den vergangenen Wochen konsequent erweitert und deutlich verbreitert wurde. Es wurden neue Instrumente eingeführt, bei anderen die Kapazitäten erhöht. Zudem stehen den Lehrenden Beratungsangebote zur Verfügung. Dennoch: Für einige Angebote – beispielsweise Exkursionen – gibt es nur begrenzt Alternativen. Für die Arbeit in Laboren müssen Regelungen gefunden werden, die ein Infektionsrisiko bestenfalls ausschließen. Und für Prüfungen müssen neue Formate und gegebenenfalls auch neue Regeln definiert werden.

„Unsere Lehrenden sind engagiert und motiviert, nutzen die technischen Möglichkeiten und  Distance-Learning-Formate“, so Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. „Auch Fakultätsleitungen, Rektorat und Verwaltung tun alles, damit unter schwierigen Umständen vorübergehend ein Online-Studium möglich ist. Nicht alle Lehrenden konnten sich allerdings in der Vergangenheit intensiver mit den Möglichkeiten des e-Learnings auseinandersetzen. Sie müssen nun in sehr kurzer Zeit funktionierende didaktische Konzepte für ihre Lehrangebote im Sommersemester erarbeiten. Das wird nicht immer vollumfänglich gelingen. Ich bitte daher alle Studierenden auch um Geduld und Verständnis.“

Die Universitätsbibliothek (UB) ist die einzige in Nordrhein-Westfalen, die nicht geschlossen wurde, sondern zumindest für eine Teilöffentlichkeit geöffnet ist: Wissenschaftler*innen und Studierende der Universität Bielefeld dürfen die UB betreten, allerdings nur, um Literatur auszuleihen, die nicht elektronisch zur Verfügung steht. Lernen in der Bibliothek ist nicht möglich. Es gelten verschärfte Zugangs-, Hygiene- und Abstandsregeln. „Wir sind insbesondere unter den jetzigen Umständen sehr glücklich, dass unsere Bibliothek traditionell ein Vorreiter bei der Digitalisierung ist“, stellt Dr. Stephan Becker, Kanzler der Universität Bielefeld, heraus. „Damit stehen unseren Wissenschaftler*innen und Studierenden weitreichende Angebote online zur Verfügung – und wo die nicht reichen, sind die Präsenzmedien auch verfügbar. Eine wichtige Voraussetzung für viele wissenschaftliche Arbeiten. “

Studierende sind in der aktuellen Situation mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Viele haben durch die einschneidenden Einschränkungen im öffentlichen Leben ihre Jobs verloren, beispielsweise in der Gastronomie oder im Einzelhandel. Es gibt Ängste, welche finanziellen Konsequenzen die Krise hat, welche Folgen sich für Studium und Studiendauer ergeben und ob die die private IT-Ausstattung ausreicht, um die digitalen Lehrangebote wahrzunehmen „Wo wir in der Verantwortung sind und die Möglichkeiten haben, werden wir alles tun, um für die Betroffenen angemessene Lösungen zu finden. Viele Fragen müssen aber von Bundes- und Landesregierung entschieden werden“, so Rektor Sagerer. Und Kanzler Becker ergänzt: „Es handelt sich um einen sehr dynamischen Prozess. Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten konsequent und durchgängig daran, die Bedingungen zu verbessern.“

Die Beratungsstellen der Universität stehen trotz Schließung und Home-Office-Tätigkeit telefonisch oder per E-Mail für die vielen individuellen Fragen zur Verfügung. Auch in den Fakultäten sind die Ansprechpersonen erreichbar.

Eine besonderes Angebot: Am 29. April beantworten Rektor Gerhard Sagerer, die Prorektorin für Studium und Lehre Birgit Lütje-Klose, sowie die Dezernentin für Studium und Lehre, Ines Meyer, von 11 bis 12 Uhr in einem Livestream Fragen, die vorab von Studierenden eingereicht wurden.

