Bielefelder Gesundheitswissenschaftlerinnen mit europaweiter Studie
Die Corona-Pandemie stellt Gesundheitssysteme vor Herausforderungen, auch bei Schwangerschaften und Geburten. Wie gut die Gesundheitsversorgung von Müttern und Neugeborenen in Europa ist, haben Wissenschaftlerinnen der Universität Bielefeld als Mitglieder eines internationalen Forschungsteams untersucht. Dazu haben die Forschenden 21.027 Frauen aus zwölf Ländern befragt, die während der Corona-Pandemie ein Kind zur Welt gebracht haben. Das Ergebnis: Innerhalb Europas gibt es große Ungleichheiten – und in allen untersuchten Ländern Verbesserungsbedarf. Die Studie ist im Fachmagazin „The Lancet Regional Health Europe“ erschienen. Sie entstand in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation WHO.
Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den untersuchten europäischen Ländern: Während Länder wie Luxemburg, Spanien, Schweden, Frankreich und Deutschland vergleichsweise gut abschneiden, ist die Gesundheitsversorgung in Serbien, Rumänien oder Kroatien deutlich schlechter. Auch Frauen, die einen Kaiserschnitt hatten, erlebten eine schlechtere Behandlung.
„Unsere Studie ist die erste großangelegte, multinationale Studie zur Corona-Pandemie, die untersucht, wie Frauen die Gesundheitsversorgung während Schwangerschaft und Geburt wahrnehmen“, sagt Miani. Auf der Grundlage von WHO-Qualitätskriterien für die Geburtshilfe entwickelte das Forschungsteam einen Fragebogen für zwölf europäische Länder. 21.027 Frauen, die zwischen März 2020 und März 2021 entbunden hatten, gaben Auskunft dazu, wie sie die Gesundheitsversorgung wahrgenommen und welche pandemiebezogenen Besonderheiten sie erlebt haben.
Die Erhebung zeigt, wo es Handlungsbedarf gibt
Die Studie ist Teil des Projekts Imagine Euro, das vom Institut Burlo Garofolo in Triest (Italien) koordiniert wird, einem Kollaborationszentrum der WHO. Für das Projekt arbeiten mehr als zehn europäische Länder interdisziplinär zusammen: In dem Forschungsnetzwerk sind zum Beispiel Epidemiolog*innen oder Demograf*innen organisiert, aber auch Ärzt*innen und Geburtshelfer*innen. „Unser Ziel ist, die Erfahrungen sowohl der Gebärenden als auch des beteiligten Gesundheitspersonals besser zu verstehen“, so Miani, die mit ihren Bielefelder Kolleginnen Stephanie Batram-Zantvoort und Lisa Wandschneider in dem Netzwerk forscht. Das Projekt ist 2019 gestartet und läuft noch bis Ende 2022. In weiteren Studien wollen die Wissenschaftler*innen zum Beispiel einen detaillierteren Blick auf einzelne Länder werfen oder verschiedene Phasen der Pandemie beleuchten.
Miani und ihre Bielefelder Kolleginnen arbeiten für den deutschen Teil des Projekts. Die Wissenschaftlerinnen beschäftigen sich zum Beispiel mit der Medikalisierung von Geburten oder Gewalterfahrungen bei der Geburt, oder untersuchen an Berichten aus sozialen Medien, welche Erfahrungen Mütter bei der Geburt gemacht haben. „Eine schlechte Versorgung kann schwerwiegende Konsequenzen für die körperliche sowie mentale Gesundheit von Müttern und ihren Kindern haben“, sagt Miani.
Ein Beitrag zur Gesundheit von Eltern und Neugeborenen
Die Bielefelder Forscherinnen greifen für ihre Untersuchung auf Erfahrungen in der Genderepidemiologie oder Versorgungsforschung zurück. Für die Langzeitstudie BaBi hat Miani zum Beispiel die Gesundheit von Babys und Kindern in Bielefeld untersucht. „Wir hoffen, mit unserer Forschung einen Beitrag zur Gesundheit von Eltern und Neugeborenen zu leisten“, sagt Professor Dr. Oliver Razum, der die Arbeitsgruppe „Epidemiologie und International Public Health“ leitet.
Originalveröffentlichung:
Marzia Lazzerini et al.: Quality of facility-based maternal and newborn care around the time of childbirth during the COVID-19 pandemic: online survey investigating maternal perspectives in 12 countries of the WHO European Region. The Lancet Regional Health Europe, https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2021.100268, am 24. Dezember 2021 online veröffentlicht, in der Printausgabe im Februar 2022 erschienen.
Kontakt:
Dr. Céline Miani, Universität Bielefeld
Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Telefon: 0521 106-12766
E-Mail: celine.miani@uni-bielefeld.de