Eine spezielle Gruppe von Studierenden betrifft die Situation in besonderem Maße: die Studierenden, die jetzt ihr Studium beginnen oder für ein weiterführendes Studium nach Bielefeld gewechselt sind. Denn auch zu diesem Sommersemester verzeichnet die Universität Bielefeld rund 1.400 neue Einschreibungen, in etwa so viele wie in den Vorjahren. Die meisten Neueinschreibungen erfolgten in den Fächer Bildungswissenschaften, Physik und Anglistik. Hierbei handelt es sich um vorläufige Zahlen; die endgültigen stehen Anfang Juni fest. In einigen Studiengängen laufen noch Nachrückverfahren oder es sind in NC-freien Fächern noch Einschreibungen möglich. Insgesamt studieren in diesem Semester rund 25.000 Menschen an der Universität Bielefeld.

Für Studienstarter*innen finden traditionell in den ersten Wochen zahlreiche Einführungsveranstaltungen und soziale Aktivitäten statt, die in diesem Semester nicht möglich sind. Die Fakultäten und Fachschaften haben aber alternative Angebote auf die Beine gestellt. Die zentrale Begrüßung durch den Rektor, den AStA und den Oberbürgermeister wurde als Videochat aufgezeichnet und steht online neben weiteren Informationen zur Verfügung: www.uni-bielefeld.de/start-ins-studium

Große Bereitschaft, Vorräte und Medikamente in der Krise zu teilen (Nr. 22/2020)

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Konfliktforschende veröffentlichen erste Ergebnisse von Online-Befragung

Wissenschaftler*innen des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) machen in der Corona-Krise einen „bemerkenswerten gesellschaftlichen Zusammenhalt“ aus. Das Institut der Universität Bielefeld veröffentlicht heute (27.04.2020) die Ergebnisse seiner Onlineumfrage zu den gesellschaftlichen Folgen der Epidemie. Demnach sind zwei Drittel der Befragten bereit, Einkäufe für Nachbar*innen zu erledigen. Die Hälfte der Befragten würde Vorräte oder Medikamente teilen. Gleichzeitig belegt die Studie einen hohen Zuspruch zu den politischen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus: Etwas mehr als die Hälfte der Befragten sprach sich für härtere Strafen bei Verstößen gegen die Auflagen aus. Mehr als 3000 Personen beteiligten sich in den ersten zwei Wochen der bundesweiten Einschränkungen an der Umfrage.


Der Sozialpsychologe Dr. Jonas Rees leitet das Team der Studie zur gesellschaftlichen Wahrnehmung des Umgangs mit der Corona-Pandemie in Deutschland. Foto: Universität Bielefeld
Der Sozialpsychologe Dr. Jonas Rees leitet das Team der Studie zur gesellschaftlichen Wahrnehmung des Umgangs mit der Corona-Pandemie in Deutschland. Foto: Universität Bielefeld
„Die Ergebnisse legen nahe, dass die Hilfsbereitschaft in der aktuellen Krisenlage höher ist als Menschen gemeinhin annehmen“, sagt Dr. Jonas Rees, der das Team der Studie leitet. „Ein Viertel der Befragten war nicht nur bereit, zu helfen, sondern gab an, dies auch schon ganz konkret getan zu haben. Wir sehen gerade in dieser Krisenzeit einen bemerkenswerten gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ Zwei Drittel der Befragten (69 Prozent) waren bereit, Einkäufe für andere Menschen zu erledigen. 50 Prozent der Befragten würden Vorräte oder Medikamente teilen. 16 Prozent der Teilnehmer*innen der Umfrage würden ihren Nachbar*innen Geld spenden, wenn diese sie darum bitten würden.

Die Studie zeigt zudem: Die Mehrheit der Befragten unterstützt die politischen Maßnahmen zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung des Virus. Gleichzeitig hält die Analyse fest, dass in der Coronakrise der Zuspruch zu autoritären politischen Haltungen hoch ist. Mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) begrüßt härtere Strafen bei Verstößen gegen die Auflagen. Ein ähnlich hoher Anteil der Befragten (52 Prozent) bejaht die Aussage „Wir sollten dankbar sein für führende Köpfe, die uns sagen, wie wir die Corona-Krise bewältigen“. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) war bereit, während der Coronakrise notfalls auch Grundrechte einzuschränken.

„Unter gewöhnlichen Umständen wären das alles bedenkliche Indizien für autoritäre Orientierungen“, warnt Rees, „Aber wir haben es derzeit nicht mit gewöhnlichen Umständen zu tun – in einer solchen Situation suchen Menschen Orientierung. Auch Verschwörungstheorien verbreiten sich daher jetzt zunehmend, werden aber bisher noch von einer Mehrheit abgelehnt.“ So lehnten 77 Prozent der Befragten die Aussage ab, dass geheime Organisationen während der Corona-Krise großen Einfluss auf politische Entscheidungen hätten – 8 Prozent stimmten ihr aber auch zu.

„Die Studie bestätigt unsere Annahme, dass die Coronakrise bei vielen Menschen zu einer pragmatischen Angepasstheit führt“, sagt Professor Dr. Andreas Zick, Leiter des IKG. „Wenn die Maßnahmen, die zentrale Grundrechte einschränken, längere Zeit anhalten, kann das bei vielen Menschen zunehmend ein Gefühl der Ohnmacht zur Folge haben. Die dann entstehende Ohnmacht macht anfällig für Populismus“, sagt Zick. „Es besteht die Gefahr, dass sich damit autoritäre Einstellungen bei einer großen Zahl von Menschen verstetigen.“ Der Konfliktforscher drängt darauf, die Auswirkungen der Coronakrise auf das zivile und politische Miteinander öffentlich zu thematisieren: „Wir müssen neben den medizinischen und ökonomischen auch intensiver über die gesellschaftlichen Folgen der Krise sprechen.“

Das IKG hatte die Onlineumfrage vor einem Monat gestartet – zu der Zeit, als wegen der Coronakrise bundesweit das Kontaktverbot verhängt wurde. Der Bericht mit den ersten Ergebnissen der Studie ist heute auf der Website des IKG veröffentlicht worden. In den kommenden Wochen folgen die Auswertungen von ausführlichen, offenen Antworten der Befragten sowie die Entwicklungen der Antworten von etwa 1.600 Befragten, die sich an einer zweiten Befragung beteiligten. Zum Studienteam gehören Dr. Jonas Rees, Michael Papendick, Yann Rees, Franziska Wäschle und Professor Dr. Andreas Zick.

Weitere Informationen:
Bericht mit ersten Ergebnissen der Studie

Kontakt:
Dr. Jonas Rees, Universität Bielefeld
Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Telefon: 0521 106-3106
E-Mail: jonas.rees@uni-bielefeld.de

„Achtung Zensur“

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Erfolg der Universität Bielefeld im Programm „Eine Uni – ein Buch“

Die Universität Bielefeld gehört zu den zehn Gewinnern bei der diesjährigen Ausschreibung „Eine Uni – ein Buch“. Sie bewarb sich mit dem Titel „Achtung Zensur! Über Meinungsfreiheit und ihre Grenzen“ der Kasseler Literaturwissenschaftlerin Nikola Roßbach. Mit dem Programm „Eine Uni – ein Buch“ wollen der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Klaus Tschira Stiftung in Kooperation mit der ZEIT-Stiftung Diskussionsprozesse quer über alle Statusgruppen in ausgewählten deutschen Hochschulen anregen. Das Projekt wird mit  10.000 Euro gefördert.  

Dr. Hans-Martin Kruckis, Leiter des Zentrums für Ästehik der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld
Dr. Hans-Martin Kruckis, Leiter des Zentrums für Ästehik der Universität Bielefeld. Foto: Universität Bielefeld
Die Coronakrise führt die Aktualität des Themas „Zensur“ gerade vor Augen: Fake News-Erfinder und Verschwörungstheoretiker sind schnell mit dem Zensur-Vorwurf bei der Hand, wenn seriöse Medien es ablehnen, ihre Ansichten zu verbreiten. Zwar steht im Grundgesetz, eine Zensur finde in Deutschland nicht statt, schränkt dies aber sofort mit Hinweis auf gesetzliche Regelungen wie den Jugendschutz oder Persönlichkeitsrechte wieder ein.

„‘Zensur‘ ist ein schillernder Begriff, der sich weniger in Schwarz-Weiß-Schemata einordnen lässt, als viele das erwarten dürften, und seine Definition ist ein dynamischer, nicht endender Prozess, dem sich die Gesellschaft permanent zu stellen hat“, sagt Dr. Hans-Martin Kruckis, Programmleiter des Zentrums für Ästhetik der Universität Bielefeld, das bei der Ausarbeitung des Konzepts für „Eine Uni – ein Buch“ federführend war. „Bei Zensur geht es immer um Grenzziehungen, etwa zwischen Meinungsfreiheit und Beleidigung oder der Freiheit im Netz und berechtigten Urheberinteressen wie im Zusammenhang mit Upload-Filtern. Wo solche Grenzen zu ziehen sind, entscheidet über die Offenheit einer Gesellschaft und im Zweifel auch über die Stabilität einer Demokratie. Natürlich spielen dabei auch Tabuvorstellungen und Political Correctness eine wichtige Rolle – nicht zuletzt in den Wissenschaften.“

Nikola Roßbachs „Achtung Zensur!“ sei eine ideale Grundlage für eine Diskussion, an der möglichst alle in der Universität teilhaben sollen. „Das Buch erfasst das Phänomen ‚Zensur‘ in seiner ganzen Bandbreite“, erläutert Kruckis, „und es kommt ganz unakademisch daher, ist spannend zu lesen ist und argumentiert zugleich fundiert und differenziert.“

Bis Ende nächsten Jahres will man sich an der Universität Bielefeld in unterschiedlichsten Formaten dem Thema „Zensur“ widmen. Allerdings: Durch die Corona-Krise lassen sich viele der ursprünglich geplanten Veranstaltungen bis auf weiteres nicht realisieren. „Wir versuchen, zunächst einmal möglichst viel ins Digitale zu verschieben“, heißt es dazu aus dem Zentrum für Ästhetik. Dort hofft man auf bessere Rahmenbedingungen im nächsten Jahr. Unbedingt soll es dabei auch einen nicht nur virtuellen Austausch mit Nikola Roßbach über ihr Buch geben.

Nikola Roßbach ist Professorin für Neuere deutsche Literatur in Kassel und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Kontrolle und Normierung literarischen Wissens. Seit 2016 konzentriert sie sich in Forschung und Lehre verstärkt auf das Thema Zensur.

In der vierten Ausschreibungsrunde haben der Stifterverband und die Klaus Tschira Stiftung zehn Ideen und Aktionen ausgezeichnet. Ausschlaggebend für die Förderung der Projekte war nicht das Werk selbst, sondern die Begründung, warum das Werk ausgewählt wurde und der Plan, wie die Kommunikation darüber erfolgen soll. Außergewöhnliche Kommunikationsformate sollen die Auseinandersetzung mit einem Thema über alle Hierarchiegrenzen hinweg fördern, die Kommunikationskultur in den Hochschulen weiterentwickeln sowie die Verbindung zwischen Hochschulen und Gesellschaft stärken. Die Auswahl der Hochschulen hat im März 2020 eine Jury aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Zivilgesellschaft getroffen. Die Projektförderung beginnt mit dem Sommersemester 2020.

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